Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 10.06.1999, Az.: 1 U 27/99

Anwendung der Bruttomethode oder der Nettomethode zur Berechnung eines Verdienstausfalls; Übergang von Beitragsansprüchen auf den Versicherungsträger

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
10.06.1999
Aktenzeichen
1 U 27/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 29114
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1999:0610.1U27.99.0A

Amtlicher Leitsatz

Bei der Berechnung des Verdienstausfalls kann sowohl die Brutto- als auch die Nettolohnmethode angewandt werden.

Gründe

1

Die Berufung ist begründet, soweit mit ihr eine Herausrechnung der sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmeranteile erstrebt wird; sie ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Zubilligung des Steueranteils wendet. Die Anschlussberufung ist unbegründet.

2

1.

Der Senat lässt die Frage nach dem "richtigen" Berechnungsansatz, offen. Einer Entscheidung zwischen der modifizierten Nettolohnmethode und der modifizierten Bruttolohnmethode bedarf es nicht weil beide Berechnungsmethoden anerkannt sind und bei richtiger Handhabung nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (BGH NJW 1995, 389, 390) [BGH 15.11.1994 - VI ZR 194/93].

3

2.

Sozial- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge sowie Verdienstausfall Februar 1996.

4

Auf der Grundlage beider Berechnungsmethoden können im Streitfall weder Sozial- noch Arbeitslosenversicherungsbeiträge als Schadenspositionen berücksichtigt werden. Soweit der Klägerin durch den Beitragsausfall ein sozialversicherungsrelevanter Schaden entstanden sein sollte, kann sie diesen nicht aus eigenem Recht geltend machen. Denn sind die Ansprüche nach § 119 Abs. 1 SGB X auf die Sozialversicherungsträger übergegangen.

5

Für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gilt das nicht, weil es sich dabei nach § 4 SGB I nicht um eine Sozialversicherung i.S.d. § 119 SGB X handelt. Der Beitragsausfall mit der dargelegten und allein vermögensrechtlich relevanten Folge einer Verkürzung des Arbeitslosengeldes für Februar 1996 hat jedoch deshalb außer Betracht zu bleiben, weil die Klägerin durch die nicht unfallbedingte Entscheidung ihre Beschäftigung bei dem Steuerberater im Februar nicht fortzusetzen, die Kausalkette zum schadensbegründenden Unfallgeschehen unterbrochen hatte. Aus diesem Grund scheiden auch sonstige Ansprüche für Februar 1996 aus.

6

3.

Zu dem von den Beklagten zu leistenden Schadensersatz gehört auch der auf die Ersatzleistung nach § 24 Nr.1 a EStG zu erbringende Steueranteil. Zu versteuern ist zwar nicht nur das entgangene fiktive Nettoeinkommen in der Zeit vom 8. Mai 1995 bis Ende Januar 1996, sondern auch die darauf zu entrichtenden Steuern, denn aus der Summe der beiden Faktoren setzt sich die zu versteuernde Ersatzleistung zusammen (vgl. BGH NJW 1995, 389, 391 [BGH 15.11.1994 - VI ZR 194/93]; Kullmann VersR 1993, 385, 386).

7

Der konkrete Betrag ist nach der auf der modifizierten Nettolohnmethode beruhenden Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) "im Wege des Abtastens anhand der Steuertabelle" mit dem Ziel festzustellen, dass "dem Geschädigten ein Betrag in Höhe des fiktiven Nettoeinkommens verbleibt". Diese Berechnung ist jedoch hier nicht erforderlich. Denn der auf den entgangenen Verdienst entfallende Steueranteil entspricht im Regelfall dem durch die Steuerpflicht aus § 24 Nr.1 a EStG entstehenden Schaden, sodass die Beträge im Einzelfall nicht speziell festgestellt zu werden brauchen (BGH NJW 1986, 1814, 1815) [BGH 18.03.1986 - VI ZR 213/84]. dass ein solcher Regelfall hier nicht vorliegt, wird von keiner der Parteien geltend gemacht.