Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.08.2002, Az.: 2 K 683/99
Berücksichtigung von Zuckerrübenlieferrechte bei Pauschalbewertung des Grund und Bodens; Entfallen eines anteiligen Buchwerts auf Zuckerrübenlieferrecht bei Veräußerung des Grundstücks
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.08.2002
- Aktenzeichen
- 2 K 683/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 14096
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:0828.2K683.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 2 BewG
- § 55 EStG
Fundstellen
- EFG 2002, 1607-1609
- KÖSDI 2003, 13561
Tatbestand
Streitig ist, ob und in welcher Höhe bei der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Betriebs im Streitjahr 1989 im vereinbarten Kaufpreis ein Kaufpreisanteil für mit übertragene Zuckerrübenlieferrechte enthalten ist.
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Wegen des Tatbestands wird auf das Urteil des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang vom 17. Dezember 1997 (Az. II 485/92) verwiesen.
Der erkennende Senat hat der Klage im ersten Rechtsgang teilweise stattgegeben und den vom Beklagten angesetzten Veräußerungsgewinn um 72.062 DM vermindert. Auf die zugelassene Revision hat der Bundesfinanzhof - BFH - das Urteil aufgehoben und die Sache an den Senat zurückverwiesen (BFH-Urteil vom 24. Juni 1999, IV R 33/98, BFHE 189, 132; BFH/NV BFH/R 1999, 1550), da der anteilige Veräußerungspreis für die Rübenlieferrechte unzutreffend ermittelt sei. Der BFH hat dem Senat zugleich aufgegeben, Feststellungen darüber zu treffen, ob vom anteiligen Veräußerungspreis der Rübenlieferrechte ein Buchwert abzuziehen sei.
Der Kläger ist im zweiten Rechtsgang der Ansicht, den Rübenlieferrechten sei ein Buchwert zuzuordnen. Das Rübenlieferrecht habe sich erst in den 80er Jahren mit einem eigenen Buchwert vom Grund und Boden abgespalten. Im Pauschalwert gem. § 55 Abs. 1 EStG zum 1. Juli 1970 sei das Rübenrecht zwar enthalten, wirtschaftlich jedoch nicht von Bedeutung gewesen. Erst danach habe das Zuckerrübenlieferrecht einen Wert erlangt, der die Rübenanbauer dazu veranlasst habe, bei Erwerb von Rübenflächen auf die Mitübertragung von Rübenlieferrechten zu achten.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 20. November 1992 den Veräußerungsgewinn mit einem Vervielfältiger von 9 zu berechnen und davon einen Buchwert für die Rübenrechte nach dem Verhältnis der Verkehrswerte für Grund und Boden und Rübenrechte bei der Veräußerung bezogen auf den Wert des Grund und Bodens zum 1. Juli 1970 abzuziehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im ersten Rechtsgang geäußerten Rechtsansicht fest, ein Buchwert sei dem Rübenlieferrecht nicht zuzuordnen. Der Wert für Rübenland habe sich nach Einführung der Zuckerquoten nicht vermindert. Insbesondere sei der Preis für Rübenland nach der Festlegung der Pauschalwerte des § 55 EStG nicht mehr unter das Preisniveau vom 1. Juli 1970 gefallen. Der Beklagte meint, ein Buchwert könne sich nicht vom Pauschalwert zum 1. Juli 1970 abgespalten haben. Das Rübenlieferrecht sei nämlich im Pauschalwert zum 1. Juli 1970 gar nicht mehr enthalten gewesen, so dass der Pauschalwert nur den "nackten" Grund und Boden, also ohne Rübenlieferrecht umfasse. Das Rübenlieferrecht habe sich nämlich schon vor der Pauschalwertbildung verfestigt. Es habe schon vor dem 1. Juli 1970 eine wirtschaftlich bedeutsame Rolle gespielt. Hinsichtlich der Berechnung des anteiligen Veräußerungspreises für die Rübenlieferrechte meint der Beklagte, es dürfe nicht ohne wieteres der Ertragswert nach § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) angesetzt werden. Vielmehr sei auch ein Substanzwert zu berücksichtigen, wenn dieser höher sei als der Ertragswert.
Das Gericht hat Beweis erhoben zu der Frage der Entwicklung des Zuckermarktes, insbesondere der Preise, nach Inkrafttreten der Zuckermarktordnung durch Vernehmung eines sachverständigen Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Gründe
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.
1.
Das betriebsgebundene Rübenlieferrecht ist ein selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut und nicht Bestandteil des Grund und Bodens (BFH-Urteil vom 24. Juni 1999, IV R 33/98, a.a.O. m.w.N.).
2.
Der Teilwert des betrieblichen Lieferrechts ist nach der Vorgabe des zurückverweisenden BFH-Urteils als ein Recht von "unbestimmter Dauer" anzusehen und nach § 13 Abs. 2 BewG mit dem Neunfachen des Jahreswerts zu bewerten. Zwar ist nach § 13 Abs. 3 BewG ein nachweislich höherer oder niedrigerer Wert zugrunde zu legen. Ein derartiger Wert ist jedoch nicht nachgewiesen. Insbesondere hat der Beklagte seine Behauptung der Substanzwert sei höher, nicht substantiiert. Er beruft sich lediglich auf seiner Meinung nach erzielbare Marktpreise von 20-25 DM je Doppelzentner (dt). Derartige Marktpreise hat der Beklagte aber in keiner Weise, z.B. durch Vorlage von aussagefähigen Unterlagen, dokumentiert. Dies hätte er aber tun müssen. Er war insoweit zum Beweisantritt aufgefordert worden.
Der Wert eines Rübenlieferrechts hängt zudem von vielen in der Person des Kaufinteressenten begründeten Faktoren ab. Je nach Wirtschaftlichkeitsberechnung des Erwerbers und dessen Erwartung zur Dauer des Vorteils können sich Preisschwankungen - theoretisch - von 9 DM/dz bis 100 DM/dt ergeben, wobei Werte oberhalb von 30 DM/dt nur in Ausnahmefällen gezahlt werden (so Schindler in Betriebswirtschaft 1997, Heft 44, Seite 20, 23). Bei einer derartigen individuell bedingten Schwankungsbreite muss es bei der pauschalen Bewertung des § 13 Abs. 2 BewG verbleiben.
Die Berechnung im Senatsurteil des ersten Rechtsgangs ist im Übrigen weder im zurückverweisenden BFH-Urteil noch von den Beteiligten beanstandet worden. Ihr ist weiterhin zu folgen. Lediglich der Faktor ist von 18 (bei Annahme immerwährender Nutzung) auf 9 (Nutzung unbestimmter Dauer) zu halbieren. Der Teilwert der mitveräußerten Zuckerrübenlieferrechte ermittelt sich mithin wie folgt:
Lt. Tz. 12 im Urteil des ersten Rechtsgangs (dort S. 21) x DM : 2 = x DM
Dies entspricht einem Wert von rd. 16 DM/dt, der sich damit noch im Rahmen der erzielbaren Marktpreise bewegt.
3.
Der Kaufpreis für Grund und Boden, Aktien und die Rübenlieferrechte betrug nach Abzug der Veräußerungskosten x DM. Wegen der Ermittlung wird auf die Berechnung im Senatsurteil des ersten Rechtsgangs (dort Seite 21) verwiesen.
Der für die Anschaffung des Grund und Bodens, die Aktien und die Rübenlieferrechte gezahlte Kaufpreis ist im Verhältnis der Teilwerte wie folgt aufzuteilen:
Teilwert Grund und Boden (unstreitig) | x DM |
---|---|
Teilwert Rübenlieferrecht (s. unter 2.) | x DM |
Summe | x DM |
Anteil Rübenlieferrecht 4,15 v.H. | |
Anteil Rübenlieferrechte am Kaufpreis (Veräußerungspreis) | |
4,15 v.H. x x DM = x DM |
Die Teilwerte entsprechen nahezu genau dem Nettokaufpreis, was zusätzlich für die Richtigkeit der Ansätze spricht. Die von den Beteiligten begehrten Teilwertansätze würden sich hingegen erheblich vom gezahlten Kaufpreis entfernen und damit eine falsche Vorstellung der Vertragsparteien vom tatsächlichen Wert der veräußerten Wirtschaftsgüter unterstellen.
4.
Vom ermittelten Veräußerungspreis für die Rübenlieferrechte ist kein Buchwert abzuziehen. Insbesondere ist von dem zum 1. Juli 1970 festgestellten Wert für Grund und Boden kein Buchwert für das Rübenlieferrecht abzuzweigen. Insoweit unterscheidet sich das Rübenlieferrecht von der Milchreferenzmenge nach der Milch-Garantiemengen-Verordnung - MGV - vom 25. Mai 1984. Denn die Pauschalbewertung des Grund und Bodens zum 1. Juli 1970 nach § 55 EStG enthält keine Mitbewertung des Rübenlieferrechts. Das Rübenlieferrecht hatte sich nämlich bereits vor dem 1. Juli 1970 als immaterielles Wirtschaftsgut soweit verfestigt, dass der Gesetzgeber dies bei der Bildung des Pauschalwerts berücksichtigen und das Rübenlieferrecht Einfluss auf den Wert der Anbauflächen nehmen konnte. Es ist kein Wertverfall nach Einführung der Pauschalwerte durch die Quotenregelung eingetreten, da dieser Wertverfall bereits vorher eingetreten war.
a.
Das Zuckerrübenlieferrecht war als immaterielles Wirtschaftsgut bereits vor dem 1. Juli 1970 entstanden. Es entstand nämlich durch Einführung der Quotenregelung mit der ZMO (Verordnung 1009/67-EWG des Rates vom 18.12.1967), die am 1. Juli 1968 in Kraft trat. Ab diesem Zeitpunkt bestand die agrarpolitische Zielsetzung, das Zuckerangebot zu begrenzen und eine Abnahme- und Preisgarantie einzuführen. Für das Entstehen des Lieferrechts kommt es nicht darauf an, ob sich bereits ein Markt für die Lieferrechte gebildet hatte. So hat der BFH als Zeitpunkt für das Entstehen der Milchquoten ebenso den Tag des Inkrafttretens der MGV angesehen (BFH-Urteil vom 25. November 1999, IV R 64/98, BFH/NV 2000, 199). Entscheidend ist vielmehr, dass tatsächlich durch die Einführung der Quoten ein Wertverlust am von der Regelung betroffenen Grund und Boden eingetreten ist.
Nach der Überzeugung des erkennenden Senats trat auch durch die Einführung der Rübenquoten ein solcher Wertverlust ein. Das Zuckerrübenlieferrecht hatte sich schon vor dem 1. Juli 1970 in einer solchen Weise verfestigt, dass es nicht in den Pauschalwert eingeflossen war. Es hatte sich schon vor diesem Zeitpunkt vom Wirtschaftsgut Grund und Boden abgespalten.
Durch das Inkrafttreten der ZMO wurden die Rübenlandwirte zwar nicht reicher. Es entstanden jedoch aus dem bisherigen Wirtschaftsgut "Grund und Boden" nunmehr zwei Wirtschaftsgüter, nämlich der Grund und Boden und das Rübenlieferrecht. Zwar konnte ein Landwirt auch ohne Rübenlieferrecht den Grund und Boden, wie die Beteiligten zutreffend ausführen, weiter uneingeschränkt zur Rübenproduktion verwenden. Insoweit enthielt die ZMO kein Verbot für die Rübenproduktion. Der Rübenanbauer war dann aber hinsichtlich seiner Vermarktung schlechter gestellt als ein Produzent, der über entsprechende Rübenlieferrechte verfügte.
Auch ein Landwirt, der rübenfähiges Land ohne Rübenlieferrechte für eine andere Fruchtziehung verwendete, unterlag gegenüber einem Mitbewerber, der zusätzlich über Rübenlieferrechte verfügt, einem wirtschaftlichen Nachteil. Er konnte nämlich nicht ohne weiteres seine Fruchtfolge auf Rübenanbau umstellen, ohne ein Risiko hinsichtlich der Vermarktung einzugehen. Die Änderung der Fruchtfolge ist aber gerade zur Vermeidung der Übernutzung eines Bodens von wirtschaftlicher Bedeutung. Diese Folge entsprach der agrarpolitischen Zielsetzung der ZMO.
b.
Das Rübenlieferrecht begründete schon im Jahre 1968 für dessen Inhaber verschiedene Rechte. So war das Rübenlieferrecht zum einen eine Verkaufsoption, nämlich das Recht, eine bestimmte Menge an Ware zu einem vorher festgelegten Preis, dem EG-Garantiepreis, verkaufen zu können. Der Wert einer Verkaufsoption hängt von mehreren Faktoren ab, nämlich dem Basispreis, der Laufzeit und dem Preisänderungsrisiko.
Da der EG-Garantiepreis nur für die A- und B-Rüben, sog. Quotenrüben, galt, hing der Wert der Option davon ab, wie sich der Preis für nicht garantierte Rüben, die sog. C-Rüben und der Weltmarktpreis im Verhältnis zum durch die EG garantierten Preis entwickelte. Lag sowohl der C-Rübenpreis als auch der Weltmarktpreis unter dem Garantiepreis, musste der Landwirt sein Optionsrecht ausüben, war also auf das Rübenlieferrecht angewiesen.
Die Entstehung des Rübenlieferrechts musste also einen Wertverlust des Grund und Bodens zur Folge haben, weil dieser nicht mehr wie bisher genutzt werden konnte. Es wäre auch kein Erwerber bereit gewesen, im Rahmen eines Gesamtkaufpreises für den gesamten Betrieb für den Grund und Boden denselben Preis wie früher und außerdem zusätzlich für die nun zur Fortführung der alten Bewirtschaftung ebenfalls notwendigen Rübenlieferrechte nochmals einen erheblichen Betrag zu zahlen (vgl. zur Milchreferenzmenge BFH-Urteil vom 24. August 2000, IV R 11/00, BFH/NV 2001, 102). Dabei ist es unerheblich, ob sich der Wertverlust tatsächlich sofort in den Preisen für Rübenland widerspiegelte.
Entsprechend der Abspaltung der Milchquoten mit Inkrafttreten der MGV ist auch bei den Rübenlieferrechten nur bei der Wertfindung zu berücksichtigen, dass sich ein Markt erst allmählich bilden konnte und sie dadurch erst sehr viel später als eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut wirtschaftlich in Erscheinung getreten sind, obwohl sie als solches bereits bestanden (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1999, IV R 64/98, BFH/NV 2000, 387). Es war aus diesem Grunde nicht darüber Beweis zu erheben, in wievielen Veräußerungsverträgen vor und nach dem 30. Juni 1970 über Rübenlieferrechte verfügt wurde.
Der BFH greift bei seiner Rechtsprechung zu den Milchquoten zur Verdeutlichung der Abspaltung von Buchwerten auf die Entwicklung der Buchwerte bei Wertpapieren im Falle einer Kapitalerhöhung zurück. Nach den Ausführungen im BFH-Urteil vom 21. Januar 1999, IV R 27/97, BStBl II 1999, 638 entsteht schon durch den Kapitalerhöhungsbeschluss zusätzlich zur Altaktie ein Anspruch auf die Zuteilung neuer Aktien, sog. Bezugsrecht. Diesem Bezugsrecht ist ein Wert beizumessen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt weder das Bezugsrecht noch die später bezogene junge Aktie an der Börse gehandelt wird. Entsprechendes gilt für die Rübenlieferrechte.
c.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten hat das Zuckerrübenlieferrecht allerdings auch dann einen Wert, wenn der C-Rübenpreis und der Weltmarktpreis über oder gleich dem EG-Garantiepreis liegt, die Rübenanbauer also ihre Rüben auch ohne Ausnutzung der Option verkaufen konnten. Der Wert einer Option besteht nämlich nicht nur aus dem sog. inneren Wert, also dem Wert, der dadurch entsteht, dass die Ware über die Option teurer zu verkaufen ist, als ohne die Option. Der innere Wert ist vielmehr der Mindestwert. Hinzu kommt der Wert, der dadurch entsteht, dass die Option das Preisänderungsrisiko des Marktes über die gesamte Laufzeit der Option absichert. Der Rübenanbauer war durch das Rübenlieferrecht gegen den Preisverfall am Weltmarkt abgesichert. Der Weltmarktpreis konnte nämlich unter den EG-Garantiepreis absinken und damit der Option ein innerer Wert zuwachsen.
Schon ab Inkrafttreten der ZMO kam dem Zuckerrübenlieferrecht ein erheblicher wirtschaftlicher Wert zu. Dies bestätigt auch die vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft erteilte Auskunft vom 17. Juli 2001 (Bl. 64 d. Gerichtsakte). Aber auch die Ausführungen des sachverständigen Zeugen im Termin bestätigten dies. So bestätigte der Zeuge seine Aussage aus einem Vortrag, dass der Weltmarktpreis für Zucker nur in den Hochpreisphasen 1973/74 und 1980/81 über dem EG-Garantiepreis lag (so Prött in Schmitt/Prött/Meinhardt, Referenzmengen und Lieferrechte in der Landwirtschaft, Vorträge vom November 1995, Schriftenreihe HLBS Heft 147, Seite 45). Im Zeitraum nach Inkrafttreten der Zuckermarktordnung bis zum Zeitpunkt der Pauschalbewertung, mithin vom 1. Juli 1968 bis zum 1. Juli 1970, lag der EG-Garantiepreis durchgehend höher als der Weltmarktpreis. Der Zeuge schilderte die Vorgehensweise der Zuckerunternehmen, die die ihnen von der EG zugeteilten Rübenquoten auf die Rübenanbauer verteilten. Die Zuckerunternehmen schlossen seit Inkrafttreten der ZMO Rübenlieferverträge mit den Rübenanbauern ab. Nur bis zu der dort genannten Rübenmenge, die sich an der Vorjahreslieferung orientierte, war der Mindestpreis garantiert. Die darüber hinaus gehenden Lieferungen konnten zwar durchaus denselben Preis erzielen. Hierauf konnte sich der Rübenanbauer jedoch nicht verlassen.
Den beteiligten Verkehrskreisen, also den Rübenanbauern und den Zuckerunternehmen, war damit der Wert und die Notwendigkeit von Rübenlieferrechten schon im Wirtschaftsjahr 1968/69 bewusst, was auch die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 14. März 2000, Bl. 21 der Gerichtsakte einräumen.
d.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Rübenanbauer neben den Quotenrüben (A- und B-Rüben) auch nach Inkrafttreten der ZMO weitere sog. C-Rüben produzierten, für die sie einen Preis erhielten, der den Rübenanbau wirtschaftlich sinnvoll erscheinen ließ. Ebenso unerheblich ist es, ob die Zuckerunternehmen genügend Rüben erhielten, um ihre Produktionskapazitäten auszulasten. Für das Zuckerunternehmen mag es zur Gemeinkostendeckung sinnvoll gewesen sein, auch C-Rüben einzukaufen und den produzierten Zucker zum Weltmarktpreis abzugeben. Dies ändert jedoch Nichts daran, dass sowohl für die Rübenanbauer als auch für die Zuckerunternehmen der für die Quotenrüben garantierte EG-Preis von wirtschaftlicher Bedeutung war.
e.
Das Preisänderungsrisiko als wertbildender Faktor einer Option war am Zuckermarkt zudem erheblich. Wie die Darstellung des Zuckerpreises (Bl. 24 d. Gerichtsakte) zeigt, vervielfachte sich der Zuckerpreis im Laufe der Jahrzehnte mehrfach, um dann wieder auf das Ausgangsniveau abzufallen. Insbesondere auch in den Jahren 1968 bis 1970 erreichte der Zuckerpreis Tiefststände von wenigen cents/lb, während er dann ab 1971 auf bis über 60 cents/lb anstieg. Auch der Erzeugerpreis für Zuckerrüben fiel vom Wirtschaftsjahr 1967/68 bis zum Wirtschaftsjahr 1970/71 von einem Indexwert von 107,4 auf 88,6, mithin um fast 18 v.H. (Quelle: Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland).
f.
Das Zuckerrübenlieferrecht verfestigte sich aber nicht nur als Optionsrecht bereits vor dem 30. Juni 1970, sondern auch als Teilhaberecht. Der Inhaber des Lieferrechts nahm nämlich an den allgemeinen, alle Zuckerrübenanbauer gleichmäßig treffenden Erhöhungen oder Verminderungen der Zuckerrübenlieferrechte teil (so auch Urteil des Oberlandesgerichts - OLG - Celle vom 7. September 1995, 7 U 136/94, n.v.). Er hatte damit schon seit Inkrafttreten der ZMO einen Anspruch auf anteilige Berücksichtigung bei der Belieferung des jeweiligen Zuckerunternehmens. Dies bestätigte der Zeuge, in dem er bekundete, dass die Rübenanbauer seit 1968 mit den Zuckerunternehmen Rübenlieferverträge abschlossen. Dieser Rechtsposition kam, wie die Rechtsprechung des Senats für Landwirtschaftssachen des OLG Celle zeigt, schon vor dem 1. Juli 1970 erhebliche Bedeutung zu. So kam es bei der Beendigung von Pachtverhältnissen, die nach dem Inkrafttreten der ZMO begannen, bei der Aufteilung der Lieferrechte zwischen Pächter und Verpächter u.a. darauf an, inwieweit Lieferrechte bei Pachtbeginn bestanden (vgl. Aufsatz der Richterin am OLG König, Celle, in "Agrarrecht" 1997, 1, 5). Dabei kam es im Fall des o.g. Urteils 7 U 136/94 auf den Pachtbeginn im Jahr 1969 an, also einen Zeitpunkt, der nach Inkrafttreten der ZMO aber vor der Pauschalbewertung am 1. Juli 1970 lag.
g.
Für eine Nichtberücksichtigung des Zuckerrübenlieferrechts bei der Pauschalbewertung des § 55 EStG spricht zudem die regional unterschiedliche Handhabung bei der Einräumung der Lieferrechte. So haben die Zuckerunternehmen nach Inkrafttreten der ZMO die ihnen zugeteilte Quote nicht nur an den Boden, sondern auch an Aktien, den Betrieb oder die Person des Betriebsinhabers gebunden. Wenn jedoch ein Rübenanbauer seine Rüben nur über Aktienlieferrechte an das Zuckerunternehmen veräußert, so kann sich insoweit von seinem Rübenland kein Wert für das Lieferrecht abspalten. Der Pauschalwert des § 55 EStG ermittelte sich jedoch unabhängig von den unterschiedlichen Bindungen der Lieferrechte. Auch hier besteht ein Unterschied zur Milchreferenzmenge, die stets an den Grund und Boden gebunden war. Die Schaffung des selbständigen Wirtschaftsguts "Zuckerrübenlieferrecht" im Jahre 1968 nahm dem zum 1. Juli 1970 mit der Vervielfältigung der Ertragsmesszahl (§ 55 Abs. 2 EStG) vorausgesetzten Ertragsfähigkeit keinen Teil weg. Dies war aber für die Vorstellung von der Abspaltung der Milchreferenzmenge vom ursprünglich umfassenden Wirtschaftsgut "Grund und Boden" das entscheidende Kriterium (von Schönberg, DStZ 2002, 525).
5.
Für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf des Rübenlieferrechts und der Aktien ergibt sich nach alledem folgende Ermittlung:
Rübenlieferrechte einschl. Aktienlieferrecht (s. unter 3.) | x DM |
---|---|
bezahlter Kapitalrenditewert | + x DM |
Buchwert Aktien | - x DM |
Veräußerungsgewinn | x DM |
Bisher als Veräußerungsgewinn für die Rübenlieferrechte erfasst
Tz. 17 e Bp-Bericht | Aktienlieferrecht | x DM | |
---|---|---|---|
Tz. 17 f Bp-Bericht | Betriebslieferrecht | x DM | |
x DM | x DM | ||
Veräußerungsgewinn zu hoch um | x DM |
Da der Beklagte den Veräußerungsgewinn bisher um DM zu hoch erfasst hat, ist er entsprechend zu vermindern.
6.
Die Ausrechnung der sich aus dieser Herabsetzung ergebenden Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.
Gegen die Entscheidung wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs.2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil die Besteuerung veräußerter Zuckerrübenlieferrechte höchstrichterlicher Klärung bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Kläger im ersten Rechtsgang einen weitergehender Antrag gestellt hatten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.