Sozialgericht Oldenburg
Urt. v. 17.01.2011, Az.: S 9 P 64/10
Bibliographie
- Gericht
- SG Oldenburg
- Datum
- 17.01.2011
- Aktenzeichen
- S 9 P 64/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 45097
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt einen ambulanten Pflegedienst in I., der insgesamt 80 Kunden bereut.
Am 08.06.2010 führte der Medizinische Dienst der Krankenkassen J. - MDK - im Auftrage der Beklagten eine Qualitätsprüfung (§§ 114 ff SGB XI) im Sinne einer sogenannten Regelprüfung durch. Mit Schreiben vom 15.06.2010 teilten die Beklagten der Klägerin mit, der auf der Grundlage der Qualitätsprüfung erstellte Entwurf des Transparenzberichts sei nunmehr im Internet für die einsehbar und werde innerhalb von 28 Tagen veröffentlicht.
Im Entwurf des Transparenzberichts wurde die pflegerische Leistung der Klägerin mit der Schulnote mangelhaft (4,7), die ärztlich verordneten pflegerischen Leistungen mit gut (1,7) und der Bereich der Dienstleistung und Organisation mit der Note befriedigend (2,9) bewertet. Als rechnerisches Gesamtergebnis wies der Transparenzbericht die Note befriedigend (3,3) auf. Ohne Einfluss auf das Gesamtergebnis blieb die ebenfalls bewerte Kundenzufriedenheit mit der Note sehr gut (1,0).
Die Noten aus den einzelnen Qualitätsbereichen ergaben sich aus verschiedenen Einzelkriterien, die auf der Grundlage eines Fragenkataloges gemäß der Anlage 3 zur Pflegetransparenzvereinbarung ambulant vom 29.01.2009 - PTVA - ermittelt wurden, wobei von den 49 Fragen lediglich die Fragen 38 - 49 zur Kundezufriedenheit bei den zu Pflegenden abgefragt wurden. Die Beantwortung der Fragen 1-37 beruhte entsprechend der Ausfüllanleitung der PTVA (Anlage 3) wesentlich auf der Auswertung der Pflegedokumentation durch die Prüfer sowie einer Inaugenscheinnahme. Dabei wurden lediglich die Kriterien geprüft, die bei der Klägerin insgesamt prüfbar waren, wobei eine Stichprobe von 5 Kunden zugrunde gelegt wurde, bei denen wiederum auch nur die zutreffenden Kriterien ermittelt und bewertet wurde. Das Ergebnis der Inaugenscheinnahme wurde nicht schriftlich fixiert.
Dementsprechend wurden im Qualitätsbereich 1 (pflegerische Leistungen) von insgesamt 17 nur die Kriterien Nr. 1, 9, 10, 11, 14, 15 und 16, im Qualitätsbereich 2 (ärztlich verordnete pflegerische Leistungen) von 10 Kriterien (Nr.18 - 27) nur die Kriterien Nr. 18, 19, 23, 24, 25, 26 und 27 und im Qualitätsbereich 3 (Dienstleistungen und Organisation) von 10 Kriterien (Nr.28 - 37) nur die Kriterien Nr. 29 - 37 geprüft. Für die Beantwortung wurden für jedes Kriterium sogenannte Skalierungswerte zwischen 10 und 0 Punkten vergeben, wobei für dichotome Fragen jeweils 10 oder 0 Punkte vergeben wurden. Aus diesen Skalierungswerten bildeten die Prüfer für jeden Qualitätsbereich einen Mittelwert, der über eine Tabelle (Anhang zum Anlage 2 der PTVA) in einen Notenwert überführt wurde. Aus den Skalierungsmittelwerten der Qualitätsbereiche 1 - 3 bildeten die Prüfer zudem einen Mittelwert, der anhand der o. g. Tabelle in einen Notenwert überführt wurde, welcher die Gesamtnote (3,3) bildet.
Gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichtes vom 08.06.2010 und die in diesem enthaltenen Bewertungen hat die Klägerin am 06.07.2010 Klage erhoben und zugleich um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.
Sie ist der Ansicht, eine Veröffentlichung des Transparenzberichtes verletze sie in ihren Rechten, da er rechtsfehlerhaft sei und an erheblichen Mängeln leide. Zudem sei die Bewertung überraschend, da die Gutachterin Frau K. im Abschlussgespräch geäußert hätte, dass die von ihr im Rahmen der Stichprobe besuchten Patienten der Klägerin allesamt einen gut gepflegten und zufriedenen Eindruck gemacht hätten.
Grundsätzlich sei das von den Beklagten verwendete Prüfungs- und Bewertungsverfahren nicht geeignet, Aussagen zur tatsächlichen Pflegequalität zu machen. Es gebe weder einen Nachweis der Validität des Verfahrens noch eine methodische Basis dafür. Eine einheitliche Bewertung finde nicht statt und das derzeitige Bewertungssystem halte mathematischem Grundwissen nicht stand. Zu diesem Ergebnis sei eine "Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflegetransparenzvereinbarung für den ambulanten (PTVA) und stationären (PTVS) Bereich" der Professorinnen L. und M. vom 21.07.2010 gekommen, auf die sich die Klägerin berufe.
Zunächst enthalte der Transparenzbericht rechnerische Fehler: Die Notenbildung werde verfälscht, da eine Mittelwertbildung der Noten für die einzelnen geprüften Kriterien im Qualitätsbereich 1 die Note 3,6 also "ausreichend" ergebe, während die Prüfer hier zu einer Gesamtnote von 4,7 gekommen seien. Dasselbe ergebe sich für die Qualitätsbereiche 2 und 3, in denen der rechnerische Notenmittelwert 2,0 bzw. 2,3 und nicht 1,7 bzw. 2,9 betrage. Für das Gesamtergebnis sei daher die Gesamtnote als Mittelwert dieser Einzelbereichsnoten nicht 3,3, sondern die Klägerin hätte mit 2,6 benotet werden müssen. Soweit die Beklagten dem entgegenhalten würden, ihre Berechnung beruhe auf der Rechnung mit den sogenannten Skalierungswerten, die erst am Schluss der jeweiligen Rechenvorgänge in eine Schulnote umgewandelt würden, möge dies zutreffen. Aber diese Rechenmethode führe zu erheblichen Fehlern. Der Vergleich mit der Schulnotenberechnung zeige, dass hier eine Differenz bestehe, die bis zu einer Schulnote betragen könne. Das Ergebnis werde daher verfälscht. Zudem sei ein Ungleichgewicht der einzelnen Skalierungswerte zu beklagen. Denn bei den dichotomen Fragen werde jeweils eine Bewertung mit 10 oder 0 vorgenommen, so dass diesen Skalierungswerten im Endergebnis ein stärkeres Gewicht zukomme als den Fragen, die eine Bewertung von 10 bis 0 zulassen würden. Dies führe auch dazu, dass die jeweilige Mittelwertbildung verzerrt werde. Dieser Effekt werde noch verstärkt durch die Tatsache, dass die Tabelle zur Überführung der Skalierungswerte in sogenannte Schulnoten eine Skalierung in unterschiedlichen Abständen vorsehe. Eine Begründung für die unterschiedlich großen Intervalle gebe es nicht. Bei solchen unterschiedlichen Intervallen sei aber die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts rechnerisch-mathematisch unzulässig. Dichotome Kriterien und arithmetische Mittelwerte würden aber z.B. im Qualitätsbereich 2 wie auch bei der Ermittlung der Gesamtnote miteinander vermengt. Darauf weise auch Prof. N. in seiner gutachterlichen Stellungnahme zur Methodik der Pflege-Transparenzberichte im Auftrage der Diakonie O. e.V. vom 21.04.2010 hin, auf die Bezug genommen werde.
Vergleiche man rechnerisch die von den Beklagten zugrunde gelegte Ermittlung der Skalenmittelwerte für die einzelnen Qualitätsbereiche mit einer entsprechenden Berechnung unter Zugrundlegung der Noten, ergäbe sich für jeden Qualitätsbereich ein Unterschied von bis zu einer Note. Daraus folge ebenfalls, dass die von den Beklagten angewandte Berechnungsmethode mathematisch fehlerhaft sei.
Zudem sei fraglich, ob die Skalenwerte der Berechnung tatsächlich zugrunde gelegt worden seien. Mit dem Transparenzbericht seien solche der Klägerin nicht mitgeteilt worden. In den dem Gericht überreichten Unterlagen seien sie handschriftlich nachträglich hinzugefügt worden. Die dazu vorgelegten Excel-Tabellen seien nicht aussagekräftig. Es sei nicht nachvollziehbar, von wem sie wann in welcher Weise erstellt worden seien. Eine genaue Überprüfung sei der Klägerin damit unmöglich.
Daneben beruhe der Bericht auf einer ungenügenden Tatsachenbasis: Grundlage der PTVA sei eine Stichprobenüberprüfung von 10%, jedoch mindestens fünf, höchstens aber 15 pflegebedürftiger Personen, die von der geprüften Einrichtung gepflegt würden. Diese Mindestzahl sei hier unterschritten worden. So seien z.B. bei den besonders negativ bewerteten Kriterien Nr. 9, 15 und 16 nur zwei bzw. ein pflegebedürftiger Mensch geprüft worden. Damit würden die quantitativen Vorgaben der PTVA nicht eingehalten, so dass die angestrebte Vergleichbarkeit und Verfahrensfairness nicht mehr gegeben sei. Zudem werde das Ergebnis durch die Nichtberücksichtigung verfälscht und könne aufgrund der zu schmalen Datenbasis nicht mehr repräsentativ sein. Es handle sich vielmehr um ein Zufallsergebnis, dass aber mit derselben Gewichtung in die Gesamtbewertung einfließe, wie ein Ergebnis auf der Basis einer Stichprobe von 15 pflegebedürftigen Menschen.
Schließlich sei bei der Qualitätsprüfung die tatsächliche Pflege durch die Mitarbeiter der Klägerin ungeprüft geblieben. Die Prüfer hätten nämlich lediglich für den Qualitätsbereich 4 (Kundenzufriedenheit), dessen Bewertung in das Gesamtergebnis nicht mit einfließe, eine Befragung der zu Pflegenden durchgeführt. Für die Bewertung der übrigen pflegepersonenbezogenen Kriterien sei ausschließlich die Pflegedokumentation herangezogen worden. Dies entspreche aber nicht den gesetzlichen Vorschriften, da nach § 114 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XI die Ist-Qualität der Pflege (Ergebnisqualität) zu prüfen sei, sich die Prüfung auf die Bereiche der Prozess- und Strukturqualität allenfalls erstrecken könne. Die Pflegedokumentation könne deshalb nur ergänzend neben einer tatsächlichen Prüfung des Pflegezustandes herangezogen werden. Zwar seien Ergebnis- und Lebensqualität schwer zu bemessen, während Fehler in der Dokumentation leicht nachweisbar seien, dies rechtfertige aber nicht, allein auf die schriftliche Niederlegung abzustellen und den tatsächlichen Zustand unberücksichtigt zu lassen. Wenn es noch keine validen Indikatoren der Ergebnis- und Lebensqualität gebe, wie das Vorwort zur PTVA behaupte, könne es auch keine Prüfberichte geben, die den Anforderungen der §§ 114, 115a SGB XI entsprechen können. Eine Beschränkung der Überprüfung auf die Pflegedokumentation genüge dem nicht. Die dokumentierten Fakten könnten auch in andere Art und Weise ermittelt werden, beispielsweise die Transparenzfrage Nr. 28 beziehe sich ausschließlich auf die schriftliche Dokumentation eines Erstgespräches in der Pflegedokumentation. Dies entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Eine Rückfrage beim Pflegebedürftigen wäre ebenso möglich und gebe die Gewähr der tatsächlichen Durchführung eines solchen Gespräches, die eine schriftliche Abbildung in einer Dokumentation so nicht liefern könne.
Außerdem sei die Dokumentation unzureichend geprüft worden: Bei der Klägerin würden turnusmäßig jährlich und bei Bedarf Pflegeberichte verfasst. Beratungen seien in fortlaufenden Tagesberichten erwähnt worden, nicht in speziellen Protokollen. Aus diesen Berichten sei ersichtlich, dass die Pflegekräfte umfassend alle Probleme erkannt und ggf. Maßnahmen ergriffen hätten. Die Prüfer hätten diese sämtlichen Berichte nicht gelesen.
Für die Klägerin zeige sich dies auch und vor allem im Vergleich mit der tatsächlichen Pflegequalität. Insoweit biete sie Beweis an durch Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmung der jeweils betreuenden Pfleger/innen und der Pflegedienstleitung und überreiche entsprechende eidesstattliche Versicherungen. Sie könnten bezeugen, dass die erforderlichen Pflegehandlungen, deren Fehlen die Prüfer auf der Grundlage der Pflegedokumentation bemängelt hätten, tatsächlich doch erbracht worden und teilweise darüber hinaus auch dokumentiert worden seien. Lediglich die Pflegedokumentation sei teils unvollständig gewesen und habe deshalb die tatsächliche Qualität der Pflege nicht hinreichend widerspiegeln können. Die auf der alleinigen Inaugenscheinnahme der Pflegedokumentation beruhende Bewertung beruhe daher auf einem falschen Sachverhalt. Schon daraus folge, dass die Bewertung und damit auch der Transparenzbericht unrichtig seien und eine Veröffentlichung unzulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagten zu verpflichten es zu unterlassen, den Transparenzbericht über die Qualitätsprüfung bei der ambulanten Einrichtung der Klägerin vom 08.06.2010 zu veröffentlichen, sowie
2. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, den Transparenzbericht über die Qualitätsprüfung bei der ambulanten Einrichtung der Klägerin vom 08.06.2010 in ihrer Einrichtung öffentlich auszuhängen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, dass der Transparenzbericht richtig und seine Veröffentlichung zulässig und auch geboten sei.
Soweit die Klägerin sich auf das Abschlussgespräch beziehe, hätten die beiden Gutachter aufgrund der Vielzahl der durchgeführten Qualitätsprüfungen keine Erinnerung an das Abschlussgespräch mit den Mitarbeitern der Klägerin. Sie würden die Note am Tage der Qualitätsprüfung nicht kennen, da diese erst gebildet werde, wenn das Softwareformular, in welches die Gutachter die Prüfungsergebnisse eintragen würden, abgeschlossen sei.
Die Veröffentlichung der Transparenzberichte sei als vergleichende Veröffentlichung anzusehen, deren wettbewerbliche Auswirkung nur eine unvermeidbare Folge der Erfüllung der vom Gesetzgeber übertragenen Aufgabe sei. Daher sei eine Veröffentlichung möglich, weil sich bei der Güterabwägung die geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Interesse des Betreibers der Einrichtung auf ungehinderte Ausübung des Gewerbebetriebes überwiegen. Bei der Güterabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Leistungsträger die Möglichkeit habe, Kommentierungen hinzuzufügen, die ebenfalls zu veröffentlichen seien. Auch könne die Pflegeeinrichtung eine Wiederholungsprüfung beantragen, deren Ergebnis zeitnah zu berücksichtigen wäre. Die Veröffentlichung, die der Gesetzgeber zur Transparenz für erforderlich gehalten habe, führe auch nicht zu einem Ausschluss des Anbieters, sondern die Zulassung der Einrichtung bleibe davon unberührt. Nur oberhalb dieser Schwelle habe sich die Einrichtung dem Vergleich mit anderen Anbietern zu stellen. Bei dem Transparenzbericht handle es sich um eine Bewertung aufgrund verschiedener Kriterien, die als wertende Meinungsäußerung im Zusammenhang mit den in der Analyse enthaltenen Tatsachenbehauptungen zu sehen sei, den Prüfern einen großen Beurteilungsspielraum überlasse und insgesamt gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sei. Die Überprüfung beschränke sich darauf, ob eine Bewertung den Boden der Neutralität, der Objektivität und der Sachkunde verlasse, insbesondere bei offensichtlichen oder bewussten Fehlurteilen, bewussten Verzerrungen, der Behauptung unwahrer Tatsachen, willkürlichem Vorgehen oder geübter Schmähkritik. Auch den Landesverbänden der Pflegekassen stehe nur eine entsprechend eingeschränkte Prüfungskompetenz zu.
Die PTVA seien als einheitliche Prüfungsgrundlage gemeinsam und einvernehmlich vom GKV - Spitzenverband, den Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände unter Beteiligung des Medizinischen Dienstens des GKV - Spitzenverbandes festgelegt worden.
Soweit rechnerische Unrichtigkeit gerügt werde, verkenne die Klägerin, dass es bei der Berechnung auf das arithmetische Mittel der Bewertungen, nicht der Noten ankomme, d.h. es sei jeweils mit dem Skalenwerten zu rechnen. Erst am Ende jeder Rechenoperation werden den ermittelten Skalenwerten die Notenwerte zugeordnet. Dies ergebe sich aus der vom GKV-Spitzenverband erstellten Verfahrenanweisung "Verfahren zur Notenberechnung entsprechend der Bewertungssystematik der PTVS vom 17.12.2008 bzw. der PTVA vom 29.01.2009, vom 05.11.2009 zur Konkretisierung der Bewertungssystematik und zur besseren Nachvollziehbarkeit". Dass bedeute, dass für jeden der vier Qualitätsbereiche das arithmetische Mittel der Bewertungen - also der Skalenwerte bzw. Skalenmittelwerte - der einzelnen Kriterien ausgewiesen werde. Nichtzutreffende Kriterien würden weder bewertet noch gingen solche in die Berechnung ein. Dem so gebildeten Skalenmittelwert werde eine Note gemäß Tabellenanhang zu Anlage 2 PTVA zugeordnet. Die Gesamtnote der Qualitätsbereiche 1 bis 3 werde entsprechend ermittelt, indem zunächst mit den Skalenmittelwerten gerechnet und danach dem Ergebnis eine Note zugeordnet werde. Dabei flössen die Skalenmittelwerte der 37 Kriterien direkt in die Berechnung des Gesamtergebnisses ein. Es werde nicht der Mittelwert der drei Bereichswerte gebildet. Entsprechend sei auch hier verfahren worden. Die Einzelheiten ergäben sich aus dem Prüfbericht vom 08.06.2010, wobei die Ergebnisse der auf der Grundlage der Qualitätsprüf-Richtlinien erfolgten Prüfung auf Seiten 16-20 unter der Überschrift "Zusammenfassung" dargestellt seien, die der MDK - für das Gericht - handschriftlich um die Bezeichnungen der PTVA-Kriterien und der Skalen- und Notenwerte ergänzt habe (Beiakte, Anlage 4). Daraus ergäbe sich auch die rechnerische Nachvollziehbarkeit der Skalenmittelwerte, der Bewertung der Qualitätsbereiche und der Ermittlung der Gesamtnote.
Der Qualitätsbereich 4 bleibe insoweit außen vor und werde getrennt ausgewiesen, da die Kundenbefragung sich auf andere Qualitätsindikatoren beziehe und bekannt sei, das der Zufriedenheitsgrad von Faktoren wie Alter, sozialem Status, Bildung und Abhängigkeitsverhältnis abhängig sein könne. Ein Zusammenhang zwischen objektiver Qualität und subjektivem Qualitätsempfinden könne daher nicht unterstellt werden.
Der Bericht beruhe auch auf einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Tatsachenbasis. Nach der Transparenzvereinbarung seien 10% der Pflegekunden, mindestens aber 5 Personen, in die Prüfung einzubeziehen. Mit der Anlage 4 zur PTVA - Darstellung der Prüfergebnisse - sei klargestellt, das sich diese 10% nicht auf die einzelnen Kriterien beziehen würden. Dies folge auch aus dem mit der Anlage 4 vereinbarten Muster. Von den 36 in die Qualitätsprüfung einzubeziehenden Kunden der Klägerin seien für die Zufallsstichprobe fünf ausgewählt worden. Es sei Praxis, dass nicht alle Pflegesituationen auf alle Pflegekunden zuträfen. Daher würden die kundebezogenen Kriterien nur bei denjenigen Personen der Zufallsstichprobe erfasst, bei denen sie vorlägen. Die anderen würden jeweils außen vor gelassen und diese Vorgehensweise werde auch durch Klammerzusätze im Bericht hinter dem jeweiligen Transparenzkriterium dokumentiert.
Soweit die Klägerin rüge, die tatsächliche Pflege sei ungeprüft geblieben, sei dem zu entgegnen, dass eine Befragung der Mitarbeiter und Pflegkunden erfolge, wo die Transparenzvereinbarung dies vorsehe und wo dies sinnvoll sei. Mit der Anlage 3 zur Transparenzvereinbarung sei eine Ausfüllanleitung für die Gutachter vorgelegt worden, an die sich der MDK halte. Darin werde geregelt, wann ein Kriterium als erfüllt anzusehen sei. Hier werde bei vielen Kriterien darauf hingewiesen, dass das Vorgehen in der Pflegedokumentation nachvollziehbar dokumentiert sein müsse. Das Vorgehen der Prüfer entspreche daher der Transparenzvereinbarung. Darüber hinaus fänden auch Gespräche mit den Mitarbeitern der Einrichtung und mit Pflegekunden statt. Wenn die Ausfüllanleitung vorsehe, dass eine teilnehmende Beobachtung erfolgen könne, bedeute dies aber nicht, dass ein fehlender Dokumentationsnachweis durch eine teilnehmende Beobachtung ausgeglichen werden könne. Es treffe aber auch nicht zu, dass ausschließlich nach der Dokumentation bewertet werde, denn die PTVA Regel im Vorwort der Anlage 3, dass offensichtliche Ausnahmefehler in der Dokumentation nicht zu einer negativen Gesamtbeurteilung des ambulanten Pflegdienstes führen sollen. Der Bezug auf einen Schriftnachweis sei auch keine Eigenheit der Transparenzvereinbarung, sondern finde sich auch in anderen Zusammenhängen, z.B. im Krankenpflegegesetz für den Bereich der Ausbildung oder in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung zum Altenpflegegesetz. Auch im Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI aus dem Jahre 2006 werde die Dokumentation als Bestandteil der Pflege aufgegriffen. Die Pflegedokumentation werde unabhängig von den Ergebnissen der Pflegewissenschaftlichen Untersuchung ein wesentliches Instrument zur Erfassung von Ergebnis- und Lebensqualität bleiben. Sie sei wegen der auf Dauer angelegten Pflege bei einer jährlichen Qualitätsprüfung eine notwendige Quelle, um Pflege- und Gesundheitszustand der zu Pflegenden und dessen Entwicklung über einen längern Zeitraum nachvollziehen zu können.
Den Beklagten sei bekannt, dass der von der Klägerin in Bezug genommen Evaluationsbericht zu den Transparenzvereinbarungen Vor- und Nachteile aufzeige. Die Trägervereinigungen von Pflegeeinrichtungen seine aber gemeinsam mit allen anderen Vereinbarungspartnern zu dem Ergebnis gelangt, dass es zurzeit zu den Pflegenoten keine kurzfristig realisierbare Alternative gebe (Bl. 150 GA). Insgesamt richte sich die wesentliche Kritik der Klägerin gegen das Bewertungssystem der Transparenzvereinbarung. Da aber alle bundesweit geprüften Pflegeeinrichtungen nach diesem System bewertet worden seien bzw. bewertet würden, liege keine Benachteiligung der Klägerin vor. Schließlich sei die Transparenzvereinbarung als vorläufig zu betrachten und einen Weiterentwicklung beabsichtigt. Allein daraus, dass es noch keine pflegewissenschaftliche Grundlage für die Beurteilung der Pflegequalität gebe, könne nicht geschlossen werden, dass dadurch die Gütequalität des Verfahrens in Frage gestellt werde.
Soweit die Klägerin kritisiere, ihr seien nicht alle erforderlichen Daten und Informationen mitgeteilt, wie z.B. die Skalenwerte als Berechnungsgrundlagen, so sei dies nicht notwendig. Schließlich gewähre § 115 Abs. 1 SGB XI der Einrichtung kein Anhörungsrecht. Es werde ihr nur die Möglichkeit gegeben, das Ergebnis zu kommentieren.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakte des Verfahrens S 9 P 65/10 ER waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung. Auf ihren Inhalt wird ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als vorbeugende Unterlassungsklage in Form der Leistungsklage ohne Durchführung eines Vorverfahrens zulässig.
Sie ist auch begründet.
Die Klägerin hat einen öffentlich-rechtlichen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten, da eine Veröffentlichung des Transparenzberichts aus der Qualitätsprüfung vom 08.06.2010 sie in ihren Rechten verletzen würde. Damit einher geht auch die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, den rechtswidrigen Transparenzbericht vom 08.06.2010in ihren Räumen öffentlich auszuhängen.
Ausgangspunkt der rechtlichen Betrachtungen ist § 115 Abs. 1a S 1 SGB XI. Danach stellen die Landesverbände der Pflegekassen sicher, dass die von Pflegeeinrichtungen erbrachten Leistungen und deren Qualität, insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität, für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei veröffentlicht werden. Hierbei sind die Ergebnisse der Qualitätsprüfungen des MDK zu Grunde zu legen (§ 115 Abs 1a S 2 SGB XI). Konkretisiert wird § 115 Abs 1a SGB XI durch die auf der Grundlage des § 115 Abs 1a S 6 SGB XI vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen, der Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände erlassene Pflege-Transparenzvereinbarung stationär (PTVA) vom 29.01.2009. Diese beinhaltet die Kriterien der Veröffentlichung sowie die Bewertungssystematik der Qualitätsprüfungen. Die Qualitätsprüfung bildet die Grundlage der Transparenzberichte. Nähere Regelungen zu den Qualitätsprüfungen enthalten §§ 114 f SGB XI und die auf der Grundlage von § 114 Abs. 7 SGB XI erlassenen Qualitätsprüfungsrichtlinien des GKV-Spitzenverbandes vom 11.06.2009.
Eine solche Qualitätsprüfung in Form der sogenannten Regelprüfung (§ 114 Abs.1 Satz 3 SGB XI) hat der MDKN im Auftrage der Beklagten bei der Klägerin durchgeführt.
Ob § 115 Abs. 1a SGB XI gegen höherrangiges Recht verstößt, insbesondere käme hier ein Verstoß von Satz 6 dieser Vorschrift gegen Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG wegen verfassungswidriger Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen in Betracht, wie in der Rechtsprechung diskutiert wird (so LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.05.2010 - L 27 P 18/10 B ER -; SG München, Beschl. v. 13.01.2010 - S 19 P 6/10 ER; Beschl. v. 27.01.2010 - S 29 P 24/10 ER; SG Nürnberg, Beschl. v. 18.02.2010 - S 9 P 16/10 ER; SG Münster, Urt. v. 20.08.2010 - S 6 P 111/10 - ; a. A.: LSG NRW, Beschl. v. 10.05.2010 - L 10 P 10/10 B ER - ; Sächsisches LSG, Beschl. v. 24.02.2010 - L 1 P 1/10 B ER; Bayerisches LSG, Beschl. v. 03.03.2010 - L 2 P 7/10 B ER - alle zitiert nach juris) kann die Kammer aus den nachfolgenden Erwägungen hier dahinstehen lassen.
Einheitlich gehen sämtliche der zitierten Gerichte davon aus, dass ein Unterlassungsanspruch jedenfalls dann erfolgreich sein soll, wenn der Transparenzbericht unrichtig ist, d.h. wenn die Bewertung den Boden der Neutralität, der Objektivität und der Sachkunde verlassen hat, insbesondere bei offensichtlichen oder sogar bewussten Fehlurteilen, bewussten Verzerrungen, der Behauptung unwahrer Tatsachen, willkürlichem Vorgehen und Schmähkritik (vgl. z.B. LSG NRW, Beschl. v. 10.05.2010 a.a.O.). Dem ist grundsätzlich zu folgen. Der Prüfungsmaßstab hingegen ist angesichts der dieser Qualitätsprüfung und ihrer Veröffentlichung vom Gesetzgeber eingeräumten Bedeutung nicht großzügig auszulegen, sondern es sind - wie bei hoheitlichen Informationsakten grundsätzlich (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.06.2002, BVerfGE 105, 252 ff) - strenge Anforderungen an Richtigkeit und Sachlichkeit zu stellen (ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 29.03.2010 a.a.O.; SG Münster, Urt. v. 20.08.2010 a.a.O.).
Daran gemessen begegnet der Transparenzbericht auf der Grundlage der Prüfung vom 08.06.2010 erheblich rechtlichen Bedenken.
1. Der Transparenzbericht des MDKN vom 08.06.2010 genügt nicht den gesetzlichen verfahrensrechtlichen Vorgaben:
Nach § 115 a Abs.1 S. 1 SGB XI haben die Medizinischen Dienste der Krankenkassen u.a. der Pflegeeinrichtung das Ergebnis einer Qualitätsprüfung und die gewonnenen Daten und Informationen mitzuteilen. Daran fehlt es hier. Mit Schreiben vom 15.06.2010 hat der MDKN der Klägerin den Prüfbericht mit ergänzenden Hinweisen zum Prüfbericht übersandt. Der Bericht enthält einen Stichpunktekatalog von Nr. 1.1 bis 17.8, bei den Nr. 1.5 untergliedert nach den Kategorien "liegt vor / liegt nicht vor / trifft nicht zu / nicht erforderlich", Nr. 1.7 bis 17.8 untergliedert nach "ja / nein / trifft nicht zu / nicht erforderlich / Empfehlung", die jeweils mit einem Kreuz in vorgesehenen Kästchen oder mit Zahlen zwischen 1 und 5 ausgefüllt wurden. Hinweise, welche der angekreuzten Stichpunkte zur Bewertung nach den Qualitätskriterien der PTVA - Anlage 1 herangezogen wurden und welche Skalierungswerte den Antworten entsprechen fehlen, obwohl die Bewertungs- und Berechnungsvorgänge nach Mitteilung der Beklagten ausschließlich auf dem Skalierungssystem beruhen. Soweit die Beklagten dem Gericht im Verlauf des Verfahrens ein Exemplar des Prüfberichts mit entsprechenden handschriftlichen Ergänzungen, den Ausdruck von Excel-Tabellen zur Auswertung der Stichproben und einen Ausdruck einer XML-Datei zur Verfügung gestellt haben, genügt dies den gesetzlichen Anforderungen des § 115 Abs.1 S.1 SGB XI offensichtlich nicht. Sinn und Zweck der hier normierten Informations- und Mitteilungsverpflichtung ist es nämlich, auch für die Pflegeeinrichtung transparent zu machen, wie die Qualitätsprüfung verlaufen und die Bewertung im Einzelnen zustande gekommen ist. Die Klägerin rügt insoweit zu Recht, dass auf der unterbreiteten Grundlage nicht mehr ermittelbar ist, ob die Benotung auf der Grundlage der PTVA und ihrer Anlagen zustande gekommen ist. Der Hinweis der Beklagten, es bestehe kein Anhörungsrecht der Einrichtung geht insofern fehl, da jedenfalls das Informationsrecht in § 115 Abs. 1 SGB XI ausdrücklich Erwähnung findet.
2. Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung, niedergelegt im Transparenzbericht, müssen gem. § 115 Abs.1a Satz 1 SGB XI für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sein. Diesen Anforderungen genügt der Transparenzbericht hier nicht.
Nach § 114 Abs. 2 Satz 3 SGB XI sollen mit der Regelprüfung insbesondere wesentliche Aspekte des Pflegezustandes und die Wirksamkeit der Pflege- und Betreuungsmaßnahmen (Ergebnisqualität) erfasst werden. Auch für die Anforderungen an die Veröffentlichung nimmt der Gesetzgeber mit der Formulierung "…insbesondere hinsichtlich der Ergebnis- und Lebensqualität.." in § 115 Abs. 1a Satz 2 SGB XI diesen Gedanken wieder auf. Die Beklagten haben jedoch unter Bezugnahme auf die Anlage 3 (Ausfüllanleitung für Prüfer" zur Vereinbarung nach § 115 Abs.1a Satz 6 SGB XI darauf hingewiesen, dass die Prüfer als entscheidendes Kriterium für die Beantwortung der Bewertungskriterien die Auswertung der Pflegedokumentation herangezogen hätten. Ein fehlender Dokumentationsnachweis könne auch nicht durch eine teilnehmende Beobachtung ausgeglichen werden (Schriftsatz vom 06.09.2010, Bl. 98 der GA zu S 9 P 65/10 ER). Dementsprechend haben die Prüfer hier vorrangig die Prozess- und Strukturqualität geprüft. Das kann zwar nach § 114 Abs.2 Satz 4 SGB XI auch Prüfungsgegenstand sein, genügt aber zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen allein nicht. Besonders deutlich wird diese Diskrepanz bei der Betrachtung des Beispiels der Vertreterin des MDK in der mündlichen Verhandlung: Auf die Frage des Gerichts, wie sie der Situation eines durch eigene Inaugenscheinnahme ermittelten guten Pflegeergebnisses, welches aber schlecht oder nicht dokumentiert sei, eine dichotome Frage bewerten würde, bestätigte sie, die Frage müsse dann trotz des Pflegeergebnisses negativ also mit 0 Punkten bewertet werden.
Zudem weist die Klägerin unter Bezugnahme auf die vielfältige Kritik im Schrifttum (vgl. z.B. Hasseler/Ostermann: Wissenschaftliche Evaluation zur Beurteilung der Pflegetransparenzvereinbarungen für den ambulanten (PTVA) und stationären (PTVS) Bereich vom 20.07.2010, S. 85) ebenfalls richtig darauf hin, dass die vorgenommene Prüfung so nicht dem Maßstab der Vergleichbarkeit von Pflegeeinrichtungen entsprechen könne. Denn es entstünden Verzerrungen dahin, dass eine Pflegeinrichtung mit einer guten Pflegedokumentation und einer schlechten Ergebnisqualität dennoch mit einer besseren Note bewertet werden könne, als eine Pflegeeinrichtung mit hervorragender Ergebnisqualität, die aber nur unzureichend dokumentiert worden wäre.
Die Vergleichbarkeit des streitigen Transparenzberichts ist nicht gegeben.
Nach § 2 der PTVA wird eine Stichprobe von 10% der Pflegebedürftigen, jedoch mindestens 5 und höchstens 15 Personen einbezogen. Die Prüfer haben hier 5 Personen zufällig ausgewählt. In der Anlage 2 - Bewertungssystematik - heißt es unter Nr. 2.2, dass nichtzutreffende Kriterien nicht bewertet werden und nicht in die Bewertung einfließen. Danach haben die Prüfer bei den einzelnen Kriterien nur die Antworten der - geprüften - Pflegebedürftigen einbezogen, für die das jeweilige Kriterium auch zutraf. Daraus folgte, dass bei einigen Kriterien die Stichprobe nur aus dem Ergebnis der Antwort eines oder zweier Pflegebedürftiger bestand. Damit ist bereits hier deutlich, dass dieses Verfahren zu einer erheblichen Verzerrung der Ergebnisse führt, weil so Zufallsergebnisse entstehen (sogenannte Ausreißer), die unkorrigiert bleiben (vgl. auch die Kritiken von Prof. N.: Gutachterliche Stellungnahme zur Methodik der Pflege-Transparenzberichte im Auftrage der Diakonie O. e.V. vom 21.04.2010, Bl. 129 der GA S 9 P 65/10 ER; ebenso: Prof. Brühl, Empirisch valide Standardisierung der Qualitätsprüfung nach § 115 Abs.1a Satz 6 SGB XI, Bl. 74 der GA S 9 P 65/10 ER; Hasseler/Ostermann : Wissenschaftliche Evaluation, a.a.O., S. 272). Derart geringe Fallzahlenermittlungen können keine gesicherte Basis für eine Vergleichbarkeit von Einrichtungen bilden. Sie sind nicht repräsentativ. Zudem ist unberücksichtigt, dass bei jeder Einrichtung unterschiedliche Kriterien zu den Bewertungen geführt haben können, da - bedingt durch die Unterschiedlichkeit der Kundenprofile und der vereinbarten Pflegeleistungen - auch bei den Stichproben Kriterien unzutreffend sind und nach Nr. 2.2 der Anlage 2 zur PTVA dann wegfallen müssen.
Die damit begründeten Zweifel an der Vergleichbarkeit der Transparenzberichte werden für die Kammer noch verstärkt, wenn in die Betrachtung einbezogen wird, dass eine Vielzahl der Bewertungskriterien (Anlage 1 zur PTVA) sogenannte dichotome Fragen sind, also solche, die nur mit ja oder nein zu beantworten sind. Da die Antworten in der Skalierungssystematik der PTVA immer mit 10 oder 0 zu bewerten sind, folgt daraus notwendig, dass ihnen gegenüber den anderen Fragen mit einem Bewertungsspielraum zwischen 10 und 0 Punkten ein höheres Gewicht in Bezug auf die behauptete arithmetische Bildung des Mittelwertes zukommt. Nimmt man hier noch Nr. 2.2 der Anlage 2 zur PTVA hinzu, ist eine Vergleichbarkeit der Bewertungen unterschiedlicher Einrichtungen schlicht nicht mehr möglich. Da das Zustandekommen der Bewertungen im Transparenzbericht nicht erläutert wird, fehlt es auch für den Pflegebedürftigen und seine Angehörigen an jeder verlässlichen Nachvollziehbarkeit.
Weitere Verzerrungen, die den Maßstab der Objektivität und Vergleichbarkeit des hier im Streit stehenden Transparenzberichtes in Frage stellen, entstehen durch die Bewertungssystematik.
Die Beklagten weisen insofern zutreffend darauf hin, dass aus Nr. 2.1 und 2.3 der Anlage 2 zur PTVA gefolgert werden kann, dass die Berechnungen zunächst allein auf der Grundlage der sogenannten Skalierungswerte erfolgen. Ungeregelt ist hier jedoch, zu welchem Zeitpunkt die Zuordnung zu den Notenwerten nach dem Tabellenanhang zur Anlage 2 zur PTVA erfolgt. Verfahren wird insoweit nach der Verfahrensbeschreibung des GKV-Spitzenverbandes vom 05.11.2009 (Bl. 44 der GA S 9 P 65/10 ER), wobei eine Zuordnung erst am Ende jedes Rechenvorgangs erfolgt. Der Transparenzbericht dagegen weist nur die Noten aus. Das Zustandekommen wird nicht erläutert. Für den Pflegebedürftige und seine Angehörigen ist nicht nachvollziehbar, warum bei den Einzelnoten 4,7 für pflegerische Leistungen, 1,7 für ärztlich verordnete pflegerische Leistungen und 2,9 für Dienstleistung und Organisation ein rechnerisches Gesamtergebnis von 3,3 ausgewiesen wird. Das aufgrund der Skalenwertberechnung ermittelte Gesamtergebnis ist nämlich nicht der Durchschnitt der einzelnen Noten, wie der ungeschulte Betrachter eines solchen Transparenzberichts vermuten würde. Auch die im Evaluationsbericht niedergelegte Befragung der Pflegebedürftige und ihrer Angehörigen hierzu (Hasseler/Ostermann, a.a.O. S. 170 ff) zeigt, dass dies ohne jede Erläuterung missverständlich und damit nicht mehr transparent ist.
Die Rechnung mit den Skalenwerten führt überdies zu den oben dargelegten Fehlern und zur Nichtvergleichbarkeit, da dichotome Kriterien jeweils mit 10 oder 0 bewertet und dadurch stärker gewichtet werden und die Anzahl der einbezogenen Kriterien insgesamt und der dichotomen im Besonderen von Einrichtung zu Einrichtung schwankt, da der durch die Zufallsstichprobe ausgewählte Kreis überprüfter Kunden in der Regel unterschiedlicher Pflegeleistungen bedarf und nicht zutreffende Kriterien jeweils nicht in die Bewertung einbezogen werden dürfen (Nr. 2.2 der Anlage 2 zur PTVA). Die - mathematischen - Voraussetzungen für die Bildung von Mittelwerten sind demnach nicht gegeben (vgl. Brühl, a.a.O. Bl. 74 f GA S 9 P 65/10 ER), so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Mittelwertbildungen der Prüfer falsch und damit auch die zugeordneten Notenwerte unzutreffend sind.
Die Argumentation der Beklagten, auch wenn das Bewertungssystem verbesserungswürdig sei, werde die Klägerin ja nicht anders behandelt als alle anderen geprüften Einrichtungen, erweist sich demnach als falsch. Richtig ist vielmehr, dass jede Einrichtung zwar nach einem identischen - nach Ansicht der Kammer höchst fragwürdigen - Bewertungsschema, aber nach unterschiedlichen Kriterien und einer unterschiedlichen Berechnung bewertet wird und dies auch nicht transparent gemacht wird.
Hinsichtlich der Zuordnung der Noten zu den Skalenwerten ist auffällig, dass die Intervalle unterschiedlich groß sind, so beträgt die Spanne der Skalenwerte für die Note 1,4 von 8,70 - 8,95, während die vergleichbare Spanne der Skalenwerte für die Note 2,4 von 7,30 - 7,43 beträgt. Eine Erklärung hierzu liegt nicht vor. Augenfällig ist, dass es schwieriger ist, von Note 1,4 auf Note 1,3 zu kommen als von Note 2,4 auf die Note 2,3. Damit ist eine Vergleichbarkeit der Noten untereinander, insbesondere wenn man voraussetzt, dass die Prüfer die Rechenoperationen nur mit den Skalenwerten durchführen, nicht gegeben.
Schließlich wird mit der Bezeichnung "Schulnoten" suggeriert, dass die Einrichtungen wie in einer Schule einem regelmäßigen Leistungskontrollsystem ausgesetzt sind, welches dann ausgehend von vielen Einzelnoten zu einer nach mathematischen Regeln nachvollziehbar zusammengesetzten Gesamtnote führt. Dem ist jedoch nicht so. Der Bewertung liegt hier vielmehr ausschließlich ein eigenes, nicht mathematischen und statistischen Regeln folgendes Bewertungs- und Berechnungssystem zugrunde, dessen Eckpunkte Skalenwerte bilden, deren Existenz und Grundlagen dem Leser des Transparenzberichtes weder bekannt gegeben werden noch für diesen nachvollziehbar sind. Auch insoweit kann von einem transparenten Bewertungssystem nicht ausgegangen werden.
3. Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung, niedergelegt im Transparenzbericht, müssen inhaltlich richtig sein.
Die Einrichtung der Klägerin betreut/pflegt insgesamt 80 Personen. Nach Auskunft des MDKN für die Beklagten (Bl. 39 der GA in S 9 P 65/10 ER) bezog dieser nur 36 Personen (12 mit Leistungen nach dem SGB XI, 24 mit Leistungen nach SGB XI und SGB V) in die Qualitätsprüfung ein. Irreführend ist daher bereits, wenn auf Seite 1 des im Rahmen der Anhörung der Klägerin übersandten vorläufigen Transparenzberichtes nur die Anzahl der betreuten Personen mit 80 angegeben wird, die der einzubeziehenden 36 aber fehlt.
Die Anzahl der in die Prüfung einbezogenen pflegebedürftigen Menschen wird mit 6 beziffert, die Anzahl der befragten Kunden mit 5. Die Angaben sind ebenfalls irreführend. Es fehlt eine Erklärung, warum nicht alle 80 Personen einbezogen und weshalb ein Unterschied zwischen einbezogenen und befragten Kunden besteht.
Der Transparenzbericht ist auch insoweit unrichtig, als die Beantwortung der Kriterien im Bereich Behandlungspflege (Kapitel 10 der Prüfungsrichtlinien) sowie in den Kapiteln 11-13 offenbar nicht der tatsächlichen Pflege entspricht.
Die Klägerin hat hierzu im Verfahren S 9 P 65/10 ER eidesstattliche Versicherungen der Pflegedienstleitung vorgelegt und für das Hauptsacheverfahren Beweis durch Vernehmung der Pfleger/innen und der Pflegedienstleitung für jeden Einzelfall angeboten, wonach zwar die Dokumentation der Pflege teils nicht vollständig oder den Anforderungen des MDK entsprechend gewesen, der Zustand der zu Pflegenden und die Durchführung der Pflegeleistungen auch in den beanstandeten Fällen hingegen einwandfrei und regelgerecht gewesen seien.
Die Beklagten haben hier nicht widersprochen, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass die Klägerin die Dokumentationsfehler ja eingeräumt habe.
Die Kammer hat davon abgesehen, Pfleger/innen und Pflegedienstleitung im Rahmen einer Beweisaufnahme zu vernehmen, da es die - unbestrittenen - Angaben der Klägerin als wahr unterstellen kann. Die Beklagten haben nämlich unter Bezugnahme auf die Anlage 3 (Ausfüllanleitung für Prüfer" zur Vereinbarung nach § 115 Abs.1a Satz 6 SGB XI) darauf hingewiesen, dass die Prüfer als entscheidendes Kriterium für die Beantwortung der Bewertungskriterien die Auswertung der Pflegedokumentation herangezogen hätten. Ein fehlender Dokumentationsnachweis könne auch nicht durch eine teilnehmende Beobachtung ausgeglichen werden (Schriftsatz vom 06.09.2010, Bl. 98 der GA zu S 9 P 65/10 ER). Auch auf die Rückfragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Vertreterin des MDK ebenso wie die Vertreter der Beklagten bestätigt, dass für sie die Auswertung der Pflegedokumentation maßgeblich sei. Dass vorliegend jeweils Inaugenscheinnahmen erfolgten, wie sie in § 114a Abs. 3 SGB XI vorgesehen sind, ist den von den Beklagten vorgelegten und damit vom Gericht überprüfbaren Unterlagen nicht zu entnehmen. Die auf dem Prüfbericht vermerkte Dauer der Prüfung von 9:00 Uhr bis 14:50 Uhr lässt keine Rückschlüsse auf die Durchführung zeitintensiver Inaugenscheinnahmen zu. Dementsprechend haben die Prüfer die tatsächliche Pflege nicht hinreichend geprüft. Die Prüfung der Pflegedokumentation ersetzt diese Prüfung nicht, sie kann allenfalls ein Indiz für Pflegeversäumnisse sein. Soweit die Beklagten hier einwenden, die als Anlage 3 zur PTVA eingeführte Ausfüllanleitung für Prüfer gebe vor, dass es für die Erfüllung bestimmter Kriterien maßgeblich auf die Pflegedokumentation ankomme und sich dies auch aus der Formulierung des Vorwortes zur Anlage 3 PTVA ergebe, wonach Ausnahmefehler in der Pflegedokumentation nicht zu einer negativen Gesamtbeurteilung führen, überzeugt dies nach Auffassung der Kammer nicht, bei der Überprüfung der Pflegeeinrichtung auf die Prüfung der tatsächlichen Pflege zu verzichten oder diese als allenfalls nachrangig anzusehen. Ein solches Vorgehen widerspricht - wie oben dargelegt - bereits dem Willen des Gesetzgebers, wie aus § 114 Abs. 2 Satz 3 SGB XI folgt, der die Prüfung vorrangig der Ergebnisqualität fordert, und aus § 114a Abs. 3 SGB XI, wonach die Prüfung auch die Inaugenscheinnahme des gesundheitlichen und pflegerischen Zustands der Pflegebedürftigen beinhaltet. Stützt sich die Qualitätsprüfung hingegen allein auf die Dokumentation ohne den tatsächlichen Pflegezustand nachvollziehbar zu berücksichtigen, ist die darauf beruhende Bewertung im Transparenzbericht nicht nur für den Pflegebedürftigen und seine Angehörigen irreführend. Denn der unvoreingenommene Leser des Transparenzberichtes vermag nicht zu erkennen, dass lediglich die Befähigung der Einrichtung zur vollständigen Dokumentation von Pflegeleistungen überprüft wurde. Er erwartet vielmehr eine Überprüfung der tatsächlichen pflegerischen Leistungen vorzufinden, wie dies auf Seite 1 des Transparenzberichts optisch vermittelt wird. Daraus folgt, dass der Prüfbericht fehlerhaft ist, wenn die tatsächliche Pflege unberücksichtigt geblieben ist und die erbrachten Leistungen der geprüften Dokumentation widersprechen oder darüber hinaus gehen. Ein fehlerhafter Prüfbericht kann nicht Grundlage des Transparenzberichts sein. So verhält es sich hier. Die Mängel des Prüfberichtes führen notwendig zur Fehlerhaftigkeit des Transparenzberichtes.
Überdies spiegelt auch die Benotung im Transparenzbericht nicht wieder, dass hier lediglich eine Prozess-/Strukturprüfung erfolgt ist. Vielmehr ist der Bericht insoweit irreführend als er den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen bereits durch den Aufbau der ersten Seite den Eindruck vermittelt, der MDK hätte Ergebnisqualität geprüft.
Nach allem erweist sich der Transparenzbericht als fehlerhaft und verletzt damit die Klägerin in ihren Rechten, so dass sie einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung hat und sie auch nicht verpflichtet ist, den fehlerhaften Transparenzbericht in ihren Räumen öffentlich auszuhängen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs.1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs.1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt § 197 a Abs. 1 SGG i. V. M. § 52 Abs. 2 und 1 GKG. Die Kammer folgt dabei im Wesentlichen der Argumentation des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschl. v. 05.07.2010 - L 10 P 10/10 B ER - juris). Sie seiht hier keine Möglichkeit, das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an ihrem Begehren konkret zu bestimmen bzw. auch nur zu schätzen. Die pauschale Behauptung der Klägerin, die habe einen Jahrsumsatz von ca. 500.000,00 € und müsse bei einer Veröffentlichung des Transparenzberichts mit Umsatzeinbußen um die 50 % rechnen, vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Umsatzeinbuße konnte die Klägerin auch nicht benennen. Ob einer Veröffentlichung im Internet bereits heute eine solche Bedeutung zu kommt, erscheint der Kammer fraglich, da nach ihrer Erfahrung derzeit überwiegend die Auswahl und Vermittlung von Pflegeeinrichtungen durch persönliche Empfehlungen aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis erfolgt. Angesichts der Begehren der Klägerin und ihres Interesses hält die Kammer daher unter Einbeziehung von § 52 Abs.1 GKG die Annahme des doppelten Regelstreitwertes (§ 52 Abs. 2 GKG) für angemessen.