Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.03.2023, Az.: 12 OA 136/22

Besprechung; Terminsgebühr; Zurückverweisung; Entstehung einer Terminsgebühr

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.03.2023
Aktenzeichen
12 OA 136/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 14075
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0328.12OA136.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 24.10.2022 - AZ: 1 A 605/21

Fundstellen

  • DÖV 2023, 568
  • FA 2023, 124
  • FA 2023, 181
  • NordÖR 2023, 294

Amtlicher Leitsatz

Aufgrund eines Telefongesprächs, das ein Rechtsanwalt außergerichtlich mit einem Behördenmitarbeiter führt, um ein Ereignis herbeizuführen, das einen Verwaltungsprozess erledigen soll, kann eine Terminsgebühr auch dann entstehen, wenn die Zuständigkeit des Behördenmitarbeiters zur Vornahme von Prozesshandlungen ungewiss ist, der Anwalt aber annehmen darf, dass die Herbeiführung des erledigenden Ereignisses in die behördeninterne Zuständigkeit seines Gesprächspartners fällt und dieser sich frühzeitig im Gesprächsverlauf darüber im Klaren ist, dass mit ihm gesprochen wird, um einen Rechtsstreit zu vermeiden oder zu erledigen. Im Falle einer Zurückverweisung der Sache im Kostenfestsetzungsverfahren durch das Beschwerdegericht an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle muss dem Urkundsbeamten nicht notwendig die Kostengrundentscheidung überlassen werden.

Tenor:

Soweit der Kläger seinen Kostenfestsetzungsantrag zurückgenommen hat, werden der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Stade vom 24. Mai 2022 sowie der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer (Berichterstatterin) - vom 24. Oktober 2022 für unwirksam erklärt und wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 1. Kammer (Berichterstatterin) - vom 24. Oktober 2022 auf die Beschwerde des Klägers aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des beschließenden Senates an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Stade zurückverwiesen.

Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebühren-, das Beschwerdeverfahren gerichtskostenfrei. Die gerichtlichen Auslagen des Erinnerungs- sowie die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungs- und des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger und der Beklagte je zur Hälfte.

Gründe

I.

Der Kläger verzog in den Zulassungsbezirk des Beklagten, scheiterte aber am 11. März 2021 mit dem Versuch, zwei Kraftfahrzeuge umzumelden, weil der Beklagte dies verweigerte, solange der Kläger Gebühren aus vorangegangenen Zulassungsvorgängen nicht vollständig entrichtet habe.

Der Beklagte untersagte dem Kläger sodann unter dem 6. bzw. 13. April 2021 (Bl. 48 f. der Gerichtsakte - GA -) den Betrieb der beiden Kraftfahrzeuge, weil der Kläger Aufforderungen nicht nachgekommen sei, das eine Fahrzeug auf seine neue Wohnanschrift umzumelden bzw. für das andere einen Nachweis über eine erfolgte Mängelbeseitigung vorzulegen. Der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt des Klägers erreichte eine Ratenzahlungsvereinbarung über die Gebührenrückstände (Bl. 30 ff. GA) und erhob am 7. Mai 2021 Klage gegen die Betriebsuntersagungen sowie darauf, die Ummeldungen ungeachtet der Gebührenrückstände vorzunehmen.

In einem Telefonat mit dem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt des Klägers am 11. Mai 2021 gab der Beklagte seine Bereitschaft zu erkennen, die Ummeldungen nicht länger zu verweigern. Nach deren Durchführung sowie der Vorlage des Nachweises der Mängelbeseitigung erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Das Verwaltungsgericht traf in seinem Einstellungsbeschluss vom 9. August 2021 (Bl. 69 ff. GA) eine Kostenentscheidung zulasten des Beklagten.

Der Kläger stellte am 17. August 2021 gegen den Beklagten einen Kostenfestsetzungsantrag (Bl. 76 ff. GA) und machte darin eine (versehentlich als "Einigungsgebühr" bezeichnete - vgl. Bl. 125 GA) Erledigungs- sowie eine Terminsgebühr seines Rechtsanwalts geltend. Dem Kostenfestsetzungsantrag wurde durch den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 24. Mai 2022 (Bl. 137 f. GA) voll entsprochen.

Auf die Erinnerung des Beklagten vom 3. Juni 2022 (Bl. 145 f. GA) gegen den ihm am 25. Mai 2022 zugestellten (Bl. 144 GA) Kostenfestsetzungsbeschluss hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss der Berichterstatterin vom 24. Oktober 2022 (Bl. 189 f. GA) unter Absetzung der beiden soeben genannten Gebührenposten den festgesetzten Erstattungsbetrag verringert. Die Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 RVG i. V. m. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 des Vergütungsverzeichnisses - VV - (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) sei als Folge davon nicht zur Entstehung gelangt, dass keine Erledigungsgebühr (§ 2 Abs. 2 RVG i. V. m. Nr. 1002 VV) entstanden sei. Wegen der Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht die Entstehung der Erledigungsgebühr verneint hat, wird auf die angefochtene gerichtliche Entscheidung Bezug genommen.

Nach der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 25. Oktober 2022 (Bl. 193 GA) hat der Kläger am 8. November 2022 (Bl. 195 f. GA) Beschwerde eingelegt.

In seiner Beschwerdebegründungsschrift vom 30. Januar 2023 (Bl. 208 f.) hat er seinen Kostenfestsetzungsantrag teilweise, und zwar hinsichtlich der Erledigungsgebühr, zurückgenommen.

Die Beteiligte streiten nun (nur) noch darüber, ob der Beklagte dem Kläger aufgrund der Kostenlastentscheidung in dem Einstellungsbeschluss des Verwaltungsgerichts die weiterhin geltend gemachte Terminsgebühr (Nr. 3104 VV) - 736,80 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer - zu erstatten (und dann auch zu verzinsen) hat.

Zur Begründung seines verbliebenen Beschwerdebegehrens macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht übersteigere die Anforderungen an das Anfallen einer Terminsgebühr, indem es darauf abstelle, es müsse zu einer Erledigung des Rechtsstreits gemäß § 1002 VV durch die Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsaktes gekommen sein . In der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Nr. 2 VV sei ausgeführt, dass die Terminsgebühr auch für die Wahrnehmung außergerichtlicher Termine und Besprechungen anfalle, die nicht auf die Erledigung, sondern auf die Vermeidung des Verfahrens gerichtet seien. Im vorliegenden Falle habe es Besprechungen gegeben, in denen sein anwaltlicher Prozessbevollmächtigter erreicht habe, dass der Beklagte davon abgerückt sei, die Begleichung seiner, der klägerischen, Außenstände von 3.491.36 EUR zur Vorbedingung der Durchführung der Ummeldung seiner, der klägerischen, Kraftfahrzeuge zu machen. Dadurch seien die Ummeldungen dieser Fahrzeuge möglich geworden, die zusammen mit der von ihm durchgeführten Mängelbeseitigung dazu geführt hätten, dass die Betriebsuntersagungsverfügungen des Beklagten vom 6. und 13. April 2021 gegenstandslos geworden seien und sich die Rechtssache erledigt habe. Die Besprechungen seines Prozessbevollmächtigten mit dem Beklagten hätten daher zu einer Vermeidung des (weiteren) Verfahrens über die Klage geführt.

Der Beklagte hat auf die Beschwerde nicht erwidert.

II.

Der Senat entscheidet als Spruchkörper (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 164 Rn. 16, m. w. N.), nachdem die Vorinstanz der Beschwerde nicht abgeholfen hat.

Soweit der Kläger in der Beschwerdebegründungsschrift vom 30. Januar 2023 seinen Kostenfestsetzungsantrag (im Sinne des § 164 VwGO) teilweise, und zwar bezüglich der in Ansatz gebrachten Erledigungsgebühr (Nr. 1002 VV), zurückgenommen hat, wird das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO eingestellt und sind der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle sowie der Beschluss der Berichterstatterin des Verwaltungsgerichts analog §?269 Abs.?3 Satz?1 ZPO (i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO) für wirkungslos zu erklären (vgl. Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 5. Aufl. 2018, § 164 Rn. 41).

Die verbleibende Beschwerde des Klägers ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Gegen die Zulässigkeit der Beschwerde bestehen keine Bedenken.

a) Der Kläger hat nach der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 25. Oktober 2022 (Bl. 193 GA) mit der Einlegung seines Rechtsmittels bei dem Beschwerdegericht am 8. November 2022 (Bl. 195 f. GA) die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gewahrt (§ 147 Abs. 2 VwGO).

b) Seine Kostenbeschwerde ist nicht nach § 146 Abs. 3 VwGO ausgeschlossen; denn der Wert (auch) seines verbleibenden Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 EUR.

c) Es liegt nicht deshalb eine Änderung des Gegenstandes des Kostenfestsetzungsverfahrens vor (und kann daher dahinstehen, ob deren Zulässigkeit in analoger Anwendung des § 91 VwGO Einschränkungen unterläge), weil sich der Kläger in der Beschwerdeinstanz für den Anfall der Terminsgebühr erstmalig auf die Erreichung des Besprechungsziels einer Vermeidung des (weiteren) Rechtsstreits beruft. Denn darin ist hier weder der Übergang auf einen anderen Kostensachverhalt noch auf einen nicht wesensgleichen Gebührentatbestand (vgl. Herget, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 104, Rnrn. 21.20 und 21.39) zu sehen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers ist begründet, weil gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, Satz 3 Nr. 2 (Unter-) Halbsatz 1 Alt. 2 VV und Nr. 3104 VV eine Terminsgebühr angefallen ist. Diese zählt nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu den stets erstattungsfähigen Gebühren eines Rechtsanwalts, sodass sich die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen des Klägers (§ 162 Abs. 1 VwGO), die hier nach § 164 VwGO als zu erstattende Kosten festzusetzen sind, entsprechend erhöhen.

Die Vorbemerkung 3 VV ist kein eigenständiger Gebührentatbestand. Sie definiert nur, unter welchen Voraussetzungen eine Terminsgebühr anfallen kann (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 25. Aufl. 2021, Vorb. 3 VV, Rn. 71). Ob und unter welchen Voraussetzungen die Terminsgebühr zur Entstehung gelangt, bestimmt sich letztlich erst nach der für die jeweilige Tätigkeit maßgeblichen Gebührennummer des Vergütungsverzeichnisses. Maßgeblich ist also, inwieweit eine solche Gebührennummer das durch die Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV in seiner Grundstruktur definierte Gebührenmuster aufgreift oder modifiziert.

Nach Nr. 3104 VV gilt folgendes: Wie sich u. a. aus der Vorbemerkung 3.1 VV ergibt, ordnet die Vorschrift zunächst - generell - den Anfall einer Terminsgebühr unter den Voraussetzungen (nur) der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV an. Aufgrund der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 1 VV kann jedoch (grundsätzlich) keine Terminsgebühr entstehen, wenn weder gerichtliche Termine noch außergerichtliche Termine oder Besprechungen stattgefunden haben. Deshalb erweitert Nr. 3104 Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 VV den Entstehungstatbestand der Terminsgebühr, und zwar unter anderem, um zu verhindern, dass ein Rechtsanwalt in Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung erzwungen werden kann, eine solche Verhandlung nur deshalb herbeiführt, um die Terminsgebühr zu erhalten (Müller-Rabe, a. a. O., 3104 VV, Rnrn. 13 f.). Diese Gebühr soll folglich - unter den besonderen in Nr. 3104 Anmerkung Abs. 1 Nr. 1 VV aufgezählten (engeren) Voraussetzungen - "auch" dann entstehen, wenn nur Schriftsätze gewechselt werden (Müller-Rabe, a. a. O., 3104 VV, Rnrn. 11 und 3). Diese besonderen Voraussetzungen müssen allerdings lediglich gegeben sein, wenn keine den Gebührentatbestand erfüllenden Termine oder Besprechungen durchgeführt wurden. Hat dagegen unter Mitwirkung des Rechtsanwalts eine Besprechung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 (Unter-)Halbsatz 1 Alt. 2 VV stattgefunden, bedarf es ihres Vorliegens nicht. Das gilt auch für den hiesigen Fall.

a) Angesichts der in der Klageschrift enthaltenen Anträge (Bl. 22 GA) und der in Kopie vorgelegten Vollmacht vom 19. April 2021 (Bl. 27 GA) hat der beschließende Senat keine Zweifel, dass den Rechtsanwälten des Klägers zum Zeitpunkt der Klageerhebung hinsichtlich der Streitgegenstände des Prozesses bereits ein unbedingter Auftrag als Prozessbevollmächtigte erteilt worden war (Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV).

b) Es liegen zudem die Voraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV vor.

aa) Auf die erste der in dieser Norm enthaltenen Tatbestandsalternativen (Mitwirkung des Rechtsanwalts an einer Besprechung, die auf die Vermeidung des Verfahrens gerichtet ist) beruft sich der Kläger allerdings zu Unrecht, soweit es Telefonate anbetrifft, die erst nach der Klageerhebung vom 7. Mai 2021 geführt worden sind. Denn die in der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV genannte "Vermeidung" bezieht sich nur auf Ansprüche, für die der Rechtsanwalt zwar bereits einen Verfahrensauftrag hat, die aber noch nicht rechtshängig sind (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., Vorb. 3 VV, Rn. 164; Bischof, in: Bischof/Jungbauer/Bräuer/Hellstab/Klipstein/Klüsener/Kerber, RVG, 9. Aufl. 2021, Vorb. 3 VV, Rn. 45). Namentlich das Telefonat am 11. Mai 2021 bezog sich jedoch auf bereits rechtshängige Ansprüche.

Inwieweit bereits jene Gespräche die Terminsgebühr zur Entstehung brachten, die der Rechtsanwalt des Klägers bereits am 19. April 2021 (vgl. Bl. 123 f. GA) mit Mitarbeitern (Frau E. bzw. Herrn F.) des Beklagten führte, mag hier dahinstehen.

bb) Denn jedenfalls die (besser dokumentierte) Besprechung am 11. Mai 2021 hat die Terminsgebühr entstehen lassen.

Es ist unbedenklich, dass mit dieser beschwerdegerichtlichen Würdigung die Besprechung vom 11. Mai 2021 unter eine andere Tatbestandsalternative der Terminsgebühr subsumiert wird, als in der Beschwerdebegründung geltend gemacht wird (vgl. oben unter II. 1. c).

Am 11. Mai 2021 hat der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt des Klägers außergerichtlich an einer Besprechung mit dem Beklagten (also nicht seinem Auftraggeber - vgl. Vorb. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 [Unter-]Halbsatz 2 VV) mitgewirkt, die auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtet gewesen ist.

Dafür reicht ein Gespräch, das - wie hier - nur fernmündlich geführt worden ist (Müller-Rabe, a. a. O., Vorb. 3 VV, Rn. 180; Bischof, a. a. O., Vorb. 3 VV, Rnrn. 50 und 66).

Im Gegensatz zu der in der Erinnerungsschrift vom 2. Juli 2022 (Bl. 146 GA) geäußerten Rechtsauffassung des Beklagten ist auch nicht erforderlich, dass die Besprechung als Einigungsgespräch geführt wurde. Denn das Gesetz enthält in Vorb. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 (Unter-)Halbsatz 1 Alt. 2 VV nichts Einschränkendes dazu, auf welche Weise das Ereignis herbeigeführt wird, das den Rechtsstreit erledigt. Deshalb genügt unter anderem auch eine Besprechung, in der die Gegenseite mit dem Ziel der Erledigung des Verfahrens zum Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs oder zu dessen Erfüllung bewegt werden soll (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., Vorb. 3 VV, Rnrn. 165 und 170 f.). Der Kläger macht geltend, gerade Letzteres sei hier hinsichtlich des mit dem Klageantrag zu 3. verfolgten Begehrens der Fall gewesen. Denn sein Rechtsanwalt habe, und zwar erfolgreich, in dem Telefonat am 11. Mai 2021 mit einer weiteren Mitarbeiterin des Beklagten (Frau G.) erreicht, dass der Beklagte (anders als in dem mit Frau E. geführten Telefongespräch) davon abgerückt sei, die vollständige Zahlung von Gebührenschulden aus anderen Zulassungsvorgängen - über die zwischenzeitlich die Ratenzahlungsvereinbarung getroffen worden sei (Bl. 30 ff. GA) - weiter zur Vorbedingung der Ummeldung der beiden Fahrzeuge zu machen. Dieses Vorbringen erscheint vor dem Hintergrund des § 6a Abs. 8 StVG (vgl. dazu Trésoret, in: Freymann/Wellner, jurisPK-StVR, 2. Aufl., § 6a StVG [Stand: 1.12.2021], Rnrn. 98 f.) und des § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Verminderung des Erhebungs- und Vollstreckungsaufwandes bei Kosten für die Zulassung von Fahrzeugen vom 21. Juni 2006 (Nds. GVBl. 2006, S. 238) i. d. F. des Gesetzes vom 16.3.2011 (Nds. GVBl. 2011, S. 77) als nachvollziehbar und glaubhaft, zumal die entsprechende Bereitschaft der Behörde unter dem 11. Mai 2021 schriftlich bestätigt wurde (Bl. 110 GA).

Die dokumentierten Themen (vgl. Bl. 107 ff. GA) der Unterredung vom 11. Mai 2021 deuten zudem darauf hin, dass damals eine Besprechung geführt wurde, die auch im Übrigen auf die Erledigung des Rechtsstreits gerichtet war (vgl. zur etwaigen Bedeutung dieses Gesichtspunktes: Müller-Rabe, a. a. O., Vorb. 3 VV, Rnrn. 167 f. und die Begründung der Streitwertfestsetzung der Vorinstanz - Bl. 70 GA). Denn es wurde hiernach insbesondere besprochen, unter Vorlage welcher Unterlagen der Kläger den bislang unterlassenen Nachweis der Mängelbeseitigung und die zuvor nicht erfolgte Ummeldung seiner hier betroffenen beiden Kraftfahrzeuge vornehmen sollte, um die Betriebsuntersagungen zu beenden und insoweit eine weitere Eskalation zu verhindern (vgl. Bl. 90, 95 und 110 GA). Ob diese Beendigung (wie es wohl dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vorschwebte - vgl. Bl. 54 f. GA) über eine nachfolgende ausdrückliche behördliche Aufhebung der Betriebsuntersagungsverfügungen in eine prozessuale Erledigung des Rechtsstreits münden sollte, oder aber (wie wohl der Beklagte dachte - vgl. Bl. 52 f. GA) der Eintritt einer Erledigung der beiden Untersagungsverfügungen, die "gegenstandslos" würden, den Kläger zu einer Klagerücknahme motivieren sollte, kann offenbleiben. Denn unabhängig davon wurde das Gespräch vom 11. Mai 2021 für beide Seiten erkennbar mit dem Ziel geführt, die Grundlage dafür zu schaffen, den Prozess in einer Weise zu beenden, die eine streitige gerichtliche Entscheidung erübrigen würde.

Zwar macht der Beklagte - im Ausgangspunkt zu Recht - geltend, dass eine Besprechung im Sinne der Vorb. 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 (Unter-)Halbsatz 1 Alt. 2 VV eine Bereitschaft nicht nur des Rechtsanwalts, sondern auch seines Gesprächspartners voraussetze, in ein Gespräch mit dem Ziel der Erledigung des Verfahrens einzutreten. Eine insoweit fehlende Bereitschaft lässt sich hier aber auf Seiten der Behörde nicht erkennen. Da die Streitgegenstände dergestalt miteinander zusammenhängen, dass die Verweigerung der Ummeldung - teilweise - auch die Betriebsuntersagungen mitverursacht hat, erschiene es zudem künstlich, insoweit Vorbehalte hinsichtlich einzelner Streitgegenstände zu konstruieren.

Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte in seiner Erinnerungsschrift (Bl. 146 GA) schließlich auf die angeblich beschränkten Befugnisse seiner Mitarbeiterin (Frau G.), die das Telefonat vom 11. Mai 2021 geführt hat.

Auszugehen ist dabei von Folgendem: Da eine prozessuale Erledigung die Folge eines nur außerprozessualen Geschehens (hier z. B. einer Ummeldung) sein kann, sind auch Gespräche über die Herbeiführung derartiger lediglich außerprozessualer Ereignisse geeignet, gebührenrechtlich als Besprechungen mit dem Ziel der Vermeidung oder Erledigung eines gerichtlichen Verfahrens gewertet zu werden. Aus gebührenrechtlichem Blickwinkel betrachtet, kann folglich ein Rechtsanwalt derartige Besprechungen nicht nur mit Behördenmitarbeitern führen, hinsichtlich deren er voraussetzen darf, dass sie innerbehördlich auch dafür zuständig wären, Prozesshandlungen vorzunehmen. Vielmehr reicht es aus, wenn der Rechtsanwalt zweierlei annehmen darf: erstens, dass die Herbeiführung desjenigen Ereignisses (hier z. B. der Ummeldung eines Kraftfahrzeugs), welches die Erledigung herbeiführen würde, in die behördeninterne Zuständigkeit seines Gesprächspartners fällt, und zweitens, dass sich sein Gesprächspartner frühzeitig im Gesprächsverlauf darüber im Klaren ist, dass mit ihm gesprochen wird, um einen Rechtsstreit zu vermeiden oder zu erledigen.

Im vorliegenden Falle kann ausweislich des Textkopfes und des Punktes zu 2. der vorgelegten Telefonnotizen des prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts über das am 21. Mai 2021 geführte Telefonat (Bl. 87 f. GA) von beidem ausgegangen werden. Denn die damals mit dem Anwalt telefonierende Behördenmitarbeiterin ist hiernach die "stellvertretende Leiterin des Fachdienstes Ordnung und Verkehr" (vgl. Bl. 107 und 111 [Rückseite] GA) des Beklagten gewesen, die dieser selbst - was indessen ebenfalls ausreichen würde - als "Sachbearbeiterin" (vgl. Bl. 146 GA) bezeichnet, und es ist (auch) die "Klage" (vgl. Bl. 107 R GA) in dem Gespräch zwischen ihr und dem Anwalt thematisiert worden.

Sind indessen die zwei vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, wäre es Sache der Behörde gewesen, nicht nur durch (etwaige) innerbehördliche organisatorische Anweisungen, sondern auch durch deren tatsächliche Umsetzung sicherzustellen, dass Sachbearbeiter solche Gespräche, die dafür in Betracht kommen, als Besprechungen, die auf die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens gerichtet sind, gewürdigt zu werden, entweder frühzeitig verweigern oder an diejenigen Bediensteten - etwa eine vorgesetzte Abteilungsleiterin - abgeben, denen sie (etwa) vorbehalten bleiben sollen. Das ist im vorliegenden Falle jedoch nicht geschehen.

Nach alledem ist die Terminsgebühr (samt der auf sie entfallenden Mehrwertsteuer) im Erinnerungsverfahren zu Unrecht abgesetzt worden, muss jedoch die nicht (mehr) geltend gemachte Erledigungsgebühr (samt der auf sie entfallenden Mehrwertsteuer), deren Entstehung anderen, engeren Voraussetzungen unterliegt (vgl. eingehend: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 22.3.2018 - 5 S 977/16 -, BauR 2018, 1262 f., hier zitiert nach juris, Rn. 4 ff.) unberücksichtigt bleiben.

3. Die Zurückverweisung der Rechtssache an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beruht auf § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 573 Abs. 1 Satz 3 und § 572 Abs. 3 ZPO (vgl. Neumann/Schaks, a. a. O., § 165 Rnrn. 35 und 27, m. w. N.). Für diese Zurückverweisung spricht vor allem, dass der Urkundsbeamte bei der Neufassung des Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht nur die Terminsgebühr und das Entfallen der Erledigungsgebühr, sondern auch den Kostenerstattungsanspruch berücksichtigen kann, der sich aus der Kostenlastentscheidung des beschließenden Senats ergibt (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 3.12.2003 - 1 N 01.1845 -, NVwZ-RR 2004, 309 [310]; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 165 Rn. 10; Neumann/Schaks, a. a. O., § 165 Rn. 37).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO. Soweit die Beschwerde Erfolg hat, sind dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen, obwohl er dem Rechtsmittel nicht entgegengetreten ist (Neumann/Schaks, a. a. O., § 165, Rn. 36).

Zwar wird die Rechtsauffassung vertreten, dass im Falle der Zurückverweisung die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens insgesamt dem erstinstanzlichen Gericht bzw. dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu überlassen sei (vgl. Olbertz, in: Schoch/Schneider [Hrsg.], VerwR, Werkstand: Aug. 2022, § 165 VwGO, Rn. 14; Herget, a. a. O., § 104 Rn. 21.115, Muthorst, in: Stein/Jonas, ZPO, Bd. 2, 23. Aufl. 2016, § 104, Rn. 42; Smid/Hartmann, in: Wieczork/Schütze, ZPO, Bd. 2, 5. Aufl. 2022, § 104 Rn. 59; OLG Bamberg, Beschl. v. 3.9.1979 - 6 W 29/79 -, JurBüro 1979, 1713 f. [1714]). Zwingend ist dies aber nur in denjenigen Fällen, in denen dem Urkundsbeamten (etwa im Hinblick auf eine ihm zur Durchführung übertragene weitere Sachverhaltsaufklärung) eine eigene Entscheidung verbleibt, derentwegen der endgültige Erfolg oder Misserfolg der Beschwerde nicht feststeht (vgl. Lohmann, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl. 2020, § 572, Rn. 11). Das ist hier aber nicht der Fall, sodass der Senat selbst im Tenor (vgl. Jänich, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, Bd. 7., 5. Aufl. 2021, § 572 Rn. 61) eine Grundentscheidung über die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens treffen kann (so im Ergebnis auch: Nds. OVG, Beschl. v. 12.9.2016 - 12 OA 54/16 -).

Die inhaltliche Notwendigkeit einer Kostenentscheidung rechtfertigt sich daraus, dass das Erinnerungsverfahren zwar gebühren-, aber nicht auslagenfrei ist (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 3.12.2003 - 1 N 01.1845 -, a. a. O., und Happ, a. a. O.) und dass das Beschwerdeverfahren - in Ermangelung einer Verwerfung oder Zurückweisung der Beschwerde - hier zwar nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses - KV - (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) gerichtsgebühren- bzw. nach der Vorbemerkung 9 Abs. 1 KV auslagenfrei ist, dass aber sowohl in dem Erinnerungs- als auch in dem Beschwerdeverfahren außergerichtliche Kosten, insbesondere Anwaltsgebühren, entstehen und ggf. zu erstatten sind (Neumann/Schaks, a. a. O, § 165, Rnrn. 29 und 36).

5. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da keine Gerichtsgebühr anfällt.