Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.10.2014, Az.: 17 Sa 274/14

Unwirksame Klausel zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bei erfolgloser Teilnahme

Bibliographie

Gericht
LAG Niedersachsen
Datum
29.10.2014
Aktenzeichen
17 Sa 274/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 35150
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LAGNI:2014:1029.17SA274.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
ArbG Braunschweig - 08.01.2014 - AZ: 1 Ca 388/13

Fundstellen

  • AE 2015, 204
  • ArbR 2015, 357
  • LGP 2015, 129

Amtlicher Leitsatz

1.Eine Rückzahlungsklausel, die den AN zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verpflichtet, wenn er keinen Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme (Nichtbestehen der Abschlußprüfung) erbringen kann, benachteiligt den AN unangemessen, wenn sie nicht danach differenziert, aus wessen Verantwortungsbereich bzw. Risikosphäre der Grund für die erfolglose Fortbildungsteilnahme resultiert.

2. Betriebsvereinbarungen, die Rückzahlungsverpflichtungen für Fortbildungskosten vorsehen, müssen die für solche Klauseln in AGB Verträgen entwickelten Schranken beachten. 3. Eine Verschiebung der Beweislast überschreitet die Regelungskompetenz der BV Parteien.

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 08.01.2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Kosten für die Teilnahme des Klägers an einer "Fortbildung zum Rettungsassistenten".

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der in erster Instanz gestellten materiell-rechtlichen Anträge wird auf die sorgfältige Darstellung im Tatbestand des angegriffenen Urteils des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 08. Januar 2014 zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Fortbildungskosten aus der Fortbildung "Fortbildung zum Rettungsassistenten" zurückzuzahlen, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 5.306,97 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Rückzahlungsanspruch der Beklagten, gestützt auf § 5 Abs. 2 Ziff. 1 der Rückzahlungsvereinbarung vom 11.04.2012 scheitere bereits daran, dass die schon dem äußeren Anschein nach einseitig von der Beklagten vorformulierte Vertragsklausel i. S. d. § 310 Abs. 3 Ziff. 1 und 2 BGB einer Formularvertragskontrolle nicht standhalte. Sie benachteilige den Kläger unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, da sie nicht danach differenziere, aus wessen Verantwortungsbereich bzw. Risikosphäre der Grund für die Nichterbringbarkeit des Nachweises über die erfolgreiche Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme resultiere, weshalb sie rechtsunwirksam sei. Ein Anspruch der Beklagten gegen den Kläger, gerichtet auf Zahlung der Fortbildungskosten i. H. v. 5.306,97 €, ergebe sich auch nicht aus § 10 Ziff. 1 b) Satz 1 der BV Personalentwicklung (ggf. i. V. m. der Rückzahlungsvereinbarung). Selbst die Rechtswirksamkeit dieser Betriebsnorm einschließlich der in ihr enthaltenen Darlegungs- und Beweislastverteilung unterstellt, sei die Beklagte nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast gehalten gewesen, auf den Vortrag des Klägers, ohne jede Fehlzeit an der Schulung teilgenommen und alles in seiner Macht stehende zum erfolgreichen Abschluss der Prüfungen getan zu haben, belastbare Anhaltspunkte aufzuzeigen, die nahelegten, dass der Kläger aufgrund eines von ihm steuer- und vorwerfbaren Verhaltens den praktischen und mündlichen Teil der Abschlussprüfungen nicht bestanden habe. Wegen der Einzelheiten, die das Arbeitsgericht zu seiner Entscheidung haben gelangen lassen, wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 31.01.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 27.02.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit einem am 17.04.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.04.2014 auf fristgemäßen Antrag vom 11.03.2014 verlängert worden war.

Die Beklagte rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, eine fehlerhafte Anwendung der Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Indem das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass das wiederholte und damit endgültige Nichtbestehen der Abschlussprüfung der Fortbildung zum Rettungsassistenten nicht ausreiche, ein Vertreten müssen des Klägers zu indizieren, würde - entgegen der in der Betriebsvereinbarung vorgesehenen Beweislastverteilung - faktisch die Beweislast für innere Umstände aus der Sphäre des Klägers der Beklagten auferlegt. Auch habe das Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang den umfangreichen erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten dazu, dass und im Einzelnen welche innerbetrieblichen Hilfestellungen durch den betriebsärztlichen Dienst und weitere Kollegen, die gleichfalls eine Fortbildung zum Rettungsassistenten absolvierten, durch den Kläger nicht angenommen worden seien, nicht rechtlich gewürdigt. Darüber hinaus benachteilige die einzelvertragliche Rückzahlungsvereinbarung den Kläger nicht unangemessen i. S. d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Zu berücksichtigen sei hier, dass die Beklagte den Kläger in erheblichem Umfang und unter voller Fortzahlung der Vergütung für die Fortbildung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt habe. Die damit verbundenen Aufwendungen in Höhe von rd. 27.000,00 € hätten die hier streitgegenständlichen sonstigen Fortbildungskosten in Höhe von rd. 6.000,00 € um ein Vielfaches überstiegen. Zudem sei die Teilnahme freiwillig und auf Initiative des Klägers erfolgt. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine staatlich geregelte Ausbildung bei einem externen Träger gehandelt habe, auf deren Verlauf und deren erfolgreichen Abschluss die Beklagte als Arbeitgeberin keinen unmittelbaren Einfluss gehabt habe. Es erscheine nicht grundsätzlich unbillig bzw. unangemessen benachteiligend, einem Arbeitnehmer das Risiko des Scheiterns auch unabhängig davon aufzubürden, ob dies auf einer unzutreffenden Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten oder von ihm zu vertretenen unzureichenden Eigenbemühungen beruhe. Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten nimmt die Kammer ergänzend auf den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 16.04.2014 sowie den weiteren Schriftsatz der Beklagten vom 27.08.2014 Bezug.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig Az. 1 Ca 388/13 vom 08.01.2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 18.06.2014, auf die die Kammer Bezug nimmt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte Fortbildungskosten aus der "Fortbildung zum Rettungsassistenten" zurückzuzahlen.

I.

Die (negative) Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils unter I. der Entscheidungsgründe, die sich die Kammer nach eigener Sachprüfung zu Eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

II.

Die Klage ist begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet, für die erfolglose Teilnahme an der "Fortbildung zum Rettungsassistenten" die von ihm geforderten 5.306,97 € an die Beklagte zu zahlen. Die Rückzahlungsklausel ist gem. § 307 Abs. 1, 2 BGB rechtsunwirksam. Auch aus der Rahmenbetriebsvereinbarung "Personalentwicklung und Qualifizierung" i. d. F. vom 01.05.2010" (künftig: BV-Personalentwicklung) ergibt sich kein Zahlungsanspruch der Beklagten.

1.

Bei der streitbefangenen Rückzahlungsklausel handelt es sich schon dem äußeren Anschein nach um eine vom Arbeitgeber gestellte allgemeine Geschäftsbedingung, auf die die §§ 305 ff. BGB anzuwenden sind. Dem ist auch in der Berufungsinstanz keine der Parteien entgegengetreten.

2.

Die Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln in vorformulierten Verträgen unterliegt der Angemessenheitskontrolle gem. § 307 BGB. Rückzahlungsklauseln sind danach unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts auch unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) nicht zu vereinbaren ist, § 307 Abs. 2 Ziff. 2 BGB. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Dies setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen des Vertragspartners voraus. Neben der Beachtung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Dabei ist auch die Stellung der Klausel im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte (BAG vom 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn 48).

a)

Die Rückzahlungsvereinbarung vom 11.04.2012 i.V.m. der Ergänzungsvereinbarung vom 22.02.2013 benachteiligt den Kläger unangemessen, weil sie nicht danach differenziert, aus wessen Verantwortungsbereich bzw. Risikosphäre der Grund für die Nichterbringbarkeit des Nachweises für die erfolgreiche Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme resultiert.

Eine Klausel, die eine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers bei vorzeitigem Abbruch oder Scheitern einer arbeitgeberfinanzierten Fortbildung vorsieht, sofern der Arbeitnehmer durch die Fortbildung einen beruflichen (geldwerten) Vorteil erlangen konnte, ist nicht grundsätzlich unangemessen. Der Arbeitgeber hat nämlich auch im Fall der erfolglosen Fortbildungsteilnahme ein billigenswertes Interesse an der Beteiligung des Arbeitnehmers. Wie bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt der Arbeitgeber bei erfolgloser Beendigung nicht in den Genuss der Vorteile der von ihm finanzierten Fortbildung. Außerdem soll der Arbeitnehmer vor leichtfertiger Inanspruchnahme und Abbruch bzw. Vernachlässigung der Maßnahme abgehalten werden. Angemessen und billigenswert ist jedoch eine Rückzahlungsklausel nur, wenn der Abbruch bzw. die erfolglose Beendigung der Ausbildung aus der Sphäre des Arbeitnehmers kommen (so für eine Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Rückzahlung von Fortbildungskosten in jedem Fall einer vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung vorsieht: BAG vom 18. März 2014 - 9 AZR 545/12 - Rn. 17; BAG vom 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rn. 17 f.).

b)

Darüber hinaus benachteiligt die vertragliche Rückzahlungsklausel den Kläger auch deshalb unangemessen, weil sie nicht auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers als Grund für den nicht erfolgreichen Abschluss abgestellt (BAG vom 24. Juni 2004 - 6 AZR 383/03 - Rn. 21; so auch Düwel, DB 2008, 406 (409)).

(aa) Eine Rückzahlungsklausel kann nur dann der AGB-Kontrolle standhalten, wenn der in der Risikosphäre des Arbeitnehmers liegende Grund für die erfolglose Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme vom Arbeitnehmer zu vertreten ist (so im Ergebnis wohl BAG vom 12. Dezember 1979 - 5 AZR 1056/77 - Rn. 30, 37 für den Fall des Ausbildungsabbruchs). Nur in diesem Fall überwiegen schützenswerte Interessen des Arbeitgebers. Erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer die Möglichkeit der Verhaltenssteuerung hat. Liegt der Abbruch bzw. das Nichtbestehen der Abschlussprüfung an personenbedingten Gründen (Krankheit) oder fehlenden persönlichen Eigenschaften (BAG vom 13. März 1987 - 7 AZR 724/85; 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02) hat der Arbeitnehmer den Eintritt der Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) nicht schuldhaft herbeigeführt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer trotz aller Anstrengungen in den abschließenden Prüfungen, scheitert. Auch in diesem Fall hat keine der Vertragsparteien die Erfolglosigkeit der Fortbildung zu vertreten. Maßgeblich ist allein, ob die Erfolglosigkeit ihre Ursache in der mangelnden Anspannung der geistigen Möglichkeiten des Arbeitnehmers findet. Demgemäß sind die Fälle anders zu beurteilen, bei denen der Abbruch bzw. das Nichtbestehen der Ausbildung auf eine intellektuelle Überforderung der Arbeitnehmer zurückzuführen ist. Eine Kostenbeteiligung an den vom Arbeitgeber aufgebrachten Kosten kann dann nicht erfolgen. In einem solchen Fall ist eine Rückzahlungsverpflichtung unzulässig. Die unangemessene Benachteiligung liegt in diesem Fall darin, dass es sich bei einem von keinem Vertragspartner zu vertretenden Fehlschlagen der Ausbildung um einen gestörten Interessenausgleich handelt. Hat der Arbeitnehmer das Fehlschlagen der Ausbildungsinvestition nicht durch ein von ihm steuerbares Verhalten herbeigeführt, besteht kein Anhaltspunkt, das Interesse des Arbeitgebers an der Kostenabwälzung für überwiegend schützenswert zu erachten. Vielmehr muss in einer solchen Konstellation der allgemeinen Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers Rechnung getragen werden mit der Folge, dass eine Abwälzung der Ausbildungskosten ausscheidet (Meier, NZA 1996, S. 742 (748) m. w. N.). Daher erscheint es angemessen, die "fehlinvestierten" Kosten von Bildungsmaßnahmen dem unternehmerischen Risiko im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen (so für den Fall einer personenbedingten Kündigung Düwel, DB 2008, 406 (408); Schmidt, NZA 2004, S. 1002 (1005)).

Bedenken, mit dem Nichtbestehen einer Prüfung Rückzahlungsverpflichtungen zu verbinden, bestehen auch deshalb, weil der Arbeitgeber sich insoweit vor der Finanzierung der Ausbildung über die Fähigkeiten des Arbeitnehmers Kenntnis verschaffen kann und die Rückzahlungsabrede nicht dazu dienen darf, dem Arbeitnehmer unter finanziellem Druck Ausbildungserfolge abzuringen (Lipke, Gratifikationen, Tantiemen, Sonderzulagen, 1982, S. 190; ErfK - Preis, 14. Aufl. 2014, § 611 BGB Rn. 439).

(bb) Die streitbefangene, nicht nach der Sphäre und Verschulden unterscheidende, Rückzahlungsklausel ist auch nicht deshalb billigenswert und angemessen, weil - wie die Beklagte meint - der Anteil der Rückzahlungskosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten der Ausbildung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Voraussetzung hierfür wäre schon, dass sich dieses Verhältnis aus der Rückzahlungsvereinbarung selbst ergibt, was hier nicht der Fall ist. Zudem käme dies einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich (BAG vom 28. Mai 2013 - 3 AZR 103/12 - Rz. 19 m. w. N. und BAG vom 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 29 ff., vgl. auch BAG vom 23. Januar 2007 - 9 AZR 482/06 - Rn. 28 ff. zu einer zu weiten Rückzahlungsklausel die vom Arbeitgeber veranlasste Beendigungstatbestände nicht berücksichtigt). Es liegt schließlich kein Fall vor, bei dem eine ergänzende Vertragsauslegung ausnahmsweise zulässig ist (vgl. hierzu BAG vom 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 27 ff.) Die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel stellt im Streitfall auch unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) eine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines Vertragspartners Rechnung tragende Lösung dar. Die Beklagte trägt im Übrigen hier schon deshalb das volle Risiko für die Unwirksamkeit der Klausel, weil sie entgegen ihrer in § 10 b) Satz 1 der Rahmenbetriebsvereinbarung vom 01.05.2010 (vgl. hierzu unter Ziff. 4. der Entscheidungsgründe) jedenfalls zu sehenden Selbstbindung die Klausel nicht verschuldensabhängig eingeschränkt hat.

3.

Im Streitfall scheitert die Rückzahlungsklausel schließlich auch an der Transparenzkontrolle vorformulierter Vertragsklauseln, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

a)

Gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers auch daraus ergeben, dass die streitige Vertragsbedingung "nicht klar und verständlich" ist. Das Transparenzgebot ist Teil der Angemessenheitskontrolle. Es schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG vom 19. Februar 2014 - 5 AZR 920/12 - Rn. 38).

b)

Diesen Anforderungen genügt die streitbefangene Rückzahlungsvereinbarung nicht.

(aa) Die Rückzahlungsvereinbarung wurde ausweislich ihrer Präambel auf der "Grundlage" BV-Personalentwicklung geschlossen. Die hierin liegende Inbezugnahme der Rahmenbetriebsvereinbarung macht die Rückzahlungsklausel mangels Kollisionsregel intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

(bb) Nach § 10 b) Satz 1 der Rahmenvereinbarung vom 01.05.2010 ist der Arbeitnehmer, der nach Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme endgültig keinen Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme bringen kann, zur Rückzahlung der Kosten nur dann verpflichtet, wenn er den erfolglosen Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht zu vertreten hat. Die Rahmenbetriebsvereinbarung knüpft daher - anders als § 5 der Rückzahlungsvereinbarung - die Rückzahlungsverpflichtung im Fall, dass der Arbeitnehmer keinen Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme erbringen kann, daran, dass er den erfolglosen Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht zu vertreten hat. Mangels Kollisionsregel ist für den redlichen Durchschnittarbeitnehmer, auf den im Rahmen der hier anzuwendenden objektiven Auslegungsmethode abzustellen ist, nicht klar, in welchen Fällen die Rückzahlungsverpflichtung eintritt. Dies führt zur Unwirksamkeit wegen Intransparenz.

4)

Die Beklagte kann den von ihr geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht auf § 10 Ziff. 1 b) Satz 1 der BV-Personalentwicklung stützen.

a)

Die Kammer hat bereits Bedenken, ob Betriebsvereinbarungen über die Rückzahlung von Ausbildungskosten überhaupt rechtswirksam vereinbart werden können oder die funktionale Zuständigkeit des Betriebsrats - auch soweit es sich um freiwillige Vereinbarungen handelt - überschreiten (so Becker/Schaffner, DB 1991, 1016 (1017); vgl. auch Fitting, BetrVG Kommentar, 27. Aufl., 2014, Rn. 30 ff. zu § 97 und GK-Raab, BetrVG Kommentar, 9. Aufl., 2010, Rn. 23 zu § 97; a. A. ErfK/Kania, 14. Aufl., 2014, Rn. 7 zu § 97 m. w. N.). Jedenfalls muss eine entsprechende Regelung in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) verhältnismäßig sein (Fitting, aaO., Rn. 32). Die für Rückzahlungsklauseln in AGB-Verträgen entwickelten Schranken sind entsprechend anzuwenden (ebenso bereits zur früheren Rechtslage: Gaul, AR-Blattei SD 1460, Sonderleistungen, Rn. 30 ff. (68)). Dies ergibt sich schon daraus, dass die Betriebsparteien beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen gem. § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BetrVG zur Wahrung der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit der Arbeitnehmer verpflichtet sind und sie diese nur beschränken dürfen, wenn die getroffene Regelung zur Erreichung ihres Zwecks geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist (BAG vom 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 24). Für Betriebsvereinbarungen folgt aus den Grundsätzen von Recht und Billigkeit (§ 75 BetrVG) zudem ein strengerer Prüfungsmaßstab als bei der gerichtlichen Kontrolle tarifvertraglicher Normen (BAG, aaO., Rn. 25).

b)

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist § 10 b) Satz 1 der Rahmenbetriebsvereinbarung rechtsunwirksam.

aa) Nach der Rechtsprechung des BAG trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtswirksamkeit einer Rückzahlungsklausel (BAG vom 16. März 1994 - 5 AZR 339/92 - Rn. 67 m. w. N.). Sieht eine (zulässige) Rückzahlungsvereinbarung vor, dass bei erfolglosem Abschluss der Ausbildung der Arbeitnehmer zur Zurückzahlung nur verpflichtet ist, wenn er dies zu vertreten hat, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass das Nichtbestehen der Prüfung vom Arbeitnehmer zu vertreten ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 158 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist, wer aus einem Rechtsgeschäft Rechte herleitet, für den Bedingungseintritt, hier das vom Arbeitnehmer zu vertretende Nichtbestehen der Abschlussprüfung, beweispflichtig (BGH vom 29. Juni 1981 - VII ZR 299/80 - Rn. 13). Dass die Führung dieses Beweises im Fall des Scheiterns des Arbeitsnehmers an der Abschlussprüfung Schwierigkeiten bereitet, führt nicht zu einer Beweislastumkehr, sondern nur zur Modifizierung der Darlegungslast.

bb) § 10 b) Satz 1 der Rahmenbetriebsvereinbarung verschiebt jedoch die eigentlich dem Arbeitgeber obliegende Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Arbeitnehmers. Nach der Formulierung "es sei denn" als Ausnahme von der Regel, trifft den Arbeitnehmer die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den erfolglosen Abschluss der Qualifizierungsmaßnahme nicht zu vertreten hat. Diese Verschiebung der Beweislast überschreitet aber die Regelungskompetenz der Betriebsparteien.

III.

Als unterlegene Partei hat die Beklagte auch die Kosten des Berufungsverfahrens gem. § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Die Revision wird gem. § 72 ArbGG zugelassen.