Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 08.11.2001, Az.: 13 Verg 11/01
Abwasserbehandlung für die Stadt Buxtehude im europaweiten Vergabeverfahren; Ermittlung des für eine Gemeinde günstigsten Verfahrens der Abwasserbeseitigung im Vergabeverfahren; Nachträglich vorzunehmende Einschätzungen von Kostenrisiken für Bauleistungen auf Rechnung der Vergabestelle; Angebotsauswertung nach einer Nutzwertanalyse auf der Grundlage von betrieblichen Erfordernissen der Vergabestelle; Kenntnis der Betriebe im Hinblick auf die betriebswirtschaftlichen und kalkulatorischen Grundlagen der Abwasserbeseitigung; Missbrauch des Vergabeverfahrens zur Markterkundung und Wirtschaftlichkeitsberechnung geplanter Verfahren; Vergleich von Angeboten mit unterschiedlichen Leistungsinhalten und Leistungszielen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 08.11.2001
- Aktenzeichen
- 13 Verg 11/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 30668
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:1108.13VERG11.01.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 16 Nr. 2 VOB/A
- § 16 Nr. 2 VOL/A
- § 97 Abs. 2 GWB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2002, 56-57
In dem Vergabeverfahren
...
hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2001
durch
die Richter ......., ....... und .......
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Vergabestelle wird zurückgewiesen.
Infolge der Rechtsmittel wird die Vergabestelle angewiesen, das Ausschreibungsverfahren als nicht vergaberechtmäßig zu behandeln.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Vergabestelle.
Streitwert: bis zu 940.000 DM.
Gründe
I. Sachverhalt
A.
Die Vergabestelle hat am 25. August 2000 die Abwasserbehandlung für die Stadt Buxtehude ab dem 1. Januar 2003 EU-weit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Dabei wurden die Bieter zur Abgabe eines Angebotes auf mindestens eine von sechs Angebotsvarianten entsprechend S. A 4 der Verdingungsunterlagen aufgefordert. Bewertungskriterien wurden auf S. A 13 und 14 dargestellt.
Für die Belastungsgrößen sollte (S. A 8) optional die Mitbehandlung der Abwasser aus der ....... einbezogen werden.
Die Submission erfolgte am 5. Dezember 2000 nach einem abgeleiteten "Kostenbarwert". Die Auswertung der Angebote schloss mit der Vergabeempfehlung (Ordner 2 Ziff. 9 S. 1). Dies teilte die Vergabestelle den nicht berücksichtigten Bietern mit.
B.
Daraus entwickelten sich drei Vergabenachprüfungsverfahren, die Vergabekriterien beanstanden.
1.
Im Verfahren 13 Verg 9/01 sah sich die .............., die Beigeladene zu 5 im vorliegenden Verfahren, vergaberechtswidrig hinsichtlich ihrer Angebote NA 4 und NA 5 benachteiligt. Sie hat geltend gemacht, der Auftrag solle entgegen § 97 Abs. 5 GWB nicht auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Denn ihr eigenes Angebot auf der Variante NA 5 sei das wirtschaftlichste Angebot. Die Auswertung weise sechs Fehler auf:
- a)
Ihr Dienstleistungsangebot werde unzulässigerweise mit Grundstücksvorhaltekosten in Höhe von 1.710.000 DM belastet.
- b)
Es werde ebenfalls unzulässig mit Abbruchkosten für die alte Kläranlage in Höhe von 1.300.000 DM belastet.
- c)
Der Baukostenzuschuss der ....... werde für ihr Angebot nicht, jedoch zugunsten der Angebote, die die Erstellung neuer Kläranlagen zum Inhalt haben, berücksichtigt.
- d)
Die Betriebskosten für die Angebotsvarianten HA und NA 1 seien unzulässig herabgesetzt worden, was zu einer Benachteiligung hinsichtlich des Barwertes führe.
- e)
Ihr Dienstleistungsangebot sei zu Unrecht mittelbar mit Wagniszuschlägen dadurch belastet worden, dass diese nicht zu Lasten der Angebote, die Bauleistungen zum Gegenstand haben, berücksichtigt wurden. Diese müssten, um eine Vergleichbarkeit herzustellen, mindestens um 5% der Herstellungskosten erhöht bewertet werden.
- f)
Die Zinssätze, die den maßgeblichen Kostenbarwert beeinflussen, seien zu niedrig angenommen.
2.
Im Vergabeverfahren 13 Verg 10/01 hatte die dortige Antragstellerin beanstandet:
- a)
Die Vergabestelle habe ihr Angebot NA 2 zu Unrecht aus der Wertung ausgeschlossen. Das vorgeschlagene Verfahren stelle auf Dauer die wirtschaftlichste Lösung dar.
- b)
Die ....... sei gemäß § 8 Nr. 6 VOB/A und 7 Nr. 6 VOL/A als Anstalt Öffentlichen Rechtes aus dem Wettbewerb ausgeschlossen.
- c)
Die Vergabestelle habe zu Unrecht das "echte Nebenangebot" zur Option NA 1 nicht zutreffend gewertet. Überhaupt sei die Vergleichbarkeit der Angebote in der Wertung von der Vergabestelle nicht hergestellt worden, was im Einzelnen wegen 23 Punkten (S. 352 - 353 der Vergabeakten) beanstandet wird.
3.
Im vorliegenden Verfahren 13 Verg 11/01 machte die Antragstellerin Verstöße gegen die §§ 25, 25 a VOB/A, 97 Abs. 3 GWB geltend. Sie vertrat die Auffassung, dass ein Zuschlag auf die von der Vergabestelle favorisierte Variante HA nicht in Betracht komme, weil dies im Gegensatz zu allen anderen Varianten nicht die von der ....... offenbar beabsichtige Mitbehandlung des Abwassers aus der ....... berücksichtigte. Denn für diese sei lediglich wegen der Angebote NA 2 und NA 5 die Mitbehandlung des Abwassers als Nebenangebot abgefragt.
Tatsächlich sei aber eine Anpassung der Angebotssummen durch Nachverhandlungen nötig, die allerdings (§ 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A und 24 Nr. 3, 2. HS VOB/A) hier nicht zulässig seien.
Auch ansonsten sei die Wertung der Angebote fehlerhaft. Bei der Wertung der Angebote NA 1 bis NA 4 sei der Sondervorschlag der Antragstellerin auf Verzicht des Verbaus nicht berücksichtigt worden.
Bei den Angeboten NA 1 und NA 2 der Antragstellerin seien überdies pauschale Massenrisiken ausgeschlossen.
Gleiches gelte insoweit, als die Antragstellerin in ihren Angeboten den Gesamtenergiebedarf konkret und pauschal angeboten habe.
C.
Die Vergabekammer hat darüber wie folgt entschieden:
1.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag im Verfahren 13 Verg 9/01 insgesamt für zulässig, jedoch nur zum Teil für begründet gehalten.
Zu a)
Die Vorhaltekosten der Grundstücke seien zutreffend behandelt.
Zu b)
Die Vergabestelle dürfe die Abbruchkosten in Höhe von 1,3 Mio. DM nicht zu Lasten des Angebots NA 5 in Rechnung stellen.
Zu c)
Im Prinzip könne die Vergabestelle den Baukostenzuschuss der ....... berücksichtigen. Dieser sei der Höhe nach aber unklar. § 17 Absatz 2 des Abwasserreinigungsvertrages müsse zunächst ausgelegt, dann ein zutreffender Wert ermittelt werden.
Zu d)
Die Vergabestelle müsse mindestens 1% Instandhaltungskosten für Bautechnik einkalkulieren und die Betriebskosten "Flockungshilfsmittel" neu berechnen.
Zu e)
Die Vergabestelle müsse bei der neu vorzunehmenden Wertung auch den "marktüblichen Kostenblock" Unvorhergesehenes als Risiko- und Wagniszuschlag zunächst ermitteln und dann auch berücksichtigen, auch die mit dem Bau zusammenhängenden Kostenrisiken.
Zu f)
Bei der neu durchzuführenden Wertung müsse die Vergabestelle die aktuellen Zinssätze ermitteln und berücksichtigen.
2.
Im Verfahren zu 13 Verg 10/01 hat die Vergabekammer die Berücksichtigung des Angebotes der ....... zur Variante NA 4 (Bauleistungen) als gegen die Regelung des § 8 Nr. 6 VOB/A angesehen, nicht jedoch die Berücksichtigung des Angebotes zur Variante NA 5 (Abwasserbehandlung in einer externen Behandlungsanlage), weil insoweit der anders lautende § 7 Nr. 6 VOL/A gelte.
Zur Berücksichtigung des Baukostenvorschusses hat sie die bereits vertretene Auffassung, dieser möge ermittelt und berücksichtigt werden, weiter vertreten und hinsichtlich der Berücksichtigung von Personalkosten verlangt, dass die Vergabestelle allgemein die Kosten für sechs Mitarbeiter in die Betriebskosten einstelle und nicht den Sonderfall berücksichtige, dass einer von diesen Mitarbeitern alsbald pensioniert werden könne.
Außerdem seien die unternehmerischen Risiken als Kalkulationsgröße bei der Bewertung der Angebote mit zu berücksichtigen, soweit diese die Baugewerke beträfen.
3.
Im vorliegenden Verfahren 13 Verg 11/01 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag insoweit für begründet gehalten, als die Vergabestelle im Rahmen der Angebotsbewertung zugunsten des favorisierten Angebotes zur Variante HA keinen angemessenen Risiko- und Wagniszuschlag hinsichtlich der Baukosten berücksichtigt und damit gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB verstoßen und insoweit auch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 97 Abs. 5 GWB verletzt habe.
D.
Gegen alle Beschlüsse wenden sich die sofortigen Beschwerden der Vergabestelle, gegen den Beschluss in der Sache 13 Verg 9/01 auch die dortige Antragstellerin ......., die hiesige Beigeladene zu 5.
Im vorliegenden Verfahren begründet die Vergabestelle ihre sofortige Beschwerde damit, dass die Auffassung der Vergabekammer nicht zutreffe, dass die unternehmerischen Risiken zu gering angesetzt seien. Es gebe keinen Maßstab für diese unternehmerischen Risiken.
Die Vergabestelle beantragt,
den Beschluss der Vergabekammer bei der ....... zum Az.: 203-VgK-6/2001 vom 6. Juni 2001, zugestellt am 8. Juni 2001, aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vom 18. April 2001 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten durch Verfügung vom 21. August 2001 darauf hingewiesen, dass die ....... als Anstalt öffentlichen Rechts ausgeschlossen sein könnte und die Vergabestelle eine unzulässige Parallelausschreibung vorgenommen haben könnte.
II.
A.
Die in Form und Frist den Anforderungen des § 117 GWB entsprechende sofortige Beschwerde der Vergabestelle ist das gemäß § 116 GWB zulässige Rechtsmittel gegen den Beschluss der Vergabekammer.
Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.
1.
Ziel der sofortigen Beschwerde ist es, der Vergabestelle die Vergabe ungeachtet der Entscheidung der Vergabekammer zu ermöglichen.
Der Vergabestelle wurde durch den angefochtenen Beschluss der Vergabekammer verboten,
Abbruchkosten in Höhe von 1,3 Mio. DM zu Lasten des Angebotes NA 5 der Antragstellerin - Abnahme und Bearbeitung der Abwässer durch Entgelt in Anlagen der Antragstellerin - in ihre Berechnung einzustellen.
Weiter wurde die Vergabestelle angewiesen, Baukostenzuschuss, der ihr von der ....... dem Grunde nach geschuldet wird, zu berücksichtigen und die sich aus § 17 Absatz 2 des Abwasserreinigungsvertrages der Vergabestelle mit der ....... ergebende Höhe zunächst zu ermitteln und dann in die Bewertung einzubringen.
Schließlich wurde die Vergabestelle angewiesen, zu Lasten anderer Angebote 1% Instandhaltungskosten für Bautechnik einzukalkulieren und die Betriebskosten für "Flockungshilfsmittel" zu Lasten der anderen Angebote neu zu berechnen. Letztlich müsse die Vergabestelle für die Angebote auf Bauleistungen, die auf ihre Rechnung erbracht werden, einen Wagniszuschlag berücksichtigen.
Die Vergabestelle meint, dass dies nicht nötig sei, sie könne dessen ungeachtet vergeben. Ihr Begehren zielt also darauf hin, entsprechend der von dem von der Vergabestelle beauftragten Ingenieurbüro für Verfahrenstechnik ausgesprochenen Vergabeempfehlung Bauleistungen, die zum Hauptangebot angeboten wurden, zu vergeben.
Dies leitet die Vergabestelle aus der Angebotsauswertung "Nutzwertanalyse" zu Ziffer 8. des Ordners 2 der Vergabeempfehlung her.
2.
Die sofortige Beschwerde der Vergabestelle kann ihr Ziel jedoch nicht erreichen, weil schon die Ausschreibung nicht den Vorschriften des Vergaberechts entspricht. Die Vergabestelle kann deshalb weder die Angebote sachgerecht werten noch den Zuschlag erteilen.
Die Ausschreibung der von der Vergabestelle nachgefragten Leistungen dient nicht der Vergabe von Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb sondern vergabefremden Zwecken.
Die Ausschreibung ist nicht geeignet, das wirtschaftlichste Gebot einer nachgefragten Leistung festzustellen, sondern dient primär dem Zweck, das für die Gemeinde günstigste Verfahren der Abwasserbeseitigung zu ermitteln. Dabei sind überdies Umstände von Bedeutung, die nicht bekannt sind - die Höhe eines etwaigen Baukostenzuschusses der ....... - und nachträglich vorzunehmende Einschätzungen von Kostenrisiken für Bauleistungen auf Rechnung der Vergabestelle entsprechend dem Hauptangebot.
Die vorliegenden drei Nachprüfungsverfahren, die zu I. dieses Beschlusses dargestellt sind, zeigen deutlich, dass die von der Vergabestelle gewählten Kritierien den berechtigten Ansprüchen der Bieter auf ein den Erfordernissen des Wettbewerbes und dem Gebot der transparenten Vergabe entsprechendes Verhalten nicht genügen. Die Angebotsauswertung erfolgt nach einer - den Bietern zuvor nicht bekannt gegebenen - "Nutzwertanalyse" auf der Grundlage von betrieblichen Erfordernissen der Vergabestelle. Im Vordergrund steht nicht die Vergleichbarkeit der Angebote, sondern über die Errechnung eines "Kostenbarwertes" wird ermittelt, welches Verfahren für die Vergabestelle am günstigsten ist. Auf diese Art und Weise werden erst die Kriterien geschaffen, nach denen der Auftrag vergeben werden soll. Die Folge ist, wie die Nachprüfungsverfahren zeigen, dass nachträglich Kriterien heranzuziehen sind wie die Höhe des Baukostenzuschusses der ......., überdies ungleich für die verschiedenen Angebote.
Dies ist der typische Effekt einer unzulässigen Parallelausschreibung, die nicht auf die Beschaffung von Leistungen geht, sondern auf die Feststellung zunächst des günstigsten Verfahrens für den Ausschreibenden, um sodann die Leistungen zu beschaffen. Tatsächlich handelt es sich um mehrere Ausschreibungen nebeneinander und gleichzeitig.
Diese Bewertung kann die Vergabestelle nicht überraschen, wie sich bereits aus ihrem Vermerk in dem Aktenumschlag "Prüfungs- und Bewertungsgrundlagen" vom November 2000 ergibt. Auf S. 1 dort ist aufgeführt, dass die Vergabestelle die ihr ursprünglich kritisch erscheinende und später tatsächlich durchgeführte Art der Ausschreibung nur hinsichtlich der Überschriften zu den Angeboten veränderte. Dies hatte ihr eine Beratungsstelle bei der ....... angeraten. Entgegen dem ursprünglichen Plan schrieb deshalb die Vergabestelle die Leistungen nicht zu den Angeboten 1 bis 6 aus, sondern zum Hauptangebot und den Nebenangeboten 1 bis 5, ohne dass sich inhaltlich etwas änderte. Dieses ändert auch an der Qualität der Ausschreibung nichts.
Zwar ist nicht jede Parallelausschreibung unzulässig. Sie kann geboten sein, wenn berechtigte Interessen der Bieter im Hinblick auf einen unzumutbaren Arbeitsaufwand gewahrt werden. Davon kann hier aber nicht die Rede sein. Vielmehr zeigen die Verfahren im Zusammenhang mit dieser Vergabe, dass für die Bieter trotz der Darstellung in den Angebotsunterlagen nicht erkennbar war, nach welchen Kriterien letztlich vergeben werden würde. Die Bieter konnten auch ihre Chancen in diesem Verfahren auf Erhalt des Auftrags deshalb nicht einschätzen, weil Bauunternehmen üblicherweise die betriebswirtschaftlichen und kalkulatorischen Grundlagen der Abwasserbeseitigung, einem streng in öffentlich-rechtliche Vorgaben und Notwendigkeiten eingebundenen Bereich, nicht kennen. Es ist unzumutbar für einen Bieter, mit Dritten, die nach unbekannten Kriterien arbeiten und von ihm nicht eingeschätzt werden können, in Wettbewerb zu treten und für die Hergabe eines Angebotes erhebliche Aufwendungen zu machen. Mit der Vergabekammer ....... (Vergaberechtsreport 6/01) ist der Senat der Auffassung, dass ein Vergabeverfahren nicht der Markterkundung und Wirtschaftlichkeitsberechnung geplanter Verfahren dienen darf. Das ist ein vergabefremder Zweck, sodass eine solche Ausschreibung gegen die Grundsätze der Ausschreibung gemäß den §§ 16 Nr. 2 VOB/A und VOL/A verstößt und damit nicht den Anforderungen des § 97 GWB entspricht. Eine so angelegte Vergabe wird intransparent und stellt im Übrigen einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des § 97 Abs. 2 GWB dar, da die gewählte Vergabeform einen Vergleich von Angeboten mit unterschiedlichen Leistungsinhalten und Leistungszielen voraussetzt, mithin Ungleiches gleich behandelt (Heiermann, VOB/A § 16 Rdnr. 11 f.).
3.
Der Senat ist nicht gehindert, diese Überlegungen zur Grundlage seiner Entscheidung über die Beschwerde der Vergabestelle zu machen. Diese Beschwerde hat nämlich das Ziel, eine Vergabe zu ermöglichen. Eben dies kann die Vergabestelle jedoch auf keinen Fall auf der Grundlage des von ihr gewählten Verfahrens vergaberechtsmäßig durchführen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Umstände, die diese Begründung tragen, rechtzeitig von den Beteiligten gerügt worden sind. Zwar ist im Vergabebeschwerdeverfahren der Senat im Wesentlichen an das Vorbringen der Parteien gebunden, jedoch ist diese Regelung nicht abschließend. Der Gesetzgeber hat sowohl der Vergabekammer als auch dem Vergabesenat gemäß §§ 123, 114 Abs. 1 Satz 1 GWB die Verpflichtung zugewiesen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen. Dabei ist auch der Vergabesenat (§§ 123,114 Abs. 1 Satz 2 GWB) an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtsmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken. Diese Notwendigkeit besteht hier, weil eine vergaberechtskonforme Wertung der vorliegenden Angebote und ein entsprechender Zuschlag auf der Grundlage der vorliegenden Ausschreibung nicht möglich ist. Der Vergabesenat muss deshalb darauf hinwirken, dass das vergaberechtswidrige Vergabeverfahren nicht weiter durchgeführt wird. Dies ist zum einen durch die Zurückweisung der Vergabebeschwerde der Vergabestelle erfolgt, zum anderen durch die Anweisung an die Vergabestelle, dieses Vergabeverfahren als nicht vergaberechtsmäßig zu behandeln.
C.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt in entsprechender Anwendung von § 97 ZPO die Vergabestelle (BGH NZBau 2001, 151, 155).
D.
Den Streitwert hat der Senat gem. § 12 a GKG auf 5% des Nettowerts des konkreten in Rede stehenden Angebots der Antragstellerin zu NA 2 festgesetzt.