Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 23.05.2001, Az.: 8 LA 1699/01
Arzt; berufsständisches Versorgungswerk; Hinterbliebenenrente; Mediziner; Rente; rentenberechtigte Ehegatte; Teilung; Versorgungswerk; Wiederheirat; Wiederverheiratung; Witwenrente; Witwerrente; Ärzteversorgung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 23.05.2001
- Aktenzeichen
- 8 LA 1699/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 40385
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 21.03.2001 - AZ: 5 A 3730/99
Rechtsgrundlagen
- Art 3 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Ärzteversorgung Niedersachsen, demzufolge die Hinterbliebenenrente unter den aus mehreren Ehen vorhandenen rentenberechtigten Ehegatten zu gleichen Teilen aufgeteilt wird, ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar.
2. Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Versorgungssystemen rechtfertigt die unterschiedliche Versorgungslage geschiedener Ehegatten von Versorgungsberechtigten. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich für den Normgeber auch dann keine Verpflichtung, die Regelungen eines anderen Normwerks zu übernehmen, wenn diese sachgerechter erscheinen.
Gründe
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die von den Klägern geltend gemachten Berufungszulassungsgründe nicht vorliegen.
Entgegen der Darstellung der Kläger bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Das Verwaltungsgericht hat die Klage, die darauf gerichtet ist festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, im Falle des Ablebens des Klägers an die Klägerin Witwenrente proportional gequotelt zur Dauer der beiden letzten Ehen des Klägers zu zahlen, mit der Begründung abgewiesen, der Feststellungsantrag der Klägerin sei unzulässig und der des Klägers unbegründet. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Beklagten, die im vorliegenden Fall zur Anwendung gelange, werde die Hinterbliebenenrente, wenn aus mehreren Ehen rentenberechtigte Ehegatten vorhanden seien, unter ihnen zu gleichen Teilen aufgeteilt. Diese Regelung sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und verstoße insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Aufteilung der Rente sei mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar, weil sie nicht in jedem Fall die Witwe des Verstorbenen einseitig belaste. Außerdem lägen ihr sachliche Erwägungen zugrunde, weil den Ehepartnern aus den vor dem 1. Juli 1977 geschiedenen Ehen eine Rente, die Unterhaltsersatzfunktion habe, eingeräumt werden sollte.
Die dagegen erhobenen Einwände der Kläger begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils.
Der beschließende Senat hat die Teilungsregelung des § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Beklagten bereits durch Urteil vom 31. Mai 1995 (-- 8 L 6101/94 --) für mit höherrangigem Recht vereinbar erklärt. Die Argumentation der Kläger gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsauffassung abzuweichen.
Dass § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Beklagten mit den Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Beamtenversorgungsgesetz nicht übereinstimmt, ist nicht zu beanstanden. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich für den Normgeber keine Verpflichtung, die Regelungen eines anderen Normwerks zu übernehmen (BVerfG, Beschl. v. 2.10.1991 -- 1 BvR 1281/91 -- NVwZ-RR 1992 S. 384, m.w.N.). Eine Pflicht zur Übernahme besteht auch dann nicht, wenn die Regelungen eines anderen Normwerks sachgerechter erscheinen, weil der dem Normgeber andernfalls zustehende Regelungsspielraum auf das Modell eingeengt wäre, das dem Gleichheitssatz am besten entspricht. Eine solche Beschränkung des Gestaltungsspielraums des Normgebers lässt sich aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht ableiten (BVerfG, Beschl. v. 2.10.1991, a.a.O.; Beschl. v. 7.10.1980 -- 1 BvL 50,89/79 -- BVerfGE 55, 72, 90). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält außerdem kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in unterschiedlichen Ordnungsbereichen gleich zu regeln (BVerwG, Beschl. v. 18.2.1992 -- 2 B 147/91 -- NVwZ 1992 S. 986; BVerfG, Beschl. v. 18.6.1975 -- 1 BvL 4/74 -- BVerfGE 40, 121, 139 f; BVerfG, Beschl. v. 8.4.1987 -- 1 BvR 564 u.a./84 -- BVerfGE 75, 78, 107 [BVerfG 08.04.1987 - 1 BvR 564/84]). Demzufolge rechtfertigt die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Versorgungssystemen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch die unterschiedliche Regelung der Versorgungslage geschiedener Ehefrauen von verstorbenen Beamten und Arbeitnehmern (BVerwG, Beschl. v. 18.2.1992, a.a.O., m.w.N.).
Der weitere Einwand der Kläger, dass sachliche Gründe für die Gleichbehandlung der Ehegatten des Beitragszahlers nicht bestünden, weil die Funktion der Hinterbliebenenrente als Unterhaltsersatz auch bei einer proportionalen Quotelung der Rente gewährleistet sei und der Ehepartner, der länger mit dem Beitragszahler verheiratet ist, einen größeren Anteil am Erwerb der Altersversorgung miterbracht habe, überzeugt gleichfalls nicht. Die Kläger übersehen, dass eine an die Ehedauer geknüpfte Aufteilung der Rente in vielen Fällen die ausreichende Versorgung der Witwe des Mitglieds gefährden würde (BVerfG, Beschl. v. 2.10.1991 -- 1 BvR 1281/91 -- NVwZ-RR 1992 S. 384). Folglich besteht ein sachlicher Grund dafür, die Hinterbliebenenrente nicht in Anknüpfung an die Ehedauer, sondern zu gleichen Teilen unter den rentenberechtigten Ehegatten aufzuteilen. Ob es für den Rentenkonflikt zwischen geschiedener und letzter Ehefrau eines verstorbenen Mitglieds der Beklagten Lösungsmöglichkeiten gibt, die dem allgemeinen Gleichheitssatz genauso gut oder besser entsprechen, ist im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG ohne Belang (BVerfG, Beschl. v. 2.10.1991, a.a.O.).
Die Berufung kann auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden.
Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang nicht beantwortete konkrete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung obergerichtlich noch nicht geklärte konkrete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelzug stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung durch das Berufungsgericht bedarf und zugänglich ist (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 124 Rn. 30 ff, m.w.Nachw.). Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist daher nur dann im Sinne des § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage bezeichnet und zudem erläutert worden ist, warum sie im angestrebten Berufungsverfahren sowohl entscheidungserheblich als auch klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 124 Rn. 53 ff, m.w.Nachw.).
Diesen Anforderungen genügt der Zulassungsantrag nicht, weil er nicht erkennen lässt, aus welchen Gründen die von den Klägern sinngemäß aufgeworfene Frage nach der Vereinbarkeit des § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Beklagten mit Art. 3 Abs. 1 GG trotz der eingangs zitierten Rechtsprechung zur Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedürfen soll. Der Zulassungsantrag lässt jede Auseinandersetzung mit der zitierten Rechtsprechung vermissen.
Abgesehen davon ist die aufgeworfene Frage bereits geklärt, da der Senat die Teilungsregelung des § 18 Abs. 2 Satz 2 der Alterssicherungsordnung der Beklagten schon für mit höherrangigem Recht vereinbar erklärt hat. Beachtliche Gründe dafür, die aufgeworfene Frage erneut einer Prüfung in einem Berufungsverfahren zu unterziehen, sind dem Zulassungsantrag der Kläger nicht zu entnehmen, aber auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 1 Satz 1, 17 Abs. 3 analog GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124 a Abs. 2 Satz 3, 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 GKG).