Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 24.06.1999, Az.: 10 U 2/99

Beginn der Verjährung ab Kenntnis von allen für eine Schadensersatzklage notwendigen Tatsachen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
24.06.1999
Aktenzeichen
10 U 2/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29333
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0624.10U2.99.0A

Amtlicher Leitsatz

Die Verjährung nach § 591 b BGB beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte von allen für eine Schadensersatzklage notwendigen Tatsachen Kenntnis hat.

Gründe

1

Wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 6. Mai 1993 (NJW 1993,2303) zur Frage der Verjährung von Amtshaftungsansprüchen ausgeführt hat, können sich gegen die Ablehnung eines Baugesuchs ergriffene verwaltungsgerichtliche Rechtsbehelfe (Widerspruch und Verpflichtungsklage) auf die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs wegen der Erteilung des Bauvorbescheides in anderer Weise als durch Unterbrechung auswirken. Der Bundesgerichtshof bestimmt in ständiger Rechtsprechung den für den Verjährungsbeginn i. S. des § 852 I BGB maßgeblichen Zeitpunkt, in dem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt, dahin, dass diese Kenntnis vorhanden ist, wenn der Geschädigte auf Grund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung soviel Erfolgsaussicht hat, dass sie ihm zumutbar ist (vgl. BGH, BGHRBGBB § 852 Amtshaftung 1-3, jeweils m. w. Nachw.). Diese Zumutbarkeit ist beispielsweise verneint worden, solange die aussichtsreiche Möglichkeit bestand, durch Verhandlungen mit der Behörde zwar nicht Schadensersatz im engeren Sinne zu erlangen, wohl aber eine anderweitige Kompensation, durch die die Vermögenseinbuße ausgeglichen wurde, ohne dass es eines Schadensersatzprozesses bedurfte (BGH, BGHRBGBB § 852 Amtshaftung 1).

2

Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Wie in der o.a. Entscheidung (BGH NJW 1993, 2304 [BGH 06.05.1993 - III ZR 2/92]), stellten die gegen die Ablehnung ihres Drittwiderspruchs gerichteten Rechtsbehelfe ein geeignetes Mittel dar, die aus dem Bescheid vom 4. Oktober 1991 herrührenden Schadensfolgen zu beseitigen. Erst mit der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der daraufhin erfolgten Rücknahme der Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt vom 1. Dezember 1994, entschied sich nämlich, dass die Klägerin die früher auf den Pachtflächen liegende Milchreferenzmenge auf Dauer nicht zurückerhalten würde.. Würde man der Klägerin unter diesen Umständen darüber hinaus ansinnen, parallel zu diesen Rechtsbehelfen, sei es auch nur zur Fristwahrung, eine Klage auf Auskehrung der Milchaufgabevergütung wegen des Verlustes der Milchreferenzmenge zu erheben, hätte man ihr zugemutet, sich prozessual widersprüchlich zu verhalten. Sie hätte sich dann im Prozess Auskehrung der Milchaufgabevergütung auf den Rechtsstandpunkt stellen müssen, dass der Bescheid über die Gewährung der Milchaufgabevergütung rechtmäßig war, während sie im Verwaltungsverfahren von der Rechtswidrigkeit des Bescheides ausgehen müssen. Im Ergebnis hat die Klägerin erst durch den Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Schreiben vom 4. Februar 1998 diejenigen Kenntnisse erlangt, die es ihr im Sinne der vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätze zumutbar machten, die Klage auf Auskehrung der Milchaufgabevergütung zu erheben. Hat aber die sechsmonatige Verjährungsfrist nach § 591 b BGB erst am 4. Februar 1998 begonnen, so ist sie durch die bei Gericht am 11. Juni 1998 eingegangene und der Beklagten am 24. Juni 1998 zugestellte Klage rechtzeitig unterbrochen worden (§209 Abs. 1 BGB, § 270 Abs. 3 ZPO).