Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.06.1999, Az.: 2 W 67/99
Kostenmäßige Beurteilung eines weiteren Verfahrens erster Instanz nach Zurückweisung der Berufung gegen ein Grundurteil; Kostenmäßiges Vorliegen eines neuen Rechtszuges; Vergütung für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 30.06.1999
- Aktenzeichen
- 2 W 67/99
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1999, 29354
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1999:0630.2W67.99.0A
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs. 2 S. 2 BRAGO
- § 15 BRAGO
- § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Fundstellen
- AGS 2000, 167
- OLGReport Gerichtsort 2000, 61-62
Amtlicher Leitsatz
Nach Zurückweisung der Berufung gegen ein Grundurteil stellt das weitere Verfahren erster Instanz kostenmäßig einen neuen Rechtszug dar.
Gründe
Der Senat folgt der überwiegenden Auffassung der Rechtsprechung und der in der Literatur nahezu einhellig vertretenen Ansicht, wonach das weitere Verfahren vor dem erstinstanzlichen Gericht einen neuen Rechtszug im Sinn des § 15 BRAGO darstellt, wenn die Berufung gegen ein Grundurteil zurückgewiesen worden ist (z.B. OLG Hamm JurBüro 1978, 1508; OLG Stuttgart JurBüro 1984, 1672; OLG Düsseldorf JurBüro 1995, 197; OLG Karlsruhe JurBüro 1996, 135; OLG Koblenz JurBüro 1996, 305; OLG Düsseldorf JurBüro 1997, 364, Göttlich/Mümmler, BRAGO, 18. Aufl., Stichwort Zurückweisung 1.2; Gerold/Schmidt, BRAGO, 13. Aufl., § 15 Rdn. 4; Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., BRAGO § 15 Rdn. 6; Mümmler JurBüro 1994, 543).
Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BRAGO ist das weitere Verfahren vor dem untergeordneten Gericht ein neuer Rechtszug, wenn eine Sache an dieses zurückverwiesen wird. In diesem Fall entstehen gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BRAGO neue Gebührentatbestände. Nach der von der herrschenden Auffassung abweichenden Rechtsprechung (z.B. OLG München JurBüro 1994, 543; 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg JurBüro 1996, 305 m.w.N. auch zur Mindermeinung) wird das Vorliegen eines weiteren Rechtszugs im Wesentlichen mit der Begründung verneint, bei der Zurückverweisung der Berufung gegen ein Grundurteil handele es sich nicht um eine Zurückverweisung im Sinn des Zivilprozessrechts, denn zurückverwiesen werden könne nur eine Sache, die in der ersten Instanz nicht mehr anhängig sei. Diese Auffassung übersieht jedoch die eindeutige gesetzliche Regelung des § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, wonach auch dann die Sache an das Gericht des ersten Rechtszugs im Fall der Erforderlichkeit weiterer Verhandlung zurückzuverweisen ist, wenn bei einem nach Grund und Betrag streitigen Anspruch durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag zur Entscheidung reif ist. Es liegt mithin ein gesetzlich vorgeschriebener Fall der Zurückverweisung vor.
Nicht zu überzeugen vermag auch der Einwand, es bestehe kein Bedürfnis dafür, die Tätigkeit des Rechtsanwalts im anhängig gebliebenen Betragsverfahren nach Bestätigung des Grundurteils durch das Berufungsgericht besonders zu vergüten. Gelangt die Sache nach Abschluss des Berufungsverfahrens an das erstinstanzliche Gericht zurück, muss sich der dort tätige Anwalt regelmäßig erneut in die Angelegenheit einarbeiten, insbesondere hat er das Berufungsurteil daraufhin zu überprüfen, ob sich daraus Anhaltspunkte dafür ergeben, die für das weitere Vorbringen seiner Partei von Wichtigkeit sein könnten. Dies verursacht in der Regel einen bei weitem umfangreicheren Zeitaufwand, als wenn das Verfahren über Grund und Höhe des Anspruchs in einem Zuge zu Ende gebracht worden wäre. Durch die Regelung des § 15 BRAGO soll aber gerade die Vergütung eines derartigen Mehraufwands angemessen abgedeckt werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO.