Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 07.12.2011, Az.: S 81 R 42/10
Versicherungspflicht eines selbstständig tätigen Handwerkers in der Rentenversicherung; Folgen der Eintragung der Gewerbe "Fuger" sowie "Holzschutz und Bautenschutz" in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer für die Versicherungspflicht
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 07.12.2011
- Aktenzeichen
- S 81 R 42/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 34781
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:SGOLDBG:2011:1207.S81R42.10.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI
- § 165 Abs. 1 S. 2 SGB VI
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als selbständig tätiger Handwerker.
Der Kläger ist gelernter Maurer und seit 1979 durchgängig selbständig tätig. Er ist seit dem D. 1979 mit den Gewerben "Fuger" sowie "Holz- und Bautenschutz" in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe bei der Handwerkskammer E.eingetragen. Am 17.04.2009 erfolgte eine Umschreibung des Gewerbes auf eine neu gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR), die der Kläger gemeinsam mit seinem Sohn F.führt. Zusätzlich erfolgte am 28.04.2009 eine Eintragung derselben GbR für das Gewerbe "Maurer- und Betonbauer" in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Handwerke (sog. Handwerksrolle) bei der Handwerkskammer E ...
Diese Änderungen wurden der Beklagten von Seiten der Handwerkskammer E. gemeldet. Daraufhin bat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 07.05.2009 um weitere Auskünfte. Der Kläger übersandte den erhaltenen Fragebogen zurück und gab an, seit 1979 von der Versicherungspflicht befreit zu sein. Er beantragte die weitere Befreiung von der Versicherungspflicht wegen bereits erfolgter Zahlung von 18 Jahren Pflichtbeiträgen.
Mit Bescheid vom 19.05.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ab, da der Kläger nicht bereits für 18 Jahre (216 Monate) Pflichtbeiträge gezahlt habe, sondern erst für 195 Monate. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) lägen daher nicht vor.
Der Kläger legte am 11.06.2009 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 24.07.2009 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht des Klägers in der Rentenversicherung nach § 2 Satz 1 Nr. 8 SG B VI als in die Handwerksrolle eingetragener Gewerbetreibender ab dem 28.04.2009 fest. Der Kläger müsse den vollen Regelbeitrag zahlen, da er seine selbständige Tätigkeit bereits seit dem 03.07.1979 ausübe. Die Beklagte erteilte den Hinweis, dass bei Nachweis niedrigeren Einkommens auch ein-kommensgerechte Beiträge gezahlt werden könnten.
Der Kläger legte am 19.08.2009 Widerspruch gegen den Bescheid ein. Er wandte sich gegen die Versicherungspflicht dem Grunde nach und hilfsweise gegen die Beiträge der Höhe nach. Er trug zur Begründung vor, er führe nunmehr eine GbR mit seinem Sohn. Durch die Begründung einer Personengesellschaft habe sich die Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender verändert, dadurch sei die Veranlagung nach dem halben Regelbeitrag erneut anwendbar. Zudem werde er im Dreijahreszeitraum 63 Jahre. Zu berücksichtigen sei auch, dass er für viele Auftraggeber tätig sei. Außerdem sei die Härtefallklausel nach § 165 Abs. 1a SGB VI anzuwenden. Der Kläger reichte zum Beleg einen GbR-Gesellschaftsvertrag vom 31.03.2009 ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zahlung des halben Regelbeitrages sei nur innerhalb von drei Jahren nach Aufnahme der selbständigen Tätigkeit möglich. Hier sei die Aufnahme der Tätigkeit "Fugbetrieb, Holz und Bautenschutz" bereits 1979 erfolgt. Es sei auf den Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit und nicht auf den Beginn der Versicherungspflicht abzustellen. Insofern sei die Änderung der Rechtsform im April 2009 nicht eine Neuaufnahme der Tätigkeit, die zur Zahlung des halben Regelbeitrages berechtigen könne. Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI nach 18 Jahren Pflichtbeiträgen seien nicht erfüllt.
Mit seiner am 03.02.2010 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er sei seit 1979 durchgängig selbständig tätig in den Bereichen Fuger sowie Holz- und Bautenschutz. Er sei mit diesen Gewerben aber nicht in die Handwerksrolle eingetragen, sondern nur beim Gewerbeamt angemeldet. Erst im April 2009, als er sich gemeinsam mit seinem Sohn auch für das Gewerbe Maurer- und Betonbauer angemeldet habe, sei eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt. Die Eintragung als Maurer sei 1979 nicht möglich gewesen, weil er die Meisterprüfung des Maurers nicht abgelegt habe und daher die Eintragungsvoraussetzungen nicht erfüllt habe. Mittlerweile könne eine Eintragung aber erfolgen, weil die Bautechnikerprüfung, die er absolviert habe, nun anerkannt werde und er gewissen Erfahrungsjahre vorweisen könne. Wer Maurerarbeiten ausführen dürfe, könne auch gleichzeitig Fugarbeiten ausführen, aber nicht umgekehrt. Man brauche für die Tätigkeit als Maurer andere Gerätschaften, z.B. eine Mischmaschine und ein Gerüst. Diese habe die GbR aus der privaten Bautätigkeit des Klägers übernommen. Sie habe auf den bisherigen Kundenstamm aufbauen können, den er als Fuger schon gehabt habe. Den "Papierkram" habe er in den Jahren 2008 - 2009 nach und nach an seine Schwiegertochter abgegeben. Die Versicherungspflicht sei wegen Vorliegens einer GbR anders zu bewerten. Zudem sei jedenfalls nur der halbe Regelbeitrag zu zahlen, denn es habe sich durch die Begründung einer Personengesellschaft die Tätigkeit als selbständiger Gewerbetreibender geändert, so dass ein neuer Dreijahreszeitraum nach § 165 Abs. 1 SGB VI beginne. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Kläger seine Erwerbstätigkeit voraussichtlich im Laufe des neuen Dreijahreszeitraums einstelle.
Die GbR hat das Gewerbe als Maurer- und Betonbauer in der Handwerksrolle zum 29.07.2011 wieder abgemeldet und sodann zum 09.11.2011 wieder angemeldet.
Während des Klageverfahrens erfolgte mit Bescheid vom 26.09.2011 die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ab dem 05.08.2011. Der Kläger habe die rückständigen Beiträge bis einschließlich Dezember 2010 mittlerweile vollständig gezahlt und könne daher wegen bereits erbrachter Pflichtbeiträge für 216 Monate von der Versicherungspflicht befreit werden. Maßgeblich für den Beginn der Befreiung sei das Antragsdatum. Derzeit bestehe Beitragsrückstand für die Zeit vom 01.01.2011 bis zum 04.08.2011 und damit eine Restforderung von 3.387,58 EUR.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
- 1.
die Bescheide der Beklagten vom 19.05.2009 und 24.07.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2010 aufzuheben,
- 2.
festzustellen, das der Kläger im Zeitraum vom 28.04.2009 bis zum 08.05.2011 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unter-lag,
- 3.
hilfsweise festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, ab dem 28.04.2009 den halben Regelbeitrag zur Rentenversicherung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, die Erweiterung einer selbständigen Tätigkeit sei nicht als Existenzgründung zu qualifizieren und berechtige daher nicht zur Zahlung des halben Regelbeitrages nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Die Tätigkeit des Fugers sei mit der Tätigkeit des Maurers artverwandt, denn die Tätigkeit als Maurer beinhalte auch die Tätigkeit als Fuger. Zudem greife der Kläger auf die Infrastruktur seiner bisherigen Tätigkeit zurück.
Einen im Erörterungstermin vom 09.11.2011 geschlossenen gerichtlichen Vergleich hat die Beklagte fristgemäß am 22.11.2011 widerrufen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet. Der Kläger unterlag im Zeitraum vom 28.04.2009 bis zum 08.05.2011 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (dazu unter 1.) und war mit dem vollen Regelbeitrag zu veranlagen (dazu unter 2.).
1.
Der Kläger wurde am 28.04.2009 im Rahmen der mit seinem Sohn gegründeten GbR in die Handwerksrolle eingetragen und damit versicherungspflichtig.
a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI sind selbständig tätige Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind und in ihrer Person die für die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlichen Voraussetzungen erfüllen ( ...) versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung; ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt nach der Norm als Gewerbetreibender, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt. Diese Voraussetzungen für eine grundsätzliche Versicherungspflicht liegen bei dem Kläger vor. Der Kläger darf aufgrund seiner Prüfung zum Bautechniker bzw. anzurechnender Zeiten von Berufserfahrung die selbständige Tätigkeit als Maurer ausführen. Dies wird belegt durch eine Eintragung in das Verzeichnis der zulassungspflichtigen Gewerbe (sog. Handwerksrolle) von Seiten der Handwerkskammer am 28.04.2009. Dadurch trat die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein. Unerheblich ist dabei, dass die Eintragung einer GbR erfolgte und der Kläger nicht als mehr Einzelgewerbetreibender auftritt, denn nach der Norm gilt auch bei Vorliegen einer Personengesellschaft die Versicherungspflicht für alle einzelnen Gesellschafter der Personengesellschaft, die in ihrer Person die Voraussetzungen für eine Eintragung in die Handwerksrolle erfüllen. Damit erstreckt sich die Versicherungspflicht auf den Kläger als persönlich hafteden Gesellschafter der GbR.
b) Alter des Klägers und beabsichtigte Dauer der Tätigkeit sind unerheblich für die Versicherungspflicht nach§ 2 SGB VI.
c) Ebenfalls unerheblich für die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI als in die Handwerksrolle eingetragener Gewerbetreibender ist, für wie viele Auftraggeber der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum tätig war. Denn dieses Merkmal ist nur im Rahmen einer Selbständigkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VI von Relevanz. Die Versicherungspflicht als Handwerker geht der Versicherungspflicht nach Nr. 9 aber vor, so dass nur die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI zu prüfen sind.
2.
Die Beitragsfestsetzung durch die Beklagte ist auch der Höhe nach rechtmäßig. Der Kläger war nicht berechtigt, im streitgegenständlichen Zeitraum den halben Regelbeitrag zu zahlen, sondern er war mit dem vollen Regelbeitrag heranzuziehen. Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sind beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße. Nach Satz 2 sind beitragspflichtige Einnahmen bei selbständig Tätigen abweichend davon bis zum Ablauf von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Arbeitseinkommen in Höhe von 50 vom Hundert der Bezugsgröße ( ...). Mit dieser Regelung enthält die Vorschrift eine Sonderregelung für selbständig Tätige, die sich in der Phase des Existenzaufbaues befinden.
a) Voraussetzung für die Berechtigung zur Zahlung des halben Regelbeitrages nach § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI im streitgegenständlichen Zeitraum wäre eine Existenzgründung des Klägers im April 2009. Dies ist hier nicht anzunehmen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit, auch wenn diese zunächst nicht zur Versicherungspflicht als Handwerker führte (BSG, Urt. v. 10.12.1998 - B 12 RJ 2/98 R, zitiert nach [...]). Die Herabsetzung des Beitrags auf den halben Regelbeitrag war ausgeschlossen, weil der Ermäßigungszeitraum von drei Kalenderjahren nach dem Jahr der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (hier 1979) bereits im Jahre 1982 abgelaufen war. Zwar kann die Zahlung des halben Regelbeitrages mehrfach zugelassen werden, Voraussetzung ist aber, dass die selbständige Tätigkeit tatsächlich mit dem Charakter einer Existenzgründung erneut aufgenommen worden ist. Dies wäre etwa der Fall, wenn die alte Tätigkeit tatsächlich aufgegeben wurde und zeitfern zur neuen Betätigung liegt (vgl. Wehrhahn in: Kasseler Kommentar, SGB VI, Stand 70. Ergänzungslieferung 2011, § 165 Rn. 32). Der Kläger hat seit der Anmeldung der Gewerbezweige Fuger sowie Holz- und Bautenschutz im Jahre 1979 bei der Handwerkskammer durchgehend eine selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt. Er hat von diesem Zeitpunkt an den Betrieb im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geführt, also selbständig gearbeitet. Eine längere Unterbrechung liegt nicht vor.
b) Es ist auch keine erneute Selbständigkeit im bereits vorher ausgeübten Bereich Fuger sowie Holz- und Bautenschutz dadurch eingetreten, dass ein Wechsel von einem Einzelgewerbetreibenden zu einer GbR erfolgte. Denn die Tätigkeiten wurden durchgehend vom Kläger und seinem Sohn ausgeführt. Der Sohn wechselte nur von einer Angestelltenposition in die Position eines Mitgesellschafters. Dies hatte faktisch keinen Einfluss auf die durchgehende Selbständigkeit des Klägers selbst. Die Selbständigkeit im Bereich Fuger sowie Holz- und Bautenschutz bezieht sich weiterhin auf dieselben Tätigkeiten und der Kläger unterliegt weiterhin der persönlichen Haftung, es sind zudem die alten Gerätschaften weiterhin nutzbar und es ist weiterhin eine Buchhaltung zu führen, die nahtlos ineinander übergeht. Dahingestellt bleiben kann auch, ob es sich bei der gegründeten Personengesellschaft tatsächlich um eine GbR oder um eine offene Handelsgesellschaft (OHG) handelt, da die gleichen Grundsätze gelten. Durch Gründung einer Personengesellschaft hat sich die selbständige Tätigkeit inhaltlich nicht verändert, nur das äußere Auftreten durch Wechsel der Rechtsform. Sowohl ein Auftreten in der Rechtsform des Einzelgewerbetreibenden als auch in der Rechtsform einer Personengesellschaft werden aber gleichlaufend von der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VI erfasst.
c) Zudem ist keine neue Selbständigkeit im Sinne einer Existenzgründung dadurch eingetreten, dass zusätzlich zu dem bestehenden Gewerbe des Fugers das zulassungspflichtige Gewerbe des Maurers- und Betonbauers in die Handwerksrolle eingetragen wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Dreijahreszeitraum nach § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI generell nicht für neue, selbständige Tätigkeiten in Anspruch genommen werden kann, die zu einer anderen, bereits bestehenden selbständigen Tätigkeit treten. Eine Wertung als neue Selbständigkeit ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn die neue Tätigkeit mit der bereits bestehenden inhaltlich artverwandt ist. So liegt der Fall hier. Zwar ist die Tätigkeit als Maurer gegenüber der als Fuger mit qualitativ höheren Anforderungen verbunden, was sich insbesondere dadurch zeigt, dass das Maurergewerbe zu den zulassungspflichtigen Handwerken gehört, die in die Handwerksrolle eingetragen werden und wofür gehobene Fachkenntnisse nachgewiesen werden müssen, wie etwa eine Meisterprüfung. Hingegen zählt die Tätigkeiten als Fuger bzw. im Bereich Holz- und Bautenschutz zu den handwerksähnlichen Gewerben, für deren Ausübung der Nachweis besonderer Fachkenntnisse nicht erforderlich ist. Allerdings baute die neue Selbständigkeit des Klägers als Maurer hier auf der alten Tätigkeit als Fuger auf. Die Tätigkeiten sind von ihrer Ausführung verwandt. Fuger füllen insbesondere Fugen und Risse z.B. in Mauerwerk, zwischen Betonbauteilen und Fassadenteilen aus und dichten diese ab. Sie arbeiten häufig in Maurerbetrieben. Maurer ha-ben ein erheblich breiteres Aufgabengebiet wie etwa Gerüste aufbauen, Mauern verputzen, Betonarbeiten und Abbrucharbeiten durchführen, zu den üblichen Tätigkeiten gehört aber auch das Verfugen. Der Kläger hat also durch die Eintragung als Maurer sein bisheriges Tätigkeitsgebiet qualitativ erweitert.
Bei einer solchen qualitativen Erweiterung ist eine erneute Veranlagung mit dem halben Regelbeitrag nach § 165 Abs. 1 Satz 2 SGB VI nicht möglich. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Norm. Es sollen Existenzgründungen erleichtert und sichergestellt werden, dass Jungselbständige in den Anfangsjahren nicht zu stark mit Rentenversicherungsbeiträgen belastet werden (BT-Drs. 15/26, S. 27). Wenn aber eine selbständige Tätigkeit in einer ähnlichen Ausführungsform bereits seit längerem besteht, ist der Selbständige nicht vergleichbar schutzbedürftig. Er hat bereits einen Kundenstamm und einen Leumund für einen verwandten Bereich aufgebaut, hat Erfahrung mit Buchhaltung bzw. ihrer Vergabe, kann gewisse Gerätschaften wie z.B. auch Fahrzeuge weiternutzen. So war es auch im Falle des Klägers. Die Buchhaltung erledigte bereits seit dem Jahre 2008 mehr und mehr seine Schwiegertochter und diese Regelung konnte auch nach der Eintragung als Maurer weitergeführt werden. Auch den Kundenstamm konnte der Kläger nach eigenen Angaben weiternutzen. Seine bisherige selbständige Tätigkeit als Fuger und im Bereich Holz- und Bautenschutz lief zudem parallel weiter und konnte daher weiter seinen Lebensunterhalt sichern, so dass seine Lage nicht mit den finanziellen Unsicherheiten einer erstmaligen Selbständigkeit vergleichbar ist, die der § 165 SGB VI abschwächen will. Die Norm ist daher nach dem Sinn und Zweck nicht auf die Situation der qualitativen Erweiterung der bisherigen selbständigen Tätigkeit anwendbar.
d) Einen Antrag auf eine eingekommensgerechte Verbeitragung, die nach § 165 Abs. 1 Satz 3 SGB VI ebenfalls möglich gewesen wäre, hat der Kläger nicht gestellt und dementsprechend sein Einkommen auch nicht dargelegt. Die Härtefallregelung des § 165 Abs. 1a SGB VI konnte demgemäß entgegen der Ansicht des Klägers nicht angewandt werden, denn diese Norm bezieht sich auf die Möglichkeit einer sofortigen Anpassung der einkommensgerechten Veranlagung, die von dem Kläger auch nach entsprechenden Hinweisen aber gerade nicht gewählt wurde.
3) Nach alledem war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.