Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 16.11.2001, Az.: 15 WF 253/01

Berücksichtigung von postnatalen Einkommenssteigerungen bei dem nachehelichen Ehegattenunterhalt

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
16.11.2001
Aktenzeichen
15 WF 253/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 30670
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:1116.15WF253.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Dannenberg - 19.10.2001 - AZ: 51 F 288/01

Fundstellen

  • FamRZ 2002, 1220 (amtl. Leitsatz)
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 19-20

Verfahrensgegenstand

Betreuungsunterhalt
hier : Prozesskostenhilfe

In der Familiensache
...
hat der 15. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle
auf die Beschwerde der Klägerin vom 24. Oktober 2001
gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dannenberg (Elbe) vom 19. Oktober 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ....... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ....... und .......
am 16. November 2001
beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird dahin geändert, dass der Klägerin Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt wird.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, dem Vater ihres am ....... 1999 geborenen Kindes, Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l in Höhe von monatlich 2.228 DM. Sie war während der Schwangerschaft Auszubildende zur Verwaltungsangestellten. Nach Ablauf des Mutterschutzes setzte sie ihre Ausbildung fort, beendete sie erfolgreich und wurde von ihrer Anstellungskörperschaft als Angestellte übernommen. Im Juni 2001 beendete sie das Anstellungsverhältnis, aus dem sie monatliche Einkünfte in Höhe des begehrten Unterhalts bezog, um sich ausschließlich der Betreuung des Kindes zu widmen. Das Amtsgericht hat unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Köln (FamRZ 2001, 1322) die Auffassung vertreten, die Klägerin könne Unterhalt nur in Höhe ihrer früheren Ausbildungsvergütung, die es auf 1.250 DM geschätzt hat, verlangen. Maßgeblich sei ihre Lebensstellung im Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Spätere Veränderungen hätten unberücksichtigt zu bleiben. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.

2

Die Beschwerde ist begründet.

3

Der Senat teilt die Ansicht des Amtsgerichts, wonach sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs im vorliegenden Fall nach der Lebensstellung der Klägerin vor der Geburt des Kindes richten soll, nicht. Maßgeblich ist vielmehr die Lebensstellung, die eine Unterhalt begehrende Partei in dem Zeitraum, für den sie Unterhalt begehrt, inne hat oder inne gehabt hat. Das wird an den Fällen der Anspruchskonkurrenz deutlich, in denen eine Mutter, die getrennt lebt oder geschieden ist, bereits vor der Geburt eines weiteren (nichtehelichen) Kindes durch das Vorhandensein minderjähriger (ehelicher) Kinder an einer Erwerbstätigkeit gehindert war und deshalb ihre Lebensstellung von ihrem - ggf. geschiedenen - Ehemann ableitet (BGH FamRZ 1998, 541, 544) [BGH 21.01.1998 - XII ZR 85/96]. Verringern oder erhöhen sich dessen Einkünfte, wirkt sich dies unmittelbar auf den Unterhaltsbedarf der Kindesmutter und die Haftungsquote des Vaters des nachgeborenen Kindes aus (BGH a.a.O.). Da das Gesetz zwischen abgeleiteter und eigenständiger Lebensstellung nicht unterscheidet, ist es in Fällen wie dem vorliegenden nicht gerechtfertigt, Einkommenssteigerungen, die nach der Geburt des Kindes eingetreten sind, für den Anspruch gemäß § 1615 l BGB unberücksichtigt zu lassen.

4

Der vom OLG Köln entschiedene Fall lag im Übrigen anders. Dort ging es um die Frage, ob eine nach der Geburt nicht mehr erwerbstätige Mutter Anspruch auf einen Mindestunterhalt von 1.300 DM hat oder nur auf einen geringeren Betrag, der ihrer Lebensstellung entspricht. Dazu hat es ausgeführt, dass "zumindest im Regelfall" auf das vor der Geburt erzielte - geringere - Einkommen abzustellen sei. Die Frage von Einkommenssteigerungen nach der Geburt spielte in jenem Fall keine Rolle.