Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 05.12.2001, Az.: 1 K 4852/99
Anordnung von Stellplätze; Erschließung von Stellplätzen; Immissionen; Nebenanlagen; rückwärtiger Grünbereich; Stellplätze
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 05.12.2001
- Aktenzeichen
- 1 K 4852/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40188
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Abs 6 BBauG
- § 9 Abs 1 Nr 4 BBauG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für die Festsetzung von Stellplätzen als Nebenanlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB muss der durch Hauptanlagen ausgelöste Bedarf an Stellplätzen, wenn nicht grundstücksbezogen so jedenfalls auf das Plangebiet bezogen, ermittelt werden.
Tatbestand:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 63 b "I. IV" der Stadt B.. Der Antragsteller ist Eigentümer der im Plangebiet belegenen Grundstücke A.Straße 67 und 70, E.-B.-Straße 5, H.straße 63 und B.straße 11.
Bereits im Jahr 1985 wurden vom Rat der Antragsgegnerin erste Überlegungen angestellt, Parkplätze in den Innenstadtbereichen anzulegen. In vorbereitenden Untersuchungen zur Erneuerung der Innenstadt wurde im Bereich des Ortskerns ein Bedarf an etwa 998 Stellplätzen festgestellt, der sich aus der hohen Dichte der Bebauung des Ortsmittelpunktes und einem hohen Bedarf an Einstellplätzen im öffentlichen Raum ergebe, weil B. eine reine Einkaufsstadt mit einem großen ländlichen Einzugsgebiet sei. Der Bericht schlug deshalb die Anlage von Parkplätzen in den Blockinnenbereichen entlang der A.Straße vor mit einer Kombination aus öffentlichen und privaten Stellplätzen. Zu diesen Bereichen gehört auch das Gebiet des jetzigen Bebauungsplanes Nr. 63 d.
Am 21. Februar 1995 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 63 d, um mit dem Bebauungsplan ein Kerngebiet und ein Mischgebiet festzusetzen sowie für den Blockinnenbereich die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung einer Parkplatz- bzw. Stellplatzfläche zu schaffen. Im Verlauf der Aufstellung des Planes wurde unter dem 21. Juni 1995 eine Bestandsaufnahme und Fotodokumentation des Plangebietes vorgelegt. Diese kommt bei einer zusammenfassenden Bewertung der Schutzgüter hinsichtlich des Naturhaushaltes zu dem Ergebnis, dass trotz der zentralen Lage der zu beplanenden Fläche der Anteil der Grünstruktur mit 50 % bis 60 % relativ hoch sei und etliche naturnahe Gartenformen und Gartenbiotope als erhaltenswert einzustufen seien. Insbesondere die beachtliche Größe der im Zusammenhang vorhandenen vegetationsbedeckten Flächen schaffe letzte Rückzugsgebiete und Lebensräume für eine Fülle standortangepasster Tier- und Pflanzenarten. Der Erhalt und die Entwicklung bzw. Sanierung der alten erhaltenswerten Bausubstanz insbesondere entlang der A.Straße und die landschaftstypische dörflich strukturierten Gartengebiete im Plangebiet böten die Chance, durch "parziell öffnende Maßnahmen" verloren geglaubte Funktionen im Innenstadtbereich für die Allgemeinheit wieder erlebbar zu machen.
Gleichzeitig wurde ein schalltechnisches Prognosegutachten hinsichtlich der Errichtung von ca. 190 Stellplätzen im Gebiet des Bebauungsplanes in Auftrag gegeben. Das Gutachten vom 5. Januar 1996 geht von einem Gesamtbestand von 190 Stellplätzen aus, wovon 1/3 als öffentlicher Parkplatz und 2/3 als Gemeinschaftsstellplätze anzulegen wären. Es kommt zu dem Ergebnis, dass sich vor den am nächsten am Parkplatzrand gelegenen Gebäuden eine Überschreitung des Immissionsrichtwertes von 60 dB(A) ergeben könne. Zur Verminderung der Schallimmissionen werde als Schallschutzmaßnahme vorgeschlagen, einen flächenbezogenen Schallleistungspegel von 60 dB(A) pro Quadratmeter auf der Parkplatzfläche festzusetzen und die Parkplatznutzung während der Nachtzeit auszuschließen bzw. bestimmte Bereiche von Teilflächen des Parkplatzes bei der Realisierung auszunehmen.
Am 26. Oktober 1996 wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan und gleichzeitig die Auslegung für eine frühzeitige Bürgerbeteiligung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange bekannt gemacht. Mit Schreiben vom November 1996 meldete der Antragsteller Bedenken an. Am 4. März 1997 beschloss der Rat der Antragsgegnerin ein Umlegungsverfahren einzuleiten. Unter dem 17. April 1997 wurde der Umlegungsbeschluss des Umlegungsausschusses gefasst. Am 21. Juli 1998 fasste der Verwaltungsausschuss den Auslegungsbeschluss für einen veränderten Planentwurf, der nur noch 129 private Stellplätze und 36 öffentliche Parkplätze vorsah. Am 25. Juli 1998 wurde die Auslegung für die Zeit vom 4. August bis 3. September 1998 bekannt gemacht. Im Rahmen der Anhörung der Träger öffentlicher Belange wies der Landkreis R. darauf hin, dass durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes Stellplätze verloren gingen, die als notwendige Stellplätze für andere Baugrundstücke durch Baulast festgeschrieben seien und deshalb auch künftig zur Verfügung stehen müssten. Der Antragsteller wies in seinen Anregungen und Bedenken darauf hin, dass durch die Festsetzungen des Plans für die Grundstücke der H.straße zu viele Stellplätze vorgesehen seien, während die Grundstücke an der Alten Straße zu wenig private Stellfläche zugeordnet bekämen. Am 8. September 1998 fasste der Verwaltungsausschuss einen nachträglichen Aufstellungsbeschluss für den veränderten Planentwurf und veröffentlichte diesen am 11. September 1998. Unter dem 15. April 1999 legte der TÜV ein schalltechnisches Ergänzungsgutachten vor, das von 148 privaten und 18 öffentlichen Stellplätzen und einer Erschließung des Gesamtkomplexes über jeweils eine Ein- und Ausfahrt an der E.-B.-Straße und der B.straße ausgeht. Die Geräuschimmissionen der Erschließungsstraße, mit der die Anlieferung für die Geschäfte an der A.Straße erleichtert werden soll, werden in dem Gutachten ebenfalls berücksichtigt. Es kommt zu dem Ergebnis, dass eine Nutzung des Parkplatzes während der Nachtzeiten bedenklich sei, weil eine Überschreitung des Nachtrichtwertes von 45 dB(A) nicht auszuschließen sei.
Am 24. Juli 1999 wurde die Auslegung des überarbeiteten Entwurfs für die Zeit vom 3. August 1999 bis 2. September 1999 bekannt gemacht. Im September 1999 erhob der Antragsteller wiederum Einwendungen gegen den Bebauungsplan. Am 12. Oktober 1999 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin über die eingegangenen Anregungen und Bedenken und wies sie weitgehend zurück. In seinem Beschluss vom 14. Dezember 1999 nahm der Rat der Antragsgegnerin "das Beratungsergebnis über die Bedenken und Anregungen zustimmend zur Kenntnis" und beschloss den Bebauungsplan Nr. 63 d als Satzung. Am 17. Dezember 1999 wurde der Beschluss bekannt gemacht.
Der Plan erfasst den aus den Straßen A.Straße im Norden, B.straße im Osten, H.straße im Süden und E.-B.-Straße im Westen gebildeten Block. Die Grundstücke an der A.Straße sind als Kerngebiet mit geschlossener Bebauung, die an der H.straße als Mischgebiet in offener Bauweise festgesetzt. Den Blockinnenbereich quert eine von der B.straße bis zur E.-B.-Straße verlaufende Verkehrsfläche "besonderer Zweckbestimmung" (Zweckbestimmung: Parkplatz). Diese hat im Wesentlichen eine Breite von 4,75 m und erweitert sich im Osten zu einer Parkplatzfläche. Nördlich und südlich dieser Verkehrsfläche befindet sich eine Fläche für Nebenanlagen, die in der Planzeichenerklärung mit dem Zusatz: § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 22 BauGB versehen ist. Gleichzeitig enthält diese Fläche das Planzeichen "St" für private Stellplätze. Unter Nr. II 3. der textlichen Festsetzungen findet sich der Zusatz, dass Garagen und Carports gemäß § 12 BauNVO nur innerhalb der überbaubaren Flächen zulässig seien.
Nach der Begründung des Bebauungsplans ist Ziel des Planes, den Geschäftsbereich an der A.Straße attraktiver zu gestalten und die vielfältige Nutzung im Planbereich zu wahren. Für den Blockinnenbereich sollten die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung eines öffentlichen Parkplatzes und privater Stellplätze geschaffen werden. Zweck des Bebauungsplanes sei "die Einleitung der städtebaulichen Ordnung sowie die Zuordnung von Stellplatz- und Parkplatzflächen zu den jeweiligen Nutzungen". Die Zielfindung des Nutzungskonzeptes basiere auf den Entwicklungskonzepten, die im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen für die Ausweisung förmlich festgelegter Sanierungsgebiete erarbeitet worden seien. Diese beinhalteten vor allem die Nutzung des Innenbereichs als rückwärtige Erschließung für den Geschäftsbereich an der A.Straße und als Flächen für öffentliche und private Stellflächen. Die beschriebenen Ziele rechtfertigten die Aufstellung des Bebauungsplanes im Sinne der Erforderlichkeit. Die Begründung übernimmt die Bestandsaufnahme zu den naturräumlichen Gegebenheiten des Gebietes. Hinsichtlich von Art und Maß der baulichen Nutzung wird darauf verwiesen, dass im Wesentlichen eine Anlehnung an die vorhandene Situation notwendig und durchgeführt sei. Die Festsetzung der Zulässigkeit von Garagen im Sinne des § 12 BauNVO nur innerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksflächen solle dazu dienen, den Benutzern und Bewohnern innerhalb des Plangebietes trotz der hohen Dichte Freiflächen zu erhalten. Die Anlage privater Stellplätze im Sinne des § 12 BauNVO außerhalb der überbaubaren Flächen sei nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt worden. Die Bewältigung des ruhenden Verkehrs im Kernbereich der Innenstadt sei ein nahezu unlösbares Problem. Der notwendige Nachweis privater Stellplätze und das Angebot öffentlicher Parkplätze für Kunden machten realisierbare Lösungen notwendig. Die derzeitige Situation des Plangebietes sei besonders im Innenstadtbereich städtebaulich ungeordnet und vollkommen unbefriedigend. Deshalb solle sowohl der ruhende als auch der Anlieferverkehr von der A.Straße in den Blockinnenbereich verlagert werden, um den Parksuchverkehr zu minimieren. Die größtenteils nicht mehr der Gartennutzung dienenden Blockinnenbereiche böten sich unter Berücksichtigung eines Abstands zur Wohnnutzung dafür an. Die festgesetzte Fläche für den ruhenden Verkehr solle erschlossen werden durch eine das Plangebiet von West nach Ost querende Zufahrtsstraße, die als Parkplatz festgesetzt sei. Dies sei notwendig, weil eine Erschließung durch private Initiative aufgrund der derzeitigen Grundstückseigentumsverhältnisse nicht sicher erscheine. Damit würde aber die Umsetzung des städtebaulichen Ziels, in ausreichendem Maße Fläche für den ruhenden Verkehr und den Anlieferverkehr zu schaffen, in Frage gestellt. Mit der Festsetzung privater Stellplätze solle der durch die privaten Nutzungen verursachte Stellplatzbedarf des Plangebietes abgedeckt werden. Der in Randbereichen bestehende Stellplatzbedarf werde nicht berücksichtigt. Da nach dem vorgelegten Schallimmissionsgutachten bei Nutzung des Parkplatzes während der Nachtzeit eine Überschreitung des Nachtrichtwertes nicht auszuschließen sei, solle gegebenenfalls eine Nutzung in der Nachtzeit durch geeignete Absperrmaßnahmen ausgeschlossen werden. Diese Nutzungsbedingungen seien aufbauend auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes bei einer Genehmigung als Auflagen im Bauschein zu übernehmen. Maßnahmen zu Naturschutz und Landschaftspflege seien nicht erforderlich, weil die Beeinträchtigungen nicht über das hinaus gingen, was bereits früher in den ehemals geltenden Bebauungsplänen vorgesehen sei. Zur Neuordnung der Eigentumsverhältnisse sei das Umlegungsverfahren eingeleitet worden, weil sich bei Durchsetzung des Bebauungsplanes Zerschneidungen der Grundstücke im Bereich der festgesetzten öffentlichen und privaten Stellplatzflächen ergeben würden. Bei der Umlegung würden die erforderlichen Flächenabzüge auf einen großen Kreis von Eigentümern verteilt und damit die Belange der privaten Rechtsträger weitgehend gegeneinander gerecht abgewogen.
Nach einer von der Antragsgegnerin vorgelegten Bestandsaufnahme über vorhandene Stellplätze vom September 2000 befinden sich im Plangebiet ca. 110 Stellplätze sowohl im Straßenseitenraum als auch im Blockinnenbereich. Für insgesamt 61 Einstellplätze sowie der dazu erforderlichen Zuwegungen lasten Baulasten auf den Grundstücken Flurstück 44, 55 und 63, die lt. Baulastenverzeichnung im Wesentlichen zu Gunsten der Grundstücke B.straße 23 bzw. K.straße 5 erteilt worden sind.
Am 24. Dezember 1999 hat der Antragsteller den Normenkontrollantrag gestellt, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vorträgt: Es mangele dem Plan bereits an der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Das Ziel des Planes, Stellplätze für einzelne Grundstücke zu schaffen, werde verfehlt. Weiterhin sei die Notwendigkeit einer inneren Erschließungsstraße nicht gegeben, da bis auf die Grundstücke A.Straße 73 bis 76 die Grundstücke im Blockinnenbereich direkt von der Straße erreicht werden könnten. Zudem gehe die Zahl der Stellplätze weit über den vorhandenen Bedarf hinaus. Die Festsetzungen seien auch zu unbestimmt, weil als Rechtsgrundlage § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 22 BauGB angegeben sei, diese Festsetzungen sich aber gegenseitig ausschlössen. Die Voraussetzungen für eine Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB seien ohnehin nicht gegeben, da eine räumliche Zuordnung fehle. Der Plan leide auch an Abwägungsmängeln im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB, weil das private Eigentum der betroffenen Eigentümer, insbesondere des Antragstellers, nicht ordnungsgemäß gewichtet worden sei. Lärm und Abgase der Erschließungsstraße im Blockinnenbereich beeinträchtigten das Wohnen erheblich. Bessere und weniger belastende Alternativen in der Straßenführung seien nicht geprüft worden. Das TÜV-Gutachten zeige Überschreitungen der Nachtrichtwerte hinsichtlich der Schallimmissionen auf. Die daraufhin angeordnete beschränkte Nutzung der Stellplätze bei Nacht führe zur Ungeeignetheit der Festsetzung überhaupt. Die Stellplatznutzung führe zu unzumutbaren Belastungen der umgebenden Wohnnutzung.
Der Antragsteller beantragt,
den vom Rat der Antragsgegnerin am 14. Dezember 1999 als
Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 63 d "I. IV"
für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass aus der bereits vorhandenen Zahl von Stellplätzen in diesem Bereich sich der hohe Nutzungsdruck ergebe, der gerade im Blockinnenbereich laste. Die derzeitige Situation sei als ungeordnet und unbefriedigend zu bezeichnen. Die Festsetzung von 149 privaten Stellplätzen und 18 öffentlichen Parkplätzen gehe nicht über den Bedarf hinaus. Die Planung sei Angebotsplanung, die darauf angelegt sei, nach und nach umgesetzt zu werden. Ausgehend von dem vorhandenen Bestand und dem Nutzungsdruck sowie zur Sicherung von Entwicklungsmöglichkeiten im Quartier sei eine Planung von 149 Stellplätzen angemessen und vertretbar. Dies gelte auch für die rückwärtige Erschließung, von der nicht nur die Grundstücke an der A.Straße profitierten, sondern auch die übrigen Grundstücke. Durch die rückwärtige Erschließung entstünden auch dort bessere Möglichkeiten, die Grundstücke besser und hochwertiger auszunutzen als dies mit der Anlage von Stell- und Parkplätzen möglich sei. Die Festsetzung sei auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Es seien ersichtlich keine Gemeinschaftsanlagen festgesetzt worden. Im Rahmen der Planaufstellung seien verschiedene Erschließungslösungen für den Innenbereich erwogen worden, die sich aber letztlich als nicht vorteilhaft erwiesen hätten. Die nunmehr getroffenen Festsetzungen seien auch nicht deshalb abwägungsfehlerhaft, weil eine Überschreitung des Nachtrichtwertes von 45 dB(A) nicht auszuschließen sei. Eine Feinsteuerung im Einzelfall, die erforderlich sein möge, sei dem Baugenehmigungsverfahren vorzubehalten. Derzeit sei jedenfalls nicht erkennbar, dass der Bebauungsplan hinsichtlich dieser Festsetzungen nicht umsetzbar sei. Deshalb gingen auch die Ausführungen zu den notwendigen Stellplätzen im Sinne des § 47 NBauO ins Leere. Notwendige Einstellplätze müssten darüber hinaus auch nicht während der Nachtzeit zwingend zur Verfügung stehen, sondern könnten ohne Verstoß gegen § 47 NBauO in der Nachtzeit gesperrt bleiben. Bei der Abwägung der Zumutbarkeit der Immissionen im Blockinnenbereich sei hier zu berücksichtigen gewesen, dass bereits verschiedene Vorbelastungen im Plangebiet festzustellen seien.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Normenkontrollantrag ist begründet.
Die Bedenken des Antragstellers hinsichtlich der Festsetzung der Stellplatz- und Parkplatzflächen im Blockinnenbereich sind begründet. Zwar ist die Festsetzung nicht deshalb zu unbestimmt, weil sich in der Planzeichenerklärung auf dem Plan der Hinweis findet: "Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 22 BauGB". Beide Festsetzungen schließen sich aus und können nicht gleichzeitig getroffen werden. Aus der Begründung des Plans sowie seiner Entstehungsgeschichte im Übrigen ergibt sich aber mit hinreichender Bestimmtheit, dass eine Festsetzung von Gemeinschaftsanlagen im Sinne der Nr. 22 nicht gewollt war, sondern von Anfang an eine Festsetzung privater Stellplätze als Nebenanlagen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB gewollt war. Dafür spricht auch, dass das Planzeichen "St" für private Stellplätze in der Planzeichnung selbst verwendet ist und an keiner Stelle das Planzeichen "Gst" auftaucht.
Der Bebauungsplan ist aber deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin die Erforderlichkeit der Festsetzung von privaten Stellplätzen als Nebenanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht hinreichend ermittelt hat. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB beziehen sich nicht auf verkehrsbedingte Parkflächen, sondern nur auf solche, die aus der Nutzung bestimmter Grundstücke folgen. Es handelt sich um Stellplätze als Nebenanlagen im Sinne von § 12 Abs. 1 BauNVO/§ 47 NBauO (Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB 8. Aufl. 2002, § 9 Rdnr. 24; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB; Stand Mai 2001, § 9 Rdnr. 46). Denn § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB setzt voraus, dass die Flächen für Nebenanlagen "auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind". Dementsprechend verlangt das Bundesverwaltungsgericht bei der Festsetzung "privatnütziger Stellplätze" nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB eine "zweifache Prüfung der Erforderlichkeit". Danach muss eine Nebenanlage im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - abgesehen von der Prüfung der planerischen Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sowie der planerischen Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB (BVerwG, Beschl. v. 28.1.1992 - 4 B 21/92 -, Buchholz 406.11 § 9 BBauG/BauGB Nr. 54; Ernst-Zinkahn-Bielenberg, aaO,Rdnr. 48) - nach "anderen Vorschriften" wie § 12 BauNVO und den bauordnungsrechtlichen Stellplatzvorschriften des Landesrechts erforderlich sein. Bei der Ausweisung von Nebenanlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB muss deshalb für die als privater Stellplatz ausgewiesene Fläche die Erforderlichkeit im Sinne der § 12 BauNVO und/oder § 47 NbauO in der Art einer Bedarfsanalyse festgestellt werden. Eine derartige Bedarfsanalyse ist von der Antragsgegnerin jedoch nicht vorgenommen worden. Vielmehr beruhen ihre Erwägungen zur Erforderlichkeit der privaten Stellplätze im Blockinnenbereich auf Bedarfsanalysen für den gesamten Innenstadtbereich, die einen allgemeinen verkehrsbedingten Parkplatzbedarf für die gesamte Innenstadt feststellen. Wie weit die einzelnen Grundstücke des Plangebietes, insbesondere die als Mischgebiet in offener Bauweise ausgewiesenen Grundstücke an der H.straße, überhaupt einen Stellplatzbedarf haben, der über die auf den überbaubaren - neben den als Stellplatzanlage ausgewiesenen Flächen - weiterhin zulässigen Stellplätze hinausgeht, ist nicht ansatzweise ermittelt worden. Die sich aus der im September 2000 vorgenommenen Bestandsaufnahme ergebenden Zahlen über die vorhandenen Stellplätze beziehungsweise die mit Baulast festgeschriebenen Stellplätze in diesem Bereich können nicht ohne weiteres herangezogen werden, weil die mit Baulast festgeschriebenen Stellplätze dem Bedarf von außerhalb des Plangebietes liegenden Grundstücken dienen. Da sie nicht den Grundstücken im Plangebiet zugeordnet sind, können sie auch nicht Aufschluss über deren Bedarf geben. Um die Feststellung der Erforderlichkeit einer Nebenanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu ermöglichen, kann nicht auf die Zuordnung zu einer Hauptanlage verzichtet werden. Darin unterscheidet sich die Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 von der Festsetzung "selbständiger" Parkplätze. Es kann ausreichen, die Zuordnung zu "bedarfsauslösenden" Grundstücken über das Einzelgrundstück hinaus auf mehrere Grundstücke zu erweitern, allerdings ist ein bestimmbarer Bezug der Nebenanlage zur Hauptanlage als Mindestvoraussetzung unerlässlich aber auch ausreichend. Die Notwendigkeit dieser Mindestvoraussetzung folgt aus der Natur der "Nebenanlage", die begrifflich nicht ohne eine Hauptanlage denkbar ist. Unabhängig davon, welche Anforderungen an die "Qualität" der Verbindung zwischen Haupt- und Nebenanlage gestellt werden müssen, muss jedenfalls die Identifizierbarkeit der zugeordneten Hauptanlagen gegeben sein, um den erforderlichen Bedarf ermitteln und zuordnen zu können. Ein abschließend bestimmter Kreis von Grundstücken, für die nach dem Bauordnungsrecht ein Bedarf an Stellplätzen ermittelt ist, kann einer bestimmten Anzahl Nebenanlagen zugeordnet werden, ohne dass die Gefahr einer "Verselbständigung" der Nebenanlage entsteht oder die Ermittlung des Bedarfs erschwert oder unmöglich wird. Die "Feinsteuerung" kann dann dem nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren überlassen bleiben.
In diesem Zusammenhang bedarf die Streitfrage, ob Nebenanlagen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB einer Hauptanlage auf demselben Grundstück zugeordnet sein müssen (vgl. einerseits Gierke in Brügelmann, BauGB, Stand September 2001, § 9 Rdn. 149; Gaentzsch, Berliner Kommentar, 2. Aufl. 1995, § 9 Rdn. 22 unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 24.4.1970 (- IV C 53.67 -, BRS 23 Nr. 6) zu § 9 Abs. 1 Nr. 1 e BBauG 1960; andererseits W. Schrödter in Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 9 Rdn. 41; Löhr in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002, § 9 Rdn. 25; Gelzer/Bracher, Bauplanungsrecht, 6. Aufl. 2001, Rdn. 271; Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Mai 2001, § 9 Rdn. 46) keiner abschließenden Entscheidung. Auch wenn man eine grundstücksbezogene Zuordnung deswegen für zu eng hält, weil der Bebauungsplan keine Grundstücksgrenzen festsetzt, muss der Bedarf an Stellplätzen für ihre Festsetzung als Nebenanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 BauGB jedenfalls auf das Plangebiet bezogen festgestellt bzw. prognostiziert werden. Das setzt voraus, dass ausgehend von der Hauptnutzung der Grundstücke im Plangebiet die dafür erforderlichen Stellplätze ermittelt werden. Daran fehlt es.
Zweifelhaft erscheint insbesondere, ob für die Grundstücke an der H.straße, die als "MI" festgesetzt sind und überwiegend dem Wohnen dienen, ca. 80 Stellplätze erforderlich sind, wie es der Bebauungsplan südlich der Verkehrsfläche besonderer Zweckbestimmung festsetzt. Bei der Ermittlung der nach § 47 NBauO erforderlichen Stellplätze ist auch zu berücksichtigen, dass die Grundstücke im Mischgebiet über geräumige Flächen innerhalb der überbaubaren Flächen für Stellplätze und Garagen verfügen.
Zweifelhaft erscheint auch, ob zu notwendigen Stellplätzen im Sinne des § 47 NBauO auch solche zählen, die nachts nicht angefahren werden können. Derartige Stellplätze sind hier wohl geplant, wenn die Zufahrt zu den Stellplätzen in der Nachtzeit zur Überschreitung der Lärmrichtwerte führt und deshalb die Zufahrt über die öffentliche Verkehrsfläche während der Nachtzeit gesperrt sein sollte. Nach der Begründung zum Bebauungsplan (S. 17 unter dem Unterpunkt Emissionsschutz) ist von einer Sperrung in der Nachtzeit auszugehen. Den Bewohnern dienende Stellplätze müssten wohl auch während der Nachtzeit angefahren werden können.
Der Plan leidet auch an Mängeln in der Abwägung. § 1 Abs. 6 BauGB verpflichtet die Gemeinde, die öffentlichen und die privaten Belange gerecht untereinander abzuwägen. Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Abwägung ergeben sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1969 (- IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301, 309). Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine sachgerechte Abwägung muss überhaupt stattfinden. In diese muss eingestellt werden, was nach Lage der Dinge berücksichtigt werden muss. Dabei darf die Bedeutung der betroffenen privaten Belange nicht verkannt und muss der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen werden, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange im Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Diesen Anforderungen genügt die Planung der Antragsgegnerin nicht, soweit sie die Festsetzung einer Stellplatzfläche und ihrer Erschließung im Blockinnenbereich betrifft. Selbst wenn sich aus dem Planungs- und Bauordnungsrecht ein Bedarf an Stellplätzen ergibt, folgt daraus nicht eine undifferenzierte Duldungspflicht der betroffenen Grundstückseigentümer. Vielmehr ist ein Interessenausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an der Entlastung der Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr und den privaten Belangen der betroffenen Grundstückseigentümer, insbesondere der Nachbarn von Stellplätzen im Plangebiet zu treffen (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1992 - 4 B 81/91 -, Buchholz 406.12, § 12 BauNVO Nr. 4; Stüer, Handbuch des Bau- und Planungsrechts A Rdnr. 373). Die Antragsgegnerin hätte deshalb im Rahmen der Abwägung prüfen müssen, ob die Anordnung einer Stellplatzanlage in der hier festgesetzten Größe mit den Interessen der Anwohner am Erhalt einer - jedenfalls in Teilen noch vorhandenen - Ruhezone im Blockinnenbereich zu vereinbaren ist bzw. ob der bestmögliche Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen gefunden worden ist.
Dies gilt auch und insbesondere für die geplante Erschließungsstraße, die das Baugebiet in Ost-West-Richtung queren soll zur Erschließung der Stellplätze und der rückwärtigen Erschließung der als Kerngebiet ausgewiesenen Fläche an der "A.Straße". Gerade im Hinblick auf die geplante Durchgangsstraße sind die Nachbarinteressen am Erhalt der rückwärtigen Ruhezone von besonderer Bedeutung. Sie sind in diesem Fall besonders betroffen, weil die Erschließungsstraße der Zu- und Abfahrt für sämtliche 167 private und öffentliche Stellplätze sowie der Belieferung der Geschäfte an der A.Straße dienen soll und damit erhebliche Unruhe in das Gebiet hineingetragen wird. Diesen Umstand hat die Antragsgegnerin in ihrer Abwägung nicht gesondert gewürdigt, sondern ist allein auf die durch das Lärmgutachten festgestellten möglichen Überschreitungen der Lärmrichtwerte in der Nachtzeit eingegangen. Die angesprochene Möglichkeit einer Sperrung für die Nachtzeit dient nur der isolierten Lösung dieses Konflikts und geht nicht auf einen Ausgleich mit den im Übrigen berührten Interessen der Anwohner am Erhalt einer Ruhezone ein.
Bedenken hinsichtlich der Abwägung bestehen aber auch im Hinblick auf die nach der naturschutzfachlichen Bestandsaufnahme noch bestehenden intakten Grünbereiche im Blockinnenbereich, die durch die geplante Erschließungsstraße zerschnitten werden. Nach der 1995 erstellten naturschutzfachlichen Bestandsaufnahme und den dazu angefertigten Fotos stellte sich der Blockinnenbereich jedenfalls in Teilen als intakte Grünzone dar. Einer Abwägung der insoweit betroffenen Belange wird von der Antragsgegnerin allein mit Hinweis darauf begegnet, dass eine erhebliche Vorbelastung des Gebietes durch vorhandene Stellplätze gegeben sei sowie im Hinblick auf die planerische Vorbelastung Ausgleichsmaßnahmen für diese Fläche nicht erforderlich seien. Die Ergebnisse der Grünbestandsaufnahme und der zu erwartenden Folgen einer Durchschneidung der noch intakten Bereiche sind in den Abwägungsvorgang nicht einbezogen. Der Hinweis auf die Vorbelastung reicht insoweit nicht aus. Wie sich in der Ortsbesichtigung durch den Senat erkennen ließ, sind jedenfalls zwei große Grundstücke im Blockinnenbereich auch derzeit noch nicht durch Stellplatznutzung belastet, sondern stellen noch eine weitgehend intakte Grünzone dar, deren Zerschneidung jedenfalls ein in der Abwägung nicht zu vernachlässigendes Gewicht besitzt. Dieser aus der Örtlichkeit zu gewinnende Eindruck bestätigt die Ergebnisse der naturfachlichen Bestandsaufnahme, die "naturnahe Gartenbiotope" feststellt, die als "erhaltenswert einzustufen" seien. Durch Übernahme der Bestandsaufnahme in die Begründung zum Bebauungsplan, hat sich die Antragsgegnerin dem auch angeschlossen, ohne dies allerdings in ihrer Abwägung ausreichend zu berücksichtigen.
Die genannten Defizite in der Abwägungsentscheidung sind offensichtlich und lassen den Schluss zu, dass bei umfassender Berücksichtigung aller abwägungsrelevanten Belange insbesondere auch im Hinblick auf mögliche Ausgleichsmaßnahmen der Rat der Antragsgegnerin im Ergebnis möglicherweise anders entschieden hätte. Diese und die Mängel hinsichtlich der Feststellung einer Erforderlichkeit der geplanten Stellplatzflächen und ihres Ausmaßes haben indes nicht die Nichtigkeit des Plans zur Folge. Es handelt sich vielmehr um Mängel, die gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin, wenn auch möglicherweise in modifizierter Form, das wesentliche Anliegen des Bebauungsplans, nämlich die Einrichtung von Stellplätzen nach sorgfältiger Abarbeitung der derzeit noch bestehenden Defizite noch umsetzen kann und daher nicht ein im Kern wesentlich anderer Plan an die Stelle des angegriffenen Planes treten müsste.
Sonstiger Langtext
Der Streitwert wird auf 100.000,-- DM festgesetzt.