Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 15.09.2022, Az.: 10 KN 92/21
Begrenzungsstrich; Bestimmtheitsgrundsatz; Karte; Leinenzwang; maßstabidentisch; Originalkarte; Schongebiet; Wildschongebiet
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 15.09.2022
- Aktenzeichen
- 10 KN 92/21
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2022, 59634
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 KomVerfG ND
- § 33 WaldLG ND
Fundstellen
- DÖV 2023, 42
- NordÖR 2022, 556
- NuR 2023, 262-265
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die zum Bestandteil einer Wildschongebietsverordnung erklärte Karte ist maßstabgetreu zu veröffentlichen, weil nur eine maßstabidentische Abbildung die Originalkarte wiedergibt.
2. Die Umgrenzung des Schongebiets auf der Karte durch einen relativ dicken Begrenzungsstrich genügt dem Bestimmtheitsgrundsatz jedenfalls dann, wenn im Verordnungstext klargestellt wird, ob die Innen- oder die Außenkante des Strichs maßgeblich sein soll.
Tenor:
Die Verordnung über die Ausweisung eines Wildschongebietes in der Samtgemeinde Jesteburg vom 14. Mai 2020 ist unwirksam.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Antragsteller wendet sich gegen die am 14. Mai 2020 vom Rat der Samtgemeinde Jesteburg beschlossene, im Amtsblatt für den Landkreis Harburg Nr. 28 vom 9. Juli 2020 veröffentlichte und am 1. August 2020 in Kraft getretene Verordnung über die Ausweisung eines Wildschongebietes in der Samtgemeinde Jesteburg.
Er ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes in G. in der Samtgemeinde H., zu dem u. a. die in seinem Eigentum stehenden Flächen Flurstücke I., J., K. und L. der Flur M., Gemarkung G., und die Pachtfläche Flurstück N. der Flur M., Gemarkung G., gehören, die als Wald, Grünland und Acker genutzt werden und die in dem durch die oben genannte Verordnung ausgewiesenen Wildschongebiet liegen. Auf den Flurstücken L., J. und K. befindet sich ein privater betrieblicher Wirtschaftsweg des Antragstellers.
Die Festlegung des Schongebietes ist auf Antrag der Jagdgenossenschaft G. -O. vom 27. August 2019 erfolgt. In dem Antragschreiben wird ausgeführt, dass das Wildschongebiet an das Landschaftsschutzgebiet Q. -Wald angrenze, in dem ganzjährig ein Leinenzwang bestehe. Aufgrund der fortschreitenden Ausweisung von Wohn- und Gewerbegebieten verkleinere sich der Lebensraum für wildlebende Tiere stetig. Es müsse verhindert werden, dass die Tiere sich immer weiter aus der Fläche zurückzögen. Der Q. -Wald sei als Rückzugsgebiet für Rehwild aufgrund des sehr hohen Jagddruckes durch die Forstverwaltung, die kein Rehwild im Wald haben wolle und keinem Abschussplan unterliege, ungeeignet. Der Rehbestand habe sich in dem geplanten Wildschongebiet innerhalb von drei Jahren von 36-38 Stück auf heute 7-8 Stück gesichtetem Rehwild reduziert. Seit einigen Jahren würden unterhalb der Woche täglich 8-10 freilaufende Hunde und am Wochenende täglich 20-30 freilaufende Hunde im Wald und auf den Grünflächen, die Äsungsflächen für die Rehe seien, gezählt. Ein Teil der Hundehalter zeige sich auch auf persönliche Ansprache uneinsichtig und weigere sich, die Hunde anzuleinen. Diese massive Beeinträchtigung durch die Hunde sei ein Grund für den Rückgang des Bestandes an Rehen, Hasen und Kaninchen.
Im Hinblick auf dieses Schreiben schlug der Samtgemeindebürgermeister dem Rat der Samtgemeinde Jesteburg vor, die aus seiner Sicht zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes vor Beunruhigung erforderliche Verordnung zu erlassen. Der Rat der Samtgemeinde Jesteburg beschloss daraufhin in seiner Sitzung am 14. Mai 2020 u. a. aufgrund § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung (NWaldLG) die Verordnung über die Ausweisung eines Wildschongebietes in der Samtgemeinde Jesteburg, die u. a. die folgenden Regelungen enthält:
§ 1
Wildschongebiet und Geltungsbereich
(1) Zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes, insbesondere zum Schutz der Jungtiere sowie der sonstigen wild lebenden Tiere vor Beunruhigung, wird in der Samtgemeinde Jesteburg ein Wildschongebiet ausgewiesen.
(2) Die Fläche des Wildschongebietes umfasst die Feld- und Waldflächen sowie die Wirtschaftswege im Revier der Jagdgenossenschaft G. -O..
(3) Das Wildschongebiet ist in der anliegenden Karte im Maßstab 1 : 5000 dargestellt. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung.
(4) Die Kennzeichnung des Wildschongebietes wird durch amtliche Beschilderung an den Zufahrts- und Zugangswegen durchgeführt.
§ 2
Leinenzwang für Hunde
(1) innerhalb des in § 1 genannten Gebietes sind Hunde ganzjährig an der Leine zu führen.
(2) Die zulässige Höchstlänge der Leine beträgt 10 m.
(3) Ausgenommen von der Pflicht nach Abs. 1 sind Hunde, die
a. zur befugten Jagdausübung … eingesetzt werden.
Der Antragsteller hat gegen diese Verordnung am 9. Juni 2021 einen Normenkontrollantrag gestellt.
Zu dessen Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor: Aus betrieblichen Gründen sei er mit der Festlegung des Schongebietes nicht einverstanden. Er betreibe im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes u. a. eine Pferdehaltung und Pferdezucht mit der Ausbildung von Pferden. Zu der Ausbildung junger Pferde gehöre es, Ausritte mit freilaufenden Hunden zu unternehmen und die Ausbildungspferde an umherlaufende Hunde zu gewöhnen, da nur dann die Pferde später auch gewinnbringend verkauft werden könnten. Auf seinen Grünlandflächen innerhalb des Schongebietes und außerhalb seien Hindernisse fest eingebaut. Ausritte fänden auch auf abgeernteten Ackerflächen statt. Er organisiere auch regelmäßig Reitjagden mit dem P. Schleppjagdverein. Bei einer Reitjagd sei eine freilaufende Hundemeute gemeinsam mit den Reitern unterwegs. Dies alles finde auf den Wirtschaftswegen rund um die Hofstelle und insbesondere auf dem betrieblichen Wirtschaftsweg auf den Flurstücken L., J. und K. statt. Dieser Weg sei ein Privatweg und werde von der Hofstelle aus für sämtliche Ausritte und Reitjagden genutzt. Ein anderer Weg, der gleichermaßen gut geeignet sei für Ausritte mit Ausbildungspferden mit Begleithunden und für Reitjagden mit Hundemeute sei vor Ort nicht vorhanden. Der in der Verordnung festgelegte Leinenzwang schränke diese Möglichkeiten erheblich ein. Aus der angefochtenen Verordnung und der beigefügten Karte im Maßstab 1 : 5000 sei nicht ersichtlich, ob sich die Grenze des Schongebietes südlich oder nördlich des Wirtschaftsweges befinde und ob mithin der Wirtschaftsweg von der Verordnung erfasst sei. Denn der untere südliche Begrenzungsstrich auf der Karte befinde sich mitten auf dem Wirtschaftsweg oder südlich des Wirtschaftsweges. Die Karte, die neben der Linie mit der Beschriftung Wildschongebiet noch weitere Umrandungen enthalte, sei auch nicht mit einer Legende versehen und deshalb nicht ohne weiteres zu verstehen. Die vom Antragsgegner vor Ort aufgestellten Schilder zur Kennzeichnung des Schongebietes erfüllten nicht die Anforderungen aus dem Bestimmtheitsgebot. Der Verordnungstext lasse darauf schließen, dass im Widerspruch zur Karte das gesamte Jagdrevier betroffen sein solle. Eine Abgrenzung des Wildschongebietes ergebe sich aus dem Verordnungstext nicht. Die Verordnung sei daher insgesamt zu unbestimmt und aufzuheben. Außerdem sei die Verordnung eine unverhältnismäßige Regelung zu seinen Lasten. Hintergrund der Anordnung des Schongebietes sei, dass sein Wirtschaftsweg regelmäßig von Hundebesitzern aus dem nördlich angrenzenden Wohngebiet benutzt werde und der dortige Jagdpächter mit diesem Zustand nicht einverstanden gewesen sei. Um die Jagdausübung zu verbessern, sollten der Weg und die angrenzenden Felder sowie der nördlich angrenzende Wald bis zu den Wohnhäusern von den Hunden der Anwohner freigehalten werden. Durch die Hunde auf dem Wirtschaftsweg werde das Wild aus dem Gebiet der Jagdgenossenschaft in das große Waldgebiet des angrenzenden Landschaftsschutzgebietes Q. -Wald und Umgebung gedrängt. Es sei fraglich, ob die geringe Größe des Wildschutzgebietes überhaupt einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes oder sonstiger wild lebender Tiere vor Beunruhigung leisten könne. Zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten reiche es vielmehr, dass sich das Wild in das angrenzende Landschaftsschutzgebiet zurückziehen könne, wo eine ganzjährige Leinenpflicht für Hunde gelte. Eine weitere Rückzugsmöglichkeit in einem angrenzenden relativ klein dimensionierten Schongebiet sei daher nicht nötig. Soweit die Jagdgenossenschaft darauf hinweise, dass in dem Landschaftsschutzgebiet Rehwild intensiv gejagt werde und sich deshalb dort kein Rückzugsgebiet für Rehwild befinde, sei dies nicht wesentlich, da die Rechtsgrundlage in § 33 NWaldLG sich nicht allein auf den Schutz von Rehen, sondern auf den Schutz von allen Wildtieren beziehe. Er bestreite seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und der Pferdehaltung als dessen wesentlichen Betriebsteil. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Interesse des Jagdpächters, dass das Rehwild nicht durch Hunde in das angrenzende Landschaftsschutzgebiet abgedrängt werde, vorrangig sein solle gegenüber seinem betrieblichen Interesse an der möglichst uneingeschränkten Ausübung seiner Erwerbstätigkeit.
Der Antragsteller beantragt,
die Verordnung über die Ausweisung eines Wildschongebietes in der Samtgemeinde Jesteburg vom 14. Mai 2020 für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Dem Antrag der Jagdgenossenschaft sei eine Versammlung der Jagdgenossenschaft am 5. April 2019 vorausgegangen, an der auch der Antragsteller teilgenommen habe. Die Versammlung habe dem Vorschlag der Errichtung eines Wildschongebietes mit einer ganzjährigen Anleinpflicht für Hunde einstimmig zugestimmt. Auch bei weiteren Versammlungen der Jagdgenossenschaft habe der Antragsteller keine Einwendungen erhoben. Die Ortslage schließe den betrieblichen Wirtschaftsweg des Antragstellers nicht mit ein. Der Weg sei im Privatbesitz des Antragstellers. Dort bestünden keinerlei Einschränkungen. Bei der Schleppjagd handele es sich nicht um eine rechtmäßige Jagdausübung im Sinne des Bundesjagdgesetzes, da es sich bei dieser um eine Jagd auf einer künstlich angelegten Fährte und nicht um eine Jagdausübung im Sinne des Bundesjagdgesetzes handele, die mit der Pflicht zur Hege verbunden sei. Der Schutz des Wildes sei höher anzusiedeln als das Interesse an der Durchführung einer Schleppjagd. Das Wildschongebiet sei in erster Linie eingerichtet worden, um zu verhindern, dass durch die Spaziergänger mit ihren freilaufenden Hunden zu viel Druck auf das Wild ausgeübt werde. Die der Verordnung beigefügte Karte diene der groben Visualisierung. Die von ihrem Bauhof vorgenommene amtliche Kennzeichnung sei eindeutig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Er ist gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 Niedersächsisches Justizgesetz (NJG) statthaft, da es sich bei der Verordnung über die Ausweisung eines Wildschongebietes in der Samtgemeinde Jesteburg vom 14. Mai 2020 um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift handelt.
2. Der Antrag wurde fristgerecht, nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2
Satz 1 VwGO gestellt. Denn die Verordnung ist in dem (elektronischen) Amtsblatt für den Landkreis Harburg vom 9. Juli 2020 bekannt gemacht worden. Der Antragsteller hat am 9. Juni 2021 den vorliegenden Antrag gestellt.
3. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann – neben Behörden – jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, einen Normenkontrollantrag stellen. Der Antragsteller muss insoweit geltend machen und hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in einem subjektiven Recht verletzt wird (Senatsbeschluss vom 8.8.2018 – 10 KN 3/18 –, juris Rn. 24 m.w.N.).
Danach ist hier die Antragsbefugnis des Antragstellers ohne Weiteres zu bejahen, da er zur Begründung der Möglichkeit einer Rechtsverletzung hinreichend konkret dargestellt hat, dass er im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes eine Pferdehaltung und Pferdezucht mit der Ausbildung von Pferden betreibt und zu letzterer Ausritte mit freilaufenden Hunden gehören, um die Pferde an umherlaufende Hunde zu gewöhnen. Diese Ausritte unternimmt er nach seinen Angaben vor allem auf dem Wirtschaftsweg, der das ausgewiesene Wildschongebiet südlich begrenzt und auf dem folglich auch die Leinenpflicht für Hunde gilt, sofern dieser nach der gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung maßgeblichen Karte von dem Schongebiet mitumfasst ist. Insofern spielt es keine Rolle, dass nach § 2 Abs. 3 a. der angefochtenen Verordnung und § 33 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 b) NWaldLG die Leinenpflicht nicht besteht für Hunde die zur befugten Jagdausübung eingesetzt werden, da es sich bei der Ausbildung der Pferde mit freilaufenden Hunden jedenfalls nicht um den Einsatz zur Jagdausübung handelt.
4. Daraus ergibt sich auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse für den von ihm gestellten Antrag. Denn wenn ein Antragsteller gem. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden, so ist regelmäßig auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29.09.2015 – 4 BN 25.15 –, juris Rn. 6). Dies ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Antragsteller als Mitglied der Jagdgenossenschaft G. -O. bei den Versammlungen der Jagdgenossenschaft keine Einwendungen gegen die Ausweisung des Wildschongebiets erhoben hat. Denn dies hindert ihn unter keinem Gesichtspunkt an der Geltendmachung seiner Rechte zu einem späteren Zeitpunkt und lässt sein diesbezügliches Rechtsschutzinteresse nicht entfallen.
II. Der Normenkontrollantrag ist vollumfänglich begründet, weil die Verordnung gegen höherrangiges Recht verstößt und dies zu ihrer Gesamtunwirksamkeit führt, weil die Voraussetzungen einer Teilunwirksamkeit insoweit nicht vorliegen.
1. Die auf § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NWaldLG und §§ 10 Abs. 6, 58 Abs. 1 Nr. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) gestützte Verordnung der Antragsgegnerin verstößt bereits durch die fehlende Veröffentlichung der nach § 1 Abs. 3 der Verordnung maßgeblichen Karte im Originalmaßstab gegen den hier entsprechend anzuwendenden § 11 NKomVG.
Nach § 10 Absätze 1 und 6 NKomVG können Kommunen – wie die Antragsgegnerin – ihre Angelegenheiten durch eine Verordnung regeln. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NWaldLG können die Feld- und Forstordnungsbehörden, deren Aufgaben die Gemeinden nach § 43 Abs. 2 Satz 1 NWaldLG wahrnehmen, durch Verordnung bestimmen, dass Hunde in der freien Landschaft auch außerhalb der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli (allgemeine Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit) an der Leine zu führen sind zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes oder sonstiger wild lebender Tiere vor Beunruhigung durch Festlegung von Schongebieten.
Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 NKomVG ist die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Verkündung der Satzung gegenüber der Kommune geltend gemacht worden ist. Dies gilt jedoch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 NKomVG nicht, wenn die Vorschriften über die Genehmigung oder die Verkündung der Satzung verletzt worden sind. Die Regelungen des Absatzes 2 gelten nach § 10 Abs. 6 NKomVG auch für Verordnungen der Kommune entsprechend.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 NKomVG erfolgt die Verkündung nach Maßgabe näherer Bestimmung durch die Hauptsatzung in einem amtlichen Verkündungsblatt (1.), in einer örtlichen Tageszeitung (2.) oder in einem im Internet bereitgestellten elektronischen amtlichen Verkündungsblatt der Kommune (3.). Kreisangehörige Gemeinden und Samtgemeinden können nach § 11 Abs. 4 Satz 1 NKomVG durch ihre Hauptsatzung bestimmen, dass ihre Satzungen in dem gedruckten oder elektronischen amtlichen Verkündungsblatt des Landkreises verkündet werden. Sind Pläne, Karten oder Zeichnungen Bestandteile von Satzungen, so kann die Verkündung dieser Teile nach § 11 Abs. 5 Satz 1 NKomVG dadurch ersetzt werden, dass sie bei der Kommune während der Dienststunden öffentlich ausgelegt werden und in der Verkündung des textlichen Teils der Satzungen auf die Dauer und den Ort der Auslegung hingewiesen wird (Ersatzverkündung). Die Ersatzverkündung ist nur zulässig, wenn der Inhalt der Pläne, Karten oder Zeichnungen im textlichen Teil der Satzungen in groben Zügen beschrieben wird (§ 11 Abs. 5 Satz 2 NKomVG).
Diese Bestimmungen gelten nach § 11 Abs. 7 Satz 1 NKomVG entsprechend für Verordnungen der Kommunen „nach diesem Gesetz“, also nach dem NKomVG. Danach werden zwar in anderen Rechtsvorschriften angeordnete öffentliche Bekanntmachungen von dieser Regelung nicht erfasst. Soweit dort jedoch – wie hier für den Erlass von Verordnungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 NWaldLG – keine gesonderten Vorgaben bestehen, gilt § 11 NKomVG entsprechend (Wefelmeier in KVR-NKomVG, § 11 Rn. 48 zu § 11 Abs. 6 Satz 1 NKomVG a. F. = § 11 Abs. 7 Satz 1 NKomVG n. F.).
Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 der angefochtenen Verordnung ist das Wildschongebiet in der anliegenden Karte im Maßstab 1 : 5000 dargestellt. Nach Satz 2 dieser Bestimmung ist die Karte Bestandteil der Verordnung. Im Amtsblatt für den Landkreis Harburg Nr. 28 vom 9. Juli 2020, in dem die Verordnung auf den Seiten 708-710 bekannt gemacht worden ist, ist jedoch keine Karte im Maßstab 1 : 5000 veröffentlicht worden. Es ist demnach ein wesentlicher Teil der Verordnung nicht entsprechend den Vorschriften des § 11 NKomVG verkündet worden. Denn auf der Seite 710 des Amtsblatts befindet sich statt der Karte im Maßstab 1 : 5000 eine Karte im Maßstab 1 : 12.500, die ein Auszug aus der amtlichen Karte 1 : 5000 sein soll. Die zum Bestandteil einer Verordnung erklärte Karte ist jedoch maßstabgetreu zu veröffentlichen, weil nur eine maßstabidentische Abbildung die Originalkarte wiedergibt. Die Verkleinerung einer Schongebietskarte ist daher keine vorschriftsgemäße Veröffentlichung (ebenso BayVGH, Beschluss vom 18.2.1991 – 9 N 90.796 –, juris Rn. 22, zur Veröffentlichung einer Schutzgebietskarte betreffend Naturdenkmale; vgl. ferner Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 26). Da eine Ersatzverkündung nach § 11 Abs. 5 NKomVG hier nicht stattgefunden hat, ist die Verordnung folglich nicht entsprechend § 11 NKomVG ordnungsgemäß verkündet worden.
Bereits aus diesem Grund ist die Verordnung in vollem Umfang unwirksam, da von der fehlerhaften Verkündung der den räumlichen Geltungsbereich gemäß § 1 Abs. 3 der Verordnung festlegenden Karte die gesamte Verordnung erfasst ist.
2. Außerdem verstößt die Darstellung des räumlichen Geltungsbereichs der Verordnung gegen den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebenden Bestimmtheitsgrundsatz (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.2.2009 – 7 CN 1.08 –, juris Rn. 24). Dagegen verstößt ein Normgeber, wenn es wegen der Unbestimmtheit der Norm nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden und Gerichte ausschließen. Aus dem Inhalt der Rechtsvorschrift muss sich mit ausreichender Bestimmtheit ermitteln lassen, was von den pflichtigen Personen verlangt wird (BVerwG, Urteil vom 16.6.1994 – 4 C 2.94 –, juris Rn. 8). Der räumliche Geltungsbereich kann im Falle von Satzungen oder Rechtsverordnungen, die nur für Teilbereiche im Hoheitsgebiet des Satzungs- oder Verordnungsgebers Rechte und Pflichten begründen sollen, in der Regel nur durch genaue Beschreibung des Grenzverlaufs, katastermäßige Bezeichnungen oder die Eintragung der Grenzlinie in einer Karte hinreichend genau festgelegt werden (BVerwG, Urteil vom 16.6.1994 – 4 C 2.94 –, juris Rn. 14).
Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Verordnung im Hinblick auf die Bestimmung ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht.
In den von der Antragsgegnerin vorgelegten (Bl. 31 und 32 der Gerichtsakte), jedenfalls in einem (etwas) kleineren Maßstab als 1 : 5000 dargestellten Karten ist das Wildschongebiet von einem ca. 2 mm breiten Begrenzungsstrich eingefasst. Dieser Begrenzungsstrich liegt im Süden des Gebiets mitten auf dem Wirtschaftsweg des Antragstellers, der von diesem für Ausritte mit freilaufenden Hunden genutzt wird. Auch östlich des Gebiets liegt der Strich mitten auf einem Weg. Dies gilt erst recht für die nach dem oben Gesagten fehlerhafterweise nicht im Originalmaßstab veröffentlichte, aber nach § 1 Abs. 3 der Verordnung maßgebliche Karte im Maßstab 1 : 5000, weil in dieser der Begrenzungsstrich noch undeutlicher zu erkennen ist und mit zunehmend größerem Maßstab die Wege nahezu völlig von dem Begrenzungsstrich abgedeckt sind, wie die ferner von der Antragsgegnerin vorgelegte Karte (Blatt 33 der Gerichtsakte) zeigt. Nach der Kartenlage ist folglich unklar, ob die Innenkante oder die Außenkante des Begrenzungsstrichs maßgebend ist. Wäre dessen Innenkante maßgeblich, wären diese Wege nicht vom Wildschongebiet umfasst, soll jedoch die Außenkante maßgeblich sein, lägen die Wege - jedenfalls überwiegend - in diesem Gebiet. Für Letzteres spricht, dass nach der Zielsetzung der Verordnung verhindert werden soll, dass Spaziergänger auf diesen Wegen ihre Hunde freilaufen lassen, die von dort aus in das Gebiet eindringen und das dort befindliche Wild beunruhigen oder gar verdrängen können. Außerdem sollen nach § 1 Abs. 2 der Verordnung gerade auch die Wirtschaftswege im Revier der Jagdgenossenschaft vom Schongebiet umfasst sein. Im Widerspruch hierzu hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Antragserwiderung ausgeführt, dass die Ortslage den betrieblichen Wirtschaftsweg des Antragstellers nicht umfasse, weil es sich um einen Privatweg des Antragstellers handele. Der Umstand, dass es sich bei dem betrieblichen Wirtschaftsweg auf den Flurstücken L., J. und K. am Südrand des Wildschongebiets um einen Privatweg handelt, steht seiner Einbeziehung in das Schongebiet jedoch gerade nicht entgegen. Denn nach § 33 Abs. 2 Satz 1 NWaldLG kann die Leinenpflicht für Hunde in der freien Landschaft durch Verordnung angeordnet werden. Zur freien Landschaft gehören nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NWaldLG die Flächen des Waldes und der übrigen freien Landschaft, auch wenn die Flächen innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 NWaldLG sind Bestandteile dieser Flächen auch die zugehörigen Wege und Gewässer. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 NWaldLG gehören Straßen und Wege nur dann nicht zur freien Landschaft, soweit sie aufgrund straßengesetzlicher Regelung für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, was hier im Falle des Privatwegs des Antragstellers offenbar nicht der Fall ist. Mithin gehört der genannte Privatweg des Antragstellers zur freien Landschaft, die nach § 23 Abs. 1 NWaldLG grundsätzlich von jedem Menschen betreten, d. h. unter anderem begangen und beritten (§ 23 Abs. 3 NWaldLG) werden kann, und in der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NWaldLG die Leinenpflicht in festgelegten Schongebieten ganzjährig angeordnet werden kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt ergeben sich daher keine Hinweise dafür, ob die Innenkante oder die Außenkante des Begrenzungsstrichs in der maßgeblichen Karte im Maßstab 1 : 5000 maßgeblich ist.
Es lassen sich hier daher keine objektiven Kriterien für die Grenzziehung gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörde ausschließen. Es reicht deshalb auch nicht, dass die Beschilderung vor Ort hinreichend klar sein soll. Denn maßgeblich ist nach der Verordnung selbst die Darstellung des Gebiets in der Karte, die jedoch insoweit nicht hinreichend aufschlussreich ist und damit eine willkürliche Handhabung durch die Behörde vor Ort etwa bei der Aufstellung der Schilder ermöglicht. Die Darstellung in der Karte mit einem relativ dicken Begrenzungsstrich wäre dagegen ausreichend, wenn der Verordnungstext klarstellen würde, ob die Innen- oder die Außenkante des Strichs maßgeblich sein soll (vgl. hierzu BayVGH, Beschluss vom 18.2.1991 – 9 N 90.796 –, juris Rn. 21, und VG Meiningen, Urteil vom 18.2.2015 – 5 K 525/12 ME –, juris Rn. 30). Eine solche textliche Beschreibung fehlt hier jedoch in der angefochtenen Verordnung.
Eine hinreichende Bestimmtheit des räumlichen Geltungsbereichs der Verordnung ergibt sich auch nicht aus dem Verordnungstext. Dazu heißt es in § 1 Abs. 2 der Verordnung, dass die Fläche des Wildschongebietes die Feld- und Waldflächen sowie die Wirtschaftswege im Revier der Jagdgenossenschaft G. -O. umfasst. Doch es ist völlig unklar, was mit „im Revier der Jagdgenossenschaft“ gemeint ist. Der Wortlaut könnte für sämtliche Feld- und Waldflächen sowie Wirtschaftswege im gesamten Revier der Jagdgenossenschaft sprechen. Es kann aber auch ebenso nur ein Teil des Gebiets mit „im Revier“ gemeint sein, der von der beizufügenden Karte erfasst ist. Da die Reviergrenzen in der Karte nicht dargestellt oder zumindest (mangels Legende) nicht erkennbar sind, liefert auch der Verordnungstext in Verbindung mit der Karte keine hinreichenden Hinweise auf den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung. Der Verordnungstext ist insoweit derart unklar, dass auch die Anforderungen nach § 11 Abs. 5 Satz 2 NKomVG an eine Ersatzverkündung nicht erfüllt wären, da das Erfordernis der textlichen Grobbeschreibung des Inhalts von Karten nur dann erfüllt ist, wenn die Gebietsgrenzen im Verordnungstext selbst grob beschrieben werden und diese Gebietsbeschreibung auch ohne Zuhilfenahme von Karten aus sich heraus verständlich ist (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 27), was hier nicht der Fall ist.
3. Der mithin vorliegende Verstoß gegen die oben dargestellten Bekanntmachungsvorschriften und gegen das Bestimmtheitserfordernis hat die Unwirksamkeit der gesamten Verordnung zur Folge, so dass nicht mehr entscheidungserheblich ist, ob die Verordnung der Antragsgegnerin materiell-rechtlich mit höherrangigem Recht im Einklang steht. Da aber nicht ausgeschlossen ist, dass die Antragsgegnerin eine inhaltlich gleichlautende Verordnung unter Beachtung der oben genannten Erfordernisse erlassen wird, weist der Senat zur Klarstellung darauf hin, dass die Verordnung der Antragsgegnerin in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden sein dürfte, wobei der Senat davon ausgeht, dass die Verordnung sich auch auf den Wirtschaftsweg des Antragstellers auf den Flurstücken L., J. und K. am Südrand des Wildschongebiets erstrecken soll.
Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NWaldLG können die Feld- und Forstordnungsbehörden, deren Aufgaben die Gemeinden wahrnehmen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 NWaldLG), durch Verordnung bestimmen, dass Hunde in der freien Landschaft auch außerhalb der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli an der Leine zu führen sind zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes oder sonstiger wild lebender Tiere vor Beunruhigung durch Festlegung von Schongebieten.
Nach dem Wortlaut müssen für eine Verordnung nach dieser Vorschrift lediglich zwei Voraussetzungen erfüllt sein (siehe hierzu ausführlich unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien und der Gesetzessystematik sowie unter Auseinandersetzung mit der Kommentarliteratur Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 29-35):
Zum einen müssen Wild oder sonstige wild lebende Tiere in der freien Landschaft, für die die Anleinpflicht für Hunde auch außerhalb der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli bestehen soll, vorhanden sein. Dies ist hier der Fall. Denn nach dem Schreiben der Jagdgenossenschaft G. -O. an die Antragsgegnerin vom 27. August 2019 befinden sich auf der Fläche Rehe, Hasen und Kaninchen, wobei der Rehbestand innerhalb von drei Jahren von 36-38 Stück auf 7-8 Stück wegen der zunehmenden Zahl von freilaufenden Hunden zurückgegangen ist. Diesen konkreten und glaubhaften Angaben hat auch der Antragsteller nicht widersprochen.
Zum anderen muss die Verordnung dem Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes oder dem Schutz sonstiger wild lebender Tiere vor Beunruhigung dienen. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Denn wo Wild oder sonstige wild lebende Tiere sich aufhalten, liegt es auf der Hand, dass diese durch freilaufende Hunde, die zudem häufig über einen Jagdinstinkt verfügen, in ihren Rückzugsmöglichkeiten beeinträchtigt bzw. erheblich beunruhigt werden. Hinzu kommt, dass das "Streunen oder Wildern" frei laufender Hunde von den Hundehaltern keineswegs immer wirksam unterbunden wird, wie dies § 33 Abs. 1 Nr. 1 a) NWaldLG fordert, bzw. in bestimmten Situationen wegen des zuweilen schwer kontrollierbaren Jagdinstinkts ihrer Hunde auch nicht immer verhindert werden kann. Außerdem verhalten sich manche Hundehalter diesbezüglich ohnehin gleichgültig, sofern sie nicht durch die Jägerschaft oder die Feld- und Forstordnungsbehörden zu einer verstärkten Aufsicht über ihre Hunde angehalten werden, was angesichts der Vielzahl der Hundehalter nur in verhältnismäßig wenigen Fällen möglich sein dürfte (ebenso Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 32). Hier hat sich ein Teil der Hundehalter nach dem genannten Schreiben der Jagdgenossenschaft vom 27. August 2019 zudem auch auf persönliche Ansprache uneinsichtig gezeigt und sich geweigert, die Hunde anzuleinen. Es ist daher ohne weiteres nachvollziehbar und glaubhaft, dass von täglich 8-10 freilaufenden Hunde wochentags und 20-30 freilaufenden Hunden am Wochenende, die nicht nur auf den Wegen, sondern auch im Wald und auf den Grünflächen, die Äsungsflächen für die Rehe sind, umherlaufen, eine erhebliche Beunruhigung der Wildtiere ausgeht.
Eine darüber hinausgehende Gefahr etwa für den Bestand des Wildes oder sonstiger wild lebender Tiere auf den geschützten Flächen der freien Landschaft ist nicht erforderlich. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Lebensraum für unter Schutz gestellte Tiere oder besondere Zufluchtsstätten frei lebender Tiere betroffen sind (siehe hierzu ausführlich Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 33-35).
Dies bedeutet allerdings nicht, dass die gesamte freie Landschaft einer Kommune uneingeschränkt als Wildschongebiet nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 NWaldLG festgelegt werden kann. Denn bei der Entscheidung über den Erlass der Verordnung, die im ortsgesetzgeberischen Ermessen steht, ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Dabei ist der öffentliche Belang des Schutzes der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes und der sonstigen wild lebenden Tiere vor Beunruhigung abzuwägen gegen das Interesse der Hundehalter, ihre Hunde frei laufen zu lassen, um deren natürlichem Bedürfnis nach zumindest gelegentlichem freien Auslauf, also nach ungehinderter Bewegung und Spiel (auch) mit anderen Hunden, dem nicht immer auf privaten Grundstücksflächen ausreichend Rechnung getragen werden kann, nachzukommen (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 20.11.2012 – 4 KN 16/11 –, juris Rn. 36). Da hier offenbar nur ein relativ kleiner Teil der Samtgemeindefläche als Wildschongebiet ausgewiesen werden soll, mithin noch erhebliche Flächen freier Landschaft vorhanden sein dürften, die nicht von der Verordnung (und auch nicht von dem angrenzenden Landschaftsschutzgebiet Q. -Wald, in dem es nach § 4 r) der Verordnung des Landkreises Harburg über das Landschaftsschutzgebiet Q. -Wald und Umgebung vom 17. September 1990 verboten ist, Hunde frei laufen lassen) erfasst sind und auf denen die Hundehalter ihren Hunden daher außerhalb der allgemeinen Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit vom 1. April bis zum 15. Juli freien Auslauf gewähren können, bestehen unter diesem Gesichtspunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt. Zumal im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als öffentlicher Belang auch zu berücksichtigen ist, dass nach den glaubhaften Angaben in dem genannten Schreiben der Jagdgenossenschaft vom 27. August 2019 die Störungen durch freilaufende Hunde zu einer deutlichen Beeinträchtigung und insbesondere beim Rehwild zu einem erheblichen Rückgang des Wildbestandes in dem durch die Verordnung ausgewiesenen Schongebiet geführt haben und das Rehwild durch den hohen Jagddruck im benachbarten Q. -Wald auch dort keine ausreichenden Rückzugsmöglichkeiten findet.
Letzterer Gesichtspunkt dürfte auch gegenüber den vom Antragsteller geltend gemachten betrieblichen Belangen hinsichtlich der Nutzung des Wirtschaftswegs auf den Flurstücken L., J. und K. nach dem gegenwärtig bekannten Sachverhalt überwiegen.
Da es sich um einen Privatweg des Antragstellers auf in seinem Eigentum stehenden Flächen handelt, sind zwar auch dessen betriebliche Interessen an der uneingeschränkten Nutzung dieses Weges zu berücksichtigen und im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gegenüber den genannten öffentlichen Belangen abzuwägen. Doch abgesehen davon, dass die Sozialbindung seines Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG auch und insbesondere für Flächen der freien Landschaft, die von jedem betreten werden können, gilt und er die sich daraus ergebenden Einschränkungen der Nutzung seines Eigentums grundsätzlich hinzunehmen hat, hat der Antragsteller lediglich pauschal behauptet, dass ein anderer Weg oder andere Flächen, die gleichermaßen gut geeignet seien für Ausritte mit Ausbildungspferden mit Begleithunden und für Reitjagden mit Hundemeute vor Ort nicht vorhanden seien. Er hat nicht konkret dargelegt, aus welchen Gründen die übrigen Wirtschaftswege und insbesondere die Pferdeweiden um seine Hofstelle, die sich (auch) um seine künftige, im Südosten des Wildschongebiets befindliche Hofstelle erstrecken sollen, sowie freie oder eingezäunte Grünlandflächen und abgeerntete Ackerflächen, die nicht im Schongebiet liegen, hierfür nicht oder nicht ausreichend geeignet sein sollen, und er auch sonst keine (hinreichenden) Möglichkeiten hat, die von ihm zu trainierenden Pferde an freilaufende Hunde zu gewöhnen, wie etwa die Nutzung von Flächen, die nicht in seinem Eigentum stehen. Er hat folglich nicht dargelegt, (zwingend) auf die Nutzung des betrieblichen Wirtschaftsweges auf den Flurstücken L., J. und K. angewiesen zu sein. Dabei geht der Senat davon aus, dass es lediglich darum geht, die Pferde an freilaufende Hunde zu gewöhnen, dies ohne weiteres auf nahezu jeder Fläche stattfinden kann und der Antragsteller daher entgegen seiner Behauptung nicht auf das Training auf einem Wirtschaftsweg in der freien Landschaft angewiesen ist. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seinen Wirtschaftsweg auf den Flurstücken L., J. und K., der nach dem oben Gesagten Bestandteil der freien Landschaft ist, gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 1 b) NWaldLG jedenfalls nicht in der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli für Ausritte mit freilaufenden Hunden nutzen darf, er also in diesem Zeitraum ohnehin Trainingsmöglichkeiten auf bzw. bei seiner Hofstelle (beispielsweise eingezäunte Wiesen) oder bei anderen Hofstellen außerhalb der freien Landschaft nutzen muss.
Im Übrigen dürften die privaten Interessen des Antragstellers an der Durchführung von Reitjagden mit Hundemeuten – sofern es sich bei diesen nicht um den Einsatz von Hunden zur rechtmäßigen Jagdausübung handelt, für die die Leinenpflicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 b) und Abs. 2 Satz 2 NWaldLG und § 2 Abs. 3 a. der Verordnung nicht gilt – als bloße Freizeitbeschäftigung bzw. Sportausübung gegenüber den erheblichen, hier für den Leinenzwang sprechenden öffentlichen Belangen in jedem Fall nachrangig sein.
Soweit die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass gerade bei den Schleppjagden der Ernstfall des Einsatzes der Pferde mit freilaufenden Hunden trainiert werde, ist zum einen schon nicht ersichtlich, dass die nur zweimal im Jahr durchgeführten Schleppjagden einen nennenswerten Beitrag für das Training der Pferde leisten. Zum anderen sind die Schleppjagden ohnehin nur in einem geringen Umfang durch das Wildschongebiet betroffen. Denn der Wirtschaftsweg des Antragstellers am Südrand des Wildschongebiets bildet nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung mit wenigen 100 Metern Länge nur einen kleinen Teil der gesamten Jagdstrecke. Im Übrigen bleibt es dem Antragsteller unbenommen, mit seinen Pferden zu Trainingszwecken an Schleppjagden an anderen Örtlichkeiten teilzunehmen.
Aufgrund dieses Sachverhalts bestehen nach allem weder Anhaltspunkte für eine Verletzung der Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG noch für eine Verletzung seines Eigentumsrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG durch eine unverhältnismäßige Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten seines privaten Wirtschaftswegs auf den Flurstücken 14/8, 14/5 und 14/6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.