Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 05.07.1999, Az.: 4 WF 76/99

Prozesskostenhilfe für eine mündliche Verhandlung zur Überprüfung einer vom Familiengericht erlassenen einstweiligen Anordnung im Zusammenhang mit dem Verkauf eines im gemeinsamen Eigentum der Eheleute stehenden Hausgrundstücks

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
05.07.1999
Aktenzeichen
4 WF 76/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1999, 32883
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0705.4WF76.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Cloppenburg - 22.04.1999 - AZ: 11 F 179/99

Fundstelle

  • FamRZ 2000, 759-760 (Volltext mit red. LS)

In der Familiensache
...
hat der 4. Zivilsenat -1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
die unterzeichneten Richter
am 5. Juli 1999
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Cloppenburg vom 22.04.1999 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Antragsgegnerin begehrt Prozeßkostenhilfe für eine mündliche Verhandlung zur Überprüfung einer vom Amtsgericht - Familiengericht - erlassenen einstweiligen Anordnung gem. § 620 b Abs. 2 ZPO.

2

Beide Parteien, bei denen es sich um getrennt lebende Eheleute handelt, hatten während des laufenden Ehescheidungsverfahrens einen notariellen Kaufvertrag geschlossen über den Verkauf des im gemeinsamen Eigentum stehenden Hausgrundstücks. Die Übergabe des Hauses, das den Parteien als gemeinsame Ehewohnung gedient hatte, sollte am 01.04.1999 erfolgen. Als sich am 01.04.1999 Schwierigkeiten bei der Räumung des Hauses durch die zu diesem Zeitpunkt dort noch wohnende Antragsgegnerin ergaben, erwirkte der Antragsteller beim Amtsgericht - Familiengericht - Cloppenburg am 01.04.1999 eine einstweilige Anordnung gem. § 620 Nr. 7 ZPO, durch die ihm das Haus zugewiesen wurde; die Kosten des Verfahrens hat das Amtsgericht in dem Beschluß vom 01.04.1999 der Antragsgegnerin auferlegt. Die Antragsgegnerin hat nach § 620 b Abs. 2 ZPO erneute Beschlußfassung aufgrund mündlicher Verhandlung beantragt und hierfür Prozeßkostenhilfe begehrt. Die Antragsgegnerin ist zwischenzeitlich aus dem Haus ausgezogen; bei der beantragten Überprüfung der einstweiligen Anordnung geht es der Antragsgegnerin vornehmlich um die Anfechtung der aus ihrer Sicht fehlerhaften Kostenentscheidung.

3

Das Amtsgericht hat die beantragte Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom 22.04.1999, auf den Bezug genommen wird, verweigert. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.

4

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig. Sie ist aber nicht begründet, da für das von der Antragsgegnerin angestrebte Verfahren hinreichende Erfolgsaussichten fehlen.

5

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob eine Wohnungszuweisung in der Trennungszeit zur Durchführung einer Veräußerung der gemeinsamen Wohnung oder des als Ehewohnung genutzten Hauses angeordnet werden darf (ablehnend die herrschende Meinung, vgl. OLG Hamm FamRZ 1998, 1172, m.w.N.; Palandt/Diederichsen, BGB, 58. Aufl., § 1361 b, Rn. 5) und die getroffene einstweilige Anordnung des Amtsgerichts rechtmäßig gewesen ist.

6

Es fehlt hier jedenfalls an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse der Antragsgegnerin für ein Verfahren nach § 620 b Abs. 2 ZPO.

7

Für eine mündliche Verhandlung zur Überprüfung der einstweiligen Anordnung bedarf es - wie bei jedem gerichtlichen Verfahren - eines hinreichenden Rechtsschutzinteresses (vgl. Gießler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 2. Aufl., Rdn. 152).

8

Die einstweilige Anordnung, deren Überprüfung begehrt wird, ist im vorliegenden Fall alsbald nach ihrem Erlaß gegenstandslos geworden und war bereits bei Antragstellung seitens der Antragsgegnerin obsolet. Das Haus ist von der Antragsgegnerin verlassen und den Käufern übergeben worden. Keine der Parteien denkt auch nur entfernt daran, das Haus wieder zu beziehen; über die ehemalige Ehewohnung besteht zwischen den Parteien kein Streit mehr. Irgendeine materiell-rechtliche Wirkung oder eine Rechtskraft- oder Feststellungswirkung, die der Antragsgegnerin von Nachteil sein könnte, kommt der einstweiligen Anordnung nicht zu. So ging es der Antragsgegnerin bereits bei Antragstellung nicht mehr um die einstweilige Regelung der Wohnungszuweisung selbst, sondern um die für sie nachteilige Kostenentscheidung, die das Amtsgericht entgegen § 620 g ZPO in dem Beschluß vom 01.04.1999 aufgenommen hat. Allein die angestrebte Korrektur dieser Kostenentscheidung rechtfertigt jedoch nicht die mündliche Verhandlung zur erneuten Beschlußfassung über die einstweilige Anordnung. Hierfür spricht nicht nur die Wertung des§ 99 ZPO, sondern vor allem auch, daß es des Verfahrens mit mündlicher Verhandlung nach § 620 b Abs. 2 ZPO nicht bedarf, um nachteilige Wirkungen der Kostenentscheidung für die Antragsgegnerin zu beseitigen. Die in dem Beschluß vom 01.04.1999 enthaltene Kostenentscheidung ist mangels Rechtskraftwirkung des Beschlusses nicht bindend, sondern abänderbar und überdies zur Zeit wirkungslos. Nach § 620 b Abs. 1 ZPO kann das Amtsgericht auf Antrag den Beschluß und damit auch die darin enthaltene Kostenentscheidung aufheben oder ändern. Dazu bedarf es nicht des Verfahrens nach § 620 b Abs. 2 ZPO mit mündlicher Verhandlung über die gegenstandslos gewordene einstweilige Anordnung.

9

Überdies läßt die bei Erlaß der einstweiligen Anordnung getroffene Kostenentscheidung des Amtsgerichts zur Zeit eine Kostenfestsetzung sowieso nicht zu, weil unklar ist, welche Gebühren überhaupt festzusetzen sind und die letztlich maßgebende Kostengrundentscheidung noch aussteht (vgl. hierzu und zum folgenden KG MDR 1982, 328 [KG Berlin 03.11.1981 - 1 WF 4488/81]).

10

Das einstweilige Anordnungsverfahren gilt zwar nach § 41 Abs. 1 Satz 1 BRAGO als besondere Angelegenheit gegenüber der anhängigen Ehesache, so daß die Anwaltsgebühren der §§ 31 ff BRAGO gesondert anfallen. Das vorliegende Anordnungsverfahren sowie im Verlauf des Ehescheidungsverfahrens noch mögliche weitere Verfahren nach §§ 620 ff ZPO gelten aber unter sich nur als eine Angelegenheit; nach § 41 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erhält der Rechtsanwalt die Gebühren im gleichen Rechtszug nur einmal, wobei die Werte der Verfahren nach § 7 Abs. 2 BRAGO zusammenzurechnen und die Gebühren aus dem so gewonnenen Streitwert zu berechnen sind. Entsprechendes gilt für die Gerichtskosten (vgl. Nr. 1701 der Anlage 1 zum GKG). Der für eine Gebührenberechnung maßgebende Gesamtstreitwert kann noch nicht gebildet werden, weil im Verlaufe des Ehescheidungsverfahrens jederzeit weitere einstweilige Anordnungen beantragt werden können. Es ist auch nicht absehbar, welche weiteren Kostenregelungen das Familiengericht wegen solcher einstweiligen Anordnungen noch für angemessen hält. Die dargestellten Regelungen erfordern es, daß über sämtliche einstweilige Anordnungen in jeder Instanz nur eine einheitliche Kostenentscheidung ergeht (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 620 g, Rn. 1). Diese Entscheidung kann- wie auch aus § 620 g ZPO folgt - abschließend und verbindlich grundsätzlich nur im Rahmen der Kostenentscheidung des Urteils in der Ehesache getroffen werden (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., Rn. 2 ff.; mit Hinweisen auch zu möglichen Ausnahmefällen). Diese Entscheidung des Amtsgerichts steht jedoch noch aus. Hierauf sind die Antragsgegnerin und letztlich auch der Antragsteller mit ihren sich widersprechenden Kosteninteressen zu verweisen.

11

Der Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.