Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.06.2014, Az.: 8 LA 168/13

Verhältnismäßigkeit der Anerkennung und pauschalen Bewertung der Fachpublikation eines Autors als Fortbildungsmaßnahme mit nur einem Fortbildungspunkt

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
24.06.2014
Aktenzeichen
8 LA 168/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 21347
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0624.8LA168.13.0A

Fundstelle

  • NordÖR 2014, 461

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Autor einer Fachpublikation im Sinne von § 3 Satz 1 und der Kategorie F der Anlage 2 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen ist nur, wer sich als Verfasser einer schriftlichen Abhandlung gezielt einem fachlichen Thema widmet und das Ergebnis seiner Forschung und Recherche einem Publikum zur Kenntnis bringt.

  2. 2.

    Die Anerkennung und pauschale Bewertung der Fachpublikation eines Autors als Fortbildungsmaßnahme mit nur einem Fortbildungspunkt nach der Kategorie F der Anlage 2 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen ist verhältnismäßig und mit dem grundgesetzlichen Gleichheitssatz vereinbar.

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - 1. Kammer - vom 28. August 2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Bewertung von Fortbildungsleistungen mit Fortbildungspunkten.

Der Kläger ist approbierter Psychologischer Psychotherapeut und Mitglied der beklagten Psychotherapeutenkammer. Mit Schreiben vom 29. Mai 2011 wies er die Akkreditierungs- und Zertifizierungsstelle der Beklagten darauf hin, dass er sich mit einem Forschungsprojekt zu Grundbegriffen und Grundkonzepten der Psychoanalyse in der Theorie, der Therapie und der allgemeinen Literatur um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie 2010 beworben habe, und übersandte ergänzend die bei dem Marianne-Ringler-Forschungsförderungsverein eingereichten Unterlagen. Mit weiterem Schreiben vom 23. August 2011 mahnte der Kläger bei der Beklagten eine Antwort, Bestätigung und Stellungnahme zu den eingereichten Forschungs- und Fortbildungsunterlagen an. Die Beklagte wertete die Schreiben des Klägers als Antrag, das Forschungsprojekt als Fortbildung im Sinne der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen anzuerkennen und mit Fortbildungspunkten zu bewerten. Mit Bescheid vom 28. September 2011 schrieb die Beklagte dem Kläger für die Forschungsarbeit einen Fortbildungspunkt auf seinem Fortbildungskonto gut.

Mit Schreiben vom 16. Februar 2012 reichte der Kläger bei der Beklagten weitere an den Marianne-Ringler-Forschungsförderungsverein gerichtete Unterlagen zu dem auch in den Jahren 2011 und 2012 fortgeführten Forschungsprojekt nach. Die Beklagte wies ihn mit Schreiben vom 29. Februar 2012 darauf hin, dass für die Forschungsarbeit bereits ein Fortbildungspunkt zuerkannt worden sei und bat um Erläuterung seines weiteren Begehrens. Hierauf beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 8. März 2012 bei der Beklagten die punktemäßige Bewertung der Forschungsprojekte aus den Jahren 2008, 2009 und 2010.

Am 16. April 2012 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Göttingen Klage erhoben und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. September 2011 zu verpflichten, über die Vergabe von Fortbildungspunkten für seine jährlichen Forschungsarbeiten neu zu entscheiden. Er hat geltend gemacht, neben seiner Arbeit seit Jahren umfangreiche Forschungen zu Grundbegriffen und Grundkonzepten der Psychoanalyse in der Theorie, der Therapie und der allgemeinen Literatur zu betreiben. Er arbeite täglich seine Therapiesitzungen therapeutisch und theoretisch nach, wende sich auch der neuesten Fachliteratur und der dort beschriebenen Psychotherapieverfahren sowie Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu, setze sich mit diesen kritisch auseinander und versuche so, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und bereits gewonnene Forschungsergebnisse weiter zu entwickeln. Die so gewonnenen Forschungsergebnisse dokumentiere er seit 2008 in Forschungsarbeiten, mit denen er sich alljährlich um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie bewerbe. Durch diese Forschungstätigkeit bilde er sich fortlaufend fort. Die von ihm gewählte Art der Fortbildung sei "die Effektivste, quasi das non plus ultra". Die von der Beklagten in Anlehnung an wissenschaftliche Veröffentlichungen vorgenommene Bewertung einer solchen Fortbildung mit nur einem Fortbildungspunkt sei eine verfassungswidrige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte. Seine Forschungsarbeit gehe weit über einen wissenschaftlichen Aufsatz hinaus. Sie entspreche eher der Tätigkeit des Leiters einer Fortbildungsveranstaltung, der seine Erkenntnisse mit anderen teile. Der zeitliche Aufwand für seine Forschungsarbeit von etwa 30 bis 40 Wochenstunden könne anhand des in § 4 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen gebildeten Maßstabs in Fortbildungseinheiten erfasst werden.

Das Verwaltungsgericht Göttingen hat die Klage mit Urteil vom 28. August 2013 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. September 2011 sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Forschungsarbeiten zählten bereits nicht zu den in der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer anerkannten Fortbildungsveranstaltungen. Forschung als Suche nach neuen Erkenntnissen unterscheide sich auch von Fortbildung, die auf den Erwerb und die Vermittlung bereits gewonnener Erkenntnisse gerichtet sei. Die mangelnde Anerkennung von Forschungsarbeiten sei verfassungsrechtlich unbedenklich, da die Beklagte ein ansonsten weites Spektrum möglicher Fortbildungen anerkenne. Dem Anliegen des Klägers, seine Forschung als Fortbildung anzuerkennen, habe die Beklagte im Übrigen schon durch die Gutschrift von zehn Fortbildungspunkten im Jahr für sein Selbststudium hinreichend Rechnung getragen. Auch unabhängig davon könne der Kläger die Bewertung seiner Forschungsarbeit mit mehr als einem Fortbildungspunkt nicht verlangen. Die Forschungsarbeit genüge, wie von der Beklagten angenommen, inhaltlich allenfalls den an einen Autorenbeitrag zu stellenden Anforderungen. Die Regelung der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen zur Bewertung der Autorenbeiträge mit nur einem Fortbildungspunkt verstoße weder gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz noch gegen den allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne der genannten Bestimmung sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel müssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 3.4.2013 - 13 LA 34/13 -, juris Rn. 2; Beschl. v. 24.3.2009 - 10 LA 377/08 -, juris Rn. 2; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: September 2004, § 124a Rn. 100).

Der Kläger wendet gegen die Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung seiner von der Beklagten als Fortbildung anerkannten Tätigkeit und Forschungsarbeit mit nur einem Fortbildungspunkt bejaht. Diese Bewertung verstoße gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz und auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Der grundgesetzliche Gleichheitssatz und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geböten, dass die Anerkennung und Bewertung von Fortbildungen sich auch an deren Umfang orientiere. Denn der Erkenntnisgewinn steige mit dem Umfang einer Fortbildung. Diesen Grundsatz berücksichtige die Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen auch weitgehend. Die in der Anlage 2 in den Kategorien A bis E und G genannten Fortbildungen würden mit Fortbildungspunkten in Abhängigkeit vom Umfang der Fortbildung bewertet. Ausschließlich für die hier zur Anwendung gelangte Kategorie F (Autoren, Referenten/Qualitätszirkelmoderatoren) werde von diesem Grundsatz abgewichen und jede Fortbildung unabhängig von ihrem Umfang mit nur einem Fortbildungspunkt bewertet. Dies sei sachlich nicht gerechtfertigt, da hinsichtlich des maßgeblichen Erkenntnisgewinns keine Unterschiede zwischen der Autorentätigkeit im Sinne der Kategorie F und anderen Fortbildungen im Sinne der Kategorien A bis E und G bestünden.

So sei gerade die Autorentätigkeit geeignet, die in § 1 der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen genannten Fortbildungsziele - Förderung der Fähigkeit zur selbstständigen Beurteilung wissenschaftlicher Grundlagen und Perspektiven verschiedener theoretischer Positionen und klinischer Vorgehensweisen in der Psychotherapie sowie Förderung der kontinuierlichen Reflexion der praktisch-klinischen Tätigkeit - zu erreichen. Der dagegen erhobene Einwand, der mit der Autorentätigkeit verbundene Erkenntnisgewinn sei nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln und zu bewerten, greife nicht durch. Denn Gleiches gelte für den Erkenntnisgewinn der Teilnehmer anderer Fortbildungen, weshalb die Beklagte bei diesen auch nicht auf einen messbaren Erkenntnisgewinn, sondern auf den Umfang der Fortbildung als maßgebliches Indiz für einen Erkenntnisgewinn abstelle. Dieser Zusammenhang könne auch bei der Fortbildung durch eine eigene Autorentätigkeit hergestellt werden, etwa durch eine - in den Fortbildungsordnungen anderer Berufskammern praktizierte - Bemessung der Fortbildungspunkte nach Seitenzahlen.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts könne die in der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen vorgenommene Unterscheidung auch nicht damit sachlich gerechtfertigt werden, dass die Fortbildungen im Sinne der Kategorien A bis E und G anders als die Autorentätigkeit im Sinne der Kategorie F hauptsächlich auf einen Austausch und die Zusammenarbeit mit Kollegen und Vorträge von Dozenten ausgerichtet seien. Diese Annahme widerspreche den tatsächlichen Gegebenheiten; es sei von zahlreichen, insbesondere individuell-subjektiven Umständen abhängig, ob bei einer Fortbildung, gleich welcher Art, ein Austausch und eine Zusammenarbeit von Kollegen stattfinde. Auch eine Autorentätigkeit schließe dies nicht aus. Ein Beitrag könne von mehreren Autoren verfasst werden und im Vorfeld könne ein Informationsaustausch mit Kollegen stattfinden. Er - der Kläger - habe vor Fertigung der Forschungsarbeit mit anderen Kollegen kontrovers diskutiert und auch deren praktisch-klinische Tätigkeit reflektiert.

Diese Einwände begründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass Forschungsarbeiten nicht zu den in der Fortbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen - Fortbildungsordnung - vom 17. März 2004 (Psychotherapeutenjournal 2004, 180 f.), zuletzt geändert am 7. Mai 2011 (Psychotherapeutenjournal 2011, 209 f.), anerkannten Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen gehören. Die forschende Tätigkeit als solche sei im Katalog der in § 3 Satz 1 der Fortbildungsordnung anerkannten Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen nicht genannt, sondern nur das Literaturstudium und die Fachpublikation als mögliche Bestandteile einer forschenden Tätigkeit. Diese beschränkte Anerkennung von Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen sei nach Maßgabe des Grundgesetzes und des Kammergesetzes für die Heilberufe nicht zu beanstanden. Diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts hat der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen. Richtigkeitszweifel sind für den Senat insoweit auch nicht offensichtlich.

Den satzungsmäßigen Bestimmungen folgend hat die Beklagte das von dem Kläger geltend gemachte Selbststudium als Fortbildungsmaßnahme im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2 Kategorie E der Fortbildungsordnung anerkannt.

Die darüber hinaus von dem Kläger zur Bewerbung um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie eingereichten Unterlagen stellen indes die Fachpu-blikation eines Autoren im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung oder wenigstens eine dieser inhaltlich entsprechenden Maßnahme im Sinne des § 3 Satz 1 a.E. der Fortbildungsordnung nicht dar. Autoren einer Fachpublikation im Sinne von § 3 Satz 1 und der Kategorie F der Anlage 2 der Fortbildungsordnung sind nur solche Personen, die sich als Verfasser von schriftlichen Abhandlungen gezielt einem fachlichen Thema widmen und das Ergebnis ihrer Forschung und Recherche einem Publikum zur Kenntnis bringen (vgl. BSG, Urt. v. 23.3.2006 - B 3 KR 13/05 R -, juris Rn. 12 (zum Begriff des wissenschaftlichen Autors im Sinne des Künstlersozialversicherungsrechts)). Diesen Anforderungen genügen die von dem Kläger zur Bewerbung um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie eingereichten Unterlagen offensichtlich nicht. Der Kläger selbst bezeichnet seine Arbeiten nur als "Forschungsprojektantrag ... Grundbegriffe und Grundkonzepte der Psychoanalyse in Theorie, Therapie und allgemeine Literatur" (Blatt 32 der Beiakte A). Diesem Antrag sind lediglich eine Inhaltsübersicht (Blatt 18 f. und 37 f. der Beiakte A) und Literaturangaben (Blatt 35 f. der Beiakte A) beigefügt. Eine schriftliche Abhandlung, die bereits das Ergebnis der Forschung und Recherche darstellt, und einem Publikum zur Kenntnis gebracht worden ist, beinhalten diese Unterlagen indes nicht. Damit fehlt es an einem Wesensmerkmal der Fachpublikation eines Autors im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung. Zugleich hat der Kläger den nach Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung bei dieser Fortbildungsmaßnahme erforderlichen Nachweis ("Literaturnachweis" bzw. Veröffentlichungsnachweis) nicht erbracht.

Selbst wenn es sich bei den von dem Kläger zur Bewerbung um den Marianne-Ringler-Preis für Forschung in der Psychotherapie eingereichten Unterlagen aber um eine als Fortbildungsmaßnahme anzuerkennende Fachpublikation eines Autoren im Sinne von § 3 Satz 1 und Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung handelte, wäre deren Bewertung mit einem Fortbildungspunkt nach der Anlage 2 Kategorie F der Fortbildungsordnung nicht zu beanstanden. Eine solche Bewertung verstieße weder gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz noch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Strengere Anforderungen an den Sachgrund können sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten oder aus einer Nähe der gesetzlichen Differenzierungsmerkmale zu den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten Tatbestandsmerkmalen ergeben (vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 6.5.2014 - 1 BvL 9/12 u.a. -, juris Rn. 70 mit zahlreichen Nachweisen zur ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

Hier fehlt es mit Blick auf die in der Anlage 2 der Fortbildungsordnung gebildeten Kategorien von Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen und deren Bewertung mit Fortbildungspunkten schon an der einen Verstoß gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz begründenden Ungleichbehandlung im Wesentlichen gleicher Sachverhalte. Die in der Anlage 2 der Fortbildungsordnung genannten Kategorien

  • A (Vortrag und Diskussion: 1 Punkt pro Fortbildungsstunde, maximal 8 Punkte pro Tag),

  • B (Kongresse, Tagungen, Symposien im In- und Ausland: 3 Punkte pro 1/2 Tag bzw. 6 Punkte pro Tag, wenn kein Einzelnachweis entsprechend Kategorie A bzw. C erfolgt),

  • C (Seminar, Workshop, Kurs, Qualitätszirkel, Supervision, Intervision, Balintgruppe, Selbsterfahrung, Interaktionsbezogene Fallarbeit, Kasuistisch-technisches Seminar: 1 Punkt pro Fortbildungsstunde und 1 Zusatzpunkt für eine mindestens vierstündige Veranstaltung, maximal 2 Zusatzpunkte pro Tag),

  • D (Strukturierte interaktive Fortbildung mittels Internet, CD-ROM, Printmedien, die vorab von der Landespsychotherapeutenkammer anerkannt worden sind, mit nachgewiesener Qualifizierung und Auswertung des Lernerfolgs in Schriftform: 1 Punkt pro Übungseinheit),

  • E (Selbststudium durch Fachliteratur, Lehrmittel: höchstens 50 Punkte in fünf Jahren),

  • F (Autoren, Referenten, Qualitätszirkelmoderatoren: 1 Punkt pro Beitrag, Poster, Vortrag zusätzlich zu den Punkten der Teilnehmer),

  • G (Hospitationen in psychotherapierelevanten Einrichtungen, Fallkonferenzen, (interdisziplinäre) Kolloquien, Klinikkonferenzen: 1 Punkt pro Stunde, maximal 8 Punkte pro Tag),

bilden Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen ab, die sich offensichtlich und signifikant schon hinsichtlich der angewandten Methoden der Wissensvermittlung bzw. des Wissenserwerbs unterscheiden. Schon diese Unterschiede erteilen einer auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützten Forderung nach einer einheitlichen punktemäßigen Bewertung der verschiedenen Kategorien zugeordneten Fortbildungsveranstaltungen und -maßnahmen eine Absage. Jedenfalls aber begründen diese Unterschiede eine sachliche Rechtfertigung verschiedener Bewertungen. Die in den Kategorien A bis D, F (hinsichtlich der Tätigkeit der Referenten und Qualitätszirkelmoderatoren) und G genannten Fortbildungsveranstaltungen wenden regelmäßig darbietende und dialogische Methoden der Wissensvermittlung an. Den sich fortbildenden Teilnehmern dieser Veranstaltungen wird Wissen in einer von der Beklagten nach Maßgabe der §§ 2 f. und 8 f. der Fortbildungsordnung akkreditierten Form präsentiert und vermittelt. Bei diesen Veranstaltungen ist es ohne Weiteres grundsätzlich gerechtfertigt, aus dem Umfang der Fortbildungsveranstaltung auf einen Erkenntnisgewinn der Teilnehmer und die Erreichung der in § 1 der Fortbildungsordnung genannten Ziele zu schließen und folglich die punktemäßige Bewertung der Fortbildungsveranstaltung an deren Umfang zu orientieren. Diese Annahmen stellt auch der Kläger nicht in Frage. Die in den Kategorien E und F (hinsichtlich der Tätigkeit der Autoren) genannten Fortbildungsmaßnahmen wenden hingegen regelmäßig autodidaktische Methoden des Wissenserwerbs an. Allein der sich selbst Fortbildende bestimmt, welches Wissen er in welchem Umfang und in welcher Intensität erwirbt und ob er die fachliche Auseinandersetzung mit Dritten sucht. Eine Akkreditierung dieser Fortbildungsmaßnahmen durch die Beklagte erfolgt nicht. Ob und in welchem Umfang durch die Anwendung autodidaktischer Methoden ein Erkenntnisgewinn eingetreten ist und die in § 1 der Fortbildungsordnung genannten Ziele erreicht worden sind, kann daher allenfalls in einem individuellen Verfahren mit hohem Aufwand nachträglich festgestellt werden. Zur Vermeidung dieses Aufwandes bei gleichzeitiger Beibehaltung der Anerkennung der in den Kategorien E und F (hinsichtlich der Tätigkeit der Autoren) genannten Fortbildungsmaßnahmen ist es der Beklagten aufgrund des ihr zustehenden weiten, einfachgesetzlich durch §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 33 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 Nr. 13 HKG nicht beschränkten Gestaltungsspielraums gestattet, die Bewertung solcher auf einen autodidaktischen Wissenserwerb gerichteten Fortbildungsmaßnahmen nicht anhand deren konkreten Umfangs, sondern pauschal vorzunehmen. Zu einer weiteren Differenzierung dieser pauschalen Bewertung, etwa nach Seitenzahlen bei der Fachpublikation, ist die Beklagte dabei entgegen der Auffassung des Klägers nicht gezwungen, zumal der Senat nicht festzustellen vermag, dass allein oder auch nur maßgeblich aus dem Umfang einer Fachpublikation auf den konkreten Erkenntnisgewinn des Autors oder die Erreichung der in § 1 der Fortbildungsordnung genannten Fortbildungsziele geschlossen werden könnte.

Gleichermaßen erweist sich die pauschale Bewertung der in den Kategorien E und F (hinsichtlich der Tätigkeit der Autoren) der Anlage 2 der Fortbildungsordnung genannten Fortbildungsmaßnahmen als verhältnismäßig (vgl. grundlegend zu den Anforderungen an die Berufsausübung beschränkende satzungsmäßige Regelungen von Körperschaften der funktionalen Selbstverwaltung: BVerfG, Beschl. v. 14.7.1987 - 1 BvR 537/81 u.a. -, BVerfGE 76, 171, 185 f. [BVerfG 14.07.1987 - 1 BvR 537/81]; Beschl. v. 9.5.1972 - 1 BvR 518/62 u.a. -, BVerfGE 33, 125, 155 f. (sog. Facharzt-Beschluss)). Die Regelung schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen Interessen, die fachliche Kompetenz der Psychologischen Psychotherapeuten durch die fortlaufende Aneignung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf dem neuesten Stand der wissenschaftlichen Entwicklung zu sichern, zu aktualisieren und zu erweitern sowie die Erreichung dieses Fortbildungsziels durch die Berufskammer mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu überprüfen, und dem privaten, durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interesse des Kammermitglieds, die zur Erreichung des Fortbildungsziels geeigneten Fortbildungsveranstaltungen oder -maßnahmen selbst auswählen zu dürfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.