Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 24.06.1999, Az.: 1 U 53/99

Irreführung einer Werbung von Anlageinteressenten mit Gewinnerwartungsaussagen, die nach der internen Zinsfußmethode ermittelt worden sind; Werbung für die Beteiligung an Windparkanlagen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
24.06.1999
Aktenzeichen
1 U 53/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29322
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0624.1U53.99.0A

Amtlicher Leitsatz

Werbung von Anlageinteressenten mit Gewinnerwartungsaussagen, die nach der "internen Zinsfußmethode" ermittelt worden sind, können irreführend sein.

Gründe

1

In der Sache hat der Verfügungskläger gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbung aus § 3 UWG. Denn die angegriffenen Werbeaussagen sind zur Täuschung eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Verkehrskreises geeignet.

2

Dies hat das Landgericht in seinem Urteil sowohl hinsichtlich der Irreführung durch die Anzeige in der F A Zeitung vom 13.11.1998 wie auch durch den Prospekt der Verfügungsbeklagten zutreffend ausgeführt. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (dort Seite 3, 2. Absatz von unten bis Seite 6, 2. Absatz von oben einschließlich) Bezug.

3

Dabei ist nicht auf den flüchtigen Durchschnittsleser sondern auf den durchschnittlichen Anlageinteressenten, an den sich sowohl die Anzeige wie auch der Prospekt wendet, abzustellen. Die Werbung für die Beteiligung an Windparkanlagen richtet sich an einen nach Herkunft und Bildung unterschiedlich zusammengesetzten Personenkreis, der lediglich gemeinsam hat, dass seine Einkommensverhältnisse es ihm gestatten, Geldbeträge in steuerlich vorteilhaft erscheinende Kapitalanlagen zu investieren. Dieser Personenkreis besitzt weder generell ein "überdurchschnittlich intellektuelles Niveau", noch kann bei ihm vorausgesetzt werden, dass er ausnahmslos über die wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen informiert ist, die für derartige Beteiligungen ausschlaggebend sind. Die Richter des Berufungssenats gehören demzufolge dem angesprochenen Verkehrskreis an und können deshalb selbst beurteilen, ob die angegriffene Werbung zur Täuschung eines nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Verkehrskreises geeignet ist.

4

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Prospekt einer solchen Anlagenbeteiligung das Ziel zu verfolgen hat, dem Anlageinteressenten das Risiko seiner Entscheidung transparent und folglich kalkulierbar zu machen. Deshalb sind wesentliche Angaben eines solchen Prospektes neben Aussagen über das Anlageobjekt selbst zum Beispiel Angaben über die Geschäftspartner, bereits bestehende Kapitalisierung, Haftungsfragen und nicht zuletzt Ertragsmöglichkeiten. Im vorliegenden Fall wird zu letzterem nicht hinreichend deutlich gemacht, dass die beworbenen "Ausschüttungen von ca. 12 % per anno im Durchschnitt" von einer gleichbleibenden Stromeinspeisungsvergütung abhängig sind sowie dass es sich bei der internen Zinsfußmethode um eine solche Methode handelt, die für einen Vergleich langfristiger Anlagen und der im Rahmen dieser Anlagen zu erzielenden Renditen wenig aussagekräftig ist. Denn bei langfristigen Anlagen wie Schuldverschreibungen, Pfandbriefen o.ä. bezieht sich die angegebene Verzinsung auf das insgesamt investierte Kapital, während die interne Zinsfußmethode die Verzinsung des jeweils in die Investition gebundenen Kapitals ermittelt und dabei unterstellt, dass das jeweils noch gebundene Kapital, die Differenz zwischen den geleisteten Einzahlungen und erhaltenen Auszahlungen, zum zuvor errechneten Zinssatz zu verzinsen ist. Dementsprechend wird ein durchschnittlicher Anlageinteressent, der keine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse hat und dem deshalb die interne Zinsfußmethode nicht bekannt ist, fälschlicherweise den Schluss ziehen, dass das zu Beginn von ihm eingesetzte Kapital eine Rendite in Höhe des internen Zinsfußes erwirtschaftet. Folglich reicht der Hinweis allein, dass bei der Errechnung des Anlageerfolgs die interne Zinsfußmethode verwendet wurde, ohne dass die Berechnung nach der internen Zinsfußmethode erklärt wird, nicht aus.