Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 16.06.1999, Az.: 2 U 78/99

Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides mit Angabe eines Rechtsformzusatzes; Verzögerung der Zustellung eines Mahnbescheides auf Grund des Fehlens eines Rechtsformzusatzes bei der Parteibezeichnung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
16.06.1999
Aktenzeichen
2 U 78/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0616.2U78.99.0A

Fundstellen

  • NVersZ 2000, 150
  • OLGReport Gerichtsort 1999, 328

Amtlicher Leitsatz

Mahnbescheid, keine Zustellung demnächst bei 22 Tagen Verzögerung, die Antragsteller zu vertreten hat. Erforderlichkeit des Rechtsformzusatzes AG o. ä. im Passivrubrum einer Aktiengesellschaft.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die sechsmonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung ihres Anspruchs gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 VVG nicht eingehalten. Die Beklagte hat mit am 12.02.1997 der Klägerin zugestelltem Schreiben eine Entschädigungsleistung abgelehnt. Die Parteien streiten nicht darüber, dass dieses Schreiben inhaltlich den Anforderungen des § 12 Abs. 3 VVG genügte. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ist dann zwar von der zu diesem Zeitpunkt bereits anwaltlich vertretenen Klägerin innerhalb der sechsmonatigen Frist nach den genannten Vorschriften am 12.08.1997 eingereicht worden. Er war aber in einem wesentlichen Punkt unzureichend, weil bei der Parteibezeichnung der Beklagten, einer Aktiengesellschaft, der Zusatz der Rechtsform der beklagten Gesellschaft nicht angegeben war, und zwar nicht einmal mit der Abkürzung "AG ". Dieser Rechtsformzusatz ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 AktG zwingend gesetzlich vorgeschrieben und unverzichtbar und musste deswegen gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im sogenannten Passivrubrum des Mahnbescheidsantrags aufgeführt werden. Da dies im vorliegenden Fall unterblieben war, hat die Rechtspflegerin mit Verfügung vom 14.08.1997, die den Bevollmächtigten der Klägerin am 19.08.1997 zugegangen ist, nicht nur berechtigterweise, sondern in gesetzlich erforderlicher Weise nach § 20 Nr. 1 RpflG die Klägerin dazu aufgefordert, das Passivrubrum zu ergänzen. Die Bevollmächtigten der Klägerin haben nun nicht etwa sofort (!) reagiert, womit sie ihr Versäumnis noch hätten ungeschehen machen können, sondern erst mit dem am 03.09.1997 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 02.09.1997 ergänzende Angaben gemacht. Der Klägerin ist damit zu einem wesentlichen Teil anzulasten, dass die Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte erst 36 Tage nach Ablauf der Sechsmonatsfrist am 18.09.1997 erfolgt ist. Durch - allein - aus ihrem Bereich kommende Umstände ist es zu einer Verzögerung um 22 Tage gekommen. Die Zustellung ist damit nicht mehr demnächst im Sinn von § 693 Abs. 2 ZPO erfolgt. Eine Zustellung ist regelmäßig dann nicht mehr als demnächst erfolgt zu bewerten, wenn eine Partei oder ihr Bevollmächtigter durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht nur ganz geringfügigen Verzögerung der Zustellung beigetragen hat. Dabei ist jedenfalls eine Verzögerung um mehr als 18 oder 19 Tage nicht mehr geringfügig in diesem Sinn (BGH FamRZ 1988, 1154, 1155).

Entscheidungsgründe

2

Leichte Fahrlässigkeit ist bereits genügend (BGH NJW 1991, 1745, 1746) [BGH 21.03.1991 - III ZR 94/89]. Die Partei und ihr Bevollmächtigter müssen alles unter Berücksichtigung der Gesamtumstände Zumutbare für die alsbaldige Zustellung tun. Mängel der Klageschrift oder des Mahnbescheidsantrags wegen falscher oder unvollständiger Namensbezeichnung sind dabei typische Fälle schuldhafter Zustellverzögerungen aus dem Verantwortungsbereich der anspruchstellenden Partei.

3

Für die Frage, ob die Zustellung demnächst erfolgt ist, kommt es nicht darauf an, dass ein anderer Rechtspfleger den Mahnbescheid später ohne den Zusatz "AG" erlassen hat und der Mahnbescheid auch ohne diesen Zusatz der Beklagten zugestellt worden ist, weil ein insoweit fehlerhaftes Verhalten bei Erlass und Zustellung des Mahnbescheids die Klägerin bzw. ihre Bevollmächtigten nicht entlastet.

4

Gleiches gilt für das Vorbringen, das Amtsgericht habe in einer Vielzahl vergleichbarer Fälle entgegen den zwingenden gesetzlichen Vorschriften (§§ 4 Abs. 1 S. 2 AktG, § 690 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Mahnbescheide ohne den erforderlichen Rechtsformzusatz "AG" bei der Bezeichnung einer in Anspruch genommenen Aktiengesellschaft erlassen, weil die Klägerin bzw. ihre Bevollmächtigten nicht darauf vertrauen durften, dass das Amtsgericht eine derartige rechtswidrige Praxis stets zur Anwendung bringen werde.