Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 02.03.2023, Az.: 1 KN 44/21

Baugebiet; Erforderlichkeit; Erschließung; Vorratsplanung; Straßenanbindungsstutzen für künftige Bauphasen keine unzulässige Vorratsplanung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
02.03.2023
Aktenzeichen
1 KN 44/21
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 16292
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2023:0302.1KN44.21.00

Fundstellen

  • DÖV 2023, 646
  • NordÖR 2023, 358
  • ZfBR 2023, 479-481

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Es verstößt nicht gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, bei der Ausweisung aktueller Baugebiete bereits den Erschließungsbedarf von der Gemeinde angedachter künftiger Baugebiete zu berücksichtigen und planerisch abzusichern, selbst wenn diese in absehbarer Zeit noch nicht benötigt werden oder mit Blick auf die aktuellen Eigentumsverhältnisse nicht verwirklicht werden können.

  2. 2.

    Welcher Grad an Wahrscheinlichkeit und welche zeitliche Nähe des künftigen Erschließungsbedarfs dabei welche Eingriffe in das Eigentum der gegenwärtig Planunterworfenen rechtfertigt, ist eine Frage der Abwägung.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 94 "Elisabethfehn-Süd" der Antragsgegnerin, der in der Nähe des von ihr bewohnten Außenbereichsgrundstücks Wohnnutzungen ermöglicht und Teile ihres Grundeigentums als Verkehrsfläche in Anspruch nimmt.

Das Plangebiet liegt an der Südwestgrenze des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin innerhalb eines ca. 700 x 700 m großen Gevierts, das im Nordosten durch die Oldenburger Straße (K 145), im Südosten durch die Ramsloher Straße (K 299) und die Straße "G." sowie dahinter den Reekenfelder Graben im Nord- und Südwesten eingefasst wird. Der Bereich südwestlich der Oldenburger Straße und beidseits der Ramsloher Straße bildet den Siedlungsschwerpunkt des Ortsteils Elisabethfehn-Süd der Antragsgegnerin und ist von einem Netz von Wohnstraßen erschlossen. An der Oldenburger Straße liegt eine Grundschule, an der Ramsloher Straße eine katholische Kirche mit einem Kindergarten. Der Westen des Gevierts ist bis auf Streubebauung an der Straße "G." unbebaut und wird landwirtschaftlich genutzt. Einzige Ausnahme ist das Wohnhaus der Antragstellerin. Sie ist (u.a.) Eigentümerin des Flurstücks ... und Miteigentümerin des Flurstücks ..., jeweils Flur ..., Gemarkung Barßel. Das Flurstück ... grenzt an den südöstlichen Arm der Straße "G." etwa in der Mitte dieses Arms an und erstreckt sich in einer Tiefe von ca. 250 m nach Nordosten. Das Wohnhaus der Antragstellerin liegt im rückwärtigen Bereich des Flurstücks und wird durch eine ca. 175 m lange Zufahrt an die Straße "G." angebunden. Südöstlich der Einmündung der Zufahrt schließt sich das nicht im Eigentum der Antragstellerin stehende, mit einem Wohnhaus bebaute Flurstück ... an. Das unbebaute Flurstück ... ist dessen Hinterliegergrundstück. Entlang des südöstlichen Arms der Straße "G.", teils auf dem Straßengrundstück, teils auf den Anliegergrundstücken, steht eine Reihe markanter Straßenbäume, überwiegend Eichen.

Bebauungspläne bestehen für den Westen des Gevierts nicht. Der Bereich nordöstlich des Südwestarms der Straße "G." bildete bisher bis in eine Tiefe von 50 m den Geltungsbereich der Außenbereichssatzung (Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB) Nr. 2 "Elisabethfehn-Süd (G.)". Die Satzung enthielt die Vorgabe, dass bis in eine Bautiefe von 30 m Einzelhäuser in eingeschossiger Bauweise zulässig seien.

Der streitgegenständliche Bebauungsplan erfasst im Wesentlichen den Geltungsbereich der Außenbereichssatzung sowie - im rechten Winkel hierzu - einen 90 m breiten Streifen bisherigen Grünlandes, der in ca. 90 m Entfernung nordwestlich des Flurstücks ... der Antragstellerin vom Südwestarm der Straße "G." bis zum Südwestrand des Hauptsiedlungsbereichs von Elisabethfehn-Süd reicht. Das Plangebiet wird im Wesentlichen als Allgemeines Wohngebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,3, eingeschossiger, offener Einzel- oder Doppelhausbauweise, einer Firsthöhe von maximal 9 m und maximal 2 Wohneinheiten pro Gebäude festgesetzt. Der nördliche Arm des Plangebiets wird durch eine überwiegend zentral verlaufende, den Spechtweg in der bisherigen Ortslage mit der Straße "G." verbindende Verkehrsfläche mit zwei auf das unbeplante südöstlich gelegene Flurstück weisenden Stutzen erschlossen. Die Erschließung des südlichen Arms des Plangebiets ist - wie bisher - über die Straße "G." vorgesehen. Auf dem Flurstück ... der Antragstellerin ist im Bereich von deren bisheriger Zufahrt ein im Süden 10 m, im Norden 7 m breiter Streifen als öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt. In den Baugebieten sind die überbaubaren Grundstücksflächen durch von allen Verkehrsflächen um fünf Meter abgesetzte Baugrenzen beschränkt, außerhalb derer nach der textlichen Festsetzung § 5 auch die Errichtung von Nebenanlagen und Garagen unzulässig ist. Entlang der Straße G." sind diverse vorhandene Eichen mit einem Erhaltungsgebot belegt. Ausweislich der Planbegründung handelt es sich um diejenigen Bäume einer tatsächlich weithin durchgehenden Eichenreihe, die auf privaten Grundstücken stehen. Auch die im öffentlichen Straßenraum stehenden Bäume sollten soweit wie möglich erhalten bleiben; Einzelheiten müssten hier jedoch im Rahmen der Ausbauplanung für die Straße geklärt werden.

Das Planaufstellungsverfahren verlief wie folgt: Am 17. April 2013 fasste der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss. Im Rahmen der frühzeitigen Bürger- und Behördenbeteiligung gab die Antragstellerin eine Stellungnahme ab, in der sie folgende Einwände vorbrachte:

"1. Immissionsbelastung durch Straßenlärm,

2. Änderung der Grundwasserstände durch Versiegelung der Flächen,

3. Verlust an Lebens- und Wohnqualität durch Straßenführung auf unseren Grundstücken,

4. Verlust an Grünflächen durch Straßen- und Wohnbebauung,

5. Geplante private Nutzung der eigenen Flächen werden durch den Bebauungsplan Nr. 94 verhindert,

6. Alle Belange zum Naturschutz sind außer Acht gelassen worden, bzw. nicht ausreichend berücksichtigt worden,

7. Ein angeblich bestehender Bedarf an Baugrundstücken wird angezweifelt. Es bestehen ausreichende Flächen und Leerstände, die nicht genutzt werden."

Im Rahmen der öffentlichen Auslegung vom 6. August bis einschließlich 5. September 2019 gab die Antragstellerin keine Stellungnahme ab. In seiner Sitzung am 30. September 2019 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und fasste den Satzungsbeschluss, der nach Ausfertigung des Plans durch den Bürgermeister (24. Februar 2020) am 11. März 2020 ortsüblich in drei Tageszeitungen bekannt gemacht wurde.

Am 10. März 2021 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt und wie folgt begründet: Sie sei aufgrund der Inanspruchnahme ihres Grundstücks durch eine Verkehrsfläche und aufgrund zusätzlicher Verkehrslärmimmissionen infolge der Nutzung der Straße "G." antragsbefugt. Der Bebauungsplan sei, soweit auf ihrem Grundstück eine öffentliche Verkehrsfläche festgesetzt sei, nicht erforderlich. Ein zeitnaher Ausbau sei nach eigenen Angaben der Antragsgegnerin nicht vorgesehen, die Verkehrsfläche solle nur die Möglichkeit offen halten, bei einer späteren Überplanung der Hinterliegergrundstücke eine Anbindung an die Straße "G." zu schaffen. Das sei eine unzulässige Vorratsplanung. Die Überplanung des südlichen Plangebiets sei nicht erforderlich, da dieses bereits bislang nach Maßgabe der Außenbereichssatzung bebaubar sei. Die Erschließung des nördlichen Arms des Plangebiets über die Straße "G." sei ebenfalls nicht erforderlich. Dieser Arm könne auch von Norden her über die vorhandenen Straßen Spechtweg, Meisenstraße, Birkhuhnstraße, Dohlenstraße und das letzte Teilstück der Straße "G." an die Ramsloher Straße angebunden werden. Die Planung verletze zudem das Abwägungsgebot. Ihr Interesse, von der Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf ihrem Grund und Boden verschont zu bleiben, sei nicht in die Abwägung eingestellt, jedenfalls aber fehlerhaft zurückgestellt worden. Die Festsetzung entziehe ihr Bauland und könne zudem als Grundlage einer Enteignung dienen. Die festgesetzte Verkehrsfläche sei deutlich breiter als ihre bisherige Zufahrt, und ihr werde die Möglichkeit genommen, ihre Zufahrt zu verlegen. Alternative Zufahrten, etwa über Kranich- und Birkhuhnstraße (Straßenstutzen, die von Südosten her an den verbleibenden Blockinnenbereich heranführen und über die Dohlenstraße an die Straße "G." angebunden sind, Anm. d. Senats) seien nicht geprüft worden. Sie sei zudem nicht bereit, ihre im Blockinnenbereich gelegenen Flächen künftig als Bauland zur Verfügung zu stellen, so dass auch insoweit die Erforderlichkeit der Planung fehle. Die Führung der Zufahrt zu einer Mehrzahl als potentielles Bauland avisierter Blockinnenbereichsgrundstücke gerade über ihr Grundstück widerspreche ferner dem Grundsatz der Lastengleichheit. Ein weiterer Abwägungsfehler liege darin, dass die Eichenreihe entlang der Straße "G." entgegen der in der Planbegründung niedergelegten Intention auch, soweit sie auf Privatgrund stehe, nur teilweise mit Erhaltungsgeboten belegt worden sei; auf ihrem Grundstück stünden neun nicht entsprechend festgesetzte Eichen. Es bleibe ferner unbestimmt, in welchem Umfang die im öffentlichen Straßenraum stehenden Eichen erhalten blieben, und eine Fällung von Bäumen sei hier insgesamt unnötig, da, wie ausgeführt, die Straße "G." für die Erschließung insgesamt nicht benötigt werde.

Die Antragstellerin beantragt,

den Bebauungsplan Nr. 94 "Elisabethfehn-Süd" der Gemeinde Barßel, bekannt gemacht am 11. März 2020, für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält den Antrag für unbegründet. Der Bebauungsplan sei frei von Abwägungsfehlern. Die Inanspruchnahme ihres Grundstücks für die Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen und ihre Betroffenheit durch Verkehrslärm habe die Antragstellerin schon im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung gerügt, dies sei in die Abwägung eingestellt worden. Bereits bei Erlass der Außenbereichssatzung sei auf die Absicht, im heutigen Plangebiet Wohnbauflächen auszuweisen, hingewiesen worden. Die Überplanung des Satzungsgebietes verbessere die Position der Antragstellerin, da eine Außenbereichssatzung kein volles Baurecht schaffe. Der Plan sei erforderlich, u.a. da er die Grundlage schaffe, ggf. auch künftige Siedlungsentwicklungen im Rahmen der Planungshoheit gestalten zu können. Die vorgesehene Erschließung sei sinnvoll. Über die Straße "G." würden die direkt anliegenden Wohnbaugrundstücke erschlossen. Die Verbindung dieser Straße mit dem Spechtweg sorge für insgesamt kürzere Fahrwege und stelle sicher, dass die Grundschule mit ihren Sporteinrichtungen sowie der örtliche Kindergarten verkehrssicher auf kurzem Wege von den jeweiligen Siedlungsbewohnern und Kindern erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet. Der angegriffene Bebauungsplan leidet nicht unter zu seiner Unwirksamkeit führenden Fehlern.

1.

Die Planung ist erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Kriterium der Erforderlichkeit in der gemeindlichen Bauleitplanung dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen. Welche Planungsziele in der Bauleitplanung zulässig sind, hat der Bundesgesetzgeber in § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB geregelt. Hiernach haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind u.a. Pläne, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt (BVerwG, Urt. v. 10.9.2015 - 4 CN 8.14 -, BVerwGE 153, 16 = ZfBR 2016, 44 = BRS 83 Nr. 4 = juris Rn. 11 f.).

Diesen Anforderungen genügt die Planung. Soweit die Antragstellerin die Erforderlichkeit einer Überplanung des Südarms des Plangebiets mit dem Argument in Frage stellt, die angestrebte Bebaubarkeit dieser Fläche sei bereits durch die Außenbereichssatzung hergestellt worden, ist ihr nicht zu folgen. Eine Außenbereichssatzung ermöglicht es lediglich, einzelne einem nicht privilegierten Vorhaben ggf. entgegenstehende öffentliche Belange zu überwinden. Erklärt die planende Gemeinde die Absicht, die Bebaubarkeit einer Fläche weitergehend absichern und steuern zu wollen, so begründet dies die Erforderlichkeit der Planung. Für die Vermutung der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe die Ausweisung allein vorgenommen, um die Anwohner zu Erschließungsbeiträgen für den Ausbau der Straße "G." heranziehen zu können, sieht der Senat keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Die Erforderlichkeit fehlt auch nicht der Festsetzung einer Straßenverkehrsfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin als Anbindungsstutzen für ein perspektivisch nordöstlich des Plangebiets angestrebtes, aber noch nicht festgesetztes oder bei Inkrafttreten des Plans konkret geplantes weiteres Baugebiet. Zwar kann grundsätzlich eine Planung als unzulässige "Vorratsplanung" gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstoßen, wenn ihre Verwirklichung in absehbarer Zeit entweder unmöglich ist oder aber von der Gemeinde nicht ernsthaft angestrebt wird (BVerwG, Urt. v. 18.4.2004 - 4 CN 4.03 -, BVerwGE 120, 239 = BRS 67 Nr. 2 = juris Rn. 9, 11; Senatsurt. v. 14.4.2004 - 1 KN 111/03 -, NuR 2005, 116 = juris Rn. 20 m.w.N.). Andererseits ist die Gemeinde gehalten, vorausschauend zu planen und insbesondere auch die Möglichkeiten einer städtebaulich sinnvollen künftigen Anschlussplanung nicht unnötig zu beschränken. Vor diesem Hintergrund ist es selbst dann, wenn von der Gemeinde angedachte künftige Baugebiete in absehbarer Zeit noch nicht benötigt werden oder mit Blick auf die aktuellen Eigentumsverhältnisse nicht verwirklicht werden können, kein Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB, bei der Ausweisung aktueller Baugebiete bereits den künftigen Erschließungsbedarf zu berücksichtigen und planerisch abzusichern. Welcher Grad an Wahrscheinlichkeit und welche zeitliche Nähe des künftigen Erschließungsbedarfs dabei welche Eingriffe in das Eigentum der gegenwärtig Planunterworfenen rechtfertigt, ist eine Frage der Abwägung, nicht der Erforderlichkeit.

2.

Die Planung ist frei von beachtlichen Abwägungsfehlern.

Das in § 1 Abs. 7 BauGB verankerte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt werden, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt wird oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = juris Rn. 29). Zur Unwirksamkeit des Plans führen Mängel im Abwägungsvorgang nur, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 214 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BauGB). Hiernach beachtliche Mängel im Abwägungsvorgang werden nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind.

Diesen Anforderungen genügt der angegriffene Bebauungsplan.

a)

Ohne Erfolg macht die Antragstellerin geltend, eine Erschließung des nördlichen Arms des Plangebiets (ausschließlich) über das nördliche, vom Spechtweg abgehende Straßennetz sei gegenüber einer Erschließung (auch) über die Straße "G." vorzugswürdig, weil auf diese Weise deren kostenintensiver Ausbau und eine Belastung der Anwohner der Straße mit verkehrsbedingten Immissionen vermieden werden könnten.

Sie verkennt insoweit, dass für die Koppelung der Erschließungsstraßen des nördlichen und des südlichen Plangebietsteils zum einen die verbesserte Anbindung der neuen Baugrundstücke in das örtliche und überörtliche Straßennetz, die je nach Herkunft bzw. Ziel des Zu- und Abgangsverkehrs verkürzte Wege zur Folge hat, spricht, zum anderen der Umstand, dass der Belastung der im Außenbereich gelegenen und daher gegenüber Immissionen nur eingeschränkt schutzwürdigen Anrainer der "G." spiegelbildlich eine Entlastung der weit zahlreicheren und angesichts ihrer Ansiedelung in einem festgesetzten oder faktischen Wohngebiet auch eher schutzwürdigen Anrainer der Straßen "Spechtweg", "Meisenstraße", "Adlerstraße", "Birkhuhnstraße" und "Dohlenstraße" gegenübersteht. Hinzu kommt der von der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung betonte Umstand, dass auch die Anrainer des südlichen Plangebiets so einfacher zur Grundschule gelangen können. Überhaupt wird sich der aus dem nördlichen Plangebiet mit 28 Bauplätzen zu erwartende Zusatzverkehr, der zudem nur teilweise über die "G." fließen wird, in überschaubaren Grenzen halten. Dass der Ausbau der Straße "G." gerade durch die Anbindung des nördlichen Arms des Plangebiets an diese erforderlich wurde, ist nicht ersichtlich; war der bisherige Ausbaustandard dieser Straße bisher nicht einmal den für eine Wohnstraße mit mäßiger Verkehrsbelastung angemessen, erforderte bereits die aufgrund der Außenbereichssatzung zu erwartende Verdichtung der Bebauung an der Straße selbst (mit der Folge von deren "Hineinwachsen in den unbeplanten Innenbereich") mittelfristig den Ausbau.

All dies liegt in einer Deutlichkeit auf der Hand, dass vertiefte Ausführungen hierzu in der Planbegründung entbehrlich waren. Dies gilt umso mehr, als kein Anwohner und kein Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung eine Entkoppelung der Erschließung von nördlichem und südlichem Plangebietsarm gefordert hatte; dies hatte nicht einmal die Antragstellerin im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung getan. Andere Anwohner hatten sich in der frühzeitigen Bürgerbeteiligung zwar mit Sammelschreiben vom 3. Juni 2019 über den geplanten Ausbau der Straße "G." beschwert, jedoch mit Blick auf die Belästigungen während der Ausbauphase und die ggf. von ihnen zu zahlenden Ausbaukosten, die ihrer Auffassung nach die Gemeinde tragen solle. Beides sind keine abwägungserheblichen Belange.

b)

Die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin zur Sicherung der Anbindung etwaiger künftiger nordöstlicher Baugebiete ist ebenfalls frei von Abwägungsfehlern.

Die Antragsgegnerin hat die für diese Festsetzung sprechenden Belange weder fehlerhaft ermittelt, noch in ihrer Bedeutung verkannt. Wie bereits zur Erforderlichkeit ausgeführt, entspricht es den Grundsätzen einer vorausschauenden städtebaulichen Planung, bei der Ausweisung von Baugebieten sinnvolle Anschlüsse angestrebter künftiger Baugebiete vorzusehen, selbst wenn deren Realisierung noch nicht unmittelbar bevorsteht. Die Antragsgegnerin hat deutlich gemacht, dass sie selbst eine Überplanung der nordöstlich des Vorhabens gelegenen Flächen, insbesondere auch der Eigentumsflächen der Antragstellerin, als Wohngebiet entsprechend der Darstellung in ihrem Flächennutzungsplan in absehbarer Zeit wünscht. In ihrem Gemeindegebiet ist - wie die nach unwidersprochenem Vortrag in der mündlichen Verhandlung weit vorangeschrittene Ausnutzung des angefochtenen Plans zeigt - ein dies rechtfertigender Siedlungsdruck vorhanden, der durch die aktuelle Baulandausweisung lediglich für begrenzte Zeit bedient wird. Der derzeitige Widerstand der Antragstellerin gegen eine solche Nutzung bedeutet nicht zwingend eine zeitlich unbegrenzte Unmöglichkeit der Umsetzung, zumal die Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen in Bauland regelmäßig attraktiv für deren Eigentümer ist. Das Bestehen weiterer Anbindungsmöglichkeiten von Nordosten, Nordwesten und Südosten stellt die Sinnhaftigkeit der eine Erschließung auch von Südwesten sichernden Festsetzung nicht in Frage. Die Integration des künftigen Baugebiets in das bestehende Straßennetz in alle Himmelsrichtungen, also einschließlich einer Anbindung von Südwesten, ist sinnvoll, um verkehrsreduzierende kurze Wegverbindungen zu schaffen.

Gegen die Festsetzung sprechende Belange, insbesondere Eigentumsbelange der Antragstellerin, hat die Antragsgegnerin ebenfalls weder in ihrer Bedeutung verkannt, noch stellt sich deren Zurückstellung hinter die für die Planung sprechenden Belange als unverhältnismäßig dar. Der Antragstellerin ist darin zuzustimmen, dass die Festsetzung einen Eingriff in ihr Privateigentum bedeutet, da sie die Fläche nun nicht mehr nach Maßgabe des § 35 BauGB i.V.m. der Außenbereichssatzung Nr. 2 der Antragsgegnerin nutzen kann und zumindest theoretisch eine künftige Enteignung fürchten muss - auch wenn die Antragsgegnerin erklärt hat, eine solche absehbar nicht betreiben zu wollen. Der Eingriff musste sich der Antragsgegnerin aber als geringfügig darstellen. Eine Zufahrt zu ihrem Wohnhaus benötigt die Antragstellerin ohnehin. Dass ihr die Option genommen wird, die Zufahrt beliebig auf ihrem Grundstück zu verlegen, ist eine eher theoretische Beschränkung - die aktuelle Anordnung am Grundstücksrand im Grenzabstand zum Nachbargrundstück ist die die Grundstücksnutzung am wenigsten einschränkende. Im Falle einer Enteignung oder eines freihändigen Kaufs der Zufahrtsfläche durch die Gemeinde erhielte die Antragstellerin eine Entschädigung, ohne die Zugänglichkeit ihres Grundstücks einzubüßen. Zutreffend ist, dass die Festsetzung in ihrer Breite die bisherige Zufahrtsbreite überschreitet. Die hiermit verbundene Beeinträchtigung ist allerdings überschaubar, selbst wenn man berücksichtigt, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Antragstellerin zusätzlich dadurch beschränkt werden, dass parallel zur Zufahrt eine nicht überbaubare Fläche festgesetzt ist. Die Ausnutzungsmöglichkeiten des bebaubaren Bereichs des Antragstellergrundstücks werden hierdurch bei wertender Betrachtung nicht geschmälert. Da die Außenbereichssatzung nur eine Errichtung von Gebäuden bis zu einer Bautiefe von 30 m von der Straße aus zuließ, wird die Verringerung der Breite des potentiellen Baulandstreifens entlang der Straße "G." durch die Erhöhung der Bautiefe auf 45 m (mehr als) kompensiert.

Angesichts dessen kommt erneut dem Umstand Bedeutung zu, dass die Antragstellerin im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung keine Einwendungen erhoben hat. Soweit die Berücksichtigung privater Belange in Rede steht, kommt der Öffentlichkeitsbeteiligung die Funktion zu, das Abwägungsmaterial zu bündeln. Nicht vorgebrachte Belange muss die planende Gemeinde nur in ihre Abwägung einstellen, wenn sie sich aufdrängen. Das ist hier angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin von weiteren Baulandausweisungen - mag sie diese aktuell auch noch nicht wünschen - objektiv profitieren würde, nicht der Fall. Dass die Antragstellerin im Verfahren der frühzeitigen Bürgerbeteiligung pauschal einen "Verlust an Lebens- und Wohnqualität durch Straßenführung auf unseren Grundstücken" moniert hatte, gleicht das nicht aus. Die Antragsgegnerin hat sich damit auseinandergesetzt und ihre Gegenargumente durch Auslegung ihrer Stellungnahme im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB zur Diskussion gestellt. Unterblieb eine Stellungnahme der Antragstellerin hierauf, durfte sie von der Überzeugungskraft ihrer Argumente ausgehen.

Die Beeinträchtigung durch eine mögliche Realisierung der Verkehrsfläche würde nach den Vorstellungen der Antragsgegnerin im Übrigen erst eintreten, wenn der bisher nicht überplante Grundstücksteil Bauland würde; in diesem Fall würden alle der Antragstellerin durch die Zufahrt etwa entstehenden Nachteile durch die erweiterten Baumöglichkeiten mehr als kompensiert. Der Umstand, dass ihre Nachbarn, die Eigentümer der unbebauten Flurstücke ... und ..., dieselbe Bauerwartung erhalten, ohne derzeit mit der Ausweisung von Verkehrsflächen belastet zu werden, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Lastengleichheit, nach dem diejenigen, die durch eine Planung begünstigt werden, nach Möglichkeit auch die planbedingten Lasten tragen sollen (vgl. dazu Senatsurt. v. 13.8.2013 - 1 KN 238/10 -, juris Rn. 30 m.w.N.). Steht, wie hier, ohnehin nur die Frage in Rede, welchem unter mehreren in ähnlichem Maße Planbegünstigten eine Last aufgebürdet werden soll, ist dieser Grundsatz nicht berührt. Hinzu kommt, dass hier sachliche Gründe - nämlich das Vorhandensein einer bereits genutzten Zufahrt - für die Auswahl gerade des Antragstelleringrundstücks sprachen.

c)

Zur Unwirksamkeit des Plans führt auch nicht der Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe es abwägungsfehlerhaft versäumt, Bäume auf ihrem Grundstück mit einem Erhaltungsgebot zu belegen.

Zutreffend ist, dass der Abwägung u.a. das Ziel zugrunde lag, die Eichenreihe entlang der Straße "G." vollständig oder jedenfalls weitestgehend zu erhalten. Die Antragsgegnerin ging ferner davon aus, dieses Planungsziel erfordere es, diejenigen Bäume mit einem Erhaltungsgebot zu belegen, die auf privatem Grund stünden, während sie meinte, die im öffentlichen Straßenraum stehenden Bäume selbst schützen zu können.

Letzteres ist nicht zu beanstanden. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin hätte annehmen müssen, der mit der Planung verbundene Ausbau der Straße "G." gefährde den Bestand der Eichenreihe. Auch das von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 1. März 2023 vorgelegte Gutachten des Baumsachverständigen H. vom 15. Juni 2021 kommt nicht zu dem Schluss, dass ein Straßenausbau mit dem Erhalt der Baumreihe schlechthin unvereinbar wäre, sondern benennt lediglich Anforderungen, die im Zuge des Ausbaus zu beachten seien. Der unwidersprochene und für den Bereich des Flurstücks ... mit Fotos belegte Vortrag der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 20. Februar 2023 und in der mündlichen Verhandlung, im Zuge des mittlerweile unter Begleitung eines Baumsachverständigen erfolgten Straßenausbaus hätten alle Bäume erhalten werden können, bestätigt im Übrigen rückblickend die Berechtigung der Annahme des Rates.

Auch der Einwand der Antragstellerin, tatsächlich befänden sich die neun auf der Höhe ihres Flurstücks ... stehenden Straßenbäume nicht auf dem Straßen-, sondern auf ihrem Privatgrundstück, überzeugt nicht. Er muss wohl als Rüge dahingehend verstanden werden, die Antragsgegnerin habe abwägungsfehlerhaft versäumt, die Bäume hinreichend vor einer planbedingt ermöglichten Beseitigung bei Baumaßnahmen der Antragstellerin selbst zu schützen. Der Senat lässt dahinstehen, ob ein Abwägungsfehler bereits mangels Ergebnisrelevanz (§ 214 Abs. 4 Satz 2 BauGB) unerheblich wäre, da die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung selbst erklärt hat, keine Baumaßnahmen auf ihrem eigenen Grundstück zu planen. Denn jedenfalls hat der Senat keinen Anlass, die der Planung zugrundeliegende tatsächliche Annahme, die neun Bäume stünden auf dem Straßengrundstück, in Zweifel zu ziehen. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 20. Februar 2023 einen am 18. Oktober 2019, also wohl im Rahmen der Ausbauplanung der Straße "G.", vom öffentlich bestellten Vermessungsingenieur Dip.-ing. I. erstellten Plan, in den u.a. die Grundstücksgrenzen und die Lage der Bäume eingemessen sind und in den offenbar am 14. Februar 2023 in roter Farbe die Abstände der jeweiligen Stammmitte zur Grenze eingetragen wurden, vorgelegt. Dieser ergibt, dass alle neun Bäume auf dem Straßengrundstück stehen. Anhaltspunkte, die es rechtfertigten, die Richtigkeit der Vermessung in Zweifel zu ziehen, haben die Antragsteller nicht vorgetragen. Soweit sich die Antragsteller auf ein von ihnen mit Schriftsatz vom 1. März 2023 vorgelegtes Gutachten des Baumsachverständigen H. vom 15. Juni 2021 beziehen, ergeben sich keine Widersprüche zum Vermessungsergebnis. Das Gutachten untersucht insgesamt 29 Bäume auf der Höhe des Flurstücks ... und der sich daran in nordwestlicher Richtung anschließenden Grundstücke, darunter die neun von der Antragstellerin angeführten Bäume. Angaben dazu, welche dieser Bäume auf Privat- und welche auf öffentlichem Grund stehen, enthält das Gutachten nicht. Die rote Linie auf der Abbildung S. 8 unten des Gutachtens stellt nicht die Grundstücksgrenze der Antragstellerin, sondern die Linie dar, bis zu der der Gutachter Straßenbauarbeiten erwartet ("Eingriffsgrenze"). Wenn die Antragsteller demgegenüber geltend machen, von den untersuchten Bäumen stünden nach den Feststellungen des Gutachters zwei Drittel auf ihrem Grundstück (gemeint wohl: allgemein auf Privatgrund) und nur etwa 1/3 der Bäume im öffentlichen Bereich, deckt sich das im Übrigen mit den Festsetzungen des Plans, der von den untersuchten 29 Bäumen insgesamt 19 mit einem Erhaltungsgebot belegt. Das bestätigt letztlich im vorgenannten Schriftsatz auch die Antragstellerin, wenn sie ausführt: "In der Planzeichnung zum streitgegenständlichen Bebauungsplan Nr. 94 ist der Baumbestand auch entsprechend eingetragen." Ihrer ursprünglichen Behauptung, die (in der Planzeichnung nicht eingetragenen) Bäume auf der Höhe ihres Grundstücks stünden auf Privatgrund, widerspricht das allerdings.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 S. 1 und 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.