Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2001, Az.: 8 LB 3551/01
Begründung; Grundstückskäufer; Heilung; Klagebefugnis; Nachholen; Nachholen der Begründung; Verfahrensfehler; Verfahrensmangel; Vertretungsverbot; Vorkaufsrecht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 13.12.2001
- Aktenzeichen
- 8 LB 3551/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40465
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 09.04.2002 - AZ: 4 B 20/02
Rechtsgrundlagen
- § 48 Abs 3 S 3 NatSchG ND
- § 45 Abs 1 Nr 1 BRAO
- § 45 Abs 1 Nr 2 VwVfG ND
- § 45 Abs 2 VwVfG ND
- § 1 Abs 1 VwVfG ND
- § 42 Abs 2 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Der Käufer eines Grundstücks kann geltend machen, durch die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Grundstücksverkäufer in eigenen Rechten verletzt zu sein.
2. Die Naturschutzbehörde kann einen Verstoß gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG, der auf unzureichende Angaben zum Verwendungszweck des Grundstücks bei der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zurückzuführen ist, durch ergänzende Angaben im gerichtlichen Verfahren nach § 1 Abs. 1 Nds.VwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG heilen.
3. Die Rechtmäßigkeit der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist nicht davon abhängig, dass das betroffene Grundstück in angemessener Zeit zu dem angegebenen Zweck verwendet wird. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn von vornherein feststeht, dass die beabsichtigte Verwendung des Grundstücks in angemessener Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist.
4. Ein Verstoß gegen das Vertretungsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO hat weder die Unwirksamkeit der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht noch die Unwirksamkeit der von ihm vorgenommen Verfahrenshandlungen zur Folge
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.
Der Kläger kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. Dezember 1997 das Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung K. zum Preis von 20.437,68 DM von der Grundstückseigentümerin H. S.. Dieses ca. 3,29 ha große Grundstück liegt im Geltungsbereich der Verordnung über das Naturschutzgebiet "L Landgrabenniederung" in den Gemeinden L. und L., Samtgemeinde L., Landkreis L (Amtsblatt für den Regierungsbezirk L vom 1. März 1992), die die Bezirksregierung L am 17. Februar 1992 erlassen hat.
Der Rechtsanwalt und Notar K. legte den von ihm beurkundeten Kaufvertrag dem Beklagten am 18. Dezember 1997 mit der Bitte um Erteilung einer Grundstücksverkehrsgenehmigung vor. Daraufhin genehmigte der Beklagte den Vertrag durch Bescheid vom 13. Januar 1998.
Danach übte der Beklagte durch Bescheid vom 19. Februar 1998 das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten des Landes Niedersachsen auf Weisung der Bezirksregierung Lüneburg aus. Zur Begründung gab er an, dass der Ankauf des Grundstücks für die weitere Entwicklung des Naturschutzgebiets "L Landgrabenniederung" wichtig sei. Nach der Naturschutzgebietsverordnung seien die Aufgabe und die weitgehende Extensivierung der Nutzung geeignete Entwicklungsmaßnahmen für die Lüchower Landgrabenniederung. Diese Maßnahmen könnten aber nur dann in dem erforderlichen Umfang realisiert werden, wenn die unter Schutz gestellten Flächen in das Eigentum des Landes Niedersachsen übergingen. Daher sei der Erwerb des Grundstücks erforderlich.
Gegen diesen Bescheid erhoben der Kläger und die Grundstückseigentümerin am 2. März 1998 Widerspruch, mit dem sie einwandten, dass das Vorkaufsrecht nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zwei-Monats-Frist ausgeübt worden sei.
Die Bezirksregierung L wies diesen Widerspruch durch Bescheid vom 26. März 1998, zugestellt am 3. April 1998, mit der Begründung zurück, dass der Beklagte das Vorkaufsrecht rechtzeitig ausgeübt habe. Nach § 510 Abs. 2 BGB, der gemäß § 48 Abs. 2 NNatSchG zur Anwendung gelange, müsse innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung eines rechtswirksamen Kaufvertrags von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden. Das sei geschehen, da der Kaufvertrag erst am 15. Januar 1998 wirksam geworden sei.
Daraufhin haben der Kläger und die Grundstückseigentümerin am 4. Mai 1998, einem Montag, Klage erhoben, auf die Begründung ihres Widerspruchs verwiesen und ergänzend vorgetragen, dass der Niedersächsischen Landgesellschaft nach dem Grundstücksverkehrsgesetz ein bundesrechtliches Vorkaufsrecht zustehe, das dem landesrechtlichen Vorkaufsrecht vorgehe. Außerdem genüge die Begründung für die Ausübung des Vorkaufsrechts den Maßgaben des § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG nicht.
Der Kläger und die Grundstückseigentümerin haben beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 19. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L vom 26. März 1998 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L vertieft.
Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 15. März 2000 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der angefochtene Bescheid rechtmäßig sei. Die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 48 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG lägen vor, weil das verkaufte Grundstück in einem Naturschutzgebiet liege. Es bestünden zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass an dem Grundstück ein bundesrechtliches Vorkaufsrecht bestehe, das dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht nach § 48 Abs. 2 Satz 2 NNatSchG vorginge. Das Grundstücksverkehrsgesetz begründe kein Vorkaufsrecht. Außerdem sei nicht ersichtlich, dass ein Vorkaufsrecht nach den §§ 4 und 14 des Reichssiedlungsgesetzes zur Entstehung gelangt sei. Der Beklagte habe das Vorkaufsrecht auch ordnungsgemäß ausgeübt. Seine Angaben zum Verwendungszweck des Grundstücks genügten den Maßgaben des § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG. Weitere Ausführungen seien entbehrlich, zumal sie den Spielraum des Landes Niedersachsen bei der Durchsetzung der naturschutzrechtlichen Ziele unnötig einschränken würden. Das Vorkaufsrecht sei schließlich auch innerhalb der nach § 48 Abs. 2 Satz 3 NNatSchG i. V. m. § 510 Abs. 2 BGB maßgeblichen Zwei-Monats-Frist ausgeübt worden. Voraussetzung für den Beginn der Frist sei das Vorliegen eines wirksamen Kaufvertrags und der erforderlichen behördlichen Genehmigungen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, die der seinerzeit zuständige 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts durch Beschluss vom 8. Juni 2000 zugelassen hat.
Der Kläger begründet die Berufung wie folgt: Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil die Verordnung über das Naturschutzgebiet nichtig sei. Bei dem Erlass der Verordnung habe die Bezirksregierung L gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 NNatSchG verstoßen, da der Entwurf der Verordnung über das Naturschutzgebiet "L Landgrabenniederung" nicht bei den Mitgliedsgemeinden, sondern der Samtgemeinde L. ausgelegt worden sei. Die Bezirksregierung L habe außerdem nicht berücksichtigt, dass das von ihm erworbene Flurstück seit 25 Jahren Ackerland sei und daher wohl nicht unter Naturschutz gestellt werden könne. Der angefochtene Bescheid verstoße außerdem gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG, weil er ebenso wie der Widerspruchsbescheid keine näheren Angaben zum Verwendungszweck des Grundstücks enthalte. Dem Bescheid könne nicht entnommen werden, ob die Nutzung des Grundstücks aufgegeben oder nur extensiviert werden solle und welche der in Betracht kommenden Möglichkeiten der Nutzungsextensivierung verfolgt würden. Diesen Mangel habe der Beklagte durch seine Angaben im gerichtlichen Verfahren nicht heilen können. Da § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG eine materiell-rechtliche Vorschrift sei, sei § 45 VwVfG nicht anwendbar. Abgesehen davon sei eine Heilung von Begründungsmängeln nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG bei verfassungskonformer Anwendung des § 45 Abs. 2 VwVfG nach Erhebung der Klage ausgeschlossen. Selbst wenn dies anders wäre, wäre eine Heilung nicht erfolgt, weil § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nur das Nachholen der Begründung, nicht aber das vom Beklagten praktizierte Nachschieben von Gründen erfasse. Außerdem könnten Begründungsmängeln nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nur ex nunc geheilt werden, so dass der angefochtene Bescheid allenfalls nach Ablauf der Frist, in der das Vorkaufsrecht ausgeübt werden musste, rechtmäßig geworden sei. Abgesehen davon sei eine Entwicklung des von ihm gekauften Grundstücks im Sinne des Schutzzwecks der Naturschutzgebietsverordnung nicht möglich. Ein Anstauen des östlich des Flurstücks verlaufenden Entwässerungsgrabens führe nicht zu der vom Beklagten erhofften Vernässung. Der Hauptabzugsgraben, der an der nördlichen Grundstücksgrenze verlaufe, könne nicht angestaut werden, weil der Wasser- und Bodenverband die erforderliche Zustimmung dazu nicht erteilen würde. Eine extensive Nutzung des Grundstücks ohne Düngung sei ebenfalls nicht realisierbar, weil er aufgrund eines Pachtvertrags berechtigt sei, das Grundstück bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein landwirtschaftlich zu nutzen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg -- 7. Kammer -- vom 15. März 2000 zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und erwidert: Die Klage sei unzulässig, weil der angefochtene Verwaltungsakt mangels wirksamen Widerspruchs bestandskräftig geworden sei. Der Widerspruch sei nicht wirksam gewesen, da der Rechtsanwalt und Notar K. diesen Rechtsbehelf namens der Vertragsparteien als Notar und namens des Klägers als Rechtsanwalt eingelegt und damit gegen §§ 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 28, 16 BNotO i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 8 BeurkG bzw. gegen § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verstoßen habe. Die Klage sei außerdem unbegründet. Die Naturschutzgebietsverordnung der Bezirksregierung Lüneburg vom 17. Februar 1992 weise keine Mängel auf. Außerdem genüge die Begründung für die Ausübung des Vorkaufsrechts § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG, weil er den Verwendungszweck ausreichend beschrieben habe. Im Übrigen wäre ein Verstoß gegen diese Bestimmung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG unbeachtlich, da die erforderliche Begründung bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden könne. Nach § 2 Abs. 2 der Naturschutzgebietsverordnung seien die Erhaltung bzw. Wiederherstellung eines hohen Grundwasserstandes und die Aufgabe bzw. Extensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung Voraussetzung für die langfristige Sicherung und Verbesserung der Lebensbedingungen der dortigen Flora und Fauna. Derartige Maßnahmen seien aber nur auf den Flächen möglich, die im Eigentum der öffentlichen Hand stünden bzw. nicht genutzt würden, weil die bei Inkrafttreten der Verordnung ausgeübten Nutzungen von den Verboten der Verordnung weitgehend freigestellt seien. Daher habe das Land Niedersachsen in der Vergangenheit nach und nach Flächen angekauft und in den arrondierten Teilbereichen Stauanlagen in den Gräben errichtet, um einen hohen Grundwasserstand wiederherzustellen und die Flächen zu vernässen. Im Bereich des vom Kläger gekauften Grundstücks sei die angestrebte großräumige Wiedervernässung indessen noch nicht durchführbar, weil die Nutzbarkeit der westlich angrenzenden Ackerflächen nicht beeinträchtigt werden dürfe. Es sei aber möglich, den an der östlichen Grenze des Grundstücks vorhandenen Entwässerungsgraben anzustauen und die Fläche durch eine extensive Nutzung ohne Düngung auszumagern, um naturnähere Verhältnisse zu schaffen. Zu diesem Zweck habe er das Vorkaufsrecht ausgeübt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die beigezogenen Vorgänge der Bezirksregierung L zur Verordnung über das Naturschutzgebiet "L Landgrabenniederung" (Beiakten A -- O) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen, weil diese zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
Der Kläger ist klagebefugt, weil er nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch den angefochtenen Bescheid in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das Vorkaufsrecht wird nach § 48 Abs. 2 Satz 3 NNatSchG i.V.m. § 505 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar gegenüber dem Verkäufer des Grundstücks ausgeübt. Dieser Verwaltungsakt belastet aber auch den Grundstückskäufer, weil ihm durch die Ausübung des Vorkaufsrechts ein vertragliches Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.5.1982 -- 4 B 98.82 -- Buchholz 406. 11 § 25 a BBauG Nr. 1; BayVGH, Urt. v. 22.5.1995 -- 9 B 92. 1183/84 -- NuR 1995 S. 554 [VGH Baden-Württemberg 24.05.1995 - 10 S 240/95]; VGH Mannheim, Urt. v. 28.2.1991 -- 5 S 1222/90 -- NVwZ 1992 S. 898 [VGH Baden-Württemberg 28.02.1991 - 5 S 1222/90]; Blum/Agenda/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Komm., § 48 Rn. 13).
Der Beklagte kann gegen die Zulässigkeit der Klage ferner nicht mit Erfolg einwenden, dass der angefochtene Bescheid mangels wirksamen Widerspruchs bestandkräftig geworden sei. Dabei kann dahinstehen, ob der Rechtsanwalt und Notar K. bei der Erhebung des Widerspruchs für den Kläger -- wie vom Beklagten behauptet -- tatsächlich gegen das Vertretungsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verstoßen hat. Denn der Widerspruch wäre auch dann wirksam gewesen, weil ein derartiger Verstoß weder die Unwirksamkeit der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht noch die Unwirksamkeit der von ihm vorgenommenen Verfahrenshandlung zur Folge hat (vgl. Zöller, ZPO, Kommentar, 22. Aufl., § 78 Rn. 22 m. w. Nachw.; OLG Hamm, Urt. v. 17.10.1988 -- 8 U 58/88 -- MDR 1989 S. 266; Urt. v. 21.2.1989 -- 26 U 132/88 -- MDR 1989 S. 744). Nach § 114 a Abs. 2 Satz 1 BRAO sind Rechtshandlungen eines Rechtsanwalts im übrigen selbst dann wirksam, wenn sie unter Verstoß gegen ein Vertretungsverbot erfolgen, das wegen einer schuldhaften Verletzung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO nach §§ 113 Abs. 1, 114 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verhängt worden ist. Daher hat der angefochtene Bescheid entgegen der Annahme des Beklagten noch keine Bestandskraft erlangt.
Die Klage ist aber unbegründet, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung L rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid beruht auf § 48 Abs. 3 Sätze 1 und 2 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes -- NNatSchG -- vom 20. März 1981 (Nds. GVBl. S. 31) in der hier maßgeblichen Fassung vom 17. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 539, 543), wonach die Naturschutzbehörde das Vorkaufsrecht des Landes ausüben darf, wenn das Grundstück für Naturschutz und Landschaftspflege oder die Erholung der Allgemeinheit in Natur und Landschaft verwendet werden soll.
Dem Land Niedersachsen steht an dem eingangs bezeichneten Grundstück nach § 48 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG ein Vorkaufsrecht zu, weil dieses Grundstück im Geltungsbereich der Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet "L Landgrabenniederung" vom 17. Februar 1992 liegt. Begründete Anhaltspunkte dafür, dass diese Verordnung nichtig ist, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
Der Einwand des Klägers, dass die Naturschutzgebietsverordnung in formeller Hinsicht zu beanstanden sei, weil der Entwurf der Verordnung bei der Samtgemeinde L. und nicht in den betroffenen Mitgliedsgemeinden L. und L. ausgelegt worden sei, greift nicht durch. Nach § 30 Abs. 2 Satz 1 NNatSchG sind die Entwürfe der Verordnungen nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG mindestens einen Monat lang bei den Gemeinden, deren Gebiet betroffen ist, öffentlich auszulegen. Gegen diese Bestimmung hat die Bezirksregierung Lüneburg nicht verstoßen. Ausweislich der von ihr vorgelegten Verwaltungsvorgänge ist der Verordnungsentwurf mit Karten und Erläuterungen in der Zeit vom 5. Juli bis zum 5. August 1991 bei der Samtgemeinde L. sowie den Gemeinden L. und L. zu jedermanns Einsicht öffentlich ausgelegt worden. Die Darstellung des Klägers, die öffentliche Auslegung sei nur bei der Samtgemeinde L. erfolgt, ist daher unzutreffend. Im übrigen wäre ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 NNatSchG unbeachtlich. Nach § 30 Abs. 8 NNatSchG ist eine Verletzung der Vorschriften der Absätze 1 bis 3 nur beachtlich, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Verkündung der Verordnung schriftlich unter Angabe des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, bei der Naturschutzbehörde, die die Verordnung erlassen hat, geltend gemacht wird. Ein Verstoß gegen § 30 Abs. 2 Satz 1 NNatSchG ist bei der Bezirksregierung Lüneburg jedoch nicht rechtzeitig gerügt worden.
Es bestehen auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beanstanden ist. Das unter Naturschutz gestellte Gebiet erfüllt die Voraussetzungen, unter denen die obere Naturschutzbehörde Flächen nach § 24 Abs. 1 NNatSchG zu einem Naturschutzgebiet erklären kann. Die von der Bezirksregierung Lüneburg vorgelegten Unterlagen, insbesondere die Kartierungen durch das Niedersächsische Landesverwaltungsamt vom 25. Juli 1978 und 26. Juli 1979 und die im Auftrag der Bezirksregierung L im Juni 1979 erstellten "Faunistische Untersuchungen für das geplante Naturschutzgebiet 'L Landgrabenniederung'" von G und M belegen, dass das unter Schutz gestellte Gebiet schutzbedürftig ist, weil es schutzwürdigen Arten und Lebensgemeinschaften wildwachsender Pflanzen und wildlebender Tiere eine Lebensstätte bietet und sich durch besondere Eigenart und Vielfalt auszeichnet. Das Inventar an Pflanzengesellschaften reicht von Erlenbruchwäldern, Eichen-Hainbuchenwäldern, Birken-Eichenwäldern und Moorgebüschen über Hochstaudenflure und Feuchtwiesen bis hin zu Wasserpflanzengesellschaften, Klein- und Großseggenrieder und Röhrichtbeständen; 20 der nachgewiesenen Pflanzengesellschaften sind in der Roten Liste der in Niedersachsen gefährdeten Pflanzengesellschaften aufgeführt. Die Tierwelt des Gebiets ist ebenfalls vielfältig und besonders schutzbedürftig. 49 der in der "L Landgrabenniederung" lebenden Tierarten stehen in der Roten Liste der in der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten Tiere, 8 Arten gelten bundesweit sogar als vom Aussterben bedroht. Demgemäss bestimmt § 2 Abs. 1 der Naturschutzgebietsverordnung, dass das unter Schutz gestellte Gebiet insbesondere als Brut- und Nahrungsbiotop für zum Teil gefährdete bzw. vom Aussterben bedrohte Vogelarten und als Lebensraum für teilweise bestandsbedrohte Kleinsäuger, Amphibien und Wirbellosenarten zu erhalten und zu entwickeln ist.
Da das vom Kläger gekaufte Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung K. inmitten der L Landgrabenniederung liegt, ist seine Einbeziehung in das Naturschutzgebiet rechtlich nicht zu beanstanden. Die ackerbauliche Nutzung des Flurstücks, die der Bezirksregierung L bei Erlass der Naturschutzgebietsverordnung ausweislich der vorgelegten Verwaltungsvorgänge entgegen der Annahme des Klägers durchaus bekannt gewesen ist, steht dem nicht entgegen, weil auch die Ackerflächen der Lüchower Landgrabenniederung im Sinne des Schutzzwecks der Naturschutzgebietsverordnung entwickelt werden können, um den in diesem Gebiet vorkommenden gefährdeten Tierarten Rast- und Aufenthaltsmöglichkeiten sowie Nahrungsplätze zu bieten.
Das dem Land Niedersachsen zustehende naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht tritt auch nicht hinter einem Vorkaufsrecht aufgrund öffentlichen Bundesrechts zurück. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass ein bundesrechtliches Vorkaufsrecht, das dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht nach § 48 Abs. 2 Satz 2 NNatSchG vorginge, nicht besteht.
Der Beklagte hat das Vorkaufsrecht ferner rechtzeitig ausgeübt. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die nach § 48 Abs. 2 Satz 3 NNatSchG i. V. m. § 510 Abs. 2 BGB maßgebliche Zwei-Monats-Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts eingehalten worden ist, da diese Frist erst mit der Wirksamkeit des Kaufvertrages, die mit der Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung eintrat, in Gang gesetzt worden ist.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid genügt zwar den Maßgaben des § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG nicht, weil er aus den vom Kläger genannten Gründen den Verwendungszweck des Grundstücks nicht näher bezeichnet. Der Beklagte hat seine Angaben im Berufungsverfahren aber ausreichend konkretisiert und ergänzt und damit die erforderliche Begründung für der Ausübung des Vorkaufsrechts vor Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt. Daher ist die anfängliche Verletzung des § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG nach § 1 Abs. 1 Nds.VwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG unbeachtlich.
Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass ein Verstoß gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG nicht geheilt werden könne, weil § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG eine materiell-rechtliche Vorschrift sei. Denn diese Auffassung ist unzutreffend. § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG bestimmt nicht die Voraussetzungen, unter denen das Vorkaufsrecht besteht und ausgeübt werden darf, sondern die Anforderungen an die Begründung des Verwaltungsakts, durch den die Naturschutzbehörde das Vorkaufsrecht ausübt. Daher ist § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG anders als § 48 Abs. 3 Satz 2 NNatSchG nicht dem materiellen Recht, sondern dem Verfahrensrecht, das die Art und Weise des Verwaltungshandelns regelt (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Komm., § 1 Rdn. 39), zuzuordnen. Infolgedessen kann eine Verletzung dieser Bestimmung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG geheilt werden (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 28.2.1991, a. a. O.).
Eine Heilung des Verfahrensfehlers scheidet entgegen der Annahme des Klägers auch nicht deshalb aus, weil § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG das Nachschieben von Gründen nicht erfasst. Der Beklagte hat seine Angaben im angefochtenen Bescheid zum Verwendungszweck im gerichtlichen Verfahren nicht korrigiert oder ausgetauscht, sondern lediglich konkretisiert und ergänzt. Daher hat er keine Gründe nachgeschoben, sondern die erforderliche Begründung i. S. d. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG nachgeholt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 7. Aufl., § 45 Rn. 19; Knack, VwVfG, Komm., 7. Aufl., § 45 Rn. 26).
Einer Heilung des Begründungsmangels steht weiterhin nicht entgegen, dass der Beklagte die Begründung erst im Berufungsverfahren nachgeholt hat, weil Handlungen i. S. d. § 45 Abs. 1 VwVfG nach § 45 Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden können. Gegen diese Bestimmung wird zwar eingewandt, dass bei einer Nachholung der Begründung im gerichtlichen Verfahren eine Verkürzung verfassungsrechtlicher Rechte des Betroffenen nicht auszuschließen sei, weil eine Heilung im gerichtlichen Verfahren nur im Interesse der Behörde liege, deren Versäumnisse den Prozess möglicherweise erst ausgelöst habe (so Knack, § 45 Rn. 45). Dieser Einwand rechtfertigt die Annahme, dass § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG i. V. m. § 45 Abs. 2 VwVfG verfassungswidrig sei, jedoch nicht (vgl. Kopp/Ramsauer, § 45 Rn. 35; Obermayer; VwVfG, Komm., 3. Aufl., § 45 Rn. 4; Stelkens/Bonk/Sachs, § 45 Rn. 113 ff; Redeker, NVwZ 1997 S: 625, 626). Das gilt umso mehr, als die Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht gehindert ist, die Begründung eines Verwaltungsakts noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu ergänzen oder zu ändern, sofern der Verwaltungsakt durch die Berücksichtigung der geänderten Begründung nicht in seinem Wesen verändert wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.2.1993 -- 7 B 107.92 -- NVwZ 1993 S. 976 m.w.N). Außerdem besaß die Behörde schon in der Vergangenheit der Sache nach Möglichkeiten, wie sie ihr § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG nunmehr einräumt, weil es ihr frei stand, einen verfahrensfehlerfreien Zweitbescheid, der in das anhängige verwaltungsgerichtliche Verfahren einbezogen werden konnte, zu erlassen (vgl. Kopp/Ramsauer, § 45 Rn. 35). Schließlich werden auch gegen § 114 Satz 2 VwGO, der die prozessrechtliche Seite des Nachschiebens von Gründen bei Ermessensverwaltungsakten regelt (Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Komm., § 114 Rn. 12 c, m. w. Nachw.) und bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, keine ernsthaften verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben, obwohl diese Bestimmung auch dann anwendbar ist, wenn ein Defizit hinsichtlich der Begründung einer Ermessensentscheidung nicht nur materiell und verfahrensrechtlich, sondern nur verfahrensrechtlich besteht (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rn. 51). Dem Kläger wird im übrigen auch kein unzumutbares Kostenrisiko aufgelastet, wenn eine fehlende oder unvollständige Begründung erst im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wird. Muss er die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts infolge der nachgeholten Begründung anerkennen, kann er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklären oder die Klage zurücknehmen. In diesen Fällen bieten sowohl § 161 Abs. 2 VwGO als auch § 155 Abs. 5 VwGO die Möglichkeit, der beklagten Behörde die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wenn diese durch eine fehlende oder unzulängliche Begründung des Verwaltungsakts entstanden sind (Redeker/v. Oertzen, VwGO, Komm., 108 Rn. 37; Schenke, VerwArch 1999 S. 244).
Der Kläger kann des Weiteren nicht mit Erfolg einwenden, dass der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts bei Ablauf der Frist, in der das Vorkaufsrecht auszuüben war, nicht rechtmäßig gewesen sei. Zum einen wirkt die Heilung nach herrschender Meinung auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts zurück (Stelkens/Bonk/Sachs, § 45 Rn. 18 m. w. Nachw.; Knack, § 45 Rn. 15; a. A. Kopp/Ramsauer, § 45 Rn. 14.). Zum anderen wäre das Vorkaufsrecht auch dann fristgerecht ausgeübt worden, wenn die Heilung nur ex nunc eingetreten wäre. Die Fristwahrung ist zwar davon abhängig, dass das Vorkaufsrecht rechtzeitig ausgeübt wird. Es ist aber unerheblich, ob der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrecht rechtmäßig ist, da auch ein rechtswidriger Bescheid Rechtswirkungen entfaltet, sofern er -- was hier offensichtlich der Fall ist -- nicht nach § 44 VwVfG nichtig ist.
Schließlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass das Anstauen des östlich des Grundstücks verlaufenden Entwässerungsgrabens nicht zu der vom Beklagten erhofften Vernässung führen könne und eine extensive Nutzung ohne Düngung auf lange Zeit nicht möglich sei, weil er aufgrund eines Pachtvertrages berechtigt sei, das Grundstück bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein zu bewirtschaften. Die Naturschutzbehörde darf das Vorkaufsrecht nach § 48 Abs. 3 Satz 2 NNatSchG ausüben, wenn das Grundstück für Naturschutz und Landschaftspflege oder die Erholung der Allgemeinheit in Natur und Landschaft verwendet werden soll. Daher muss bei der Ausübung des Vorkaufsrechts die Absicht bestehen, das Grundstück einer derartigen Verwendung zuzuführen. Die Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ist hingegen nicht davon abhängig, dass das Grundstück auch in angemessener Zeit für den angegebenen Zweck verwendet wird. Geschieht das nicht, kann der Kläger nach § 48 Abs. 3 Satz 4 NNatSchG lediglich verlangen, dass ihm das Grundstück gegen Erstattung des Kaufpreises übereignet wird. Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann daher allenfalls dann rechtswidrig sein, wenn von vorne herein feststeht, dass die beabsichtigte Verwendung des Grundstücks in angemessener Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist. Davon ist im vorliegenden Fall aber nicht auszugehen. Dass der Kläger Pächter des Flurstücks ist, schließt es nicht aus, das Grundstück extensiv zu bewirtschaften. Der Kläger kann aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen bereit sein, in angemessener Zeit auf eine intensive landwirtschaftliche Nutzung der Fläche zu verzichten. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, dass er sich mit der Aufhebung des Pachtvertrags einverstanden erklärt, sofern ihm dadurch keine Nachteile entstehen oder entstehende Nachteile ausgeglichen werden. Möglicherweise kann das Land Niedersachsen den Pachtvertrag auch in angemessener Zeit kündigen. Weiterhin besteht entgegen der Darstellung des Klägers die Möglichkeit, das Grundstück durch den Anstau des östlichen Entwässerungsgrabens zu vernässen, weil dieser Anstau verhindern würde, dass das Wasser, das sich am Rande des mit einer Drainage versehenen Grundstücks sammelt, abfließen kann. Eine Vernässung des Grundstücks setzt mithin nicht voraus, dass der Graben, der von Westen auf das Grundstück zuläuft, dem Grundstück Wasser zuführt. Außerdem ist nicht erkennbar, warum es nicht möglich sein soll, den Stau in diesem Graben jedenfalls zeitweilig zu beseitigen oder zu verringern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über deren vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.