Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.05.2014, Az.: 3 Sa 675/13
Rücktritt vom Prozessvergleich über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses; Feststellungsklage des Arbeitnehmers bei tatsächlicher Erfüllung der wesentlichen Bedingungen des Prozessvergleichs
Bibliographie
- Gericht
- LAG Niedersachsen
- Datum
- 13.05.2014
- Aktenzeichen
- 3 Sa 675/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 39671
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LAGNI:2014:0513.3SA675.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- ArbG Hannover - 07.05.2013 - AZ: 7 Ca 101/13
Rechtsgrundlagen
- § 323 Abs. 1 BGB
- § 346 BGB
- § 779 BGB
- § 256 Abs. 1 ZPO
- § 278 Abs. 6 ZPO
Amtlicher Leitsatz
Voraussetzungen für den Rücktritt von einem Prozessvergleich über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nach BGB § 323 wegen Nichterfüllung eines Teils des Vergleichs durch den Arbeitgeber.
Redaktioneller Leitsatz
1. Der Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs ist in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde. Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt ist.
2. Gemäß § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB kann der Gläubiger (Arbeitnehmer) für den Fall, dass die Schuldnerin (Arbeitgeberin) eine Teilleistung bewirkt hat, vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Nach dem Wortlaut der Norm bezieht sich § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nur auf eine Leistungsverpflichtung.
3. § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB ist im Fall einer synallagmatischen Vereinbarung mehrerer Leistungspflichten auch dann (entsprechend) anzuwenden, wenn bei mehreren Leistungsverpflichtungen einer Partei gegenüber der anderen innerhalb desselben Vertrages die Erfüllung einer dieser Leistungspflichten unterbleibt. In diesem Fall ist die vollständige oder teilweise Nichterbringung der einen Leistung mit Blick auf die Leistungspflichten der Partei aus dem Vertrag insgesamt als "Teilleistung" aufzufassen mit der Folge, dass der Rücktritt vom Vertrag auch im Hinblick auf die schon erbrachte (Teil-)Leistung erklärt werden kann, wenn an dieser kein Interesse mehr besteht.
4. Sind die wesentlichen Bedingungen eines Prozessvergleichs tatsächlich erfüllt worden, indem die vom Arbeitnehmer zuvor angestrebte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung eingetreten ist und in seinem Interesse die Erteilung eines positiv abgefassten Zeugnisses geregelt wurde, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitnehmer an der von der Arbeitgeberin damals erbrachten Teilleistung kein Interesse mehr hat.
5. Im Hinblick auf die Gegenleistung setzt § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB zwar neben der Teilbarkeit der Leistung des Schuldners (Arbeitnehmer) auch die Teilbarkeit der Leistung der Gläubigerin (Arbeitgeberin) voraus. Mit dem Akzeptieren einer arbeitgeberseitigen Kündigung leistet der Arbeitnehmer jedoch nichts, sondern beendet vielmehr ein Dauerschuldverhältnis mit der Folge, dass sich aus dem gegenseitigen Vertrag für ihn keine weiteren Hauptleistungsansprüche mehr ergeben und er die hieraus folgenden Hauptleistungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen muss.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 07.05.2013 - 7 Ca 101/13 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Vergleich vom 15.02.2012 den Rechtsstreit wirksam beendet hat.
Die weiteren erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage einer Beendigung des Rechtsstreits durch einen Prozessvergleich sowie die Wirksamkeit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom 20.09.2011 und die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der Kläger war seit dem 01.07.2004 bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt. Ab Juli 2005 arbeitete er in Vollzeit als EDV-Fachkraft. Er übertrug der Insolvenzschuldnerin im Jahr 2005 eine für ihn erstellte "ERP-Entwicklerlizenz" eines Softwareunternehmens, die ihm das Erstellen von Softwarelösungen auf Basis der Grundsoftware des Lizenzgebers ermöglichte. Im Jahr 2011 beschloss die Insolvenzschuldnerin, ihre EDV-Anlagen künftig von einem externen Dienstleister betreuen zu lassen. Mit Schreiben vom 20.09.2011 kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Wirkung zum 30.11.2011.
Gegen diese Kündigung hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Mit Schriftsatz vom 14.12.2011 hat er ferner einen Auflösungsantrag gestellt. Im Termin zur Kammerverhandlung am 15.02.2012 haben die Parteien folgenden Vergleich geschlossen:
1) Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung der Beklagten vom 20. September 2011 aus betriebsbedingten Gründen, nämlich wegen Fremdvergabe der EDV-Betreuung, zum Ablauf des 30. November 2011 geendet hat.
2) Die Beklagte zahlt an den Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 3.120,00 Euro steuerbrutto.
3) Die Beklagte überträgt die vom Kläger 2005 an die Beklagte übertragene ERP-Entwicklerlizenz zurück an den Kläger. Damit ist gemeint, dass neuer Inhaber dieser ERP-Entwicklerlizenz (wieder) der Kläger sein soll.
4) Die Beklagte erteilt dem Kläger auf dem von ihr verwendeten Unternehmensbriefpapier unter dem Ausstellungsdatum 30. November 2011 ein qualifiziertes, wohlwollend formuliertes Arbeitszeugnis, das dem beruflichen Fortkommen des Klägers zu dienen bestimmt ist. Für Führungs- und Leistungsbewertung wird die Beklagte eine Formulierung verwenden, die der Schulnote "gut" entspricht. Das Zeugnis wird an seinem Ende das Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis bedauern, ihm für die geleistete Zusammenarbeit danken und dem Kläger für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg wünschen.
Der Kläger wird der Beklagten einen Entwurf für das Zeugnis übermitteln.
5) Die Parteien werden einen Termin absprechen, wann der Kläger die persönlichen Gegenstände, die sich von ihm noch in Räumen der Beklagten befinden, dort abholt. Soweit Gegenstände des Klägers sich in der Niederlassung Groß-Zöberitz befinden, wird die Beklagte diese zuvor in die Räume in Langenhagen transportieren lassen.
6) Damit ist der Rechtsstreit erledigt.
Die Insolvenzschuldnerin zahlte an den Kläger die vereinbarte Abfindung und erteilte ihm ein Arbeitszeugnis. Der Kläger forderte die Insolvenzschuldnerin ferner auf, ihm die im Vergleich genannte ERP-Entwicklerlizenz zurück zu übertragen. Die Insolvenzschuldnerin erwiderte, sie könne dies nicht tun, weil die ehemalige Prokuristin, Frau F. im Spätsommer 2011 den Lizenzvertrag mit dem Lizenzgeber gekündigt habe, was der im Termin am 15.02.2012 am Vergleichsschluss beteiligte Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin nicht gewusst habe.
Mit Schriftsatz vom 26.10.2012 beantragte der Kläger im Rahmen der Zwangsvollstreckung, die Insolvenzschuldnerin zu verurteilen, an ihn 5.165,10 Euro zum Erwerb der ERP-Entwicklerlizenz zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 11.03.2013 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem Vergleich vom 15.02.2012 und begehrt nunmehr die Feststellung, dass das Verfahren durch den Vergleich nicht beendet ist.
Der Kläger hat behauptet, die Insolvenzschuldnerin habe im vorliegenden Verfahren danach getrachtet, im Nachhinein Kündigungsgründe zu konstruieren. Die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil er Datenschutzbeauftragter gewesen sei. Bei der Insolvenzschuldnerin hätten im September 2011 insgesamt 29 Personen personenbezogene Daten in der Datenverarbeitung verarbeitet. Die in Ziffer 3) des Vergleichs erwähnte Lizenz sei vor seinem Eintritt bei der Insolvenzschuldnerin seine berufliche Lebensgrundlage gewesen und hätte dies auch nach seinem Ausscheiden wieder sein sollen.
Der Kläger hat b e a n t r a g t,
1. festzustellen, dass das Verfahren durch den Vergleich vom 15.02.2012 nicht beendet ist,
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung vom 20.09.2011 nicht beendet wurde und über den 30.11.2011 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen nach dem 30.11.2011 weiter zu beschäftigen.
Die Insolvenzschuldnerin hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der ERP-Entwicklerlizenz könne allenfalls gering sein. Vor Begründung des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger von dieser Lizenz mehr schlecht als recht leben können. Die Insolvenzschuldnerin hat die Ansicht vertreten, durch sein Verhalten habe der Kläger stillschweigend auf die Rechte aus der Lizenz verzichtet.
Durch Urteil vom 07.05.2013 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Das Urteil ist dem Kläger am 27.05.2013 zugestellt worden. Er hat hiergegen am 20.06.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.08.2013 am 27.08.2013 begründet.
Mit Beschluss vom 16.07.2013 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 05.08.2013 erlegte das Insolvenzgericht der Insolvenzschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot auf.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht wende § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB unzutreffend an. Die von ihm zu erbringende Leistung, nämlich der Verzicht auf das Arbeitsverhältnis, sei nicht teilbar. In diesem Fall könne sich der Rücktritt nur auf den gesamten Vertrag beziehen. Ferner sei nicht nachzuvollziehen, warum das Arbeitsgericht die Rückübertragung der Entwicklerlizenz als deklaratorische Wiedergabe eines Herausgabeanspruches bezeichne.
Der Kläger b e a n t r a g t,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Schlussantrag des Klägers in I. Instanz zu erkennen.
Der Beklagte b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 09.12.2013 (Blatt 192/193 d. A.).
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Klägers ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und damit insgesamt zulässig (§§ 66, 64 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
1.
Die von den Parteien zuletzt gestellten Anträge sind zulässig. Der Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs ist in demselben Verfahren auszutragen, in dem der Vergleich geschlossen wurde. Wird der Vergleich als wirksam angesehen, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt ist (BGH, Urteil vom 10.03.1955 - II ZR 201/53 - BGHZ 16, 388 = NJW 1955, 705; BAG, Urteil vom 12.05.2010 - 2 AZR 544/08 - AP 68 zu § 123 BGB = NZA 2010, 1250 [BAG 12.05.2010 - 2 AZR 544/08]; BAG, Urteil vom 11.07.2012 - 2 AZR 42/11 - NZA 2012, 1316).
2.
Den vom Kläger gestellten Anträgen war nicht zu entsprechen, weil das Verfahren durch den Vergleich vom 15. Februar 2012 wirksam abgeschlossen wurde. Dies war auf Antrag der Beklagten im Urteilstenor festzustellen.
a)
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.02.2012 in Sachen 7 Ca 407/11 haben die Parteien eine vergleichsweise Regelung getroffen, durch die der Rechtsstreit insgesamt abgeschlossen wurde.
b)
Dieser Vergleich ist nicht etwa gemäß § 142 Abs. 1 in Verbindung mit § 123 Abs. 1 BGB als nichtig anzusehen. Auch nach dem tatsächlichen Vorbringen des Klägers liegen die Voraussetzungen für eine arglistige Täuschung bei Abschluss des Vergleichs nicht vor. Insoweit schließt sich das Berufungsgericht den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung an und nimmt hierauf ausdrücklich Bezug. Gegen diese Feststellungen wendet sich auch der Kläger mit seiner Berufung nicht.
c)
Des Weiteren ist der Vergleich nicht etwa gemäß § 142 Abs. 1 in Verbindung mit § 119 Abs. 1 BGB als von Anfang an nichtig anzusehen. Insoweit fehlt es schon an dem Vorliegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums. Darüber hinaus hat der Kläger die Anfechtungsfrist gemäß § 121 Abs. 1 Satz BGB nicht gewahrt. In den Fällen der §§ 119, 120 BGB hat die Anfechtung nämlich ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) zu erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Dem Kläger war bereits mit Schreiben der Insolvenzschuldnerin vom 08.06.2012 mitgeteilt worden, dass es die ERP-Entwicklerlizenz nicht mehr gibt. Erst mit Schreiben vom 11.03.2013 erklärte der Kläger dann, dass er von dem Vergleich zurücktrete. Selbst wenn man in dieser Erklärung eine Anfechtungserklärung im Sinne von § 143 BGB sieht, ist diese jedenfalls nicht unverzüglich erfolgt.
d)
Wie das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, ist der Vergleich vom 15.02.2012 auch nicht durch einen Rücktritt gemäß § 346 BGB in Verbindung mit § 323 Abs. 1 BGB weggefallen.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob hier ein Fall der Unmöglichkeit anzunehmen ist oder ob sich die Insolvenzschuldnerin mit der ihr obliegenden Leistung in Verzug befunden hat. Denn der Kläger kann auf Grund der Regelung in § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nicht von dem Vergleich als Ganzem zurücktreten. Die Anwendung dieser Norm ergibt sich für den Fall der Unmöglichkeit aus den §§ 275 Abs. 4, 326 Abs. 5 BGB für den Fall des Verzugs ist § 323 BGB unmittelbar anwendbar.
Gemäß § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB kann der Gläubiger für den Fall, dass der Schuldner eine Teilleistung bewirkt hat, vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Nach dem Wortlaut der Norm bezieht sich § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB allerdings nur auf eine Leistungsverpflichtung. Die Bestimmung ist im Fall einer synallagmatischen Vereinbarung mehrerer Leistungspflichten aber auch dann (entsprechend) anzuwenden, wenn bei mehreren Leistungsverpflichtungen einer Partei gegenüber der anderen innerhalb desselben Vertrages die Erfüllung einer dieser Leistungspflichten unterbleibt. In diesem Fall ist die vollständige oder teilweise Nichterbringung der einen Leistung mit Blick auf die Leistungspflichten der Partei aus dem Vertrag insgesamt als "Teilleistung" aufzufassen mit der Folge, dass der Rücktritt vom Vertrag auch im Hinblick auf die schon erbrachte (Teil-) Leistung erklärt werden kann, wenn an dieser kein Interesse mehr besteht (Staudinger, Otto/Schwarze § 323 BGB Rn. B 138). Bei Anwendung von § 323 BGB kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass der Vergleich vom 15.02.2002 Leistungsverpflichtungen der damaligen Prozessparteien in einem synallagmatischen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung regelt. Jedenfalls hat die damalige Beklagte mehrere Verpflichtungen übernommen, nämlich zum einen die Zahlung einer Abfindung, die Erteilung eines inhaltlich näher bezeichneten qualifizierten Zeugnisses sowie die streitige Rückübertragung der ERP-Entwicklerlizenz. Darüber hinaus war auch die Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt, die zum damaligen Zeitpunkt im Verfahren auch vom Kläger angestrebt war. Mit zutreffenden Erwägungen kommt das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden kann, dass der Kläger an der von der Insolvenzschuldnerin damals erbrachten Teilleistung kein Interesse mehr hat. Tatsächlich sind die wesentlichen Bedingungen des Vergleichs nämlich erfüllt worden. Die vom Kläger zumindest damals angestrebte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung ist eingetreten. Ferner wurde im Interesse des Klägers auch die Erteilung eines in seinem Interesse positiv abgefassten Zeugnisses geregelt. Demgegenüber kommt der in Ziffer 3 des Vergleichs geregelten Rückgabe der ERP-Entwicklerlizenz keine größere Bedeutung zu. Zum einen war dieser Aspekt bis zum Abschluss des Vergleichs nicht Gegenstand der Auseinandersetzungen der Parteien. Zum anderen regelt der Vergleich an dieser Stelle nur das, was möglicherweise auch ohne Vergleichsabschluss gegolten hätte. Es gibt damit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung dieser Frage für den Kläger bei Abschluss des Vergleiches konstitutiv und der übrige Vergleichsinhalt ansonsten für ihn ohne Interesse war. Der Kläger kann dabei auch nicht etwa mit Erfolg einwenden, ihm sei nicht an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gelegen gewesen. Aus dem Verfahrensablauf ergibt sich das Gegenteil: Mit Schriftsatz vom 14.12.2011, also etwa zwei Monate vor Abschluss des Vergleichs hatte der Kläger seinen Auflösungsantrag gestellt und diesen bis zum Termin und dem Vergleichsabschluss auch nicht etwa zurückgenommen. Die Rücknahme des Auflösungsantrags erfolgte vielmehr erst sehr viel später, und zwar mit Schriftsatz vom 20.03.2013, nachdem der Kläger die Wirksamkeit des Vergleichs gerichtlich in Frage gestellt hatte.
Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass eine Teilbarkeit der Gegenleistung nicht vorliege. Allerdings setzt § 323 Abs. 5 Satz 1 BGB nach Ansicht des BGH neben der Teilbarkeit der Leistung des Schuldners auch die Teilbarkeit der Leistung des Gläubigers voraus (BGH, Urteil v. 16.10. 2009 - V ZR 203/08 - NJW 2010, 146 [BGH 16.10.2009 - V ZR 203/08]). Entgegen der Ansicht des Klägers liegt in der Aufgabe des Arbeitsplatzes jedoch keine Leistung i.S.v. § 241 Abs. 1 BGB. Eine Leistung ist die Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischerweise, aber nicht notwendig, einen Vermögenswert hat (Palandt/Heinrichs, § 241 BGB Rn. 4). Mit dem Akzeptieren einer arbeitgeberseitigen Kündigung leistet der Arbeitnehmer nichts, er beendet vielmehr ein Dauerschuldverhältnis. Das hat zur Folge, dass sich einerseits aus dem gegenseitigen Vertrag für ihn keine weiteren Hauptleistungsansprüche mehr ergeben und dass er andererseits die hieraus folgenden Hauptleistungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen muss. Das Eingehen und das Beenden eines Schuldverhältnisses stellen für sich genommen keine eigenen Leistungen dar, sondern begründen vielmehr erst bestimmte Leistungspflichten und Ansprüche beider Vertragspartner. Im Übrigen kann von einer Leistung des Klägers auch schon deshalb keine Rede sein, weil er ja mit seiner Klage zum Zeitpunkt des Vergleichsabschusses ja gerade eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses (gegen Zahlung einer Abfindung) erstrebte.
e)
Der Kläger kann schließlich auch nicht etwa gemäß § 313 BGB Anpassung des Vergleichs verlangen. Hierfür fehlt es nämlich schon an einer nachträglichen Änderung der Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind. Die Rückgabe der ERP-Entwicklerlizenz war objektiv bereits bei Abschluss des Vergleiches in der vorgesehenen Form nicht mehr durchführbar. Darüber hinaus sind die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage gegenüber den Regelungen über die Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB subsidiär (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1995 - V ZR 267/93 - NJW - RR 1995, 853).
III.
Auch wenn der Kläger mit seiner Berufung materiell rechtlich erfolglos bleibt, war doch der Tenor des angefochtenen Urteils teilweise abzuändern. Das Arbeitsgericht hat nämlich mit seiner Entscheidung die Klage insgesamt abgewiesen. Dies entspricht weder dem Prozessziel des Klägers noch dem des Beklagten. Dieser macht vielmehr geltend, der Vergleich sei rechtswirksam. Wird jedoch der Vergleich als wirksam angesehen, so ist auszusprechen, dass der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt ist (BGH, Urteil vom 10.03.1955 - II ZR 201/53 - BGH . 16, 388 = NJW 1955, 705 [BGH 10.03.1955 - II ZR 201/53]; BAG, Urteil vom 12.05.2010 - 2 AZR 544/08 - AP 68 zu § 123 BGB = NZA 2010, 1250 [BAG 12.05.2010 - 2 AZR 544/08]; BAG, Urteil vom 11.07.2012 - 2 AZR 42/11 - NZA 2012, 1316).
Abzuändern war der Urteilstenor auch wegen der erstinstanzlichen Kostenentscheidung. Die Kosten des Verfahrens bis zum Abschluss des Vergleichs sind gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen. Zu entscheiden war lediglich noch über die nach Vergleichsabschluss entstandenen weiteren Kosten. Diese sind dem Kläger aufzuerlegen, weil er mit seinem Begehren auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vergleichs und Fortsetzung des Verfahrens mit den von ihm nunmehr gestellten Anträgen unterlegen ist.
IV.
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1ZPO.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.