Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 18.06.1999, Az.: 11 UF 26/99

Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils zur Namensänderung minderjähriger Kinder

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
18.06.1999
Aktenzeichen
11 UF 26/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29355
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0618.11UF26.99.0A

Fundstellen

  • FamRZ 1999, 1381-1382 (Volltext mit amtl. LS)
  • FuR 2000, 119-120
  • Kind-Prax 2000, 60
  • NJW 2000, 367-368 (Volltext mit amtl. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 1999, 237-238
  • StAZ 2000, 17-18

Amtlicher Leitsatz

Die Ersetzung der Zustimmung eines Elternteils zur Namensänderung minderjähriger Kinder ist davon abhängig, ob die Namensänderung im Interesse des Kindeswohls erforderlich ist.

Tatbestand

1

I.

Die Antragstellerin lebt nach ihrer Scheidung vom Antragsgegner, der der Vater aller drei betroffenen Kinder ist, nun mit Herrn P in einer neuen Ehe. Sie strebt an, dass alle Kinder den Familiennamen ihres jetzigen Ehemannes erhalten sollen. Der Antragsgegner als Kindesvater willigt nicht ein. Daraufhin hat die Kindesmutter den Antrag gemäß § 1618 BGB gestellt, die erforderliche Zustimmung des Kindesvaters zu ersetzen. Das Amtsgericht hat dem Antrag im angefochtenen Beschluss nach Anhörung aller drei Kinder entsprochen. Es hat die gerichtliche Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung als zum Wohle der Kinder erforderlich angesehen. Das Interesse der Kinder sei in diesem Fall höher als das Interesse des leiblichen Vaters am Fortbestand des namensrechtlichen Bandes zu seinen Kindern zu bewerten.

2

Hiergegen wendet sich der Kindesvater mit seiner Beschwerde. Er rügt die "unzutreffende" Feststellung im Beschluss, die Kinder lebten in der neuen Familie unter anderem auch mit der Tochter des neuen Ehemannes zusammen. Die Tochter des Herrn P wohne vielmehr bei deren Mutter in Damme. Die Kindesmutter betreibe das Verfahren nur zur eigenen Abgrenzung gegenüber ihrem früheren Leben. Hier gehe es nicht um das Kindeswohl. Die Kinder seien vielmehr unter psychischen Druck gesetzt, sodass auch aus deren Anhörungen nichts hergeleitet werden könne. Die Kinder seien noch zu klein, um die Auswirkungen der Namensänderung voll erfassen zu können. Gerade nach der Neufassung des § 1618 BGB sei eine zwingende Notwendigkeit Voraussetzung für die Ersetzung der Zustimmung. Diese Notwendigkeit sei hier nicht gegeben. Vielmehr würden die Kinder von der Kindesmutter, die bereits in dritter Ehe lebe, nur missbraucht, weil die Kindesmutter jedes Mal "alle Brücken hinter sich abbrach", wenn sie einen Lebenspartner verlassen hatte. So sei ihm schon auf Antrag der Kindesmutter "das hälftige Sorgerecht" entzogen worden. Durch die begehrte Namensänderung werde ein neuer Keil zwischen die Kinder und ihn als Vater getrieben.

3

Die Kindesmutter hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache schriftsätzlich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

4

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückweisung des Antrages der Kindesmutter auf Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung. Denn die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des Kindesvaters zur Namenserteilung liegen im vorliegenden Falle nicht vor. Der Senat vermag - insbesondere auch nach der Anhörung der Beteiligten im anberaumten Termin zur mündlichen Erörterung der Problematik - die vom Gesetz geforderte Erforderlichkeit der Namensumbenennung nicht zu erkennen.

5

Auch nach der Änderung des Kindesnamensrechts mit Wirkung ab 1.7.1998 müssen beide Ehegatten bei der Namensänderung der Kinder zusammenwirken. Dabei wird nach neuem Recht die von einem Elternteil verweigerte Einwilligung dann vom Familiengericht ersetzt, wenn das Kindeswohl die Einbenennung erfordert. Mit dem Begriff der "Erforderlichkeit" ist eine höhere Eingriffsschwelle vorgegeben worden als sie bisher bestand. Die Voraussetzungen einer Einbenennung haben sich gegenüber dem früheren Namensänderungsrecht deutlich verschärft. War es nach altem Recht bereits möglich, einen wichtigen Grund für eine Namensänderung dann anzunehmen, wenn die Einbenennung dem Kindeswohl auch nur "förderlich" schien, so ist nach neuem Recht eine bloße Förderlichkeit für das Kindeswohl nicht mehr ausreichend, weil es nunmehr auf die Erforderlichkeit ankommt. Die Verschärfung der Eingriffsvoraussetzungen wurde im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bewusst vorgenommen (vgl. Mühlens-Kirchmeier-Greßmann, Das neue Kindschaftsrecht,1998,S.129f zu § 1618 BGB). Die Gesetzesneufassung will damit ausdrücklich die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, auch im Bereich des Namensrechts stärken (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 13/8511, 73f zu § 1618). Erforderlich ist eine Einbenennung infolgedessen nur, wenn sie für das Kind einen so hohen Nutzen verspricht, dass ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes zudem Kind nicht bestünde.(so Wagenitz FamRZ 1998, 1546ff (1551f); vgl. dazu auch die Entscheidungen OLG Braunschweig in OLG-Report 1999, 123f und OLG Celle in OLG Report 1999, 141f).

6

Die Antragstellerin hat nicht dargetan, dass die von ihr beabsichtigte Namenserteilung für das Wohl aller drei Kinder erforderlich ist. Vielmehr hat die Antragstellerin im Rahmen der mündlichen Erörterung im Senatstermin den Wunsch der Kinder nach einer Namensänderung als entscheidendes Kriterium in den Vordergrund gestellt. Da die Kinder im Alter von nunmehr 11, 10 und 8 Jahren nach der Einschätzung des Senats die volle Tragweite einer neuen Namenszuordnung nicht zu erkennen vermögen, kann der von ihnen geäußerte Wunsch - der auch im Rahmen der Anhörung der Kinder beim Amtsgericht zum Ausdruck gekommen ist - kein ausschließlich maßgebendes Kriterium sein, zumal der Senat davon überzeugt ist, dass der von den Kindern artikulierte Wunsch nach einer Namensänderung durch die innerhalb der Familie laufenden Gespräche um die beabsichtigte Namenserteilung von den Elternteilen mit initiiert wurde.

7

Auch soweit die Kinder im Rahmen der Anhörung beim Amtsgericht belastend empfundene Fragen aus ihrer Umgebung geschildert haben, übersteigen diese vom Senat durchaus ernst genommenen Erklärungen jedenfalls nicht den Rahmen einer gewissen Lästigkeit. Keinesfalls wird damit aber die Erforderlichkeit im Sinne des Gesetzes begründet. Einer erneuten Anhörung der Kinder bedurfte es nicht, zumal auch die Antragstellerin selbst auf mehrfaches Befragen durch den Senat keine zusätzlichen Gründe für die Erforderlichkeit der Umbenennung der Kinder dargelegt hat.

8

Bei dieser Sachlage geht der Senat davon aus, dass die Kindesmutter und der Ehemann mit der beabsichtigten Namenserteilung den Zweck verfolgen, die Integration der Kinder in ihre Familie nach außen zu dokumentieren. Diesem durchaus anzuerkennenden Wunsch wollen die Kinder ihrerseits offenkundig entsprechen. Gleichwohl ist jedoch nichts ersichtlich für eine Annahme, dass das seelische Wohl der Kinder beeinträchtigt wird, wenn sie den Namen ihres Vaters behalten, zumal in der heutigen Gesellschaft verschiedene Namen innerhalb einer Familie nicht mehr ungewöhnlich sind. Deshalb erscheint eine völlige Durchtrennung des Namensbandes, welches die Kinder noch mit dem Antragsgegner, ihrem leiblichen Vater, verbindet, jedenfalls derzeit nicht erforderlich.

9

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 30 KostO.