Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.12.1997, Az.: II 485/92

Zuckerrübenlieferrechte als immaterielle Wirtschaftsgüter im Steuerrecht; Begriff des Wirtschaftsgutes im Steuerrecht; Veräußerbarkeit von Rübenlieferrechten; Selbständige Bewertbarkeit eines Wirtschaftsgutes

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.12.1997
Aktenzeichen
II 485/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 17785
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1997:1217.II485.92.0A

Verfahrensgegenstand

Einkommensteuer 1989

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Ein Rübenlieferrecht ist ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens und nicht lediglich wertbildender Teil des Grund und Bodens.

  2. 2.

    Wirtschaftsgüter sind neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und sämtliche entgeltlichen Vorteile für den Betrieb; neben einer gesonderten Bewertbarkeit wird im allgemeinen verlangt, dass der Vermögenswert einen wesentlichen und über die Dauer des einzelnen Steuerabschnitts hinausgehenden Wert für das Unternehmen hat. Weiter gehört zu den Wesensmerkmalen eines Wirtschaftsguts dessen Übertragbarkeit, wobei allerdings ausreicht, dass es zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann; eine Einzelveräußerbarkeit ist nicht erforderlich.

  3. 3.

    Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Rübenlieferrechts für den Wert des Ackers und des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führt wie bei der Milchquote zu einem "gespaltenen" Bodenpreis - Land mit oder ohne "Quote". Unabhängig von der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der Rübenlieferrechte bei den einzelnen Zuckerrübenfabriken und der u.U. damit verbundenen unterschiedlichen Übertragungsmöglichkeiten für Lieferrechte ist es im Rechtsverkehr üblich, dass derartige Rechtspositionen an Pächter oder Käufer übertragen werden.

  4. 4.

    Zur Bejahung eines Wirtschaftsgutes reicht es aus, dass der Rechtsverkehr Möglichkeiten entwickelt hat, wirtschaftliche Positionen zu übertragen, kommt es auf eine Veräußerbarkeit im Rechtssinne nicht einmal an.

  5. 5.

    Das Rübenlieferrecht ist regelmäßig als solches auch, wie es der Wirtschaftsgutbegriff erfordert, selbständig bewertbar. Selbständige Bewertbarkeit liegt bereits dann vor, wenn ein Erwerber des gesamten Unternehmens darin einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein besonderes Entgelt ansetzen würde.

  6. 6.

    Erwirbt oder veräußert ein Steuerpflichtiger nämlich durch einen einheitlichen Vertrag mehrere Wirtschaftsgüter, so ist der Kaufpreis grundsätzlich anhand objektiver Maßstäbe aufzuteilen, und zwar im betrieblichen Bereich nach dem Verhältnis der Teilwerte, im privaten Bereich nach dem der Verkehrswerte. Haben die Parteien allerdings bereits im Vertrag eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises vorgenommen oder Einzelkaufpreise vereinbart, so ist dem im allgemeinen zwar zu folgen. Eine unangemessene, durch die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gerechtfertigte Aufteilung ist steuerlich indes unbeachtlich und führt zu einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Teilwerte bzw. Verkehrswerte.

In dem Rechtsstreit
hat der II. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 17. Dezember 1997,
an der mitgewirkt haben:
1. Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
2. Richter am Finanzgericht ...
3. Richter am Finanzgericht ...
4. ehrenamtliche Richter ...
5. ehrenamtlicher Richter ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1989 vom 11.2.1991 und der Einspruchsentscheidung vom 20.11.1992 wird der bisher berücksichtigte Veräußerungsgewinn um 72.062 DM vermindert.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Ausrechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten haben die Kläger zu 4/5 und der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Hohe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob und in welcher Höhe bei der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs im vereinbarten Kaufpreis ein Kaufpreisanteil für mit übertragene Zuckerrübenlieferrechte enthalten ist. Es geht um die Frage, ob Zuckerrübenlieferrechte immaterielle Wirtschaftsgüter sind und ein einheitlicher Kaufpreis insoweit aufzuteilen ist, daß ein Teil auch auf diese übertragenen Rechte entfällt. Im übrigen ist auch die Berechnung des Kaufpreisanteils durch den Beklagten streitig.

2

Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag vom 15.6.1989 mit Wirkung zum 1.10.1989 seinen landwirtschaftlichen Betrieb für 4.261.000 DM. Der Kaufpreis wurde später pauschal um 85.000 DM vermindert.

3

Nach § 6 des notariellen Vertrages war der Kaufpreis aufgeteilt, und zwar auf den Grund und Boden und weitere mitübertragene Wirtschaftsgüter; u.a. sollten 30.400 DM auf die mit übertragenen 152 Aktien an der Z. AG. U. entfallen. Mach § 7 des notariellen Vertrages wurde mit übertragen das im Besitz des Klägers befindliche "Zuckerrübenkontingent", angegeben mit 13.917 dz A- und B-Rüben, davon 10.124 dz A-Rüben, sowie die Rübenlieferrechte einschließlich der Lieferrechte aus den mit übertragenen 152 Aktien von je 4 dz pro Aktie. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des notariellen Vertrages vom 15.6.1989 (Urkundenrolle Nr. 434/1989 des Notars R.; Bl. 63-83 Betriebsprüfungs-Arbeitsakte) Bezug genommen.

4

Der Kläger erklärte einen Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung seines Betriebes von 346.592 DM; darin enthalten war ein Gewinn aus der Veräußerung der Aktien von 23.912 DM (30.400 DM abzüglich 928 DM anteilige Veräußerungskosten und 5.560 DM Buchwert) sowie aus der Veräußerung des Grund- und Bodens ein Verlust von 61.608 DM betreffend die Veräußerung einer nach dem 30.6.1970 erworbenen Teilfläche; aus der Veräußerung des übrigen, vor dem 1.7.1970 in den Betrieb gelangten Grund und Bodens ergab sich lediglich ein nach § 55 EStG nicht abziehbarer Verlust.

5

Nach einer bei dem Kläger Ende 1990 durchgeführten Außenprüfung kamen der Außenprüfer und ihm folgend der Beklagte zu dem Ergebnis, daß in dem Gesamtkaufpreis für den Grund und Boden, die Aktien und die sonstigen beweglichen Wirtschaftsgüter ein Kaufpreisanteil für die übertragenen Zuckerrübenlieferrechte enthalten sei. Der nach dem Kaufvertrag auf den Grund und Boden entfallende Kaufpreisanteil sei deshalb im Verhältnis der Teilwerte des Grund und Bodens und des übergegangenen Rübenlieferrechts aufzuteilen.

6

Der Beklagte ging dabei von einem Teilwert des Grund und Bodens in Höhe von 3.365.865 DM aus, wobei er einen qm-Preis von 5,30 DM als Mittel zwischen vom Gutachterausschuß beim Katasteramt angegebener Preise von 4,80 DM (Bodenpunktzahl 60) und 5,80 (Bodenpunktzahl 85) zugrunde legte.

7

Den Teilwert des Rübenlieferrechts ermittelte der Außenprüfer mit Hilfe einer Deckungsbeitragsrechnung, der er ein übergegangenes Lieferrecht von 9198 dt (Dezitonne = Doppelzentner) zugrunde legte (darin lediglich 118 dt B-Rüben). Dieser Betrag ergab sich nach Kürzung um das aus den Aktien folgende Lieferrecht von 608 dt A-Rüben (152 Aktien × 4 dt).

8

Er ermittelte eine Deckungsbeitragsdifferenz von 2.488 DM/ha, ging davon aus, daß Veräußerer und Erwerber sich den hierin liegenden wirtschaftlichen Vorteil üblicherweise jeweils teilen, und berechnete den Wert des (halben) Vorteils nach § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz als immerwährende Nutzung mit dem 18fachen, im Ergebnis auf 22.392 DM/ha. Unter Berücksichtigung des nachhaltigen Zuckerrübenanbauanteils von 24,92 v.H. im klägerischen Betrieb ergab sich schließlich ein Teilwert von 354.368 DM und im Verhältnis der Teilwerte des Grund und Bodens und des Rübenlieferrechts ein Kaufpreisanteil von 370.861 DM, nach Abzug anteiliger Veräußerungskosten schließlich ein Veräußerungsgewinn von 359.566 DM.

9

Wegen der Einzelheiten wird auf die rechnerische Darstellung in Tzn. 11-17 des Betriebsprüfungsberichts vom 23.11.1990 (Bl. 229-233 Bilanzakte) und die Darstellung im Einspruchsbescheid vom 20.11.1992, dort S. 3, 3 a und 4 (Bl. 10 ff. Gerichtsakte) verwiesen. Den aus der Veräußerung der Aktien ermittelten Veräußerungsgewinn änderte der Beklagte nicht.

10

Gegen den auch wegen anderer hier nicht streitiger Punkte geänderten Einkommensteuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie sich gegen den Ansatz eines Veräußerungsgewinnes aus den übergegangenen Rübenlieferrechten in Höhe von 359.566 DM wandten. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

11

Mit der Klage begehren die Kläger weiterhin, den Ansatz eines Veräußerungsgewinns aus übergegangenen Rübenlieferrechten rückgängig zu machen.

12

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Oberfinanzdirektion sei die Rübenquote kein selbständiges Wirtschaftsgut. So könne man schon nicht davon ausgehen, daß beim Verkauf von Ackerflächen gleichzeitig immer die eventuell darauf liegenden Rübenlieferrechte übergingen. Diese könnten im Einzel fall nur mit Zustimmung der Zuckerfabrik übertragen werden. Außerdem vermittelten lediglich die Aktien ein von der EG-Zuckerquote unabhängig garantiertes Zuckerrübenlieferrecht. Die sog. Betriebslieferrechte würden dagegen jährlich neu vereinbart. Ein Käufer habe insoweit lediglich die berechtigte Hoffnung, daß die Zuckerfabrik mit ihm wegen ihres Interesses an einem gleichmäßigen Rübenbezug einen mit dem des Vorjahres vergleichbaren Vertrag abschließe. Dabei könne die Fabrik aber grundsätzlich frei entscheiden, werde allerdings in der Regel den Übergang des Betriebslieferrechts genehmigen. Im Gegensatz zum Aktienlieferrecht garantiere das Betriebslieferrecht aber keine Rübenabnahme in einer konkret bestimmten Größenordnung. Diese hänge nämlich ihrerseits von der der Zuckerfabrik zugewiesenen Zuckerquote sowie der Anzahl der anbietenden Rübenbauern ab. Deshalb sei die Zuckerrübenfabrik auch berechtigt, ein einmal erteiltes Lieferrecht, sofern es nicht an die Aktie gebunden sei, zu kürzen. Sie sei aber bei der Vergabe der Lieferrechte grundsätzlich frei, habe lediglich die Grundsätze von Treu und Glauben zu beachten, mit der Folge, daß Landwirte, die seit Jahren eine bestimmte Durchschnittsmenge geliefert hätten, auch bevorzugt zu behandeln seien.

13

Die Entscheidung des Beklagten sei auch deshalb unzutreffend, weil die Kaufvertragparteien gerade ausdrücklich geregelt hätten, daß ein Entgelt für die übertragenen Rübenlieferrechte nicht gezahlt werden sollte, diese vielmehr unentgeltlich übergehen sollten.

14

Es sei auch in keiner Weise nachvollziehbar, warum ein Käufer überhaupt bereit sein sollte, auf übergehende Rübenlieferrechte etwas zu bezahlen. Denn nach der Rechtsprechung könne grundsätzlich jeder Rübenerzeuger verlangen, daß die Zuckerfabrik, in deren Einzugsbereich sein landwirtschaftlicher Betrieb liege, mit ihm einen Liefervertrag abschließe. Ein Anspruch hierauf ergebe sich aus §§ 26 Abs. 2, 35 Abs. 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), wie auch schon der Bundesgerichtshof entschieden habe (BGH, Agrarrecht 91, 221 ff.). Wenn aber ein Rechtsanspruch auf Zuteilung eines Lieferrechts bestehe, werde ein Käufer für mit übertragene Lieferrechte nichts zahlen.

15

Selbst wenn für rübenfähiges Ackerland ein höherer Preis gezahlt werde, ergebe sich die Wertsteigerung nicht aus der Übertragung der Rübenlieferrechte, sondern allein aus der Qualität des Bodens in Verbindung mit dem Verhalten und dem Interesse der Zuckerfabrik. Die Rübenfähigkeit sei lediglich ein wertbildender Faktor für den Kaufpreis des Grund und Bodens, ähnlich wie beim Bau- und Bauerwartungsland.

16

Selbst wenn der Rechtsstandpunkt des Beklagten zutreffend wäre, sei jedenfalls die Berechnung des auf die übergegangenen Rübenlieferrechte entfallenden Kaufpreisanteils zu beanstanden. Es handele sich nämlich nicht um eine immerwährende Nutzung. Denn aus der Sicht des Jahres 1989 sei der Zuckerfabrik ihre Zuckerquote, aus der sich die Rübenlieferrechte ableiteten, bis zum 30.6.1991 befristet worden. Denn nach der im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung bestehenden Marktordnung für Zucker sei die Zuckerquote lediglich bis Mitte 1991 gesichert gewesen, so daß der Kapitalisierungsfaktor für eine zweijährige Nutzung (1,948 nach Hilfstafel 1 zu § 13 Abs. 1 Bewertungsgesetz) anzuwenden sei.

17

Außerdem sei das Aktienlieferrecht von dieser Bewertung auszunehmen, da dieses an die veräußerten Aktien gebunden sei und für diese ein Kaufpreisanteil im Vertrag auch gesondert ausgewiesen sei. Die Aktienlieferrechte hätten mit dem Grund und Boden nichts zu tun. Für eine Überprüfung des Entnahmewerts der Aktien (30.400,- DM), wie im Verlauf des Rechtsstreits vom Gericht angedeutet, sei kein Raum. Der gemeine Wert nicht notierter Aktien werde nach dem amtlichen Bewertungsverfahren ermittelt; die Besonderheit, daß die Aktie eine Quote vermittele, sei bei diesem Bewertungsverfahren ohne Bedeutung.

18

Weiter sei bei der Berechnung der Deckungsbeitragsdifferenz noch zu berücksichtigen, daß beim Rübenanbau eine höhere Festkostenbelastung als beim Weizen- oder Rapsanbau anfalle, die nach den betrieblichen Unterlagen 502 DM je ha betrage. Die um diese zusätzlichen Aufwendungen verminderten Deckungsbeiträge ergäben erst den Rentabilitätsvorteil, Insgesamt ergäbe sich mithin allenfalls ein Teilwert für die Lieferrechte von 28.500 DM und bei Aufteilung des einheitlichen Kaufpreises im Verhältnis der Teilwerte ein Veräußerungsgewinn von 29.089 DM.

19

Wegen der Einzelheiten wird auf die Berechnungen des Prozeßbevollmächtigten im Schriftsatz vom 16.3.1993, dort Seiten 11 und 12 (Bl. 32, 33 Gerichtsakte) verwiesen.

20

Die Kläger beantragen,

den Veräußerungsgewinn um 359.566 DM zu kürzen.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest. Für das Zuckerrübenlieferrecht sei ein anteiliger Kaufpreis anzusetzen, denn das Zuckerrübenrecht sei ein werthaltiges immaterielles Wirtschaftsgut und mit auf den Käufer gegen Entgelt übergegangen. Entgegen der Auffassung des Klägers seien das übergegangene Betriebslieferrecht weder um den Aktienanteil noch die Deckungsbeitragsdifferenz um einen höheren Festkostenanteil zu mindern; im übrigen handele es sich um eine immerwährende Nutzung, so daß der Vervielfältiger nach § 13 Abs. 2 Bewertungsgesetz mit 18 anzusetzen sei.

23

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere des Vertragsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Z.-Aktiengesellschaft U. wird auf den Inhalt des Zuckerrübenliefervertrags 1986 (Bl. 62 Gerichtsakte), die Zuckerrübenlieferverträge 1987 bis 1989 mit Branchenvereinbarungen (Bl. 63-68 Gerichtsakte), den Schiedsvertrag zum Zuckerrübenliefervertrag 1989 (Bl. 69 Gerichtsakte), die Muster der Zuckerrübenlieferungsverträge 1986 bis 1989 einschließlich Branchenvereinbarungen (Bl. 47, 48, 51, 52, 55, 56 und 58, 59 Gerichtsakte), die Muster der Schiedsverträge zu den Lieferverträgen 1989 (Bl. 49 Gerichtsakte) und 1988 (Bl. 53 Gerichtsakte), die Rundschreiben Nr. 4/1989 (Bl. 50 Gerichtsakte), Nr. 5/1988 (Bl. 54 Gerichtsakte), Nr. 4/1987 (Bl. 57 Gerichtsakte), Nr. 5/1986 (Bl. 60 Gerichtsakte), den Inhalt der "Grundlagen und Grundsätze über die Behandlung der Rübenlieferrechte" der Zuckeraktiengesellschaft U. g. mit Stand von Januar 1987 (Bl. 73, 74 Gerichtsakte) sowie den Inhalt der Satzung der Z. AG. U. (Bl. 75-80 Gerichtsakte) Bezug genommen.

24

Der Prozeßbevollmächtigte der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung für den Fall einer weiteren Kaufpreisaufteilung erklärt, die vom Betriebsprüfer auf 2.488,- DM/ha berechnete, betriebliche Deckungsbeitragsdifferenz, und der vom Berichterstatter vorgeschlagene Ansatz von 200,- DM/ha für höhere Festkosten beim Rübenanbau entsprächen den betrieblichen Verhältnissen und zur Berechnung des mit dem Rübenanbau verbundenen höheren Lohnaufwands könne die Arbeitsstunde in der vom Berichterstatter vorgeschlagenen Höhe von 20,- DM angesetzt werden. Ferner erklärte er sich mit dem vom Beklagten ermittelten Verkehrswert des Grund und Bodens einverstanden.

25

Der Vertreter des Beklagten hat hiergegen keine Einwände erhoben.

26

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 17.12.1997 verwiesen.

Entscheidungsgründe

27

Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.

28

Zwar ist entgegen der Auffassung der Kl. das Rübenlieferrecht ein selbständiges immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens und nicht lediglich wertbildender Teil des Grund und Bodens. Der im einheitlichen Kaufpreis enthaltene hierauf entfallende Kaufpreisanteil ist mithin, da ein Buchwert für dieses Wirtschaftsgut - es handelt sich hierbei nämlich um ein selbstgeschaffenes und nicht schon gegen Entgelt erworbenes Wirtschaftsgut - nicht vorhanden ist, in voller Höhe (Veräußerungs-)Gewinn. Doch hat der Beklagte den auf das Rübenlieferrecht entfallenden Kaufpreisanteil unzutreffend - zu hoch - berechnet.

29

1.)

Der erkennende Senat schließt sich der allgemeinen Meinung in der Literatur - die Rechtsprechung hat sich bisher mit dieser Frage, soweit ersichtlich, noch nicht beschäftigt - an, wonach ein Zuckerrübenlieferrecht ein vom Grund und Boden getrenntes selbständiges immaterielles (§ 5 Abs. 2 EStG) Wirtschaftsgut ist (Felsmann, Einkommenbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., Anm. B 576 g - 576 j; Märkle-Hiller, Die Einkommenbesteuerung bei Land- und Forstwirten, 6. Aufl., Rdn. 106; Leingärtner/Zaisch, Die Einkommenbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl., Rn. 1688; Schmidt-Seeger, § 13 EStG - 16. Aufl.-Rn. 145, § 13 a EStG Rn. 46; Schmidt-Glanegger § 6 EStG - 16. Aufl. - Rn. 250 "Immaterielle Einzelwirtschaftsgüter"; B. Meier, Die ertragsteuerliche Behandlung von Zuckerrübenlieferrechten, INF 1991, 221, allerdings beschränkt auf das für das laufende Wirtschaftsjahr vereinbarte Lieferrecht; Köhne, Wesche, Landwirtschaftliche Steuerlehre, 3. Auflage 1995, S. 364; offengelassen: NdsFG, Urteil v. 22.06.1989 III 572, 573/85 n.v.).

30

2.)

Nach ständiger Rechtsprechung sind Wirtschaftsgüter neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts auch tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten und sämtliche entgeltlichen Vorteile für den Betrieb; neben einer gesonderten Bewertbarkeit wird im allgemeinen verlangt, daß der Vermögenswert einen wesentlichen und über die Dauer des einzelnen Steuerabschnitts hinausgehenden Wert für das Unternehmen hat. Weiter gehört zu den Wesensmerkmalen eines Wirtschaftsguts dessen Übertragbarkeit, wobei allerdings ausreicht, daß es zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann; eine Einzelveräußerbarkeit ist nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteile vom 22.07.1988 III R 175/85, BFHE 154/218, BStBl II 1988, 995; v. 26.08.1992 I R 24/91, BFHE 169/163, BStBl II 1992, 977; v. 08.02.1996 III R 76/90, BFH/NV 1996, 643).

31

a)

Beim Zuckerrübenlieferrecht in dem hier zu beurteilenden Fall muß man zwar im einzelnen unterscheiden den jährlich mit der Zuckerrübenfabrik neu abzuschließenden Zuckerrübenliefervertrag, der die Abnahme der dort ausgewiesenen Menge an A- und B-Rüben garantiert, das durch Aktien vermittelte Dauerlieferrecht - nach § 7 der Satzung der Zucker- und Aktiengesellschaft (nachfolgend: AG) U. verpflichtet jede Aktie den Inhaber zum Rübenanbau auf einer Mindestfläche und die Zuckerrübenfabrik zur Abnahme einer bestimmten Rübenmenge, und zwar für die gesamte Dauer des Aktienbesitzes - (Aktienlieferrecht) und schließlich ein schuldrechtliches (Vertrag sui generis) Rahmenrecht auf jährlich wiederholbaren Abschluß von Zuckerrübenlieferverträgen entsprechend langjähriger Übung (Betriebslieferrecht).

32

Der Kl. hat dabei einen Rechtsanspruch auf Abschluß seinem Aktien- und Betriebslieferrecht entsprechender Jahreslieferverträge. Dies ergibt sich aus den "Grundlagen und Grundsätzen über die Behandlung der Rübenlieferrechte" (Stand: Januar 1987) der AG (nachfolgend: "Grundsätze"). Danach besteht nämlich neben dem Aktienlieferrecht ein an den Betrieb gebundenes, flächenbezogenes Betriebslieferrecht. Hierbei handelt es sich nicht etwa um das Lieferrecht aus den jährlich neu abgeschlossenen Rübenlieferverträgen; das Betriebslieferrecht ist vielmehr Rechtsgrundlage für den sich jährlich wiederholenden Abschluß dieser Lieferverträge.

33

Dies folgt im einzelnen daraus, daß, während die Lieferrechte aus den jährlich abgeschlossenen und abzuschließenden Lieferverträgen grundsätzlich nicht übertragbar sind (vgl. § 2 der zwischen den Kl. und der AG abgeschlossenen Lieferverträge für 1987, 1988 und 1989 und den Mustervertrag für 1986), das Betriebslieferrecht dagegen nach II Nr. 2 "Grundsätze" bei Veränderung der Ackerfläche durch Kauf oder Pacht an den Käufer oder Pächter (mit Zustimmung der Gesellschaft) übertragen werden kann, nach II Nr. 3 c "Grundsätze" bei auslaufenden Pachverträgen das anteilige Rübenlieferrecht in eingebrachter Höhe entsprechend der Vertragsvereinbarung zurückfließt (unter Berücksichtigung von Veränderungen durch EG- und gesellschaftsinterne Regelungen), nach II Nr. 3 d "Grundsätze" Anträge auf Umschreibung von Rübenlieferrechten - auch von Aktienlieferrechten - nur mit Wirkung für das folgende Anbaujahr gestellt werden können und nach II Nr. 3 e "Grundsätze" ein Betriebslieferrecht an die Gesellschaft zurückfällt, wenn es während eines Jahres nicht genutzt worden ist. Diese Regelungen setzen voraus, daß das Betriebslieferrecht - wie das Aktienlieferrecht - ein (Dauer)Recht ist, das mangels besonderer Regelung unbefristet ist. Soweit die AG nicht selbst Kürzungen ihres von der EG zugewiesenen Zuckerkontingents hinnehmen muß, verändert sich die Liefermenge in den jährlich abzuschließenden Lieferverträgen grundsätzlich nicht.

34

Grenze dieses Rahmenrechts kann nur eine fehlende Verpflichtung der Zuckerfabrik sein, Zucker im Umfang ihres Zuckerkontingents zu produzieren, also z.B. ihren Betrieb nicht aufzugeben oder nicht einzuschränken. An der produzierten Zuckermenge indes vermittelt das Betriebslieferrecht jedenfalls ein umfassendes Teilhaberecht entsprechend dem bisherigen Besitzstand (vgl. Grages, Die Lieferrechte der Zuckerrübenanbauer, Schriftenreihe des Instituts für Landwirtschaftsrecht der Universität Göttingen Band 35, Carl Heymanns Verlag Köln-Berlin-Bonn-München 1989, 3. Teil II 2 b aa, S. 186).

35

b)

Daß ein derartiges Dauerlieferrecht, verbunden mit garantierten Preisen, einen erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellt, liegt, insbesondere auf einem kontingentierten Markt, auf der Hand. Die Werthaltigkeit der Rübenlieferungsrechte, unabhängig von ihrer jeweiligen rechtlichen Ausprägung, kommt u.a. auch dadurch zum Ausdruck, daß sich, auch schon zum Zeitpunkt der Betriebsveräußerung des Kl., ein fester Markt für Rübenlieferrechte gebildet hat; so gab es ausweislich der bei den Akten befindlichen Kopien aus den regionalen landwirtschaftlichen Zeitschriften "Top Agrar" und "Hannoversche Land- und Forstwirtschaftlichen Zeitung" bereits zur damaligen Zeit eine rege Nachfrage nach Rübenquoten. Dabei kann offenbleiben, ob die dort nachgefragten Rübenquoten mit oder ohne Grund Boden handelbar waren. Entscheidend ist insoweit, daß überhaupt für Rübenlieferrechte eine Machfrage bestand und nicht unerhebliche Preise hierfür geboten wurden. Auch ein je nach rechtlicher Ausgestaltung mehr oder weniger an den Grund und Boden gebundenes Recht hat dann einen entsprechenden Wert.

36

Die Werthaltigkeit kommt darüber hinaus darin zum Ausdruck, daß Zuckerrüben, soweit die marktordnungsrechtlichen Preisgarantien reichen, mithin im Umfang der Rübenlieferrechte, die rentabelsten unter den gängigen Feldfrüchten sind und die höchsten Roherträge erbringen. So liegt der sog. Deckungsbeitrag (erzielbarer Preis abzüglich variabler Kosten), also der Anteil, mit welchem die Erlöse zur Abdeckung der betrieblichen Festkosten beitragen, je ha am höchsten. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Zuckerrübenanbau einen höheren Zeitaufwand und höhere Festkosten verursacht als der Anbau z.B. von Getreide, verbleibt ein zusätzlicher Ertrag gegenüber dem Anbau von Alternativfrüchten (vgl. die Rentabilitätsvergleiche in der Hannoverschen Land- und Forstwirtschaftlichen Zeitung 1988, Heft 26, S. 8 und Heft 41, S. 3). Eben dies hat dazu geführt, daß sich aufgrund entsprechender Nachfrage am Markt für Rübenquoten Preise gebildet haben (vgl. Schindler, Rübenquoten - pachten oder kaufen? in Land & Forst 1997 Heft 44 S. 20 ff, ebenfalls mit Darstellung der Deckungsbeiträge).

37

Die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Rübenlieferrechts für den Wert des Ackers und des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs führt wie bei der Milchquote zu einem "gespaltenen" Bodenpreis - Land mit oder ohne "Quote" - (vgl. Grages Fn. 280). Unabhängig von der unterschiedlichen rechtlichen Ausgestaltung der Rübenlieferrechte bei den einzelnen Zuckerrübenfabriken und der u.U. damit verbundenen unterschiedlichen Übertragungsmöglichkeiten für Lieferrechte (mit Land, ohne Land, mit Zustimmung, ohne Zustimmung der Gesellschaft, freie Handelbarkeit von Aktien u.s.w.) ist es im Rechtsverkehr üblich, daß derartige Rechtspositionen an Pächter oder Käufer übertragen werden (siehe z.B. auch die entsprechenden Preisnachfragen in den landwirtschaftlichen Zeitungen, z.B. Top Agrar 1995, Heft 49 und 1997, Heft 18 "Frage und Antwort"). Dies war es auch schon im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung durch den Kl..

38

c)

Entgegen der Auffassung der Kl. ist ein Wirtschaftsgut Rübenlieferrecht nicht etwa deshalb zu verneinen, weil die Gewährung eines solchen Rechts möglicherweise gegen eine Zuckerfabrik im Einzugsbereich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs im Rechtsweg erstritten werden könnte. Einerseits hat sich eine dahingehende eindeutige Rechtsprechung noch nicht abschließend gebildet. Das von den Kl. insoweit herangezogene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.11.1990 K ZR 25/89 - (199) - (AgrarR 1991, 221; RdL 1991, 103) bejahte zwar einen solchen Anspruch nach §§ 26 Abs. 2, 35 Abs. 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB), wenn der Nachfragende keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten habe, auf andere Unternehmen auszuweichen. Der Fall betraf aber die Rechtslage vor Ausgabe sogenannter "Rübenlieferrechtsgarantien", wie sie hier in den "Grundlagen und Grundsätzen über die Behandlung der Rübenlieferungsrechte" der AG niedergelegt sind, die - wie im Streitfall - mit einer begrenzten, aber grundsätzlichen Handelbarkeit der Lieferrechte einhergehen. Das OLG Celle hat inzwischen im Hinblick auf diese beschränkt handelbaren Rübenlieferrechtsgarantien einen Anspruch auf Zuteilung einer Quote nach §§ 26 Abs. 2 S. 2, 35 Abs. 1 GWB verneint (Urteil des OLG Celle v. 17.04.1996 - Revision eingelegt - OLGR 1996, 227). Ebenfalls ist noch zweifelhaft, in welchem Umfang sich das nationale Wettbewerbsrecht an den Regeln des europäischen Gemeinschaftsrechts zu orientieren hat (vgl. zur derzeitigen Rechtslage: Annemarie König, Die Behandlung von Zuckerrübenlieferrechten im Verhältnis zwischen Zuckerhersteller und Anbauer, Käufer und Verkäufer, Pächter und Verpächter, Agrarrecht 1997, Heft 1, S. 1 ff). Jedenfalls wird sich eine Kontrahierungspflicht der Zuckerhersteller nur in einem eingeschränkten Umfang ergeben können. Unabhängig davon, wie sich einmal die höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage entwickelt, wird diese Entwicklung allenfalls zu einem noch späteren Zeitpunkt Einfluß auf den Wert von Rübenlieferrechten haben können. Für den hier zu beurteilenden Zeitpunkt ist dies ohne Bedeutung; insoweit kommt es nur darauf an, daß bei Übertragungen von Rübenlieferrechten wegen ihres wirtschaftlichen Vorteils regelmäßig Entgelte gezahlt wurden und heute noch gezahlt werden.

39

d)

Die Rübenlieferrechte sind auch in den für die Annahme eines Wirtschaftsguts erforderlichen Umfang veräußerbar. Wie bereits oben ausgeführt, sind Rübenlieferrechte je nach vertraglicher Gestaltung zwar, wenn auch nur eingeschränkt, jedenfalls aber übertragbar und werden als solche im Rechtsverkehr auch übertragen und gehandelt.

40

Im Streitfall war aufgrund der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kl. und der AG die Übertragung zwar nur zusammen mit dem Grund und Boden und auch nur mit Zustimmung der AG möglich. Dies reicht für das Vorliegen eines Wirtschaftsguts indes aus. Wie bereits oben unter 2.) dargestellt, gehört nämlich zu den Wesensmerkmalen eines Wirtschaftsguts nur dessen Übertragbarkeit und reicht es, wenn es zusammen mit dem Betrieb übertragen werden kann; eine Einzelveräußerbarkeit ist nicht erforderlich.

41

Zudem kann das Rübenlieferrecht nach dem Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kl. und der AG sogar ohne den Betrieb, wenn auch nur zusammen mit dem Grund und Boden, übertragen werden.

42

Zur Bejahung eines Wirtschaftsgutes reicht es ohnehin aus, daß der Rechtsverkehr Möglichkeiten entwickelt hat, wirtschaftliche Positionen zu übertragen, kommt es auf eine Veräußerbarkeit im Rechtssinne nicht einmal an (BFH-Urteil vom 26.08.1992 I R 24/91, a.a.O.).

43

Rübenlieferrechte sind entgegen der Auffassung des Kl. auch nicht etwa Teil des Grund und Bodens, auch wenn sie nur zusammen mit diesem übertragen werden können. Sie sind nicht Grundstücksbestandteil nach § 96 BGB, da sie als Teil einer schuldrechtlichen Rechtsbeziehung zwischen dem Kl. und der AG nicht zu den mit dem Eigentum an einem Grundstück verbundenen Rechten gehören und auch nicht Zubehör nach § 97 BGB sind, da dies nur bewegliche Sachen und nicht Rechte sein können (BGH-Urteil vom 30.03.1990 - V ZR 113/89, NJW 1990, 1723), wobei letzteres das Vorliegen eines selbständigen Wirtschaftsguts ohnehin nicht hindern würde; Zubehör eines Grundstücks kann nämlich grundsätzlich auch ohne das Grundstück veräußert werden, die Zubehöreigenschaft führt nur in Sonderfällen zur Verfügungsbeschränkung auch hinsichtlich des Zubehörs, beispielsweise bei Beschlagnahme des Grundstückes.

44

Daß das Recht an die Ackerfläche des Betriebs gebunden ist (II Nr. 2 a der Grundsätze) bedeutet lediglich, daß Lieferrechte ohne Ackerflächen nicht möglich sind, nicht jedoch, daß sie mit einer bestimmten Ackerfläche verbunden sind.

45

Es handelt sich auch nicht etwa nur um einen wertbildenden Faktor des Bodens; der Bodenwert hängt von der Beschaffenheit des Bodens, der Bodenqualität ab, die ihren Ausdruck in der Bodenzahl findet. Die Rübenfähigkeit ist nur Folge einer bestimmten, höheren Bodenqualität. Diese Böden sind ebenso für andere gängige Feldfrüchte geeignet, die ebenfalls eine höhere Bodenqualität verlangen.

46

e)

Das Rübenlieferrecht ist als solches auch, wie es der Wirtschaftsgutbegriff erfordert, selbständig bewertbar. Selbständige Bewertbarkeit liegt bereits dann vor, wenn ein Erwerber des gesamten Unternehmens darin einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein besonderes Entgelt ansetzen würde (BFH-Urteil vom 08.04.1992 XI R 34/88, BFHE 168/124, BStbl II 1992, 893 m.w.N.).

47

Bei der wirtschaftlichen Bedeutung des Lieferrechts, seiner Konkretisierung am Markt und der zahlreichen Renditeberechnungen in Fachzeitschriften ist dies offensichtlich der Fall.

48

3.)

Der Beklagte hat, da der Kl. mit not. Vertrag vom 15.06.1989 nicht nur den Grund und Boden, sondern auch sein "Rübenkontingent" auf den Käufer übertragen hat, zutreffend einen Teil des vereinbarten Kaufpreises als auf das Rübenrecht entfallend behandelt.

49

Zwar ist in § 7 des not. Vertrags vom 15.06.1989 vereinbart, daß das Rübenkontingent (einschließlich der Rübenlieferungsrechte aus Aktienbesitz) unentgeltlich übergehen sollte. Gleichwohl war eine Aufteilung vorzunehmen. Erwirbt oder veräußert ein Steuerpflichtiger nämlich durch einen einheitlichen Vertrag mehrere Wirtschaftsgüter, so ist der Kaufpreis grundsätzlich anhand objektiver Maßstäbe aufzuteilen, und zwar im betrieblichen Bereich nach dem Verhältnis der Teilwerte, im privaten Bereich nach dem der Verkehrswerte (BFH-Urteil vom 15.02.1989 X R 97/87, BFHE 156/423, BStBl II 1989, 604). Haben die Parteien allerdings bereits im Vertrag eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises vorgenommen oder Einzelkaufpreise vereinbart, so ist dem im allgemeinen zwar zu folgen. Eine unangemessene, durch die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gerechtfertigte Aufteilung ist steuerlich indes unbeachtlich und führt zu einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Teilwerte bzw. Verkehrswerte (BFH-Urteile vom 17.09.1987 III R 272/83, BFHE 151/58, BStBl II 1988, 441; vom 31.01.1973 I R 197/70, BFHE 108/509, BStBl II 1973, 391).

50

Die im Vertrag vorgenommene Aufteilung, wonach der gesamte Kaufpreis auf den Grund und Boden entfällt, das Rübenkontingent mithin unentgeltlich übergehen soll, entspricht in keiner Weise den wirtschaftlichen Verhältnissen.

51

4.)

Für die Ermittlung des Teilwerts des Rübenlieferrechts ist der Bekl. zutreffend von einem Vergleich der Deckungsbeiträge ausgegangen, deren Differenz die relative Vorzüglichkeit des Rübenanbaus gegenüber dem Anbau von Alternativfrüchten ergibt. Denn Kaufpreissammlungen zur Ermittlung des Verkehrswerts, Teilwerts oder gemeinen Werts sind weder bei der Finanzverwaltung noch, wie mündliche Nachfragen des Gerichtes bei der zuständigen Landwirtschaftskammer Hannover ergeben haben, bei dieser vorhanden, können im übrigen auch nicht aus Anzeigen in den einschlägigen landwirtschaftlichen Fachzeitungen abgeleitet werden, zumal im Streitjahr Rübenlieferrechte noch nicht so offen wie heute gehandelt worden sind. Üblicherweise wird der Wert eines solchen Rechts deshalb, - so auch in dem Sachverständigengutachten in einem noch offenen Fall des IV. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts -, anhand des beim Rübenanbau erzielbaren Vorteils beurteilt, wobei regelmäßig zwei Anbaualternativen, nämlich Weizen und Raps in Betracht kommen; dabei hat der Bekl. zu Recht die Winterweizenalternative zugrunde gelegt, weil der Kl. in seinem Betrieb neben Rüben noch Winterweizen, nicht jedoch Raps anbaute.

52

Zutreffend hat der Bekl. auch den betriebsbezogen errechneten Vorteil mit dem 18-fachen nach § 13 Abs. 2 BewG für immerwährende Nutzung bewertet, da der Vorteil zeitlich unbegrenzt ist.

53

Der Senat vermag insoweit nicht der Auffassung des Kl. zu folgen, nach der im Übertragungsjahr 1989 bestehenden Zuckermarktordnung, die noch zum 30.06.1991 befristet gewesen ist, hätte nur der Kapitalisierungsfaktor für eine noch zweijährige Nutzung (1,948 nach Hifstafel 1 zu § 13 Abs. 1 BewG) angesetzt werden dürfen.

54

Dies verbietet sich deshalb, weil seit 1968 der Zuckermarkt durch EG-Grundordnungen und darauf aufbauend Quotenregelungen geordnet ist, die seither regelmäßig, teilweise mit gewissen Änderungen, verlängert worden sind (siehe im einzelnen die Darstellung bei Grages, a.a.O. II. Teil B, S. 33 ff).

55

Die letzte Verlängerung erfolgte 1995 bis zum Jahr 2001. Denn ob ein Vorteil ein immerwährender oder nur vorübergehender ist, entscheidet sich danach, ob er sich innerhalb einer wenigstens ungefähr bestimmten Zeit verflüchtigt; dies ist dann nicht der Fall, wenn normalerweise mit einer Verlängerung eines Rechts gerechnet werden kann, ein Ende mithin nicht absehbar ist (BFH-Urteile v. 18.12.1970, VI R 99/67, BFHE 101/100, BStBl II 1971, 237; vom 04.12.1991, I R 148/90, BFHE 166/472, BStBl II 1992, 383; vom 22.01.1992, I R 43/91, BFHE 167/61, BStbl II 1992, 529; vom 14.01.1993 IV R 73/91, BFH/NV 1993, 525; vom 17.02.1993, I R 48/92, BFH/NV 1994, 455; alle zur Nichtabschreibbarkeit von Güterfernverkehrskonzessionen).

56

Da die Kontingentierungen durch die EG-Marktordnung regelmäßig fortgeschrieben worden sind, kann eben nicht davon ausgegangen werden, daß sich der Vorteil in einer wenigstens ungefähr bestimmten Zeit verflüchtigt.

57

Daß dies von den beteiligten Kreisen ebenso beurteilt wird, folgt schon daraus, daß durchschnittlich 20,- bis 30,- DM je dt Lieferrecht bezahlt werden (siehe die Angaben bei: Felsmann a.a.O. unter Rn. 576 l; König a.a.O. S. 3 1. Sp.; Top Agrar 1995 Heft 49 "Frage und Antwort"), während der Kl. bei seinen Berechnungen bei zweijähriger Nutzungsdauer nur auf einen Wert von rd. 3,30 DM/dt kommt.

58

Allerdings ist den Kl. darin zu folgen, daß bei der Bewertung des Rübenrechts Unterschiede bei den Festkosten zu berücksichtigen sind. Nach Auffassung des Senats, der damit betriebswirtschaftlichen Vergleichsberechnungen in der landwirtschaftlichen Literatur folgt, ist darüber hinaus auch noch ein erhöhter Arbeitszeitbedarf beim Rübenanbau abzusetzen. Denn ein Erwerber oder Pächter wird dem Veräußerer oder Verpächter nur einen Teil der mit dem Rübenanbau tatsächlich - netto, d.h. nach Abzug aller damit verbundenen zusätzlichen Kosten gegenüber der wahrscheinlichen Anbaualternative - verbundenen wirtschaftlichen Vorteile (Rentabilitätsvorteile) vergüten.

59

In der Literatur wird für den Rübenanbau ein Arbeitszeitmehrbedarf von etwa 13 Stunden/dt im Anbausystem bis 1992 und 10,5 Stunden/dt ab 1992 zumindest für die Zeit ab 1992 die Arbeitsstunde mit 25,- DM angegeben und bewegen sich die höheren Festkosten zwischen 175,- und 275 DM je dt Rüben (vgl. Top Agrar 1997 Nr. 18 S. 71 "Frage und Antwort", Schindler: Rübenquoten - pachten oder kaufen? in "Land und Forst" 1997, Heft 44, S. 20 ff).

60

Der Senat brauchte kein Sachverständigengutachten zum Wert der übertragenen Rübenlieferrechte einzuholen, weil die Beteiligten die Berechnungseckdaten, nämlich die betriebliche Beitragsdeckungsdifferenz mit 2.488,- DM/ha, die Arbeitskosten mit 20,- DM/h und den zusätzlichen Festkostenanteil - abgeleitet aus den betrieblichen Unterlagen des Klägers - mit 200,- DM/ha unstreitig gestellt haben (s. Protokoll).

61

Nach den "Mitteilungen für die Wirtschaftsberatung" der Landwirtschaftskammer Hannover für die Wirtschaftsjahre 1987/88 (Mitt. 3/88), 1988/89 (Mitt. 3/89) und 1989/90 (Mitt. 8/90) betrug der durchschnittliche Zeitmehraufwand dieser Wirtschaftsjahre bei der Ertragslage des Betriebs des Kl. (durchschnittlicher Weizenertrag 80 dt/h; durchschnittlicher Rübenertrag 581 dt/ha) 10 Stunden/ha, so daß der Mehraufwand für arbeitszeitintensiveren Anbau mit 200,- DM/ha anzusetzen ist. Eine geringere Vorzüglichkeit der B-Rüben gegenüber A-Rüben kann bei der Berechnung vernachlässigt werden, da in den übertragenen Lieferrechten nur 1,2 v.H. für B-Rüben enthalten sind.

62

Ein Käufer wird allerdings regelmäßig den übergegangenen wirtschaftlichen Vorteil nicht mit dessen vollem Wert vergüten, weil ihm dann nichts verbliebe. Erfahrungsgemäß wird der Vorteil deshalb hälftig aufgeteilt, so daß der halbe Wert im Kaufpreis enthalten sein wird.

63

Der entgeltlich übertragene Teilwert beträgt mithin regelmäßig die Hälfte des aus der Deckungsbeitragsdifferenz unter Abzug des Mehraufwands errechneten und als immerwährende Nutzung kapitalisierten wirtschaftlichen Vorteils.

64

Entgegen der Auffassung der Kl. sind die durch die übertragenen Aktien vermittelten Lieferrechte in die Bewertung einzubeziehen. Denn nach dem amtlichen Bewertungsverfahren für nicht notierte Aktien wird deren Wert ohne die Besonderheit, daß mit ihnen Lieferrechte und Lieferverpflichtungen verbunden sind, ermittelt.

65

Unter Berücksichtigung des veröffentlichten Zahlenmaterials und bezogen auf die betrieblichen Verhältnisse beim Kl. ergibt sich nach alledem abweichend von den Berechnungen des Außenprüfers folgender Teilwert der übergegangenen Rübenlieferrechte:

ZeileText
1Veräußerter Grund und Boden63,5069 ha
2Übertragenes Lieferrecht9.806 dt (davon 152 × 4 dt durch Aktien)
3Übertragenes Lieferrecht je ha: Zeile 2: Zeile 1154,41 dt/ha
4Durchschnittsertrag (Wj 87/88; 88/89; 89/90) Rüben:581,08 dt/ha
5Betriebliche Deckungsbeitragsdifferenz = relative Vorzüglichkeit ... des Rübenanbaues2.488,- DM/ha
6Mehrkosten durch zusätzlichen Arbeitsbedarf: 10 h × 20,- DM- 200,- DM/ha
7Zusätzliche Festkosten- 200,- DM/ha
8Betriebliche Deckungsbeitragsdifferenz unter Berücksichtigung von Mehrkosten (= wirtschaftlicher Vorteil)2.088,- DM/ha
9Bewertet als immerwährende Nutzung (§ 13 Abs. 2 BewG) Zeile 8 × 18 37.584,- DM/ha
10Nachhaltiger lieferrechtsbezogener Rübenanteil: Zeile 3 × 100: Zeile 426,57 v.H.
11Wirtschaftlicher Vorteil je ha: Zeile 10 × Zeile 99.986,- DM/ha
12Teilwert: Zeile 1 × Zeile 10 × 1/2317.090,- DM.
66

Dies entspricht einem Wert von rd, 32,- DM/dt Rüben, der sich im Rahmen der allenthalben in der landwirtschaftlichen Fachliteratur angegebenen Preise bewegt und keinesfalls realitätsfremd ist.

67

Der für die Anschaffung des Grund und Bodens, die Aktien und die Rübenlieferrechte gezahlte Kaufpreis ist im Verhältnis der Teilwerte wie folgt aufzuteilen:

68

Kaufpreis für Grund und Boden, Aktien und Rübenlieferrechte nach Abzug anteiliger Veräßerungskosten lt. Tz. 14 Bp-Bericht:

Kaufpreisaufteilunganteil. Veräußerungskostenbereinigter Erlös
Grund u. Boden3.524.739 DM107.366 DM3.417.373 DM
Rübenlieferrecht370.861 DM11.295 DM359.566 DM
Aktien RübenAG30.400 DM928 DM29.472 DM
3.926.000 DM119.589 DM3.789.411 DM
(Kaufpreis lt. Vertrag)
Kaufpreis Grund a. Boden, Aktien, Rübenlieferrecht nach Abzug der anteiligen Unkosten3.789.411 DM
enthaltener Kapitalrenditewert Aktien bei durchschnittlicher Ausschüttung von 1.000,- DM/Jahr und erwarteter Rendite von 6 %- 16.666 DM
Kaufpreis für Grund und Boden und Rübenlieferrecht3.772.745 DM
69

Enthaltener Wert Rübenlieferrecht:

Teilwert Grund u. Boden (unstreitig)3.665.865 DM
Teilwert Rübenrecht317.090 DM
3.982.955 DM
70

Anteil Rübenlieferrecht nach Teilwerten: 7,96 v.H. Anteil Rübenlieferrecht am Kaufpreis:

7,96 v.H. × 3.772.745 DM =300.310 DM
71

Es ergibt sich folgender Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf des Rübenlieferrechts und der Aktien:

Rübenlieferrecht einschl. Aktienlieferrecht300.310 DM
bezahlter Kapitalrenditewert+ 16.666 DM
316.976 DM
Buchwert Aktien- 5.560 DM
Veräußerungsgewinn311.416 DM
72

Bisher als Veräußerungsgewinn erfaßt:

Tz. 17 e Bp-BerichtAktien23.912 DM
17 f Bp-BerichtRübenlieferrecht359.566 DM
383.478 DM- 383.478 DM
Veräußerungsgewinn zu hoch um- 72.062 DM
73

Nach alledem ist der bisher erfaßte Veräußerungsgewinn um 72.062 DM zu kürzen.

74

Die Ausrechnung der sich aus dieser Herabsetzung ergebenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.

75

Gegen die Entscheidung wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

76

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

77

Gegen dieses Urteil ist die Revision zugelassen worden.