Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.05.2001, Az.: 1 MB 1424/01
genehmigungspflichtige Nutzungsänderung; Heimmindestbauverordnung; Nutzungsverbot; Pflegeheim; vorläufiger Rechtsschutz; öffentliches Baurecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.05.2001
- Aktenzeichen
- 1 MB 1424/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39444
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 22.02.2001 - AZ: 2 B 106/00
Rechtsgrundlagen
- § 80 Abs 5 VwGO
- § 69 Abs 4 BauO ND
- § 89 Abs 1 Nr 5 BauO ND
- § 2 Abs 10 BauO ND
- § 3 Abs 2 HeimMindBauV
- § 25 Abs 2 HeimMindBauV
- § 27 HeimMindBauV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Übergang von einem Altenheim zu einem Pflegeheim stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung im Sinne des § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO dar.
2. Die Mindestanforderungen an die räumliche Ausgestaltung von Heimen regelnden Vorschriften der HeimMindBauV gehören zum öffentlichen Baurecht nach § 2 Abs. 10 NBauO.
Gründe
Die Antragstellerinnen, die in J. ein Altenheim betreiben, suchen um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 15. November 2000 nach, mit der die Unterbringung und Betreuung pflegebedürftiger Personen im Sinne der Pflegestufen I, II und III des SGB XI in 18 Appartements im ersten Obergeschoss der 6 Häuser zum 1. Juni 2000 untersagt und die Wiederbelegung frei werdender Appartements ab sofort untersagt wird.
Der Antragsgegner erteilte der Antragstellerin zu 1) am 12. September 1985/ 23. September 1986 die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von 6 Doppelhäusern als Altenheim (BA A, Bl. 10). Mit Nachtrag vom 21. Juli 1987 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) die Baugenehmigung für die Einrichtung eines Pflegebereiches für 20 Plätze in den Erdgeschossen der Häuser 1, 2 und 3 (BA A, Bl. 1). Die Antragstellerin legte gegen Nebenbestimmungen der Baugenehmigung vom 21. Juli 1987 Widerspruch ein und machte geltend, dass nur im Haus 1 und 2 insgesamt 8 pflegebedürftige Bewohner betreut würden (BA D, Bl. 220). Daraufhin half der Antragsgegner dem Widerspruch ab und sah die Nebenbestimmungen als erledigt an (BA D, Bl. 230, 237). Mit Baugenehmigung vom 17. Oktober 2000 erteilte der Antragsgegner eine Baugenehmigung zur Änderung der Nutzung der Erdgeschosse der Häuser 3, 5 und 6 für die Nutzung als Pflegebereich (BA B, Bl. 333), so dass insgesamt 20 Pflegeplätze in den Erdgeschossen genehmigt sind.
Einen von den Antragstellerinnen vorsorglich gestellten Antrag vom 18. Februar 2000, die Nutzungsänderung der Appartements in den Obergeschossen der Häuser 1 bis 6 je nach den Bedürfnissen der Bewohner auch für die Pflege nach Pflegestufe I und II nach § 15 SGB XI, beschränkt auf nicht gehbehinderte, nicht bettlägerige und nicht verwirrte oder orientierungslose Bewohner zu genehmigen (BA B, Bl. 97), lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 15. November 2000 ab.
Gleichzeitig untersagte der Antragsgegner die weitere Nutzung der 18 Appartements in den Obergeschossen der Häuser 1 bis 6 zur Unterbringung und Betreuung pflegebedürftiger Personen im Sinne der Pflegestufen I, II und III des SGB XI zum 1. Juni 2001 mit der Maßgabe, dass diese Appartements ab sofort nicht neu mit pflegebedürftigen Bewohnern belegt werden dürfen. Außerdem ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an.
Die Antragstellerinnen haben am 12. Dezember 2000 Widerspruch eingelegt und am 18. Dezember 2000 vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 22. Februar 2001 abgelehnt.
Nach Zulassung der Beschwerde mit Beschluss des Senates vom 17. April 2001 (1 MA 1034/01) tragen die Antragstellerinnen zur Begründung der Beschwerde vor: Die in der Vergangenheit erteilten Baugenehmigungen deckten die Betreuung von pflegebedürftigen Personen im Sinne des SGB XI, die gehfähig und nicht verwirrt seien, in den Obergeschossen des Heimes ab. Im Übrigen sei dem Antragsgegner bekannt gewesen, dass in den zurückliegenden Jahren eingeschränkte Pflege auch in den oberen Geschossen betrieben worden sei. Der Antragsgegner habe zudem in der Vergangenheit Pflegesatzvereinbarungen mit der Einrichtung unter ausdrücklichem Einschluss von Pflege in den oberen Geschossen abgeschlossen. Aus der Heimmindestbauverordnung könne der Antragsgegner nicht andere Anforderungen im Sinne des § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO herleiten, weil diese Verordnung nicht dem öffentlichen Baurecht zuzurechnen sei. Das beantragte Vorhaben sei offensichtlich genehmigungsfähig. Brandschutzrechtliche Bestimmungen stünden einer Unterbringung von pflegebedürftigen Personen, die gehfähig und nicht verwirrt seien, in den Appartements der oberen Geschosse nicht entgegen. Da die beantragte Baugenehmigung gegenwärtig allenfalls an Nebenpunkten scheitere, sei es unverhältnismäßig, die Nutzung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zu untersagen.
Die Beschwerde der Antragstellerinnen ist unbegründet.
Der Widerspruch der Antragstellerinnen gegen die bauordnungsrechtliche Anordnung des Antragsgegners vom 15. November 2000 wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Bei summarischer Prüfung spricht Überwiegendes für die Rechtmäßigkeit der Verfügung, den Antragstellerinnen gemäß § 89 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 NBauO die Nutzung der Obergeschosse in den Gebäuden des Heimes zur Unterbringung und Betreuung pflegebedürftiger Personen im Sinne der Pflegestufen I, II und III des SGB XI zum 1. Juni 2001 zu untersagen.
Die Pflege in den oberen Geschossen des Heimes ist formell rechtswidrig. Die der Antragstellerin zu 1) erteilten Baugenehmigungen lassen dort nur eine Nutzung als Altenheim zu. Die Antragstellerinnen weisen selbst darauf hin, dass die Baugenehmigungen und auch die Heimerlaubnisse unter der Überschrift "Altenheim ohne Pflegestation" erteilt worden seien. Lediglich in dem Erdgeschoss der 6 Gebäude ist die Errichtung eines Pflegebereiches mit zunächst 8 Pflegeplätzen (Baugenehmigung vom 21. Juli 1987) und später mit 12 weiteren Heimplätzen (Baugenehmigung vom 17. Oktober 2000) gestattet worden. Im Obergeschoss der Gebäude hat der Antragsgegner lediglich die Errichtung und den Betrieb eines Altenheimes genehmigt. Unter Altenheim ist eine Einrichtung zu verstehen, in der alte Menschen, die nicht pflegebedürftig, aber zur Führung eines eigenen Haushaltes außer Stande sind, volle Unterkunft, Verpflegung und Betreuung erhalten (Kunz, in: Kunz/Ruf/Wiedemann, Heimgesetz, 8. Aufl., 1998, § 1, Anm. 4). Abzugrenzen ist das Altenheim von einem Pflegeheim, in dem volljährige Personen, die wegen Krankheit, Gebrechlichkeit oder Behinderung pflegebedürftig sind, volle Unterkunft, Verpflegung und Betreuung sowie Pflege erhalten (Kunz, a.a.O., § 1, Anm. 6). Die Antragstellerin zu 1) hat ausdrücklich die Baugenehmigung für ein Altenheim beantragt. Soweit die Antragstellerinnen - über die genehmigten Plätze im Erdgeschoss hinaus - auch in den Obergeschossen pflegebedürftige Personen untergebracht haben, ist eine Pflegeabteilung entstanden, die als solche unter die Begriffsbestimmung des Pflegeheimes fällt. Hierfür ist den Antragstellerinnen eine Baugenehmigung nicht erteilt worden. Ob der Begriff der Pflege nach Inkrafttreten des SGB XI enger zu fassen ist, kann dahinstehen. Auch die von den Antragstellerinnen für richtig gehaltene Unterscheidung zwischen "normaler Pflege" und "Schwerstpflege" hilft nicht weiter. Die Antragstellerinnen haben ein Vorhaben mit der Bezeichnung Pflegeheim oder jedenfalls mit einer näheren Bestimmung von Art und Umfang der Pflegeleistungen, die in einem Heim mit Mischcharakter (Altenheim mit Pflegeabteilung) hätten erbracht werden können, im Jahr 1984 nicht zur Genehmigung gestellt.
Die Unterbringung von pflegebedürftigen Personen im Sinne des SGB XI in den oberen Geschossen der Einrichtung stellt eine Nutzungsänderung dar. Eine solche bedarf nach § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO einer Genehmigung, soweit das öffentliche Baurecht an die bauliche Anlage in ihrer neuen Nutzung andere Anforderungen stellt (Beschl. d. Sen. v. 11.7.1996 - 1 M 3191/96 -, BRS 58, Nr. 130; Schmaltz, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/ Schmaltz/Wiechert, NBauO, 6. Aufl., 1996, § 69, Anm. 62). Mit dem Übergang von einem Altenheim zu einem Pflegeheim - die Antragstellerinnen sprechen selbst davon, dass der weit überwiegende Anteil der Bewohner in den oberen Geschossen pflegebedürftig sei - wird die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen, weil an ein Pflegeheim "andere Anforderungen" im Sinne des § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO zu stellen sind. Nach der Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige - Heimmindestbauverordnung (HeimMindBauV) - werden erhöhte bauliche Anforderungen an Pflegeheime gestellt. Während beispielsweise in Altenheimen Flure, die von Heimbewohnern benutzt werden, gemäß § 3 Abs. 1 HeimMindBauV innerhalb eines Geschosses keine oder nur solche Stufen haben dürfen, die zusammen mit einer geeigneten Rampe angeordnet sind, müssen nach Abs. 2 der Vorschrift in Pflegeheimen und Pflegeabteilungen die Flure zu den Pflegeplätzen so bemessen sein, dass auf ihnen bettlägerige Bewohner transportiert werden können. Die Funktions- und Zubehörräume in Pflegeheimen müssen gemäß § 24 Abs. 1 HeimMindBauV - weitergehend als in § 15 HeimMindBauV, der die Beschaffenheit dieser Räume für Altenheime regelt - in ausreichender Zahl vorhanden und den Besonderheiten der Pflegebedürftigkeit angepasst sein. Gemäß § 25 Satz 2 HeimMindBauV müssen die Nutzflächen von Gemeinschaftsräumen so angelegt sein, dass auch Bettlägerige an Veranstaltungen und Zusammenkünften teilnehmen können. Auch hinsichtlich der sanitären Anlagen stellt die HeimMindBauV höhere und damit andere Anforderungen im Sinne des § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO (vgl. § 27 HeimMindBauV).
Der Einwand der Antragstellerinnen, die HeimMindBauV gehöre nicht zum öffentlichen Baurecht und sei daher nicht geeigneter Anknüpfungspunkt zur Beantwortung der Frage, ob eine Nutzungsänderung vorliege, greift nicht durch. Gemäß § 2 Abs. 10 NBauO sind öffentliches Baurecht die Vorschriften dieses Gesetzes, die Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes, das städtebauliche Planungsrecht und die sonstigen Vorschriften des öffentlichen Rechts, die Anforderungen an bauliche Anlagen, Bauprodukte oder Baumaßnahmen stellen oder die Bebaubarkeit von Grundstücken regeln. Hierzu zählt auch die HeimMindBauV, soweit sie in einzelnen Vorschriften Mindestbedingungen für die bauliche Ausgestaltung von Heimen aufstellt (Wiechert, in: Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/ Wiechert, NBauO, 6. Aufl., 1996, Vorb., Anm. 22; vgl. auch § 51, Anm. 13; Groschupf, in: Blumenbach/Groschupf, NBauO, 1977, § 2, Anm. 84). Die Zuordnung der Materie des Heimrechts zum Gewerberecht spricht nicht gegen die Heranziehung einzelner Vorschriften der HeimMindBauV. Das öffentliche Baurecht beschränkt sich nicht auf das Städtebaurecht des Bundes und das Bauordnungsrecht der Länder. Hierzu gehören auch sonstige Vorschriften aus anderen dem öffentlichen Recht zuzurechnenden Gesetzen, die insbesondere gemäß § 2 Abs. 10 NBauO "Anforderungen an bauliche Anlagen" stellen. Solche Regelungen enthält die HeimMindBauV, die bereits nach ihrem vollständigen Wortlaut "bauliche Mindestanforderungen" stellt. Dass dem Recht der HeimMindBauV Überlegungen der Fürsorge zugrunde liegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.1.2001 - 4 B 62.00 -, dokumentiert in Juris), schließt es nicht aus, einzelne Vorschriften dem öffentlichen Baurecht zuzuordnen. Auch das Bauordnungsrecht stellt an Bauwerke zahlreiche Anforderungen im Interesse der Gesundheit ihrer Bewohner.
Die Nutzung der oberen Geschosse als Pflegeheim ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ein solcher Fall der ins Auge springenden materiellen Legalität des Vorhabens ist gegeben, wenn die Bauaufsichtsbehörde ohne weitere Ermittlungen erkennen kann, dass die bauliche Anlage genehmigungsfähig ist, also Gefahren für die öffentliche Sicherheit auszuschließen sind. Diese Voraussetzungen sind hier nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht gegeben. Entgegen der Auffassung der Antragstellerinnen scheitert die Erteilung der Baugenehmigung nicht nur an Nebenpunkten.
Die Räumlichkeiten in den oberen Geschossen des Heimes erfüllen derzeit nicht die Voraussetzungen der HeimMindBauV. Wie bereits zitiert, verlangt § 25 Satz 2 HeimMindBauV - über den Standard nach § 16 HeimMindBauV für Altenheimbewohner hinausgehend - im Pflegebereich eine Anordnung der Nutzflächen von Gemeinschaftsräumen dergestalt, dass auch Bettlägerige an Veranstaltungen und Zusammenkünften teilnehmen können. Dies setzt demnach voraus, dass Pflegebedürftige, die sich aufgrund ihres Gesundheitszustandes dauernd oder meistens im Bett aufhalten müssen, die tatsächliche Möglichkeit haben, zu den Gemeinschaftsräumen zu gelangen, um dort im Bett oder auf einer Bahre liegend wie sitzend an Gemeinschaftsveranstaltungen teilnehmen zu können. Daraus folgt, dass einem Aufzug nicht zugängliche Zimmer nicht mit Pflegebedürftigen belegt werden dürfen, weil diese sonst nicht zu den Gemeinschaftsflächen Zutritt haben (OVG Lüneburg, Beschl. v. 5.2.1991 - 7 L 3/90 -). Die Gemeinschaftsräume in dem Heim der Antragstellerinnen sind im Erdgeschoss untergebracht und deshalb nicht für Pflegebedürftige aus den oberen Geschossen, die bettlägerig sind, zugänglich.
Mit dem Hinweis der Antragstellerinnen, ihr Bauantrag beschränke die Nutzung der oberen Geschosse dahingehend, dass dort nur gehfähige und nicht verwirrte Pflegebedürftige unterzubringen seien, wird die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nicht dargelegt. Der Tatbestand Nutzung einer baulichen Anlage als Pflegeheim ist nicht in dem von den Antragstellerinnen begehrten Sinne teilbar. Wie bereits ausgeführt, werden in einem Pflegeheim volljährige Personen, die pflegebedürftig sind, pflegerisch versorgt. Wer pflegebedürftig ist, bestimmt § 14 Abs. 1 SGB XI. Der Grad der Pflegebedürftigkeit wird näher bestimmt durch § 15 Abs. 1 SGB XI, der pflegebedürftige Personen drei Pflegestufen zuordnet, im Einzelnen der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige), Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige) und Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige) mit zunehmendem Hilfebedarf von Stufe I bis Stufe III bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens. Aus diesen gesetzlichen Definitionen lässt sich ableiten, dass mit der Unterscheidung in gehfähige und nicht gehfähige beziehungsweise verwirrte und nicht verwirrte Personen Art und Umfang der Pflegebedürftigkeit nicht näher eingegrenzt werden können. Es ist deshalb nicht zulässig, in Bezug auf die räumlichen Anforderungen an ein Pflegeheim an die von den Antragstellerinnen geltend gemachten Unterscheidungsmerkmale anzuknüpfen. Maßgeblich ist vielmehr der Begriff des Pflegeheimes beziehungsweise der Pflegebedürftigkeit. Diese Begriffe sind aus Gründen der Rechtsklarheit auch bei der Stellung eines Bauantrages zu verwenden.
Unzureichend geklärt ist weiterhin, ob in Abweichung von § 13 DVNBauO ein zweiter baulicher Rettungsweg erforderlich ist. Auch nach dem Beschwerdevorbringen der Beteiligten lässt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, ob die Erreichbarkeit der Räume in den oberen Geschossen der Gebäude über Rettungsleitern der Feuerwehr gewährleistet werden kann. Der Antragsgegner hat mit einem Vermerk seiner Bauaufsicht vom 3. April 2001 noch einmal darauf hingewiesen, dass das Grundstück im Bereich der nicht zum Hof gewandten Fenster mit Feuerwehrfahrzeugen wegen der herrschenden Bodenverhältnisse und wegen der Anordnung verschiedener Baulichkeiten zwischen der Grundstücksgrenze und dem Rundlingsbau nur eingeschränkt befahrbar ist. Selbst die Benutzbarkeit des ersten baulichen Rettungsweges wirft nach diesem Vermerk Bedenken wegen der Ausformung der vorhandenen Treppen auf. Es ist deshalb sachgerecht, diesen Fragen im Widerspruchsverfahren weiter nachzugehen.
Das Einschreiten des Antragsgegners ist auch nicht deshalb unter dem Gesichtspunkt unverhältnismäßigen Vorgehens zu beanstanden, weil der Antragsgegner die im Obergeschoss der Gebäude stehenden Betten, um deren Belegung durch Pflegebedürftige hier gestritten wird, bei den Verhandlungen über eine Pflegesatzvereinbarung berücksichtigt hat. Es trifft nach der Senatsrechtsprechung (vgl. insbes. Beschl. v. 18.2.1994 - 1 M 5097/93 -, NVwZ-RR 1995, 7 = BauR 1994, 613 = BRS 56 Nr. 210) zu, dass eine Bauaufsichtsbehörde an sofortigem Einschreiten gehindert sein kann, wenn sie oder andere öffentliche Stellen in einem anderen rechtlichen Zusammenhang mit der streitigen Nutzung befasst waren und dabei keine Einwendungen gegen die nunmehr untersagte Nutzung hatten erkennen lassen oder wenn sie den nunmehr beanstandeten Zustand über längere Zeit nicht unbeanstandet hingenommen haben. Diesen Gesichtspunkten hat der Antragsgegner hier indes dadurch in voraussichtlich nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen, dass er nur die Neuaufnahme weiterer Pflegefälle in die Obergeschosse mit Sofortwirkung unterbunden, für die übrigen dort unterhaltenen Pflegeplätze eine Übergangszeit bestimmt hat. Diese ist nach dem derzeit gegebenen Erkenntnisstand nicht zu kurz bemessen worden. Der Bauantrag vom 18. Februar 2000 ist das (Zwischen-)Ergebnis von Verhandlungen, in denen der Antragsgegner den Antragstellerinnen seinen Standpunkt bereits verschiedentlich verdeutlicht hatte, er sehe die Umnutzung der Obergeschosse zur Aufnahme pflegebedürftiger Personen als baugenehmigungspflichtige Maßnahme an. Das Stadium, in dem die Antragstellerinnen das Verhalten des Antragsgegners daher als Billigung ihrer Verhaltensweise (miss-)verstehen konnten, war bereits zum damaligen Zeitpunkt beendet. Dementsprechend mussten sie bereits zum damaligen Zeitpunkt mit Maßnahmen nach § 89 NBauO rechnen. Wenn der Antragsgegner die Befolgung seiner Nutzungsuntersagung hinsichtlich der vorhandenen Pflegeplätze mit einer Übergangszeit von etwa 6 Monaten versah, so wurde er damit den Interessen der Antragstellerinnen im Konflikt mit der Verpflichtung, für baurechtmäßige Zustände zu sorgen, aller Voraussicht nach ausreichend gerecht. Ausreichende Anhaltspunkte für eine noch großzügiger zu bemessende Übergangsfrist sind nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht hinreichend deutlich geworden, dass es den Antragstellerinnen nicht möglich sein würde, das Anwesen ohne die erstrebte Nutzungsänderung in einer finanziell auskömmlichen Weise zu nutzen, oder dass diese in eine finanzielle oder sonstige Zwangslage gerieten, wenn sie die entsprechenden Personen "umzuquartieren" hätten.