Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 12.12.2001, Az.: 4 LB 596/01

Aktivlegitimation; Ausschlussfrist; Ergänzungsvereinbarung; Pflegesatzvereinbarung; Rechtsnachfolge; Schriftform; Vertrauensschutz; Zusage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
12.12.2001
Aktenzeichen
4 LB 596/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 39435
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
BVerwG - 21.05.2003 - AZ: BVerwG 5 C 16.02

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für eine Zusage, die auf den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung gerichtet ist, ist die Schriftform Wirksamkeitserfordernis.

Tatbestand:

1

Die Kläger zu 1) und 2) begehren mit ihrer Klage die Verpflichtung des Beklagten, mit ihnen für die Jahre 1992 und 1993 näher konkretisierte Pflegesatzvereinbarungen abzuschließen.

2

Der Kläger zu 1), ein eingetragener Verein, wurde im Jahre 1961 gegründet und nahm im Jahre 1962 den Betrieb einer Werkstatt für Behinderte auf. Im Jahre 1994 gehörten zum Betreuungsangebot der Einrichtung neben dem Produktionsbereich auch der Arbeitstrainingsbereich, die Fördergruppe an WfB, Wohnheime, ein heilpädagogischer Kindergarten, ein Regelkindergarten, die Frühförderung sowie betreutes Außenwohnen. Nach dem Stand vom 9. November 1995 wurden in den Wohnstätten 72 und in der Werkstatt 331 Behinderte betreut.

3

Nach Angaben der Kläger ergab sich aus dem kontinuierlichen Wachstum der Einrichtung die Notwendigkeit, die Rechtsform zu ändern. Mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 30. Dezember 1992 gründete der Kläger zu 1) als alleiniger Gesellschafter die Klägerin zu 2), eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 15. Oktober 1993 geändert; die Eintragung der Klägerin zu 2) in das Handelsregister erfolgte am 13. September 1995. Am 29. Dezember 1992 schlossen der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) einen "Überleitungsvertrag", wonach mit Wirkung ab dem 1. Januar 1993 der Betrieb der Einrichtungen des Klägers zu 1) für die Betreuung und Rehabilitation Behinderter von der Klägerin zu 2) fortgeführt werden sollte. Der "Überleitungsvertrag" enthält u.a. folgende Regelungen:

 "§ 1

4

Der Verein überträgt zum 01.01.1993 alle Aktiva und Passiva  nach Maßgabe der Bilanz zum 31.12.1992 mit Ausnahme des Grundbesitzes und der damit im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten, der Beteiligung an der gGmbH sowie sonstigen Vereinsvermögens, das nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Geschäftszweck der gGmbH steht oder für die satzungsgemäße Fortführung des Vereins notwendig ist.

5

Die gGmbH tritt zum 01.01.1993 in sämtliche Rechte und Verpflichtungen ein, welche die Einrichtungen des Vereines für die Betreuung und Rehabilitation Behinderter betreffen. Hiervon ausgenommen sind die Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Grundbesitz des Vereins.

6

Die gGmbH übernimmt sämtliche Verbindlichkeiten des Vereins. Hiervon ausgenommen sind die mit dem nicht übernommenen Betriebsvermögen unmittelbar zusammenhängenden Verbindlichkeiten.

...

§ 2

...

7

3. Die Forderungen und Verbindlichkeiten gehen zum 01.01.1993 im Innenverhältnis auch dann auf die gGmbH über, wenn eine erforderliche Einwilligung der Schuldner oder Gläubiger nicht erteilt wird.

§ 3

8

1. Die gGmbH tritt ab 01.01.1993 in die Rechte und Pflichten des Vereins aus den Verträgen mit den Betreuten und den Kostenträgern ein.

9

3. Weiter tritt die gGmbH in alle übrigen laufenden Verträge des Vereins ein......

10

4.Der Verein verpflichtet sich, für die unter Ziff. 1 bis 3) genanten Verträge die Einverständniserklärungen der jeweiligen Vertragspartner einzuholen.

11

5. ... Auch ohne Einverständniserklärung der Vertragspartner  gelten Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen jedoch ab 01.01.1993 im Innenverhältnis als auf die gGmbH übertragen. ... "

12

Bis 1991 erstattete der Beklagte dem Kläger zu 1) auf der Grundlage der Pflegesatzrahmenvereinbarung vom 26. Juni 1980 (Nds. MBl. Nr.45/1980, S. 1135 ff.) die nachgewiesenen notwendigen Selbstkosten der Einrichtung. Die jeweiligen Vereinbarungen über die Pflegesätze wurden nach Prüfung der vom Kläger zu 1) dem Beklagten vorgelegten "Selbstkostenblätter" auf der Grundlage der testierten Ist-Kosten abgeschlossen. Der Kläger zu 1) erhielt jeweils zunächst Abschlagszahlungen, die nach Abschluss der Vereinbarungen über den Pflegesatz verrechnet wurden.

13

Der Beklagte bestätigte der Klägerin zu 2) den Eingang der Selbstkostenblätter für das Jahr 1993 am 18. Februar 1994 und des Selbstkostenblattes für 1992 für den Arbeitsbereich der Werkstatt am 16. Oktober 1996. Die Selbstkostenblätter für 1992 für alle übrigen Bereiche der Einrichtung gingen bis zum 17. Februar 1994 bei dem Beklagten ein; hierüber kam es im Jahre 1995 zu Pflegesatzvereinbarungen.

14

Mit Datum vom 15. März 1994/5. April 1994 schlossen die in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen zusammengeschlossenen Spitzenverbände und das Land Niedersachsen als überörtlichen Träger der Sozialhilfe eine Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung vom 26. Juni 1980. In Abschnitt IV dieser Ergänzungsvereinbarung ist für "Pflegesätze für 1993 und Vorjahre" geregelt:

15

"1. Pflegesatzvereinbarungen für Einrichtungen, von denen Selbstkostenblätter für einzelne oder mehrere Jahre im Zeitraum bis einschließlich 1993 bis zum 17. Februar 1994 noch ausstanden:

16

Es gilt jeweils der Pflegesatz einschließlich Gewinn- und Verlustausgleich als vereinbart, deren Anwendung der Ziff. 6.7 der Pflegesatzrahmenvereinbarung ggfls. nach gesonderter Anerkennung durch das Landesamt gemäß Satz 2 der Ziff. 6.7 als Abschlagspflegesatz gezahlt wurde. Soweit Pflegesätze für 1993 nach dieser Regelung als vereinbart gelten, sind sie Grundlage für das Verfahren nach Ziff. II 1 dieser Vereinbarung.

17

2. Pflegesatzvereinbarung für Einrichtungen, von denen Selbstkostenblätter für einzelne oder mehrere Jahre im Zeitraum bis 1993 bis zum 17. Februar 1994 vorliegen:

18

Die Vereinbarungspartner empfehlen den Einrichtungsträgern und den dem Landesamt, Pflegesätze für Vorjahre auf folgende Wege zu erledigen:

19

a) vorliegende Selbstkostenblätter werden im herkömmlichen, auf den Einzelfall abstellenden Verfahren abgearbeitet oder

b) ...

..."

20

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 1994 teilte die Klägerin zu 2) dem Beklagten u. a. mit, dass sie der Ergänzungsvereinbarung beigetreten sei. Der Beklagte wies die Klägerin zu 2) mit Schriftsätzen vom 9. September 1994, 14. September 1994, und 16. Januar 1995 bezogen jeweils auf die einzelnen Teilbereiche der Einrichtung darauf hin, dass für das Jahr 1993 bis zum 17. Februar 1994 keine Selbstkostenblätter übersandt worden seien. Aufgrund der Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung gelte daher der jeweils mitgeteilte Abschlagspflegesatz als vereinbarter endgültiger Pflegesatz. Für das Jahr 1992 ( Teilbereich "WfB-Arbeitsbereich") erging eine entsprechende Mitteilung unter dem 16. Januar 1995.

21

Mit Schriftsatz vom 9. November 1994 wandte sich der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband, Landesverband Niedersachsen (DPWV)  mit der Bitte an das Niedersächsische Sozialministerium, dass die Selbstkostenblätter 1993 der Klägerin zu 2) als fristgerecht abgegeben gewertet und im individuellen herkömmlichen Verfahren vereinbart werden. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass während der Verhandlungen über die Ergänzungsvereinbarung der Abgabetermin für die Selbstkostenblätter 1993 mehrfach modifiziert worden sei. Frau Staatssekretärin G.-R. habe von dieser unterschiedlichen Terminierung erfahren und in einem Telefonat mit dem Landesgeschäftsführer, Herrn H., vom 26. Januar 1994 der Terminsverschiebung vom 11. Februar 1994 auf den 18. Februar 1994  zugestimmt. Das Niedersächsische Sozialministerium teilte dem DPWV daraufhin mit Schriftsatz vom 22. November 1994 mit, dass die Frage des Abgabetermines für die Selbstkostenblätter 1993 Gegenstand verschiedener Erörterungen vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung gewesen sei. Aus Ziff. IV, 1. der Ergänzungsvereinbarung lasse sich aber entnehmen, dass letztlich der 17. Februar 1994 als Stichtag einvernehmlich vereinbart worden sei. Die Angelegenheit werde damit als abgeschlossen betrachtet.

22

Spätere Bemühungen der Beteiligten um eine einvernehmliche Lösung blieben ohne Erfolg.

23

Mit Datum vom 17. November 1995 erstellte die Hansaberatung GmbH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, eine Stellungnahme zur Vermögens- und Finanzlage der Klägerin zu 2) bezogen auf den 31. Dezember 1994. Hierin ist ausgeführt, dass der Klägerin zu 2) bei Zugrundelegung der Auffassung des Beklagten durch den Ausfall von Pflegeforderungen der Jahre 1992 und 1993 ein Schaden in Höhe von 3.760.131,30 DM entstanden sei.

24

Die Kläger haben am 30. Dezember 1996 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Für den geltend gemachten Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 bezogen auf den Arbeitsbereich der Einrichtung sei der Kläger zu 1) aktiv legitimiert. Er habe im Jahre 1992 alle Einrichtungen betrieben: Die Kosten, die Grundlage der Pflegesatzforderung seien, seien ausschließlich ihm entstanden. Dies ergebe sich auch aus dem Überleitungsvertrag vom 8. März 1993. Die Klägerin zu 2) sei erst seit dem 1. Januar 1993 Trägerin der Einrichtung. Hilfsweise würden mit der Klage aber auch Ansprüche der Klägerin zu 2) für das Jahr 1992 geltend gemacht werden. Für das Jahr 1993 sei aufgrund des Überleitungsvertrages hingegen die Klägerin zu 2) aktiv legitimiert. Für die Jahre 1992 und 1993 stehe ihnen gegen den Beklagten ein Anspruch auf Vereinbarung von Pflegesätzen auf der Grundlage der bisherigen Verhandlungs- und Vereinbarungspraxis, also nach den tatsächlich entstandenen Kosten, zu. Die Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung vom 15. März 1994/5. April 1994 sei für sie nicht verbindlich. Der Kläger zu 1) sei dieser Ergänzungsvereinbarung zu keinem Zeitpunkt beigetreten. Die Klägerin zu 2) sei erst am 3. November 1994 und somit nach Abschluss der Ergänzungsvereinbarung Mitglied im DPWV geworden. Aber auch, wenn die Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung für die Kläger verbindlich sei, seien die geltend gemachten Ansprüche hierdurch nicht ausgeschlossen. In den Verhandlungen zwischen dem Beklagten und den Spitzenverbänden der gemeinnützigen Träger sei ursprünglich als letzter Fristtag zur Vorlage der Selbstkostenblätter für die Jahre bis einschließlich 1993 der 18. Februar 1994 genannt worden. Das Datum "18. Februar 1994" sei von den Spitzenverbänden so an die Mitglieder weitergegeben worden. Das Sozialministerium habe darauf gedrängt, dass letztlich als Stichtag der 17. Februar 1994  in die Ergänzungsvereinbarung aufgenommen worden sei.  In einem am 26. Januar 1994  geführten Telefongespräch habe die damalige Staatssekretärin G.-R., Niedersächsisches Sozialministerium, gegenüber Herrn H., Verbandsdirektor des DPWV, erklärt, dass es bei dem Datum 17. Februar 1994 verbleiben solle; trotz des Wortlautes der Ergänzungsvereinbarung werde man aber auch Abgaben, die am 18. Februar 1994  eingingen, als fristwahrend berücksichtigen. Die in der Ergänzungsvereinbarung geregelte Frist sei auch deshalb für sie nicht verbindlich, weil zum Zeitpunkt des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung (15. März 1994/5. April 1994) diese Frist bereits verstrichen gewesen sei. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass Pflegesätze mindestens kostendeckend sein müssten. Die Auffassung des Beklagten sei daher auch aus diesem Grunde nicht tragbar.

25

Die Kläger haben beantragt,

26

den Beklagten zu verpflichten, mit dem Kläger zu 1) - hilfsweise mit der Klägerin zu 2) -  für den Arbeitsbereich ihrer Einrichtung und das Jahr 1992 eine Pflegesatzvereinbarung über einen monatlichen Pflegesatz in Höhe von 1.773,72 DM abzuschließen;

27

den Beklagten zu verpflichten, mit der Klägerin zu 2) für das Jahr 1993 Pflegesatzvereinbarungen abzuschließen, und zwar

28

      für den Wohnbereich mit folgenden täglichen Pflegesätzen:

29

      Wohnheim I und II in Höhe von 102,05 DM,

30

      Wohnheim III in Höhe von 132,81 DM,

31

      Wohnheim IV in Höhe von 85,27 DM,

32

      für den Arbeitsbereich über einen monatlichen Pflegesatz

33

      in Höhe von 1.980,66 DM;

34

      für den Bereich Fördergruppe in der Werkstatt für Behinderte

35

      über einen monatlichen Pflegesatz in Höhe von 2.049,09 DM.

36

Der Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Zur Begründung hat er ausgeführt: Es könne dahinstehen, ob der Kläger zu 1) oder die Klägerin zu 2) für die mit der Klage verfolgten Ansprüche aktiv legitimiert sei, denn weder dem Kläger zu 1) noch der Klägerin zu 2) stehe der geltend gemachte Anspruch zu. Sowohl für das Jahr 1992 als auch für das Jahr 1993 seien bereits endgültige Pflegesatzvereinbarungen getroffen worden. Dies ergebe sich aus der Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung. Von den Klägern seien bis einschließlich dem 17. Februar 1994, dem maßgeblichen Stichtag, keine Individualanträge in Form der Anrechnung von Selbstkostenblättern gestellt worden mit der Folge, dass die zuletzt gezahlten (Abschlags-)Pflegesätze als endgültig vereinbart anzusehen seien. Hilfsweise werde die Einrede der Verjährung gemäß § 196 Abs. 1 BGB erhoben. Des Weiteren sei auch die Anrufung der Pflegesatzkommission unterblieben.

39

In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 21. März 2000 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Hilfsbeweisantrag gestellt, die Staatssekretärin a.D. G.-R. und den Geschäftsführer des DPWV, H., dazu als Zeugen zu vernehmen, dass während der Verhandlungen über die Ergänzungsvereinbarung der 18. Februar 1994 als fristwahrend vereinbart worden sei.

40

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. März/4. April 2000 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klage sei nicht mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Eine Regelung, wonach die Kläger ihr Begehren auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung zunächst durch Herbeiführen einer Entscheidung der Pflegesatzkommission verfolgen müssten, bestehe nicht. Die Klage sei aber unbegründet. Der Kläger zu 1) sei nicht aktivlegitimiert, weil die Klägerin zu 2) vollständig in dessen Rechtsnachfolge eingetreten sei. Mit Abschluss des Überleitungsvertrages vom 8. März 1993 sei die Klägerin zu 2) ab dem 1. Januar 1993 in sämtliche von der Überleitung erfassten Rechtspositionen des Klägers zu 1) eingerückt, und zwar (gerade) auch in solche, die von dem Kläger zu 1) in der Zeit vor dem 1. Januar 1993 begründet worden seien bzw. die sich aus der Tätigkeit des Vereins in der Zeit vor diesem Datum ergäben bzw. an diese anknüpften. Dies folge aus dem Wortlaut und Zweck des Überleitungsvertrages, wonach ab dem 1. Januar 1993 die Einrichtung nicht mehr vom Kläger zu 1), sondern von der Klägerin zu 2) habe betrieben werden sollen. Die Klägerin zu 2) sei daher auch und gerade nach außen in alle vorhandenen oder keimenden Rechtspositionen des Klägers zu 1) eingetreten. Die Klage der Klägerin zu 2) sei unbegründet, weil sie Vertragspartnerin der Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung geworden sei. Die Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag auf dem Gebiet des Sozialverwaltungsrechts gemäß § 56 SGB IX, sei von den Vertretern der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege einerseits und den Vertretern des Landes Niedersachsen andererseits abgeschlossen worden. Der Geschäftsführer des DPWV habe die Ergänzungsvereinbarung auch als Vertreter der Klägerin zu 2) im Sinne der §§ 164 ff BGB unterzeichnet. Dies folge aus den Gesamtumständen. Ein Schreiben der Klägerin zu 2) vom 9. März 1994, das am unteren Rand den Aufdruck "Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband" ausweise, zeige, dass die Klägerin zu 2) bereits im Frühjahr des Jahres 1994, also kurz vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung, als Mitglied des DPWV Niedersachsen nach außen hin aufgetreten sei. Die Fristregelung in der Ergänzungsvereinbarung sei wirksam. Die Aussage der damaligen Staatssekretärin im Sozialministerium Frau G.-R. gegenüber dem Verbandsdirektor des DPWV H. Anfang Februar 1994 sei lediglich eine mündliche Zusage. Eine Selbstbindung des Beklagten dahingehend, durch Erlass eines Verwaltungsaktes die Rechtsfolge der Ziffer IV der Ergänzungsvereinbarung zu umgehen, setze aber jedenfalls eine Zusage in schriftlicher Form (Zusicherung, § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) voraus. Die Klägerin zu 2) könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung im März/April 1994 der streitgegenständliche Stichtag bereits vergangen gewesen sei. Denn die Klägerin zu 2) sei durch den DPWV über die Zwischenergebnisse der Vertragsverhandlungen auf dem laufenden gehalten worden. Die Klägerin zu 2) habe sich der Ergänzungsvereinbarung offensichtlich bewusst in Ausübung ihrer Vertragsfreiheit - im Vertrauen darauf, dass die seitens des DPWV an sie über das mit Frau G.-R. geführte Telefongespräch weitergegebenen Informationen zuträfen und eine entsprechende Anweisung an den Beklagten erfolge - unterworfen. Mit dem Beitritt zur Ergänzungsvereinbarung habe der Klägerin zu 2) klar sein müssen, dass unbeachtet einer früheren Vereinbarungspraxis nunmehr die Einreichung eines Selbstkostenblattes notwendig geworden sei. In dem Abschluss der Ergänzungsvereinbarung liege auch kein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsvorschrift. Die Ergänzungsvereinbarung  verstoße nicht gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit, denn eine Regelung, aus der - unmittelbar - folge, dass Einrichtungsträgern deren notwendige Kosten nicht in voller Höhe erstattet würden, sei in der Ergänzungsvereinbarung nicht enthalten. Eine nicht kostendeckende Erstattung setze vielmehr ein Unterlassen des Einrichtungsträgers - die Nichtvorlage der betreffenden Selbstkostenblätter - voraus.

41

Auf den Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2001 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen.

42

Die Kläger tragen zur Begründung vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Kläger zu 1) für den geltend gemachten Anspruch aktivlegitimiert. Die Auslegung des Überleitungsvertrages vom 8. März 1993 ergebe, dass dem Kläger zu 1) die bis zum 31. Dezember 1992 begründeten Rechtspositionen verbleiben sollten. Dies werde durch verschiedene Formulierungen in dem Überleitungsvertrag deutlich. Über den Wortlaut hinaus ergebe sich dieses Ergebnis auch daraus, dass der Kläger zu 1) bis Ende 1992 die Einrichtung völlig allein betrieben habe. Die Klägerin zu 2) habe bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht existiert, auch nicht als Gründungsgesellschaft. Aus der ausdrücklichen Bezugnahme in dem Überleitungsvertrag auf die Bilanz per 31. Dezember 1992 folge, dass der Kläger zu 1) für das Ergebnis seiner Tätigkeit bis Jahresende 1992 allein habe einstehen sollen. Da der Überleitungsvertrag keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfalte, sei - insbesondere bei Vereinbarungen über rückwirkende Rechtsübergänge - auch die Mitwirkung des Dritten/Gläubigers erforderlich. Des weiteren könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass für die Jahre 1992 und 1993 Vergütungsvereinbarungen aufgrund der Zusatzvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung vom März/April 1994 zustande gekommen seien, nicht gefolgt werden. Für das Jahr 1992 scheitere die Argumentation des angefochtenen Urteils bereits daran, dass der Kläger zu 1) nach den insoweit zutreffenden Sachverhaltsfeststellungen des Verwaltungsgerichts der Ergänzungsvereinbarung nicht beigetreten sei. Hieraus folge, dass der Kläger zu 1) gegen den Beklagten einen Anspruch auf jedenfalls ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Antrags auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung für das Jahr 1992 habe, da der Beklagte gegen den geltend gemachten Anspruch nur Einwendungen auf der Grundlage der Ergänzungsvereinbarung erhoben habe. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der Ergänzungsvereinbarung führe dazu, dass die Ergänzungsvereinbarung aufgrund der Rückwirkung unwirksam sei. Werde die Ergänzungsvereinbarung für wirksam erachtet, dann unterliege die Anwendung der Ergänzungsvereinbarung über die Ausschlussfrist aber den Schranken von Treu und Glauben und Vertrauensschutz. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass die als abgegeben unterstellte Zusage der damaligen Staatssekretärin nicht dem notwendigen Schriftformerfordernis der §§ 34, 56 SGB IX genüge, sei unvollständig und im Ergebnis unrichtig. Eine Berufung des Beklagten auf die Versäumung der Ausschlussfrist sei arglistig und verstoße gegen vorangegangenes und Vertrauen verursachendes Verhalten. Schließlich könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, der DPWV habe März/April 1994 auch im Namen der Klägerin zu 2) gehandelt, nicht gefolgt werden. Die Klägerin zu 2) sei erst im November 1994 Mitglied des DPWV geworden. Bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung habe der DPWV die Klägerin zu 2) daher nicht vertreten können. Der DPWV habe bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung ausschließlich im Namen seiner Mitglieder handeln wollen.

43

Die Kläger beantragen,

44

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

45

den Beklagten zu verpflichten, mit dem Kläger zu 1)

46

- hilfsweise mit der Klägerin zu 2) - für den Arbeitsbereich ihrer Einrichtung und das Jahr 1992  eine Pflegesatzvereinbarung über einen monatlichen Pflegesatz in Höhe von 1.773,72 DM abzuschließen;

47

den Beklagten zu verpflichten, mit der Klägerin zu 2) für das Jahr 1993 Pflegesatzvereinbarungen abzuschließen, und zwar für den Wohnbereich mit folgenden täglichen Pflegesätzen:

48

Wohnheim I und II in Höhe von 102,05 DM,

49

Wohnheim III in Höhe von 132,81 DM;

50

Wohnheim IV in Höhe von 85,27 DM,

51

für den Arbeitsbereich über einen monatlichen Pflegesatz in Höhe von 1.980,76 DM;

52

für den Bereich Fördergruppe in der Werkstatt für Behinderte über einen monatlichen Pflegesatz in Höhe von 2.049,09 DM

53

hilfsweise,

54

durch die Vernehmung der Staatssekretärin a.D. G.-R. und den Geschäftsführer des DPWV, H., als Zeugen Beweis zu erheben zu der Behauptung, dass während der Verhandlungen über die Ergänzungsvereinbarung der 18.2.1994 als fristwahrend vereinbart worden ist.

55

Der Beklagte beantragt,

56

die Berufung der Kläger zurückzuweisen, soweit für 1992 die Vereinbarung von Pflegesätzen für den Arbeitsbereich der WfB von mehr als 1.410,-- DM, und für 1993 für die nachstehenden Einrichtungen die Vereinbarung höherer Pflegesätze als

57

83,10 DM täglich für die Wohnstätten I und II,

58

91,60 DM täglich für die Wohnstätte III,

59

57,90 DM täglich für die Wohnstätte IV (Wohngruppe),

60

1.410,-- DM monatlich für den Arbeitsbereich der

61

Werkstatt für Behinderte

62

und 2.417,30 DM monatlich für den Bereich der Fördergruppe

63

der Werkstatt für Behinderte

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gefordert werden.

65

Er trägt vor: Die von den Klägern gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vorgebrachten Einwendungen seien nicht begründet. Das Verhalten der Kläger sei widersprüchlich. Nur einem Kläger könnte gegebenenfalls der geltend gemachte Anspruch zustehen. Eine Verlagerung des Prozessrisikos durch Stellung eines Hilfsantrages sei verfahrensrechtlich nicht zulässig. Im Hinblick auf die Ergänzungsvereinbarung sei festzustellen, dass die Klägerin zu 2) sich erst später darauf berufen habe, dass diese für sie nicht anwendbar sei. Unterstellt, die Ergänzungsvereinbarung sei für den von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Anspruch nicht anwendbar, so sei ein Anspruch auf nachträglichen Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung nach § 93 BSHG nicht gegeben, da auch schon nach der damaligen Rechtslage vor Beginn des Gestaltungszeitraumes die entsprechende Pflegesatzvereinbarung zu verhandeln und abzuschließen gewesen sei. Sofern insbesondere die Klägerin zu 2) die Vorteile der Ergänzungsvereinbarung in Anspruch nehmen wolle, sei für sie auch die Fristenregelung maßgeblich. Die Kläger seien verpflichtet, ihren Standpunkt eindeutig zu erklären. Sofern die Klägerin zu 2) vom Kläger zu 1) durch den Überleitungsvertrag den Anspruch auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für 1992 erworben habe, scheitere der Anspruch daran, dass eine nachträgliche Vereinbarung nach § 93 BSHG bereits damals vom Gesetzgeber weder gewollt noch gebilligt gewesen sei. Aufgrund der Regelungen in dem Überleitungsvertrag sei davon auszugehen, dass die Klägerin zu 2) in vollem Umfang Rechtsnachfolgerin des Klägers zu 1) geworden sei. Die Regelungen in Ziffer IV der Ergänzungsvereinbarung habe daher auch Gültigkeit für die Klägerin zu 2). Die in der Ergänzungsvereinbarung enthaltene Fristbestimmung (17. Februar 1994) sei eindeutig. Sämtliche anderen Mitglieder, auch die des DPWV, hätten ihre Selbstkostenblätter fristgerecht zum 17. Februar 1994 vorgelegt. Von einer Zusage der damaligen Staatssekretärin des Niedersächsischen Sozialministeriums, auch am 18. Februar 1994 eingegangene Selbstkostenblätter seien noch als fristgerecht erhalten zu betrachten, sei ihm nichts bekannt. Bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung habe der DPWV auch im Namen der Klägerin zu 2) gehandelt. Der Kläger zu 1) sei seit Jahren Mitglied des DPWV gewesen. Selbst wenn die Klägerin zu 2) erst im November 1994 Mitglied des DPWV geworden sei, so habe sie doch schon lange zuvor beispielsweise durch Hinweise in ihren Briefbögen nach außen hin den Anschein erweckt, Mitglied dieses Spitzenverbandes zu sein. Die von den Klägern beklagten Nachteile seien Folge der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist, sie sei im Übrigen auch nicht wie von ihr behauptet finanziell notleidend. Das Verhalten der Kläger verletze das Solidarprinzip und verstoße gegen den Geist des abgeschlossenen Vertrages. Schließlich werde rein vorsorglich bestritten, dass die von den Klägern ermittelten und beantragten Pflegesätze und die ihnen im einzelnen zugrundeliegenden Einzelposten den Anforderungen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit genügten. Aufgrund des dargelegten Rechtsstandpunktes sei eine Prüfung der einzelnen Selbstkostenblätter bislang als entbehrlich erachtet worden.

66

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

67

Die Berufung der Kläger ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

68

1. Ein Anspruch des Klägers zu 1) gegen den Beklagten auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 ist nicht gegeben. Dieser Anspruch scheitert daran, dass dem Kläger zu 1) die Aktivlegitimation fehlt.

69

Der Kläger zu 1) hat zwar unstreitig die Einrichtung bis zum 31. Dezember 1992 betrieben. Er ist aber nicht mehr Inhaber des geltend gemachten Anspruchs auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992, da durch den Überleitungsvertrag der Anspruch von dem Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) übergegangen ist.

70

Wem das Recht auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung mit dem Beklagten für das Jahr 1992  zustehen soll, ist in dem Überleitungsvertrag nicht ausdrücklich geregelt.   Der Überleitungsvertrag ist daher auszulegen. Der erkennende Senat schließt sich daher der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass die Klägerin zu 2) auch und gerade nach außen in alle vorhandenen oder "keimenden" Rechtspositionen des Klägers zu 1) habe eintreten sollen.

71

In § 3 Abs. 3 des Überleitungsvertrages ist geregelt, dass die "gGmbH ab 1.1.1993 in alle übrigen laufenden Verträge des Vereines" eintrete. Nach § 3 Abs. 4 des Überleitungsvertrages verpflichtet sich der Verein, für die unter Ziffer 1 bis 3 genannten Verträge die Einverständniserklärungen  der jeweiligen Vertragspartner einzuholen.  In § 3 Abs. 1 des Überleitungsvertrages ist geregelt, dass die gGmbH ab dem 1. Januar 1993 in die Rechte und Pflichten des Vereines aus den Verträgen mit den Betreuten und den Kostenträgern eintrete. Hieraus folgt nach Auffassung des Senats , dass die Klägerin zu 2) nach dem Willen der Kläger ab dem 1. Januar 1993 auch in laufende Pflegesatzvereinbarungen mit dem Beklagten habe eintreten sollen. Die Kläger wollten mit Wirkung ab dem 1. Januar 1993 einen vollständigen Übergang der Einrichtung von dem Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) - mit Ausnahme der Rechte und Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Grundbesitz des Vereines (§ 1 Abs. 2 Satz 2 des Überleitungsvertrages) - vollziehen. Hinweise darauf, dass der Kläger zu 1) neben der Klägerin zu 2) nach dem 1. Januar 1993 weiter geschäftlich tätig sein sollte, sind nicht ersichtlich.

72

Gegen die Aktivlegitimation des Klägers zu 1) für den Anspruch gegen den Beklagten auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für 1992 für den "Arbeitsbereich WfB" spricht ferner, dass die Vereinbarungen für alle übrigen Bereiche für das Jahr 1992 zwischen dem Beklagten und der Klägerin zu 2) - und nicht etwa dem Kläger zu 1) - abgeschlossen worden sind. Schon in den bis zum 17. Februar 1994 bei dem Beklagten eingereichten Selbstkostenblättern für 1992 für jene Bereiche ist als Träger jeweils die "Lebenshilfe gGmbH i.G." eingetragen. Sodann hat im Jahre 1995 die Klägerin zu 2) die jeweiligen Pflegesatzvereinbarungen für 1992 für die Wohnheime I bis IV und für die Fördergruppe der Werkstatt mit dem Beklagten geschlossen. Wenn also für alle übrigen Bereiche für das Jahr 1992 schon die Klägerin zu 2) tätig geworden ist und nach dem Überleitungsvertrag hat tätig werden dürfen, spricht nichts für die Annahme, nach dem Überleitungsvertrag habe allein der Abschluss der Pflegesatzvereinbarung für 1992 für den Arbeitsbereich dem Kläger zu 1) vorbehalten bleiben sollen. Der Umstand, dass in dem am 5. September 1996 unterschriebenen Selbstkostenblatt für 1992 für den Arbeitsbereich der Kläger zu 1) als Einrichtungsträger angegeben ist, lässt sich vielmehr mit dem Anliegen erklären, insoweit die Verbindlichkeit der Fristenregelung in der Ergänzungsvereinbarung auszuschließen, da der Kläger zu 1) der Ergänzungsvereinbarung nicht beigetreten sei. Dieses Anliegen hat sich aber erst lange nach Abschluss des Überleitungsvertrages vom 29. Dezember 1992, nämlich nachdem die in der Ergänzungsvereinbarung vom 15. März/5. April 1994 genannte Frist für die Vorlage von Selbstkostenblättern verstrichen war, ergeben, kann also die Auslegung des Überleitungsvertrages nicht maßgeblich beeinflussen.

73

Die Einwendungen der Kläger vermögen nicht zu überzeugen. Soweit sie sich auf die Regelung des § 1 Abs. 1 des Überleitungsvertrages berufen, wonach der Verein zum 1. Januar 1993 (mit im einzelnen genannten Ausnahmen) alle Aktiva und Passiva nach Maßgabe der Bilanz zum 31. Dezember 1992 an die gGmbH überträgt, lässt sich hieraus nicht die Aktivlegitimation des Klägers zu 1) für den geltend gemachten Anspruch herleiten. Der Senat geht davon aus, dass der geltend gemachte Anspruch - wie von den Klägern behauptet - nicht in der zum 31. Dezember 1992 erstellten Bilanz enthalten ist. Dem Umkehrschluss der Kläger, dass Ansprüche, die nicht Gegenstand der Bilanz zum 31. Dezember 1992 gewesen seien, nicht von der Rechtsnachfolge erfasst worden seien mit der Folge, dass der Kläger zu 1) insoweit noch Inhaber dieser Ansprüche sei, findet aber weder im Überleitungsvertrag noch in den Gesamtumständen eine Stütze. Anders als etwa der Grundbesitz und die damit im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten, die Beteiligung an der GmbG sowie sonstiges Vereinsvermögen, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäftszweck der gGmbH steht oder für die satzungsgemäße Fortführung des Vereines notwendig ist, ist der streitgegenständliche Anspruch nicht ausdrücklich von der Rechtsnachfolge ausgenommen worden (vgl. § 1 Abs. 1 des Überleitungsvertrages). Aus den Gesamtumständen ergibt sich vielmehr, dass die Klägerin zu 2) die Einrichtung ab dem 1. Januar 1993 insgesamt, also auch unter Einschluss früher entstandener Ansprüche und Forderungen, mit Ausnahme der in § 1 Abs. 1 des Überleitungsvertrages ausdrücklich geregelten Gegenstände, fortführen sollte.  

74

Auch das weitere Argument der Kläger aus § 1 Abs. 2 Satz 1 des Überleitungsvertrages vermag nicht zu überzeugen. Dem Wortlaut nach tritt die gGmbH zwar zum 01.01.1993 in sämtliche Rechte und Verpflichtungen ein, welche die Einrichtungen des Vereins für die Betreuung und Rehabilitation Behinderter betreffen. Hierdurch wird nach Auffassung des Senats aber nur betont, dass eine (umfassende) Rechtsnachfolge zum 1. Januar 1993 beabsichtigt war. Mit der Formulierung "zum 01.01.1993" ist geregelt, dass mit Wirkung ab dem 1. Januar 1993 der Betrieb der Einrichtung von dem Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) übergeht. Diese Auffassung deckt sich im übrigen mit der Vorbemerkung des Überleitungsvertrages. Hier ist  nicht bestimmt, dass vor dem 31. Dezember 1992 entstandene Ansprüche bei dem Kläger zu 1) verbleiben sollen. In § 1 Abs. 2 Satz 1 des Überleitungsvertrages ist vielmehr ausdrücklich geregelt, dass die gGmbH nicht schon vor dem 1. Januar 1993 (teilweise) Rechte und Verpflichtungen des Klägers zu 1) übernimmt, sondern erst zum 1. Januar 1993 (umfassend) als Rechtsnachfolgerin in sämtliche - bestehende - Rechts und Verpflichtungen eintritt. Entgegen der Auffassung der Kläger bedeutet dies nicht eine Rechtsnachfolge vor dem 31. Dezember 1992. Der streitgegenständliche Anspruch ist vielmehr vor dem 31. Dezember 1992 entstanden und wird von der Klägerin zu 2) nach dem 1. Januar 1993 im Einklang mit dem Überleitungsvertrag weiter verfolgt.

75

Auch aus § 1 Abs. 3 des Überleitungsvertrages lässt sich ein anderes Ergebnis nicht herleiten. Dort ist geregelt, dass die gGmbH sämtliche Verbindlichkeiten des Vereins übernimmt. Hieraus ergibt sich aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht der Umkehrschluss, dass "positive Rechtspositionen" vom Übergang ausgeschlossen sind. Aus § 1 Abs. 1 und 2 des Überleitungsvertrages und insbesondere der Vorbemerkung ergibt sich vielmehr - wie dargelegt -, dass ein umfassender Rechtsübergang von dem Kläger zu 1) auf die Klägerin zu 2) zum 1. Januar 1993 beabsichtigt war. In § 1 Abs. 3 Satz 1 des Überleitungsvertrages sind lediglich die Verbindlichkeiten gesondert erwähnt und geregelt worden. Ein Umkehrschluss kann hieraus nicht abgeleitet werden.

76

Die Kläger können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Übergang von Passiva und komplexen Rechtspositionen, zusammengesetzt aus Rechten und Pflichten, die Mitwirkung des jeweiligen Dritten/Gläubigers voraussetze. Die Klägerin zu 2) ist Rechtsnachfolgerin des Klägers zu 1). Sie kann daher - und das entspricht auch dem Überleitungsvertrag - Rechte des Klägers zu 1), die im Jahre 1992 entstanden sind, im eigenen Namen geltend machen. Eine gesetzliche Regelung, wonach im Falle der Rechtsnachfolge die Zustimmung des Beklagten für die Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs erforderlich wäre, besteht nicht. Der Beklagte beruft sich auch nicht hierauf.

77

Die Klage des Klägers zu 1) ist folglich mangels Aktivlegitimation unbegründet. Nicht der Kläger zu 1), sondern nur die Klägerin zu 2), dessen Rechtsnachfolgerin, ist Inhaberin des streitigen Anspruchs auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992.

78

2. Ein Anspruch der Klägerin zu 2) gegen den Beklagten auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 für den Arbeitsbereich der Werkstatt besteht ebenfalls nicht. Diesem Anspruch steht die Wirksamkeit der Ergänzungsvereinbarung vom 15. März 1994/5. April 1994 zur Pflegesatzrahmenvereinbarung vom 26. Juni 1980 entgegen.

79

Die Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung ist für die Klägerin zu 2) verbindlich. Der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband (DPWV) ist der Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung am 15. März 1994 wirksam beigetreten. Damit ist die Ergänzungsvereinbarung auch für die Klägerin zu 2) verbindlich. Weder die Klägerin zu 2) noch der DPWV sind in der Liste der Einrichtungsträger der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, die nicht der Ergänzungsvereinbarung zur Pflegesatzrahmenvereinbarung beigetreten sind (Stand: 23. März 1994), aufgeführt. Da die Klägerin zu 2) durch Abschluss des Überleitungsvertrages in sämtliche von der Überleitung erfassten Rechtspositionen des Klägers zu 1) eingetreten ist, sind ihr bereits aus diesem Grunde die Handlungen des DPWV zuzurechnen. Denn der Kläger zu 1) war unstreitig Mitglied des DPWV. Die Behauptung der Klägerin zu 2), sie sei erst im November 1994 Mitglied des DPWV geworden, steht dieser Annahme nicht entgegen. Sie selbst ist nach außen hin wesentlich früher als Mitglied des Verbandes aufgetreten. So hat sie beispielsweise in dem Selbstkostenblatt 1992 für die "Fördergruppe an WfB", das unter dem 20. September 1993 von ihrem Geschäftsführer unterschrieben worden ist, als "Verband" angegeben: "DPWV". Ferner hat sie in der "Rückmeldung" vom 15. März 1994 an den Verband erklärt, sie trete der "Zusatzvereinbarung" bei, und in dem Schreiben an den Beklagten vom 24. Oktober 1994 mitgeteilt, sie sei "der Ergänzungsvereinbarung beigetreten". Dies alles spricht dafür, dass die Klägerin zu 2) sich den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 15. März 1994 zurechnen lassen muss. Aber auch unabhängig hiervon muss die Klägerin zu 2) den Beitritt des DPWV zur Ergänzungsvereinbarung am 15. März 1994 gegen sich gelten lassen. Denn die Klägerin zu 2) ist auch bei einem späteren Eintritt in den DPWV rückwirkend in die Ergänzungsvereinbarung mit einbezogen worden. Der DPWV hat bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 15. März 1994 für seine Mitglieder gehandelt. Er ist dabei nicht für einzelne, namentlich benannte Mitglieder, sondern für alle seine Mitglieder aufgetreten.    

80

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass für die Klägerin zu 2) die Regelung in der Ergänzungsvereinbarung in Abschnitt IV Nr. 1, verbindlich ist. Danach gilt für Einrichtungen, von denen Selbstkostenblätter für einzelne oder mehrere Jahre im Zeitraum bis einschließlich 1993 bis zum 17. Februar 1994 noch ausstanden, jeweils der Pflegesatz einschließlich Gewinn- und Verlustausgleich als vereinbart, der in Anwendung der Nr. 6.7 der Pflegesatzrahmenvereinbarung gegebenenfalls nach gesonderter Anerkennung durch das Landesamt gemäß Satz 2 der Nr. 6.7 als Abschlagspflegesatz gezahlt worden ist. Für das Jahr 1992 (und auch das Jahr 1993) hat die Klägerin zu 2) unstreitig vom Beklagten die entsprechenden Abschlagszahlungen erhalten. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin zu 2) gegen den Beklagten ist aufgrund der Regelung in Abschnitt IV Nr. 1 der Ergänzungsvereinbarung ausgeschlossen, da die Klägerin bis zum maßgeblichen Stichtag, dem 17. Februar 1994, das Selbstkostenblatt für 1992 für den Arbeitsbereich der Werkstatt (und auch die Selbstkostenblätter für 1993) nicht vorgelegt hat.

81

Der Beklagte hat die Selbstkostenblätter für das Jahr 1993 am 18. Februar 1994 erhalten. Das Selbstkostenblatt für das Jahr 1992  für den Arbeitsbereich der Werkstatt für Behinderte ist am 16. Oktober 1996  bei dem Beklagten eingegangen. Es kann dahinstehen, ob - wie die Kläger wohl meinen - die Vorlage des Selbstkostenblattes 1994 mit testierten Ist-Kosten für das Jahr 1992 gleichzeitig als Vorlage des Selbstkostenblattes 1992 gelten kann. Denn die Klägerin zu 2) hat nach ihren eigenen Angaben auf Seite 5 der Klageschrift vom 30. Dezember 1996 das Selbstkostenblatt 1994 dem Beklagten erst im März 1994, also jedenfalls nach dem 18. Februar 1994, vorgelegt.

82

In der Ergänzungsvereinbarung ist als Stichtag (Abgabetermin) eindeutig der 17. Februar 1994 festgelegt. Diese Festlegung ist verbindlich. Zwar mag es sein, dass es zwischen dem Niedersächsischen Sozialministerium und den in der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen zusammengeschlossenen Spitzenverbänden im Vorfeld des Abschlusses der Ergänzungsvereinbarung unterschiedliche Auffassungen über das Ende der Ausschlussfrist gab. Der DPWV hat dies in seiner Stellungnahme an das Niedersächsische Sozialministerium vom 9. November 1994 beschrieben. Im Ergebnis ist dann in der Ergänzungsvereinbarung aber eindeutig der 17. Februar 1994 als maßgeblicher Stichtag festgelegt worden. Offensichtlich war den Beteiligten bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung am 15. März 1994/5. April 1994 auch bewusst, dass die Klägerin zu 2) diese Frist für die Abgabe des Selbstkostenblattes für 1992 und der Selbstkostenblätter für 1993 nicht gewahrt hat. Die Klägerin zu 2) hat hinsichtlich der Selbstkostenblätter für 1993 offensichtlich auf die mündliche Zusage der Staatssekretärin G.-R. vertraut.

83

Die gegenteilige Auffassung der Kläger vermag nicht zu überzeugen. Maßgeblich ist die Fristenregelung der Ergänzungsvereinbarung. Diese ist bei Abschluss der Vereinbarung zwar rückwirkend festgelegt worden; dies ist aber von der Vertragsfreiheit gedeckt.

84

Pflegesatzvereinbarungen im Sinne von § 93 Abs. 2 BSHG sind öffentlich-rechtliche Verträge (BVerwG, Urt. v. 30.09.1993, - 5 C 41.91 -, BVerwGE 94, 202 = NVwZ 1995, 56, Leitsatz 1). Der Träger der Freien Wohlfahrtspflege hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Sozialhilfeträgers über den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG (ebenda Leitsatz 2). Die hier geschlossene Ergänzungsvereinbarung ist im Kontext mit der Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip und der Einführung des prospektiven Pflegesatzes (§ 93 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BSHG) zu sehen. Nach dem Selbstkostendeckungsprinzip wurden dem Einrichtungsträger vom Sozialhilfeträger auf der Grundlage von Selbstkostenblättern die Personal- und Sachkosten der nachgewiesenen Selbstkosten entsprechend den Vorgaben in den Pflegesatzvereinbarungen erstattet (vgl. Marschner, Einführung prospektiver Pflegesätze im Recht der Sozialhilfe, NVwZ 1995, 42). Auch nach der alten Rechtslage mussten die Kostenvereinbarungen dabei den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit genügen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.12.1998, - 5 C 29.97 -, BVerwGE 108, 56 = NVwZ-RR 1999, 443 ff.). Hieraus folgt aber entgegen der Auffassung der Kläger nicht, dass die Ergänzungsvereinbarung mit dem festgestellten Inhalt nichtig wäre. Ebenso wie das Verwaltungsgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass die Ergänzungsvereinbarung nicht gegen das Selbstkostendeckungsprinzip verstößt. Die von den Klägern gerügte Unterschreitung der Selbstkosten für die Jahre 1992 und 1993 ist vielmehr eine Folge der Nichteinhaltung der vereinbarten Ausschlussfrist bis zum 17. Februar 1994. Der Beklagte hat den Hintergrund der Ergänzungsvereinbarung nachvollziehbar beschrieben: Danach sei Sinn und Zweck der Vereinbarung gewesen, die Umstellung vom sogenannten "Selbstkostendeckungsprinzip" zum "Prinzip der prospektiven Entgeltvereinbarung" vor allem in verwaltungstechnischer Hinsicht zu vollziehen. Die Situation sei so gewesen, dass seinerzeit in erheblichem Umfang die Vereinbarung endgültiger Pflegesätze für die Jahre 1993 und davor noch nicht vollzogen gewesen sei. Die Rechtsänderung habe es geboten, Regelungen zu treffen, die einen reibungslosen Übergang gewährleisteten. Zur Verfahrensvereinfachung und Verfahrensvereinheitlichung habe man vorgesehen, bis zu einem bestimmten Stichtag (17. Februar 1994) vorgelegte Anträge in Form von Selbstkostenblättern noch im "alten Verfahren" zu bearbeiten (vgl. zu diesen Übergangsproblemen auch Marschner a.a.O.). Dadurch, dass der Abgabetermin 17. Februar 1994 schriftlich erst am 15. März/5. April 1994 vereinbart worden ist, ist von den Einrichtungsträgern nichts Unmögliches verlangt worden. Denn ihnen war dieser in Aussicht genommene Termin aus den Vorverhandlungen bekannt und sie hatten Gelegenheit, sich darauf einzustellen und den Termin einzuhalten, wie es offenbar alle anderen Einrichtungsträger, die der Ergänzungsvereinbarung beigetreten sind, getan haben.   

85

Das Verwaltungsgericht hat  des Weiteren zutreffend angenommen, dass die in der Ergänzungsvereinbarung festgelegte Abgabefrist (17. Februar 1994) auch bei Berücksichtigung der von der damaligen Staatssekretärin im Sozialministerium, Frau G.-R., gegenüber dem Verbandsdirektor des DPWV, H., am 26. Januar 1994 telefonisch abgegebenen Erklärung wirksam ist. Das Verwaltungsgericht hat unterstellt, dass Frau G.-R. in diesem Telefongespräch die Verschiebung des Termins auf den 18. Februar 1994 zugesagt habe, und daher dem in der mündlichen Verhandlung am 21. März 2000 gestellten Hilfsbeweisantrag nicht weiter nachzugehen brauchen. Denn es hat angenommen, die Zusage sei rechtlich nicht verbindlich, da sie nicht schriftlich erteilt worden sei. Auch die Kläger haben nicht behauptet, dass die Zusage schriftlich erteilt worden sei. Für die Richtigkeit der mündlichen Erklärung der Staatssekretärin G.-R. sprechen allerdings die im Klageverfahren vorgelegten Telefonvermerke vom 27. Januar 1994 und 2. Februar 1994. Danach hat die damalige Staatssekretärin G.-R. am 26. Januar 1994 in einem Telefongespräch dem Verbandsvorsitzenden des DPWV, Herrn H., die Terminsverschiebung vom 11. Februar 1994 auf den 18. Februar 1994 zugesagt. In einem weiteren Telefongespräch, das Ende Januar 1994 oder Anfang Februar 1994 zwischen der Staatssekretärin und dem stellvertretenden Verbandsvorsitzenden Herrn H. geführt worden ist, hat Frau G.-R. mitgeteilt, dass endgültiger Abgabetermin der 17. Februar 1994 sei; da sie aber die Angelegenheit nun endlich zum Abschluss bringen wolle, würden auch Abgaben, die am 18. Februar 1994 eingingen, berücksichtigt.

86

Die in den Telefongesprächen abgegebenen mündlichen Erklärungen der damaligen Staatssekretärin G.-R. sind rechtlich nicht als Zusicherung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu qualifizieren. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine Zusage. Aber auch diese bedarf, wenn sie sich auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bezieht, zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

87

Nach der Legaldefinition in § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X (die wörtlich mit der Regelung in § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG übereinstimmt) ist die Zusicherung eine von einer Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Die Zusicherung ist damit ein Unterfall der allgemeinen behördlichen Zusage (von Wulffen, SGB X, Komm., 4. Aufl., 2001, § 34 RdNr. 1). Die Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X (und auch im Sinne von § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) ist inhaltlich abzugrenzen von der allgemeinen Zusage sowie von Auskünften, Hinweisen und Beratungen. Die Zusicherung entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung und setzt deshalb einen Verpflichtungswillen der Behörde voraus (Pickel, SGB X, Komm., Stand: Oktober 2001, § 34 RdNr. 18; Stelkens, Bonk, VwVfG, Komm., 6. Aufl., 2001, § 38 RdNr. 1 ff.; Kopp, Raumsauer, VwVfG, Komm., 7. Aufl., 2001, § 38 RdNr. 7). Bei der Auskunft handelt es sich hingegen nur um eine unverbindliche Wissensmitteilung bezüglich Sach- und/oder Rechtsfragen (von Wulffen, SGB X, a.a.O., § 34 RdNr. 6). Ebenso wie bei der Auskunft fehlt auch bei der Beratung der Wille, eine Rechtsfolge zu setzen. Ob im Einzelfall eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X oder eine andere Handlungsform vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßgebend ist dabei der objektive Sinngehalt der Erklärung, wie also der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (BVerwGE 74, 15 (17); BVerwGE 102, 81 (84); BVerwGE 106, 129). Die Äußerung der damaligen Staatssekretärin im Niedersächsischen Sozialministerium, G.-R., dass auch Abgaben, die am 18. Februar 1994 eingingen, berücksichtigt würden, ist nicht nur als Hinweis oder Auskunft zu werten. Es handelt sich nicht um eine unverbindliche Wissensmitteilung bezüglich einer Sach- bzw. Rechtsfrage. Bei objektiver Würdigung aller maßgeblichen Begleitumstände und dem Zweck der Äußerung ist diese vielmehr dahingehend zu verstehen, dass die damalige Staatssekretärin eine verbindliche Erklärung abgeben wollte. Die Erklärung war aber nicht darauf gerichtet, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Es handelt sich somit nicht um eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X, sondern um eine allgemeine Zusage. Diese war darauf gerichtet, dass auch bei Eingang der entsprechenden Selbstkostenblätter am 18. Februar 1994 abweichend von der beabsichtigten Fristbestimmung in der Ergänzungsvereinbarung, die Regelungen in Abschn. IV Nr. 2 der Ergänzungsvereinbarung angewendet werden sollten. Da es sich bei der Pflegesatzvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt, ist die mündliche Äußerung der damaligen Staatssekretärin als Zusage auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu qualifizieren. (vgl. zu einer solchen Zusage VGH Mannheim, Urt. v. 28.10.1999, - 5 S 2149/97 -, NVwZ 2000, S. 1304 ff.).

88

Durch diese Zusage ist die in der Ergänzungsvereinbarung festgelegte Ausschlussfrist aber nicht wirksam geändert (verlängert) worden. Da es an der Schriftform der Erklärung der damaligen Staatssekretärin fehlt, ist der Beklagte nicht verpflichtet, auf der Grundlage dieser Äußerung entsprechende Pflegesatzvereinbarungen mit der Klägerin zu 2) abzuschließen.

89

Für die Zusicherung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die Schriftform unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung (Pickel, SGB X, Komm., a. a. O., § 34 RdNr. 25; von Wulffen, SGB X, a.a.O., § 34 RdNr. 6). Das Schriftformerfordernis dient der Rechtssicherheit und der Rechtsgewissheit; es hat eine Beweis- und Warnfunktion (vgl. BVerwG Urt. v. 25. 01.1995, 11 C 29.93, BVerwGE 97, 323, 327; Obermayer, VwVfG, Kommentar, 3. Aufl. 1999, § 38 Rn 24 ff). Eine nicht schriftlich erteilte Zusicherung (im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X) ist unwirksam. Ob auch in den Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X (bzw. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) nicht gegeben sind, das Schriftformerfordernis gilt, ist strittig. Auch für allgemeine Zusagen wird eine entsprechende Anwendbarkeit des Schriftformerfordernisses in § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG befürwortet (Stelkens, Bonk, a. a. O., § 38 RdNr. 33, 10 c m.w.N.). Nach dieser Auffassung soll eine entsprechende Anwendung des § 38 VwVfG allerdings nur auf zusicherungsähnliche allgemeine Zusagen (z.B. auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages oder auf eine sonstige zukünftige Ausgestaltung eines bestimmten Rechtsverhältnisses), nicht jedoch auf Zusagen, welche auf Vornahme von Realakten oder Geldleistungen gerichtet sind, erwogen werden. Auch in der Rechtsprechung wird in entsprechender Anwendung des § 38 VwVfG das Schriftformerfordernis vereinzelt auf allgemeine Zusagen erstreckt . Der VGH Mannheim führt in seiner Entscheidung vom 2. Juli 1990 aus, dass nach herrschender Meinung § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG auch dann Anwendung finde, wenn die Zusage nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern auf schlicht hoheitliches Handeln bzw. einen Realakt gerichtet sei (8 S 524/90,  NVwZ 1991, 79, 80 [BVerwG 28.08.1990 - BVerwG 1 A 52.90] , für den Fall einer Kostenzusage). Das Bundesverwaltungsgericht hat es hingegen in seiner Entscheidung vom 25. Januar 1995 offen gelassen, ob § 38 VwVfG generell auf solche Verwaltungsmaßnahmen anwendbar ist, die nach ihrer Rechtsnatur keine Verwaltungsakte sind, sondern reales Verwaltungshandeln zum Gegenstand haben (a.a.O. BverwGE 97, 323, 331). In der Entscheidung wird aber weiter ausgeführt, dass jedenfalls in Fällen, in denen eine solche öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit im Zusammenhang mit dem Erlass von Verwaltungsakten stehe, § 38 VwVfG auf reales Verwaltungshandeln entsprechend anwendbar sei. Insofern könnten auch die Rechtsfolgen keine anderen seien als bei der Zusicherung später zu erlassender Verwaltungsakte (BVerwG a.a.O.). Die Gegenmeinung verweist insbesondere darauf, dass eine analoge Anwendung von § 38 VwVfG auf nicht verwaltungsaktbezogene Zusagen ausscheide, da der Gesetzgeber bewusst nur die verwaltungsaktbezogene Zusage geregelt habe und es deshalb an einer planwidrigen Lücke fehle (Obermayer, a.a.O., § 38 Rn 12 m.w.N.).

90

Der erkennende Senat hält die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts und die Argumente in der Kommentierung bei Stelkens, Bonk für überzeugend. Zwischen der Verpflichtung einer Behörde, einen Verwaltungsakt zu erlassen oder zu unterlassen, und der Verpflichtung, (später) einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen, bestehen hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung der beiden Handlungsformen keine signifikanten Unterschiede. In beiden Fällen kommt der Gesetzeszweck des § 38 VwVfG bzw hier des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB X, nämlich die Schutzfunktion des Schriftformerfordernisses, zum Tragen. Sowohl bei einer Zusage, die auf den Erlass oder das Unterlassen eines Verwaltungsaktes gerichtet ist, als auch bei der Zusage auf Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages soll sich die Behörde vor der Abgabe der jeweiligen Erklärung über ihren Gegenstand, Inhalt und ihre Tragweite klar werden. Zugleich hat die Schriftform in beiden Fällen gleichermaßen eine Beweisfunktion (vgl. Stelkens, Bonk, a.a.O., § 38 RdNr. 34).

91

Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit ist deshalb für Erklärungen, die auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vortrages gerichtet sind, ebenfalls als Wirksamkeitserfordernis die Schriftform zu verlangen. Gerade bei Pflegesatzvereinbarungen, an denen für die Einrichtungsträger mehrere Verbände beteiligt sind, kommt es im Vorfeld zu vielfältigen Gesprächen und Verhandlungen. Wären bereits in diesem Stadium der Verhandlungen abgegebene mündliche Erklärungen der Beteiligten bindend, käme es zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit darüber, inwieweit der später schriftlich geschlossene Vertrag gilt oder ihm anders lautende mündliche Erklärungen vorgehen. Für das Schriftformerfordernis bei Zusagen, die auf den Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung gerichtet sind, spricht des Weiteren die gesetzgeberische Wertung, wonach für den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages grundsätzlich die Schriftform erforderlich ist (§§ 56 SGB X, 57 VwVfG), hingegen ein Verwaltungsakt gemäß §§ 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X, 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG sowohl schriftlich als auch mündlich oder in anderer Weise erlassen werden kann. Wird gegen das Schriftformerfordernis der §§ 56 SGB X, 57 VwVfG verstoßen, so ist der Vertrag formwidrig und deshalb nichtig (§ 125 BGB i.V.m. §§ 58 Abs. 1 SGB X, 59 Abs. 1 VwVfG).   

92

Da der geltend gemachte Anspruch der Klägerin zu 2) gegen den Beklagten auf Abschluss einer Pflegesatzvereinbarung für das Jahr 1992 für den Arbeitsbereich der Werkstatt nicht gegeben ist, braucht hier weder auf die Frage, ob vor Klageerhebung ein Schiedsstellenverfahren durchzuführen ist, noch auf die von dem Beklagten erhobene Einrede der Verjährung näher eingegangen zu werden.

93

3. Aus den dargelegten Gründen ist auch der Anspruch der Klägerin zu 2) gegen den Beklagten auf Abschluss von Pflegesatzvereinbarungen für das Jahr 1993 nicht gegeben. Auch insoweit wirkt sich die Fristbestimmung in der Ergänzungsvereinbarung vom 15. März 1994 / 5. April 1994 zu Lasten der Klägerin zu 2) aus.

94

Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag ist nicht zu entsprechen. Der Senat unterstellt die Behauptung der Kläger, dass die damalige Staatssekretärin Frau G.-R. mit dem Verbandsvorsitzenden des DPWV, Herrn H., und dem stellvertretenden Verbandsvorsitzenden, Herrn H., während der Verhandlungen über die Ergänzungsvereinbarung die Abgabe der Selbstkostenblätter bis zum 18. Februar1994 mündlich als fristwahrend vereinbart hat, als wahr. Die Kläger berufen sich auf Telefongespräche und behaupten nicht etwa, dass eine entsprechende schriftliche Vereinbarung geschlossen worden sei. Durch eine lediglich mündliche Erklärung ist die in der Ergänzungsvereinbarung vom 15. März 1994 /5. April 1994 enthaltene Fristbestimmung aber nicht wirksam geändert worden.

95

Schließlich kann sich die Klägerin zu 2) nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagte handele wider Treu und Glauben, wenn er - entgegen der mündlichen Zusage der damaligen Staatssekretärin - die Abgabe der Selbstkostenblätter für 1993 am 18. Februar 1994 nicht als rechtzeitig berücksichtige. Der Beklagte handelt nicht treuwidrig, sondern - wie dargelegt - gesetzmäßig, wenn er an dem schriftlich vereinbarten Abgabetermin festhält und eine mündliche Zusage als nicht bindend betrachtet. Dieses Handeln ist auch im Interesse der Gleichbehandlung mit den anderen Vertragspartnern, die sich auf den früheren Abgabetermin eingerichtet und ihn eingehalten haben, geboten.

96

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2188 Satz 2 VwGO.

97

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

98

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen, da die Rechtsfrage, ob eine Zusage, die sich auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages bezieht, zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedarf, grundsätzliche Bedeutung hat.