Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.06.2014, Az.: 4 PA 84/14

Ausnahmsweise zu beachtende aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa Mittelmeer Abkommens mit Tunesien unter Geltung des Zuwanderungsgesetzes

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.06.2014
Aktenzeichen
4 PA 84/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 21348
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0617.4PA84.14.0A

Fundstellen

  • AUAS 2014, 172-174
  • InfAuslR 2014, 323-326

Amtlicher Leitsatz

Eine ausnahmsweise zu beachtende aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa Mittelmeer Abkommens mit Tunesien dürfte unter Geltung des Zuwanderungsgesetzes nicht in Betracht kommen.

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Einzelrichterin der 4. Kammer - vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde des Klägers gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren durch das Verwaltungsgericht hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Klägers (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 24. September 2012, mit dem die Geltungsdauer der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nachträglich verkürzt worden ist und dessen Aufhebung der Kläger mit seiner Klage verfolgt, dürfte nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig sein und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die durch den angegriffenen Bescheid verfügte Verkürzung der Geltungsdauer der dem Kläger gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG am 23. November 2010 erteilten und bis zum 22. November 2013 befristeten Aufenthaltserlaubnis ist § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann die unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfolgte Befristung einer Aufenthaltserlaubnis auch nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Dass - wie von der Beklagten und auch dem Verwaltungsgericht angenommen - die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner deutschen Ehefrau seit Mai 2012 beendet ist und damit die Voraussetzungen für die ihm gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erteilte Aufenthaltserlaubnis entfallen sind, ist von dem Kläger mit seiner Beschwerde nicht in Frage gestellt worden. Damit steht es gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessen der Ausländerbehörde, ob sie von der Möglichkeit der Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis Gebrauch machen oder den Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer abwarten will. Für die Ermessensausübung im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG ist jedoch allein das Interesse des Ausländers, bis zum Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Beendigung eines materiell rechtswidrig gewordenen Aufenthalts gegeneinander abzuwägen. Dementsprechend ist im Rahmen der Entscheidung über die Verkürzung der Frist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht inzident zu prüfen, ob der von der Verkürzung der Geltungsdauer betroffene Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck hat (BVerwG, Urt. v. 9.6.2009 - 1 C 11.08 -, BVerwGE 134, 124). Daher ist es für die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Ermessensentscheidung auch nicht von Bedeutung, ob der Kläger - wie er mit seiner Beschwerde vorgebracht hat - entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ein eigenständiges Aufenthaltsrecht gemäß § 31 i. V. m. § 28 Abs. 3 AufenthG erworben hat, weil in seinem Fall gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG zur Vermeidung einer besonderen Härte von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen sei. Dass die durch die Beklagte verfügte nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer ermessensfehlerhaft gewesen ist, weil besondere Umstände für den Verbleib des Klägers bis zum ursprünglichen Ablauf der Geltungsdauer der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis erfordert haben, ist hingegen nicht ersichtlich.

Die Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG dürfte auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vom 17. Juli 1995 (ABl. EG 1998 Nr. L 97, S. 2) verstoßen. Nach Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien gewährt jeder Mitgliedstaat den Arbeitnehmern tunesischer Staatsangehörigkeit, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Behandlung, die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen bewirkt. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass diese Vorschrift nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts tunesischer Staatsangehöriger dient. Daher ist es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht untersagt, Maßnahmen in Bezug auf das Aufenthaltsrecht eines tunesischen Staatsangehörigen zu ergreifen, der zunächst die Erlaubnis zum Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat und zur Aufnahme einer Berufstätigkeit dort erhalten hat. Dass ein solches Vorgehen den Betroffenen zwingt, sein Arbeitsverhältnis im Aufnahmemitgliedstaat vor dem mit dem Arbeitgeber vertraglich vereinbarten Termin zu beenden, ändert daran grundsätzlich nichts (EuGH, Urt. v. 14.12.2006 - Rs. C-97/05, Gattoussi -, zitiert nach juris, Rn 35 bis 37). Allerdings kommt Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien nach der vorgenannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Ausnahmefällen eine aufenthaltsrechtliche Wirkung zu, da nicht angenommen werden könne, dass die Mitgliedstaaten über das Diskriminierungsverbot des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien verfügen, indem sie dessen praktische Wirksamkeit durch Bestimmungen des nationalen Rechts beschränken. Daher ist Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien dahin auszulegen, dass er Wirkungen auf das Recht eines tunesischen Staatsangehörigen entfaltet, sich im Gebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten, wenn dieser Staatsangehörige von diesem Mitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalten hat, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben (EuGH, a.a.O., Rn 39 und 43). Da der Kläger allein aufgrund der ihm nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt gewesen ist (vgl. § 27 Abs. 5 AufenthG) und damit nicht über eine zeitlich über die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis hinausgehende Arbeitsgenehmigung verfügt hat, dürfte unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Rahmen der nachträglichen Verkürzung der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis daher keine aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien zu beachten gewesen sein. Nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung besteht daher die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht insoweit nicht.

Der fehlenden hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung steht auch nicht der von dem Kläger in Bezug genommene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Juni 2011 - 11 S 1305/11 - entgegen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in dieser Entscheidung des vorläufigen Rechtsschutzes offene Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gegen die nachträgliche Befristung einer Aufenthaltserlaubnis in der Hauptsache zwar mit der Begründung angenommen, es spreche einiges dafür, dass dem Eingriff in ein bestehendes Aufenthaltsrecht das Diskriminierungsverbot des Art. 67 Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Algerien vom 22. April 2002 (ABl. EU 2005 Nr. L 265, S. 2), der insoweit inhaltsgleich mit Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien ist, entgegenstehe, und die Frage, ob und ggf. welche Schutzwirkung das Diskriminierungsverbot hinsichtlich der nachträglichen Verkürzung eines bereits erlaubten Aufenthalts entfalte, auch durch das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 8. Dezember 2009 - 1 C 14.08 - nicht hinreichend geklärt sei, da es dort um den Problemkreis der Verlängerung bzw. Neuerteilung einer abgelaufenen Aufenthaltserlaubnis gegangen sei. Es ist mit der Beschwerde indes nicht vorgebracht worden und für den beschließenden Senat auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen bezüglich der aufenthaltsrechtlichen Wirkung des hier maßgeblichen Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien zwischen den Konstellationen der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, für die das Bundesverwaltungsgericht eine aufenthaltsrechtliche Wirkung des Diskriminierungsverbots ausdrücklich abgelehnt hat (Urt. v. 8.12.2009 - 1 C 14.08 -, BVerwGE 135, 325), und der Konstellation der nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis zu unterscheiden sein soll. Den Gründen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, dass insoweit eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Fallkonstellationen geboten sein könnte. Dies folgt im Übrigen auch nicht aus der vorgenannten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Dezember 2006. Die dortigen Ausführungen des Gerichtshofs gelten vielmehr ausdrücklich auch für den Fall, dass der Aufnahmestaat die Aufenthaltserlaubnis eines tunesischen Staatsangehörigen nachträglich befristet (EuGH, a.a.O., Rn 41). Auch bei einer Beschränkung des Aufenthaltsrechts in Form der nachträglichen Befristung einer Aufenthaltserlaubnis dürfte eine aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien daher nur dann zu berücksichtigen sein, wenn dem Ausländer in Bezug auf die Ausübung einer Beschäftigung weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen worden sind. Da mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Januar 2005 Ausländer nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Erwerbstätigkeit nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt, und mit dem Wegfall der Aufenthaltserlaubnis ohne weiteres das gesetzliche Beschäftigungsrecht erlischt, so dass kein unbefristetes, von der Aufenthaltserlaubnis unabhängiges Beschäftigungsrecht des Ausländers besteht, dürfte eine ausnahmsweise zu beachtende aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien unter Geltung des Zuwanderungsgesetzes daher generell nicht (mehr) in Betracht kommen (ebenso Epe, in: GK-AufenthG, IX-2 FreizügG/EU, § 1 Rn 62; a. A. Dienelt, in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 7 Rn 36 ff.).

Der weitere Einwand des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren, die hier erfolgte nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer auf den 30. September 2012 sei entgegen Nr. 7.2.2.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26. Oktober 2009 (GMBl. S. 877) auf einen Zeitpunkt vor Bekanntgabe des Bescheids am 2. Oktober 2012 festgesetzt worden, führt ebenfalls nicht dazu, dass die Rechtsverfolgung des Klägers die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht hat. Zum einen hat die Beklagte mit dem von ihr gewählten Zeitpunkt der Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis auf eine Woche nach Erlass des Bescheids am 23. September 2012 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer vorherigen Bekanntgabe ihrer Verfügung ausgeht. Demzufolge kann der Bescheid der Beklagten durchaus dahingehend ausgelegt werden, dass die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers nur dann auf den 30. September 2012 verkürzt wird, sofern der Bescheid zuvor bekanntgegeben worden ist, im Übrigen die nachträgliche Verkürzung auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe erfolgt. Zum anderen wäre - wenn man den Bescheid nicht entsprechend auslegte - eine auf den 30. September 2012 erfolgte Verkürzung der Dauer der Aufenthaltsgenehmigung des Klägers nur insoweit rechtswidrig, als sie sich auf einen Zeitraum vor der Bekanntgabe, die hier am 2. Oktober 2012 erfolgt ist, bezieht. Auch insoweit bestünden daher keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, da der Bescheid der Beklagten nur in einem sehr geringfügigen und insoweit zu vernachlässigendem Umfang aufzuheben wäre.

Die Rechtsverfolgung des Klägers hat auch insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit er mit seiner Klage zugleich die Verlängerung oder Neuerteilung einer von der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängigen Aufenthaltserlaubnis über den 30. September bzw. 2. Oktober 2012 hinaus begehren sollte. Denn ein hierauf gerichteter Anspruch des Klägers dürfte nicht bestehen, so dass die Unterlassung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ablauf der Geltungsdauer der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis durch die Beklagte nicht rechtswidrig sein und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt haben dürfte (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der anwaltlich vertretene Kläger verfolgt mit seiner Klage vom 2. November 2012 zwar ausdrücklich nur die Aufhebung des Bescheids vom 24. September 2012. Wie bereits ausgeführt ist im Rahmen der Entscheidung über die Verkürzung der Frist der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht inzident zu prüfen, ob der Kläger trotz Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus sonstigen Gründen hat. Diese Frage ist allerdings als Gegenstand eines gleichzeitig zu bescheidenden Begehrens auf Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis anzusehen, das hilfsweise für den Fall geltend gemacht wird, dass sich die Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis als rechtmäßig erweist. Dies setzt jedoch voraus, dass ein solches Begehren hilfsweise bei der hierüber entscheidungsbefugten Behörde geltend gemacht wird, wobei der entsprechende Antrag regelmäßig in dem Vorbringen im Rahmen der Anhörung zu der beabsichtigten Fristverkürzung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gesehen werden kann (BVerwG, Urt. v. 9.6.2009, a.a.O.). Hier ist zweifelhaft, ob der Kläger durch sein Vorbringen im Rahmen der erfolgten Anhörung ein solches Begehren hilfsweise geltend gemacht hat, da er dort gegen eine Verkürzung der Geltungsdauer der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis lediglich eingewandt hat, dass die Trennung von seiner Ehefrau nach seiner Auffassung vorübergehend sei. Der Kläger hat jedoch mit Schreiben an die Beklagte vom 11. Oktober 2012 die Verlängerung der ihm am 23. November 2010 erteilten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 i. V. m. § 28 Abs. 3 AufenthG beantragt. Ferner hat er mit seiner Klage vom 2. November 2012 geltend gemacht, dass ihm ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG zustehe und er zudem auch nach § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AufenthG einen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis habe. Damit hat der Kläger hinreichend deutlich sein auf die Neuerteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtetes Begehren zum Ausdruck gebracht, über das die Beklagte bislang - soweit ersichtlich - nicht entschieden hat. Das Klagebegehren des Klägers ist folglich dahingehend auszulegen, dass hilfsweise für den Fall, dass sich die von ihm angegriffene Verkürzung der Geltungsdauer der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis als rechtmäßig erweist, ein Verpflichtungsbegehren, gerichtet auf die Neuerteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, geltend gemacht wird.

Nach summarischer Prüfung hat der Kläger indes keinen Anspruch auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis über den 30. September bzw. 2. Oktober 2012 hinaus. Von der für die Erteilung einer von der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft unabhängigen Aufenthaltserlaubnis nach § 31 i. V. m. § 28 Abs. 3 AufenthG erforderlichen und hier nicht erfüllten Voraussetzung des dreijährigen Bestehens der ehelichen Ehegemeinschaft nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ist gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Eine besondere Härte liegt nach der hier in Betracht kommenden 1. Variante des § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG insbesondere dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange droht. Soweit der Kläger mit seiner Beschwerde vorgebracht hat, dass er auf Grund der Eheschließung und auf Grund der mit dieser einhergehenden privaten und beruflichen Lebensplanung vermögenslos geworden sei und an seinen vor der Eheschließung erreichten Lebensstand nicht anknüpfen könne, wenn er nach Tunesien zurückkehre, führt dies ersichtlich nicht dazu, dass ihn die Ausreisepflicht härter trifft als andere in einer vergleichbaren Situation. Eine besondere Härte nach § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dürfte daher nicht vorliegen. Es ist nach dem Vorbringen des Klägers daher auch nicht ersichtlich, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern oder aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für ihn eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde, so dass auch die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AufenthG nicht in Betracht kommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 166 Abs.1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).