Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 11.06.2014, Az.: 13 LB 176/11

Erwerb eines Grundstücks zur Erreichung der formalen Voraussetzungen für eine Prozessführung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
11.06.2014
Aktenzeichen
13 LB 176/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2014, 21118
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0611.13LB176.11.0A

Verfahrensgang

vorgehend

Fundstellen

  • AUR 2014, 344-347
  • DÖV 2014, 808
  • ZAP EN-Nr. 703/2014
  • ZAP EN-Nr. 703/2014
  • ZfW 2015, 35-43

Amtlicher Leitsatz

Auf die auf das Eigentum an einem Grundstück gestützte Klagebefugnis kann sich nicht berufen, wer die Eigentümerstellung rechtsmißbräuchlich begründet hat. Dies ist dann der Fall, wenn das Eigentum nicht erworben worden ist, um die mit ihm verbundenen Gebrauchsmöglichkeiten zu nutzen, sondern nur als Mittel dafür dient, die formalen Voraussetzungen für eine Prozessführung zu schaffen, die nach dem Rechtsschutzsystem der VwGO einem Eigentümer vorbehalten ist (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2012 9 A 6.10 , NVwZ 2012, 567).

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 18. März 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der jeweils festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger (die Beklagte oder der Beigeladene) zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss, mit dem die Beklagte zugunsten des Beigeladenen einen Gewässerausbau zum Zwecke der Nassauskiesung zugelassen hat.

Der Beigeladene ist Inhaber des Mörtelwerks E., das im Süden Braunschweigs östlich der Bundesautobahn A 395 und nördlich der H. straße ("Phase II") einen Kiesabbau im Saugbaggerverfahren betreiben will (vgl. Bl. 117, 124 der Beiakte C). Diese Absicht steht im Zusammenhang mit der Verlegung des Betriebshofes des Mörtelwerks, der seit 1975 jahrelang am ursprünglichen Standort Braunschweig-E. östlich des südlichen I. sees betrieben worden war und dort Kiesvorkommen im Abbaugebiet ("Phase I") ausgebeutet hatte, die nunmehr offenbar erschöpft sind. Sowohl der nördliche als auch der südliche I. see sind durch die Abbautätigkeit entstanden.

Auf den Kiesabbau am neuen Standort "Phase II" nördlich der H. straße bezogene Vorüberlegungen stammen bereits aus dem Jahr 2000. Der Flächennutzungsplan der Beklagten stellt für diesen Bereich seit der 66. Änderung vom 22. April 2002 eine Fläche für die Gewinnung von Bodenschätzen (Kies und Sand) dar (Bl. 242, 248 der Beiakte C; diese Änderung war von der Klägerin und deren Ehemann vehement abgelehnt worden, vgl. Einwendungen vom 4. März 2002, Bl. 915 ff. der GA Bd. V). Derzeit erfolgt dort allerdings fast ausschließlich eine landwirtschaftliche Nutzung.

Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks J. straße 4 im Wohngebiet Braunschweig-I., welches westlich des südlichen I. sees und 350 m nördlich des Plangebiets gelegen ist. Der individuelle Abstand vom klägerischen Anwesen zum Plangebiet beträgt rund 500 m. Darüber hinaus gehört der Klägerin das Flurstück 91 der Flur ... der Gemarkung K., welches nordöstlich an das Plangebiet angrenzt. Ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann und früherer weiterer Kläger, deren Erbin die Klägerin ist, war bis zu seinem Tode am 24. März 2013 Eigentümer des Flurstücks 90/3 der Flur ... der Gemarkung K., das südöstlich des Plangebiets belegen ist. Die beiden letztgenannten Grundstücke werden durch den Pächter L., der bis zum 10. Mai 2005 Eigentümer der Flächen gewesen war, weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Dem Ehemann der Klägerin gehörte seit dem 11. Januar 2007 zudem das zwischen den beiden Grundstücken gelegene Flurstück 33/5, der mittlere Teil des ehemaligen Graben-Flurstücks 33/3 (Bl. 195 der GA Bd. I).

Ein formloser Planfeststellungsantrag des Beigeladenen vom 9. Februar 2000, der nach Ansicht der Beklagten noch keine vollständigen prüffähigen Unterlagen enthielt, wurde nicht abschließend beschieden.

Durch Bescheid vom 10. Februar 2004 erteilte die Beklagte allerdings dem Beigeladenen eine bis zum 28. Februar 2006 befristete Baugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des (vorläufigen) Betriebshofes mit Siebanlage am Standort H. straße. Sie enthielt die Auflage, den ursprünglichen Zustand nach Ablauf der Geltungsdauer wiederherzustellen, soweit bis dahin nicht ein Planfeststellungsbeschluss für das Kiesabbauvorhaben mit Betriebshof ergangen sei. Sodann verlegte der Beigeladene seinen Betriebshof von E. an den Standort H. straße. Dies rief Medieninteresse und Anfragen besorgter Anwohner des Wohngebiets Braunschweig-I. sowie des nordwestlich des Plangebiets ansässigen Kleingartenvereins M. e.V. hervor. Nachdem der Ehemann der Klägerin gegen die Baugenehmigung vom 10. Februar 2004 Widerspruch erhoben hatte, ergänzte die Beklagte die Genehmigung mit Bescheid vom 20. September 2004 um eine Auflage zur Verhinderung von Staubimmissionen (Bl. 417 ff. der Beiakte C) und wies den aufrechterhaltenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2005 zurück (Bl. 266 ff. der Beiakte C). Hiergegen ging der Ehemann der Klägerin nicht mehr vor (vgl. Schreiben vom 17. Oktober 2005, Bl. 840 der Beiakte D). Ein parallel zum Widerspruchsverfahren gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde, soweit der Ehemann der Klägerin damit die Stilllegung des Betriebshofes erstrebt hatte, durch das VG Braunschweig abgelehnt (Beschl. v. 3. August 2005 - 2 B 156/05 -; vgl. auch Bl. 802 der Beiakte D). Unter dem 10. Februar 2006 verlängerte die Beklagte offenbar die Baugenehmigung bis zum 28. Februar 2007 (vgl. Bl. 1026 der Beiakte E). Nach Ende der Verlängerung duldete die Beklagte den Betriebshof baurechtlich (Bl. 1997 der Beiakte F).

Am 14. Januar 2005 stellte der Beigeladene bei der Beklagten einen Antrag auf Planfeststellung nach § 119 Abs. 1 Nds. Wassergesetz in der bis zum 28. Februar 2010 geltenden Fassung (NWG a.F.) für ein Vorhaben zum Ausbau eines Gewässers zum Zwecke der Rohstoffgewinnung mittels Nassauskiesung in dem eingangs genannten Gebiet nördlich der H. straße. Dieses Vorhaben sollte ursprünglich in zwei Bauabschnitten realisiert werden. Der 1. Bauabschnitt im westlichen Teil des Plangebiets sollte Teile der Flurstücke 86/4, 88/8, 89 und 87/2 der Flur ... der Gemarkung K. sowie den westlichen Teil (33/4) des ehemaligen Graben-Flurstücks 33/3 umfassen und dabei die Grenzen der Darstellungen im Flächennutzungsplan der Beklagten wahren; der zentrale (endgültige) Betriebshof war auf dem südlichen Teil des Flurstücks 88/8 vorgesehen. Demgegenüber sollte der 2. Bauabschnitt den östlichen Teil des Plangebiets bilden und dort die Flurstücke 90/3, 92/5, den mittleren (33/5) und östlichen (33/6) Teil des ehemaligen Graben-Flurstücks 33/3 sowie jeweils den südlichen Teil der Flurstücke 91, 93/3 und 93/2 umfassen.

Die vier Hauptgrundstücke des 1. Bauabschnitts (86/4, 88/8, 89 und 87/2) standen ursprünglich im Eigentum des Herrn N., mit dem der Beigeladene offenbar verwandt oder verschwägert ist und von dem dieser die Grundstücke durch Kaufvertrag vom 19. März 2004 erwarb (vgl. Bl. 910 der Beiakte D, Bl. 1049 der Beiakte E; Bl. 880 ff. der GA Bd. V); dieser Vertrag wurde jedoch offenbar nicht vollzogen; vielmehr pachtete der Beigeladene zunächst diese Grundstücke von Herrn N., bevor letzterer die Grundstücke mit weiterem notariellen Grundstückskaufvertrag (vom 25. März 2011, Bl. 890 ff. der GA Bd. V) an die D. GmbH verkaufte, deren einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beigeladene ist. Den westlichen, 572 m2 großen Teil des ehemaligen Graben-Flurstücks 33/3 (= Flurstück 33/4) pachtete der Beigeladene zunächst durch Landpachtvertrag vom 10. Oktober 2006 (Bl. 1239 ff. der Beiakte E) auf 15 Jahre von Herrn N., der diesen Teil aufgrund notariellen Grundstückskaufvertrags vom 19. September 2006 (Bl. 1217 ff. der Beiakte E) von dem Realverband Feldmarkinteressentenschaft (FI) K. erworben hatte; später kaufte der Beigeladene das Teilstück von Herrn N. mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 26. Oktober 2006 (Bl. 1282 ff. der Beiakte E). Schlussendlich hatte sich der Beigeladene auf diese Weise Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Flächen des gesamten 1. Bauabschnitts verschafft.

Die Grundstücke des 2. Bauabschnitts gehörten ursprünglich verschiedenen ortsansässigen Landwirten, darunter Herrn L. (Flurstücke 91 und 90/3, vgl. Bl. 522 der Beiakte C), Herrn O. (Flurstücke 92/5 und 93/3, Bl. 712 der Beiakte D und Bl. 1015 der Beiakte E) und Herrn P. (Flurstück 93/2, Bl. 1015 der Beiakte E), sowie der FI K. (89 m2 großer mittlerer Teil des Flurstücks 33/3 = neues Flurstück 33/5 sowie östlicher Teil des Flurstücks 33/3 = neues Flurstück 33/6).

Bereits vor Antragstellung hatte die Beklagte dem Beigeladenen zu verstehen gegeben, dass eine gesicherte Verfügungsbefugnis über die Grundstücke des Plangebietes (insbesondere diejenigen des 2. Bauabschnitts) von ihr als Voraussetzung für ein Sachbescheidungsinteresse an einem Planfeststellungsantrag angesehen werde (vgl. auch spätere Ermahnungen im Planfeststellungsverfahren, die Grundstücke zu erwerben oder zu pachten, etwa vom 19. April 2005, Bl. 707 der Beiakte D). Daraufhin hatte der Beigeladene am 17. Dezember 2004 der Beklagten gegenüber erklärt, er stehe in Verhandlungen mit Herrn L. und gehe davon aus, dass er von diesem auch das Eigentum an den Flurstücken 90/3 und 91 des 2. Bauabschnitts gegen entsprechend hohen Kaufpreis würde erwerben können (vgl. Bl. 335 der Beiakte C; hiervon ging der Beigeladene offenbar noch am 2. Mai 2005 [!] aus, vgl. Bl. 758 der Beiakte D). Am 15. Februar 2005 jedoch teilte Herr L. der Beklagten in einem Telefonat mit, er sei "nur bedingt verkaufsbereit", und erkundigte sich nach den Auswirkungen im Falle eines Nichtverkaufs (an den Beigeladenen), für den die Beklagte eine Teilrealisierung des Vorhabens für möglich hielt. Ferner erklärte Herr L., Kaufangebote von den ",Gegnern‘ von D." erhalten zu haben (Bl. 513 der Beiakte C).

Während des Planfeststellungsverfahrens wurden die Unterlagen zum Planfeststellungsantrag vom 1. Februar bis einschließlich 1. März 2005 ausgelegt (Bl. 436 der Beiakte C). Die Frist für Einwendungen im Sinne des § 73 Abs. 4 VwVfG lief deshalb am 15. März 2005 ab. Am 16. März 2005, einem Mittwoch, ging bei der Beklagten ein unter dem 14. März 2005 verfasstes Konvolut an Einwendungen der Klägerin und ihres Ehemanns gegen das noch beide Bauabschnitte umfassende größere Vorhaben ein (Bl. 557 ff. der Beiakte D), die diese vorrangig als Anwohner des Anwesens J. straße 4, teilweise aber auch im öffentlichen Interesse sowie im Interesse des Eigentümers der Flurstücke 90/3 und 91 erhoben. Hierin gaben sie zu erkennen (Bl. 569 der Beiakte D), dass ihnen die Eigentumsverhältnisse an den letztgenannten Flurstücken bekannt waren und sie von einer Nichtrealisierbarkeit des 2. Bauabschnitts für den Fall ausgingen, dass der Beigeladene hieran keine Verfügungsrechte würde erwerben können. Ungeachtet des Eingangs des Konvoluts am 16. März 2005 teilte die Beklagte auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Rat der Stadt Braunschweig unter dem 20. April 2005 mit, die Einwendungen der Eheleute Q. seien fristgerecht eingegangen (Bl. 705 der Beiakte D).

Zuvor hatte Herr L. bereits durch notarielle Grundstücksverträge vom 4. März 2005 (vgl. Bl. 2010 ff. der GA Bd. VII) das Flurstück 91 zu einem Kaufpreis von 130.000,00 Euro an die Klägerin und das Flurstück 90/3 zu einem Kaufpreis von 120.000,00 Euro an deren Ehemann verkauft. Diese Beträge waren noch am Tage des Kaufs entrichtet worden. Die Verträge enthielten jeweils in Abschnitt V. eine "Nachentschädigungsklausel", kraft derer die Käufer dem Verkäufer diejenigen Wertsteigerungen des jeweiligen Grundstücks (gemessen am gemittelten Kaufpreis von 14,18 Euro je m2), die bei einer etwaigen Weiterveräußerung in einem Zeitraum von 15 Jahren ab Kaufdatum erzielt werden sollten, an Herrn L. abzuliefern seien. In denselben Verträgen wurden auch die Auflassungen erklärt und die Eintragungsbewilligungen erteilt. Zugleich pachtete Herr L. die beiden Grundstücke von der Klägerin und ihrem Ehemann jeweils durch bis zum 30. September 2020 befristete Pachtverträge zu einem Pachtzins von 390,00 Euro (Flurstück 91) bzw. 316,00 Euro (Flurstück 90/3) im Jahr. Im Grundbuch wurde der Eigentümerwechsel durch Eintragungen vom 10. Mai 2005 vollzogen. Der in Abschnitt X. der Grundstückskaufverträge getroffenen Vereinbarung entsprechend wurden die Grundstücke jeweils mit einem vererblichen, auf 30 Jahre befristeten dinglichen Vorkaufsrecht zugunsten Herrn L. belastet, das in Abteilung II des Grundbuchs an erster Rangstelle eingetragen ist. Von der Klägerseite nicht bestritten wurde die Angabe der Beklagten, der Bodenrichtwert für die betroffenen landwirtschaftlichen Flurstücke in K. habe damals lediglich 3,20 Euro je m2 betragen (vgl. Bl. 785 der Beiakte D)

Am 31. Mai 2005 sprach der Ehemann der Klägerin bei der Beklagten vor, teilte unter Vorlage aktueller Grundbuchauszüge mit, er und die Klägerin hätten von Herrn L. je ein Grundstück im Abbaugebiet erworben, und erklärte, er sehe sich durch die Planungen massiv in Eigentümerrechten beeinträchtigt und wolle als neuer Nachbar das geplante Vorhaben nach Möglichkeit verhindern (Bl. 766 der Beiakte D). Zugleich forderte er bei einer gegebenenfalls geänderten Planung mit einer Beschränkung auf den 1. Bauabschnitt eine erneute Beteiligung mit allen neuen Unterlagen ein. Schließlich machte er ein Recht auf Sicherung der uneingeschränkten Fortführung der Ackernutzung - insbesondere im Hinblick auf den unbeschränkten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln - geltend.

Daraufhin sah sich der Beigeladene - auch in Reaktion auf die Schreiben der Beklagten vom 12. Mai 2005 (Bl. 759 f. der Beiakte D) und 13. Oktober 2005 (Bl. 838 der Beiakte D) - mangels Verfügungsbefugnis über die Flurstücke 90/3 und 91 zu einer Umplanung seines Vorhabens gezwungen und beschränkte seinen Planfeststellungsantrag am 20. Oktober 2005 (Bl. 846 ff. der Beiakte D; vervollständigt am 23. November 2005, Bl. 907 ff. der Beiakte D, am 10. Februar 2006 und 18. April 2006 [Umplanung der Drainageverlegung], Bl. 1026 ff., 1052 ff. der Beiakte E, sowie am 9. März 2006 [Umplanung Linksabbiegerspur], Bl. 1040 ff. der Beiakte E) nunmehr auf den 1. Bauabschnitt, der sich unmittelbar westlich dieser beiden Grundstücke befindet. Die Beklagte sah die Identität bzw. das Gesamtkonzept des ursprünglichen Vorhabens auch bei der anstehenden Reduktion der Abbaufläche von 109.000 m2 auf 58.344 m2 und der Betriebsdauer von 30 auf 20 Jahre (Bl. 786 der Beiakte D) gewahrt und ging deshalb von einer bloßen Planänderung mit Nachtragsverfahren i.S.d. § 73 Abs. 8 VwVfG ohne Bedürfnis nach Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens aus (Bl. 790 f. der Beiakte D).

Eine Mitteilung über die Planänderung mit Fristsetzung i.S.d. § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG, die die Beklagte an die Klägerin und deren Ehemann in der Eigenschaft als durch die Planänderung erstmals betroffene Eigentümer der Flurstücke 90/3 und 91 richtete, erging unter dem 21. April 2006 (Bl. 1065 f. der Beiakte E, mit Ab-Vermerk vom selben Tage). Hierauf ging am 10. Mai 2006 bei der Beklagten ein Konvolut der Klägerin und ihres Ehemanns ein, das einen "verspätete[n] Eingang" des Schreibens vom 21. April 2006 behauptete und Einwendungen enthielt. Letztere rügten im Wesentlichen den Sicherheitsabstand des Vorhabens zu den Flurstücken 90/3 und 91 insbesondere im Hinblick auf die Lasten des landwirtschaftlichen Verkehrs und die Standsicherheit der Böschung des geplanten Kiessees, die Auswirkungen der Drainageverlegung auf beide Flurstücke und die der Linksabbiegerspur auf das Flurstück 90/3 und auf das südlich der H. straße gelegene Flurstück 102/4, das der Ehemann der Klägerin am 12. April 2006 erworben habe. Zudem wurde eine Vernässung ihrer Flurstücke durch Grundwasser sowie eine Einschränkung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes befürchtet. Vorletztgenanntes Monitum vertieften sie im Schreiben vom 20. Juni 2006 (Bl. 1109 der Beiakte E).

Die Beklagte bezeichnete in ihren Vermerken vom 14. und 28. Juni 2006 (Bl. 1106, 1125 der Beiakte E) sowie vom 29. Januar 2007 (Bl. 1500 der Beiakte G) die von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Flurstücke 90/3 und 91 ausdrücklich als "Sperrgrundstücke" bzw. als "ausdrücklich als Sperrgrundstücke erworben[e]" Grundstücke.

Der Erörterungstermin i.S.d. § 73 Abs. 6 VwVfG i.V.m. § 127 NWG a.F. fand am 20. Dezember 2006 statt (Bl. 1308 ff. der Beiakte G). Soweit ersichtlich, behandelte die Beklagte alle von der Klägerin und deren Ehemann erhobenen Einwendungen als rechtzeitig und berücksichtigte sie im Planfeststellungsverfahren.

Mit Schreiben vom 5. März 2007 (Bl. 1522 ff. der Beiakte G) vertieften die Klägerin und ihr Ehemann die Einwendungen im Hinblick auf die befürchtete Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch Grundwasseraustritt. Eine Reihe weiterer Beschwerdeschreiben des Ehemanns der Klägerin vor allem aus den Jahren 2006 und 2007, die er an die Beklagte oder direkt an deren Oberbürgermeister richtete und die sich u.a. auf eine angeblich strafrechtlich relevante Lagerung von Abfällen auf dem Betriebshof und ihre Auswirkungen, auf die Nichteinhaltung von Grenzabständen, Verschattung durch angeblich baurechtswidrige Aufschüttungen und auf unzumutbaren Wildkräutersamenflug bezogen, beschied die Beklagte zumeist negativ. In einem internen Vermerk der Beklagten vom 17. April 2007 (Bl. 1594 der Beiakte G) wird der Ehemann der Klägerin als "selbst erklärte[r] Gegner des geplanten Bodenabbaus" bezeichnet. Während des gesamten Planfeststellungsverfahrens dokumentierten die Klägerin und ihr Ehemann durch wiederholte Stellungnahmen, Anzeigen und Beschwerden, dass sie sowohl dem Kiesabbauvorhaben als solches einschließlich des Betriebshofes als auch dem Beigeladenen ablehnend gegenüberstehen. Bereits mit Anfragen vom 12. Mai 2004 (Bl. 169 der Beiakte C) und 19. Oktober 2004 (Bl. 234, 262 der Beiakte C) baten sie sich eine laufende Information über alle Details des Bodenabbauvorhabens H. straße aus, um gegebenenfalls gerichtlichen Rechtsschutz hiergegen suchen zu können. Mehrfach zeigte der Ehemann der Klägerin den Beigeladenen bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen angeblicher Umweltstraftaten an (Bl. 1473 der Beiakte G: unerlaubtes Betreiben von Anlagen [§ 327 StGB] am 1. Juli 2005, eingestellt nach § 153a StPO am 19. Dezember 2006; Bl. 1570 der Beiakte G: gefährlicher Umgang mit Abfällen [§ 126 StGB] am 17. Dezember 2006, eingestellt nach § 153 StPO am 21. März 2007). In Bürgersprechstunden des Oberbürgermeisters der Beklagten forderte der Ehemann der Klägerin auch außerhalb förmlicher Rechtsschutzverfahren vehement die Aufhebung der befristeten Baugenehmigung des Betriebshofes (am 14. September 2005, Bl. 806 der Beiakte D) und monierte den Zustand und die Nutzung des Flurstücks 88/8, welches an sein Flurstück 90/3 grenzt, insbesondere einen angeblichen Schadstoffabfluss (am 6. September 2007, Bl. 1701 der Beiakte F; vorausgegangen: Beschwerden vom 5. Dezember 2005, Bl. 946 der Beiakte E, und vom 5. April 2007, Bl. 1579 der Beiakte G). Einer einvernehmlichen zivilrechtlichen Lösung der Auseinandersetzungen mit dem Beigeladenen verschloss er sich (etwa Schreiben vom 26. Januar 2006, Bl. 1025 der Beiakte E). Der Ehemann der Klägerin trat auch an den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft heran, um der Beklagten im Hinblick auf das von dieser planfestgestellte Kiesabbauvorhaben die Preiswürdigkeit als "Stadt der Wissenschaft" abzusprechen (Schreiben vom 18. Januar 2006, Bl. 1011 der Beiakte E). Im unter dem 10. März 2008 (Bl. 1901 ff. der Beiakte F) eingereichten Konvolut erhob der Ehemann der Klägerin ferner Bedenken gegen die persönliche Zuverlässigkeit des Beigeladenen und behauptete eine Überschuldung der von diesem gehaltenen R. GmbH. Andere Stellungnahmen, die die Abwicklung des ehemaligen Betriebshofes des Beigeladenen am Standort E. betreffen, lassen erkennen, dass die Unstimmigkeiten, die zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann einerseits und dem Beigeladenen andererseits bestehen, ihren Grund in dem jahrelangen Betrieb des Mörtelwerks am ursprünglichen Standort finden, der sich am gegenüberliegenden Ufer des südlichen I. sees befunden hatte.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 25. September 2007 (Bl. 1724 ff. der Beiakte F sowie Beiakten B und A) erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung für alle im Rahmen des beantragten (geänderten) Vorhabens baugenehmigungspflichtigen Baumaßnahmen, insbesondere die Abgrabungen zum Bodenabbau, die Bürogebäude und die Zufahrt zum Betriebshof sowie die wasserrechtlichen Erlaubnisse zur Entnahme von Wasser aus dem Abbaugewässer zur Spülung der verlegten Drainagevorflutleitung durch den Wasser- und Bodenverband H., zur Befeuchtung der Fahrwege und Mieten auf dem Betriebshof und den Abraumhalden sowie zur Bewässerung der Bepflanzung mit einer Menge von höchstens 1.440 m3/a und eine Versickerungserlaubnis für das anfallende, nicht schädlich verunreinigte Niederschlagswasser auf dem Grundstück des geplanten Betriebshofes bis zu einer Menge von 6.000 m3/a. Grundlage der Planfeststellung waren unter anderem mehrere Gutachten der Gesellschaft für S. Braunschweig, insbesondere zu Fragen der Standsicherheit der Böschungen vom 23. Dezember 2004 und 18. Dezember 2006 (Bl. 49 ff. und 89 ff. der Beiakte B). Darauf gestützt wurden in dem Planfeststellungsbeschluss eine Böschungsneigung des Kiessees von 1:2 in Richtung der Flurstücke 90/3 und 91 und ein Sicherheitsabstand von 5 m für ausreichend gehalten.

Der Planfeststellungsbeschluss wurde der Klägerin und ihrem Ehemann unter dem 10. Oktober 2007 (Abgang: 11. Oktober 2007) mit eingeschriebenem Brief zugestellt (Bl. 1790 der Beiakte F) und lag vom 15. bis zum 29. Oktober 2007 aus (Bl. 1855 der Beiakte F). Unter dem 22. November 2007 verfügte die Beklagte eine weitere Auflage (Nr. 36), die die Sicherung der neuen Drainagevorflutleitung gegen Überfahren betraf (Bl. 1874 der Beiakte F).

Gegen den Planfeststellungsbeschluss haben die Klägerin und ihr Ehemann am 13. November 2007 die Klage 2 A 316/07 zum Verwaltungsgericht Braunschweig erhoben. Zur Begründung haben sie einerseits eine Verletzung in ihren Eigentumsrechten an den landwirtschaftlichen Nutzflächen der Flurstücke 90/3 und 91 durch fehlerhafte Abwägung ihrer Rechtspositionen mit dem Interesse an der privatnützigen Planfeststellung geltend gemacht und hierzu im Wesentlichen drei Einwendungen vertieft: Zum einen sei die Standsicherheit der Böschung des geplanten Kiessees nicht gewährleistet, wenn man eine Gesamtfahrzeuglast von 60 t mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen zugrunde lege; der Sicherheitsabstand von 5 m zur Grundstücksgrenze sei nicht ausreichend. Zum anderen führe die Realisierung des planfestgestellten Vorhabens zu einer Beschränkung des Einsatzes von Spritzmitteln auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen, weil bei Ausbringung dieser Mittel bestimmte Abstände zu Gewässern eingehalten werden müssten; das führe überwiegend zu einem Mindestabstand von 20 m zwischen Grundstücksgrenze und Böschungsoberkante. Schließlich seien erhebliche Auswirkungen auf ihre Grundstücke durch Grundwasserströme (Vernässungen oder Trockenfall) zu befürchten, die der Planfeststellungsbeschluss nicht hinreichend geklärt und verhindert habe. Zu den beiden ersten Einwendungen haben sich die Klägerin und ihr Ehemann auf ein Gutachten des T. vom U. St. Augustin vom 23. Januar 2008 bezogen (Bl. 47 ff. der GA Bd. I). Andererseits, so die Klägerin, werde ihr Grundstück J. straße 4 unzulässig durch die von dem planfestgestellten Vorhaben ausgehenden Geräuschimmissionen belastet. Die Flurstücke 90/3 und 91 hätten die Klägerin und ihr Ehemann als wenig inflationsgefährdete Wertanlageobjekte erworben (Bl. 349 der GA Bd. II). Auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts haben sie ferner mitgeteilt, sie seien Eigentümer verschiedener weiterer Grundstücke, die zur landwirtschaftlichen Nutzung verpachtet seien; ferner hielten sie nach dem Nds. Realverbandsgesetz Anteile an verschiedenen Flurstücken (Bl. 162 der GA Bd. I; Bl. 232 der GA Bd. II).

Die Beklagte hat im Klageverfahren das Ingenieurbüro V. W. und Partner um Stellungnahme (vom 8. Mai 2008, Bl. 2015 ff. der Beiakte F) ersucht und anschließend das Nds. Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) um fachliche Einschätzung (vom 23. Juni 2008, Bl. 59 ff. der GA Bd. I) zur Frage der Böschungsneigung und des Sicherheitsabstandes gebeten.

Daraufhin hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss durch den auf § 76 Abs. 2 VwVfG gestützten 1. Änderungsbescheid vom 20. Februar 2009 (Bl. 131a ff. der GA Bd. I) dahin geändert, dass die Böschungsneigung des Kiessees in Richtung der Flurstücke 90/3 und 91 von 1:2 auf 1:3,1 abgeflacht und der Sicherheitsabstand von der Grundstücksgrenze von 5 m auf 13 m vergrößert worden sind. Auf eine Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 25. Februar 2010 (Bl. 427 der GA Bd. II) hat die Beklagte durch 2. Änderungsbescheid vom 10. März 2010 (Bl. 473 ff. der GA Bd. II) den Planfeststellungsbeschluss ferner insoweit geändert, als nunmehr am östlichen Ufer des Abbaugewässers keine Strauchpflanzungen vorgenommen werden dürfen. Dies geschah offenbar mit dem Ziel, den zu Saumbepflanzungen zu wahrenden Abstand beim Spritzmitteleinsatz obsolet werden zu lassen. Diese Änderungen sind von der Klägerin und ihrem Ehemann nicht für ausreichend gehalten worden.

Sie haben ihre Klage aufrechterhalten und beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 25. September 2007 in der Fassung, die er durch die Änderungen vom 20. Februar 2009 und vom 10. März 2010 erhalten hat, aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gerügt, der Klägerin und ihrem Ehemann fehle die Klagebefugnis, weil sie das Eigentum an den Flurstücken 90/3 und 91 im laufenden Planfeststellungsverfahren und nicht zur Nutzung der Gebrauchsmöglichkeiten, sondern allein zur Verschaffung von Verfahrensrechten und damit rechtsmissbräuchlich erworben hätten. Dies zeige sich bereits an der erheblichen Differenz zwischen Kaufpreis und Bodenrichtwert, zumal die Klägerin und deren Ehemann weder einen landwirtschaftlichen oder sonstigen Betrieb dort unterhielten noch ein anderes Bewirtschaftungsinteresse glaubhaft hätten darlegen können (Bl. 415 der GA Bd. II). Darüber hinaus liege keine Verletzung von Eigentumsrechten vor. Mit den im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen Schutzauflagen einschließlich der Änderungen vom 20. Februar 2009 und 10. März 2010, mit denen die Böschungsneigung auf 1:3,1 abgeflacht, der Sicherheitsabstand auf 13 m vergrößert und auf die Saumbepflanzung verzichtet worden sei, seien sämtliche Bedenken der Klägerin und ihres Ehemanns ausgeräumt. Da der Gewässerrand 18 m von der Grundstücksgrenze entfernt liegen werden, komme es nicht zu einer Einschränkung des Spritzmitteleinsatzes. Ein neuerliches Gutachten der S. vom 26. Oktober 2009 (Bl. 416 ff. der GA Bd. II) belege eine Grundwasserstandsänderung von 5 cm, die sich als untergrundhydraulisch unerheblich darstelle.

Der Beigeladene hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auch er hat die Klage mangels Klagebefugnis für unzulässig gehalten. Der Eigentumserwerb während des Planstellungsverfahrens sei rechtsmissbräuchlich erfolgt, ein berechtigtes Nutzungs- oder Wertanlageinteresse nicht erkennbar geworden. Dies gelte vor allem angesichts des Verhältnisses von vierfach über dem Bodenrichtwert von 3,50 Euro je m2 (Stand: 1. Januar 2009) liegenden Kaufpreises (14,00 Euro je m2) zu der äußerst geringen Pachthöhe (Bl. 310, 323 der GA Bd. II). Dass die Grundstücke, "koste es, was es wolle," einzig mit dem Ziel der Erlangung von Klagerechten und der Verhinderung seines Abbauvorhabens erworben worden seien, zeige sich auch im sonstigen Verhalten des Ehemanns der Klägerin, der ihn fortwährend und unsachlich bei Justiz, Staatsanwaltschaft und sonstigen Behörden - etwa dem Oberbürgermeister der Beklagten - denunziert habe, um ihn wirtschaftlich zu destabilisieren und diskreditieren. Ein reines Verhinderungsinteresse des Ehemanns der Klägerin dokumentiere sich auch darin, dass dieser aufgrund von Kaufvertrag und Auflassung vom 3. Februar 2006 und Eintragung vom 12. April 2006 von Frau X. geb. L. das weitere, südlich der H. straße gelegene Flurstück 101/4 (wohl richtig: 102/4) erworben habe, das - wie der Ehemann der Klägerin gewusst habe - nach der ursprünglichen Planung für die Schaffung einer Linksabbiegerspur zum Betriebshof benötigt worden sei und von Frau X. unter dem 27. September 2005 mit Zustimmung des Wasserverbandes Weddel-Lehre bereits dem Beigeladenen zum Eigentumserwerb avisiert worden sei (Bl. 206 ff. der GA Bd. I). Jedenfalls aber sei die Klage unbegründet, weil sämtliche Einwendungen sich als ungerechtfertigt darstellten. Der Spritzmitteleinsatz sei angesichts zur Verfügung stehender alternativer Präparate, die einen Abstand von unter 20 m von einem Gewässer ermöglichten, und angesichts der Einsatzmöglichkeit abdriftmindernder Düsen nicht oder kaum beschränkt, wie sich aus Gutachten des Sachverständigen Y. vom 3. Juli 2009 (Bl. 312 ff. der GA Bd. II), vom 9. September 2009 (Bl. 395 ff. der GA Bd. II) und vom 16. März 2010 (Bl. 481 der GA Bd. II) ergebe.

Mit Urteil vom 18. März 2010 hat das Verwaltungsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlungen vom 10. Juni 2009 - in der Frau Z. vom LBEG als Sachverständige zur Böschungsneigung und zur Grundwasserproblematik gehört worden ist und im Abbaugebiet eine "Verflüssigungsgefahr" bei unter Wasser abzubauenden Sanden verneint hat - und vom 18. März 2010 - in der der Sachverständige AA. von der S. zur selben Thematik vernommen worden ist - die Klage abgewiesen. Zwar sei die Klage nicht wegen fehlender Klagebefugnis unzulässig. Angesichts der Tatsache, dass die Klägerin und ihr Ehemann Eigentümer oder Anteilseigner nach dem Nds. Realverbandsgesetz bezogen auf weitere Grundstücke seien, die teilweise ebenfalls im Wege der Verpachtung landwirtschaftlich genutzt würden, könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass die an den geplanten Bodenabbau angrenzenden Grundstücke ausschließlich zur Erlangung einer Klagebefugnis erworben worden seien. Die Zulässigkeit der Klage scheitere auch nicht daran, dass wegen der Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 20. Februar 2009 und 10. März 2010 kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Jedoch sei die Klage unbegründet. Die klägerischen Einwendungen griffen nicht durch. Aus dem Kiesabbau inklusive Betriebshof resultierende Lärmimmissionen würden mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% die Immissionsrichtwerte nicht überschreiten. Infolge des Kiesabbaus trete nur eine relative Änderung der Grundwasserstände gegenüber dem ungestörten Zustand ein. Das Grundwasser fließe von Osten nach Westen, die Anlegung des Kiessees erzeuge auf der Anstromseite (Grenze zwischen den klägerischen Grundstücken und der Abbaufläche) eine geringfügige Absenkung, die auf den klägerischen Grundstücken keinerlei Auswirkungen zeitigte. Auf der Abstromseite betrage die Aufhöhung weniger als 0,1 m und reiche allenfalls 6,3 m weit. Die Standsicherheit der Böschung in Richtung der klägerischen Grundstücke sei bei der nunmehr vorgesehenen Neigung von 1:3,1 und einem Sicherheitsabstand von 13 m zwischen Böschungsoberkante und Grundstücksgrenze auch beim Einsatz schwerer landwirtschaftlicher Geräte (etwa Rübenrodemaschinen) auf den klägerischen Grundstücken gewährleistet. Die klägerischen Einwände bezüglich der Aufhebung der Kohäsion unter Wasser seien bei den Standsicherheitsberechnungen berücksichtigt worden. Ein Abschwemmen der Böschung mit Nachrutschungen sei mangels eines Vorkommens besonders feinkörniger und runder Sandkörner im Boden ausgeschlossen. Die Standsicherheit werde schließlich nicht durch den 2. Änderungsbescheid (Verzicht auf Saumgehölze) in Frage gestellt. Schließlich seien unverhältnismäßige Einschränkungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht zu erwarten, weil die klägerischen Grundstücke vom Kiesgewässerrand 18 m entfernt seien und daher marktübliche Präparate zur Verfügung stünden, die selbst bei einer nur 50%igen Abdriftminderung lediglich einen Abstand zum Gewässer von 5 bis 15 m erforderten. Ein Abstand zu Saumgehölzen sei infolge des 2. Änderungsbescheides nicht mehr relevant. Eine Resistenzgefahr infolge der Verwendung zu leistungsschwacher Mittel spiele keine Rolle.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin und ihres Ehemanns, die der Senat mit Beschluss vom 11. August 2011 - 13 LA 99/10 - wegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten zugelassen hat. Seitdem der Ehemann der Klägerin am 24. März 2013 verstorben ist, führt die Klägerin die Berufung aus eigenem Recht und zugleich als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemanns fort.

Zur Begründung ihrer Berufung vertieft die Klägerin die Einwendungen zur Böschungsstandsicherheit, zur Grundwasserproblematik und zum Spritzmitteleinsatz. Sie legt ein hydrogeologisches Gutachten der AB. GmbH Magdeburg vom 22. Juni 2010 (Bl. 655 ff. der GA Bd. IV) vor, das auch von der Grundwasserfließrichtung von Südost nach Nordwest ausgeht, allerdings an der südöstlichen Anstromseite eine Absenkung, an der nordwestlichen Abstromseite eine Aufhöhung des Grundwasserspiegels von jeweils 15 cm, temporär bis zu 40 cm, prognostiziert. Zudem, so die Klägerin, gäben Messwerte bestimmter Grundwassermessstellen im und um das geplante Abbaugebiet Anlass zu der Annahme, dass im Einzelfall Grundwasserströme von West nach Ost aufträten. Es drohten nach alledem sowohl eine Vernässung als auch Trockenfälle der klägerischen Grundstücke. Die Klägerin zweifelt ferner die Annahme des Verwaltungsgerichts an, ein Nachrutschen der Böschung sei ausgeschlossen. Die Sachverständige Z. vom LBEG habe zum Vorkommen feiner Sande im Abbaugebiet keine verlässlichen Aussagen treffen können, weil sie - wie sie selbst einräume - nicht das bis in die geplante Abbautiefe von 30 m reichende Bodenprofil kenne. Schließlich nehme auch der Abstand zwischen den beiden I. seen stetig ab, was auf Uferabbrüche zurückzuführen sei. Ähnliches drohe am geplanten Kiessee. Mit Blick darauf, dass Herr N. die vier Hauptgrundstücke des Plangebiets durch Kaufvertrag vom 25. März 2011 nicht an den Beigeladenen D., sondern an die D. GmbH verkauft hat, wendet sich die Klägerin gegen das Fortbestehen der Beiladung des Herrn D..

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 18. März 2010 zu ändern und den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 25. September 2007 in der Fassung, die dieser durch die Änderungen vom 20. Februar 2009 und vom 10. März 2010 erhalten hat, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil als rechtmäßig und tritt allen Einwendungen der Klägerin entgegen. Das Gutachten der AB. stelle die Gutachten, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt habe, nicht in Frage. Die darin resümierten Maximalwerte der Aufhöhungen und Absenkungen des Grundwasserspiegels von 40 cm träten nur bei außergewöhnlichen Ereignissen auf. Von der Aufhöhung an der nordwestlichen Abstromseite sei die Klägerin im Übrigen in keiner Weise betroffen. Soweit im Einzelfall an Grundwassermessstellen westlich des Abbaugebiets höhere Stände als an östlich gelegenen ermittelt worden sein sollten, gehe dies auf an den betroffenen westlichen Messstellen nach starken Niederschlägen artesisch (durch dicke bindige, d.h. wasserundurchlässige Deckschichten) gespanntes Grundwasser zurück. Dieser lokale Befund lasse keinen Schluss auf eine anderweitige Fließrichtung des Grundwassers zu. Die bisherigen Änderungen berücksichtigten alle etwaigen Bedenken im Hinblick auf die Böschungsstandsicherheit angemessen. Eine Nachrutschung der Böschung wie im sachsen-anhaltinischen Nachterstedt - einem verfüllten ehemaligen Tagebau - sei ausgeschlossen. Die Situation an den Ufern der I. seen beruhe auf natürlichen Wasserstandsschwankungen und sei mit derjenigen am streitgegenständlichen Abbaugebiet nicht zu vergleichen. Ein Spritzmittelabstand von 20 m, den nur noch "Nischenprodukte" erforderten, sei bei keiner Befallsituation oder Verkrautung vonnöten. Die Klägerin könne auf handelsübliche Kartoffelfungizide und Getreideherbizide verwiesen werden, deren Anwendung einen Abstand von 5 bis 15 m zum Kiesabbau-See erlaube. Die Beiladung des Herrn D. sei aufrechtzuerhalten, weil dessen rechtliche Interessen als Vorhabenträger und Adressat des Planfeststellungsbeschlusses nach wie vor berührt seien. Die Planrechtfertigung werde durch die Veräußerung an die D. GmbH nicht aufgehoben, weil anzunehmen sei, dass der Beigeladene, der einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer dieser Gesellschaft sei, als Vorhabenträger über diese Flächen verfügen könne.

Der Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er legt - jeweils in Reaktion auf Vortrag der Klägerseite - diverse ergänzende gutachterliche Stellungnahmen der S. zur Böschungssicherheit und zur Grundwasserproblematik (vom 1. Dezember 2010, Bl. 735 ff. der GA Bd. IV; 7. Juli 2011, Bl. 817 ff. der GA Bd. V; 10. Februar 2012, Bl. 1007 ff. der GA Bd. VI; 5. Juni 2012, Bl. 1048 ff. der GA Bd. VI; 20. August 2012, Bl. 1064 ff. der GA Bd. VI; 8. November 2012, Bl. 1075 ff. der GA Bd. VI, und 8. März 2013, Bl. 1091 ff. der GA Bd. VI) sowie des AC. zum Pflanzenschutzmitteleinsatz (vom 26. Oktober 2011, Bl. 939 ff. der GA Bd. VI) vor und hält alle Angriffe der Klägerin für entkräftet. Seine Beiladung sei als notwendig i.S.d. § 65 Abs. 2 VwGO aufrechtzuerhalten. Insoweit wiederholt er im Wesentlichen die Argumente der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat das Verwaltungsgericht ihre Klage und die ihres Ehemannes gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 25. September 2007 in der letzten Änderungsfassung vom 10. März 2010 abgewiesen.

I. Eine verständige Deutung des Klagebegehrens (§§ 88, 125 Abs. 1 VwGO) ergibt, dass ungeachtet der Formulierung eines reinen Anfechtungsantrags neben Planaufhebungsansprüchen wegen erhobener Einwendungen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) als minus auch Planergänzungsansprüche (§ 75 Abs. 1a Satz 2 VwVfG) rechtshängig gemacht worden sind, die auf diesen Einwendungen beruhen könnten. Damit wird neben der Aufhebung auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses bis zur Ergänzung um Schutzauflagen begehrt.

II. Allerdings ist die Klage in beiden Beziehungen bereits mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig. Dies gilt für die Klägerin sowohl, soweit sie aus eigenem Recht klagt, als auch, soweit sie gemäß § 1922 BGB, § 239 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO im Berufungsverfahren als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemanns und früheren weiteren Klägers auftritt.

Eine Rechtsverletzung durch den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss scheidet evident aus, soweit es um diejenigen Einwendungen geht, die die Klägerin und ihr Ehemann in ihrer Eigenschaft als Anwohner (J. straße 4 in Braunschweig-I.) im Einwirkungsbereich des Abbaugebiets - insbesondere hinsichtlich befürchteter Geräuschimmissionen - unter dem 14. März 2005 erhoben haben. Denn mit diesen Einwendungen sind sie gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG offensichtlich materiell präkludiert, weil das entsprechende Konvolut erst am 16. März 2005 und damit am Tag nach Ablauf der Einwendungsfrist aus § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG (15. März 2005) bei der Beklagten eingegangen ist (vgl. Bl. 557 der Beiakte D). Dass die Beklagte Dritten gegenüber einen angeblich fristgerechten Eingang dieser Einwendungen bestätigt hat (Bl. 705 der Beiakte D), ist unerheblich; an diese unzutreffende Beurteilung zur Wahrung einer nichtdisponiblen Frist ist auch der Senat nicht gebunden.

Auch die im Nachtragsverfahren nach Planänderung erhobenen Einwendungen als Nachbarn (Grundstückseigentümer der Flurstücke 90/3 und 91), die den Schwerpunkt des Klage- und Berufungsverfahrens bilden, führen nicht zur Möglichkeit einer Rechtsverletzung.

Dabei kann offenbleiben, ob die Zweiwochenfrist aus § 73 Abs. 8 Satz 1 VwVfG gewahrt wurde, als das Einwendungskonvolut vom 10. Mai 2006 am selben Tage bei der Beklagten einging (Bl. 1069 ff. der Beiakte E). Wären die Maßstäbe der Dreitagesfiktion aus § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG anzuwenden, gälte das am 21. April 2006 abgesandte Fristsetzungsschreiben der Beklagten vom selben Tage (Bl. 1065 f. der Beiakte E) am Montag, dem 24. April 2006, als bekanntgegeben. Für einen späteren Erhalt i.S.d. § 41 Abs. 2 Satz 3, 1. HS., 2. Alt. VwVfG, der die Beweislast der Beklagten auslöste, hätte die schlichte Behauptung eines "verspäteten Eingangs", wie eingangs des Konvoluts geschehen, nicht genügt; vielmehr hätte substantiiert ein atypischer Geschehensablauf dargelegt werden müssen, aufgrund dessen ein späterer Erhalt an einem bestimmten Tag nach dem 24. April 2006 erfolgt sei (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 41 Rdnr. 43). Nach diesen Grundsätzen lief die Zweiwochenfrist am Montag, dem 8. Mai 2006, 24.00 Uhr, ab. Der Eingang am 10. Mai 2006 wäre verfristet; die Klägerin und ihr Ehemann auch mit diesen Einwendungen offensichtlich materiell präkludiert. Allerdings stellt sich die Frage nach der (direkten oder entsprechenden) Anwendbarkeit des § 41 Abs. 2 VwVfG, weil die Beklagte den Beginn der Zweiwochenfrist nicht an die "Bekanntgabe", sondern an den "Erhalt" des Fristsetzungsschreibens vom 21. April 2006 geknüpft hat.

Diese Fragen muss der Senat jedoch nicht entscheiden, weil die auf das Eigentum an den Flurstücken 91 und 90/3 der Flur ... der Gemarkung K. gestützte Klagebefugnis vor allem deshalb fehlt, weil die Eigentümerstellung jeweils rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) begründet worden und damit wegen unzulässiger Rechtsausübung nicht schutzwürdig ist.

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den "Sperrgrundstücken", der sich der Senat anschließt, sind hierfür folgende Grundsätze maßgeblich:

Soweit Grundstückseigentum nur zum Schein übertragen worden ist und damit nach § 117 Abs. 1 BGB ohnehin kein wirksamer Erwerb vorliegt (in diese Richtung offenbar BVerwG, Urt. v. 12. Juli 1985 - 4 C 40.83 -, BVerwGE 72, 15, 16), scheidet eine darauf gestützte Klagebefugnis von vornherein aus. Im Übrigen reicht der Hinweis eines Planbetroffenen (d.h. eines Enteignungs- oder Drittbetroffenen) auf seine (wirksam begründete) Eigentümerstellung zwar in aller Regel aus, um im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO die Möglichkeit einer Rechtsverletzung aufzuzeigen. Grundsätzlich unerheblich ist auch, aus welchen Beweggründen ein Kläger das Eigentum an einem Grundstück erworben hat. Eine andere rechtliche Beurteilung ist aber dann gerechtfertigt, wenn das Eigentum nicht zur Nutzung der mit ihm verbundenen Gebrauchsmöglichkeit, sondern nur deshalb erworben worden ist, um die (formalen) Voraussetzungen für eine Prozessführung zu schaffen, die nach dem Rechtsschutzsystem der VwGO einem Eigentümer vorbehalten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. Januar 2012 - 9 A 6.10 -, NVwZ 2012, 567, juris Rdnr. 13; v. 9. Juli 2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, 286 Rdnr. 42; v. 27. Oktober 2000 - 4 A 10.99 -, BVerwGE 112, 135, 137).

Von einem rechtsmissbräuchlichen Eigentumserwerb geht das Bundesverwaltungsgericht in zwei Konstellationen aus, in denen es ausnahmsweise ein über die Führung eines erwarteten Rechtsstreits hinausgehendes Interesse an der erworbenen Rechtsstellung verneint. Einerseits liegt er vor, wenn (objektiv) dem Kläger aufgrund der vertraglichen Gestaltung - etwa durch weitreichende dingliche Beschränkungen oder zusätzliche obligatorische Verpflichtungen des Erwerbers gegenüber dem Veräußerer - lediglich eine Rechtsstellung übertragen worden ist, die auf eine "formale Hülle" ohne substantiellen Inhalt hinausläuft. Denn in diesen Fällen wird die dingliche Rechtsstellung nur vorgeschoben, um der Sache nach im Wege der Prozessstandschaft fremde Abwehrrechte zu verteidigen, so dass sich ihr materieller Gehalt in einer bloßen Scheinposition erschöpft (vgl. Urt. v. 27. Oktober 2000, a.a.O., S. 138). Andererseits ist der Eigentumserwerb als missbräuchlich einzustufen, wenn (subjektiv) der Motivation / dem Motiv nach das Grundeigentum allein als Mittel dazu dient, eine (unzulässige) Interessentenklage im Gewande der Verletztenklage zu erheben (vgl. Urt. v. 25. Januar 2012, a.a.O., Rdnrn. 14 f.; vorher bereits VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17. Juli 2007 - 5 S 130/06 -, juris Rdnrn. 21 ff.; 7. Senat des Nds. OVG, Beschl. v. 12. Dezember 2005 - 7 MS 91/05 -, juris Rdnrn. 24 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19. November 2003 - 3 K 29/99 -, juris Rdnrn. 63 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29. Januar 2001 - 11 D 97/96.AK -, juris Rdnrn. 24 ff. [Enteignungsbetroffenheit], 30 [Übertragung auf Drittbetroffenheit = Nachbarschutz]; BayVGH, Urt. v. 20. Dezember 1988 - 20 A 88.40073, 20 AS 88.40066 -, juris Rdnr. 15), d.h. wenn der Erwerb des "Sperrgrundstücks" ausschließlich zur Bekämpfung der abgelehnten Planung und nicht wenigstens auch zur Ausübung sonstiger Eigentümerbefugnisse erfolgt ist, also ohne Kenntnis des Planungsvorhabens nicht erfolgt wäre und keinen anderen Grund hatte. Relevant für die Ergründung einer solchen ausschließlichen Verhinderungsmotivation ist neben dahin gehenden Erklärungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. Januar 2012, a.a.O., Rdnr. 14), ob sich an der tatsächlichen Nutzung des Grundstücks etwas geändert hat und ob für die Eigentumsübertragung ein wirtschaftlicher Gegenwert geflossen ist; ein weiteres Anzeichen können die zeitlichen Abläufe und eine fehlende Wirtschaftlichkeit des Erwerbs sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 25. Januar 2012, a.a.O.; Urt. v. 9. Juli 2008, a.a.O.; 7. Senat des Nds. OVG, a.a.O., Rdnr. 26; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19. November 2003, a.a.O., Rdnr. 71; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29. Januar 2001, a.a.O., Rdnr. 27).

2. Ob sich die Eigentümerstellung der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemanns objektiv als bloße formale Hülle darstellt, kann der Senat dahinstehen lassen. Für eine so starke vertragliche Einschränkung der Eigentümerbefugnisse, wie sie in dem durch Urteil des BVerwG vom 27. Oktober 2000 (a.a.O.) entschiedenen Sachverhalt vorlag, dürften hier eindeutige Anhaltspunkte fehlen. Das dem Veräußerer L. jeweils in Abschnitt X. der Grundstückskaufverträge eingeräumte befristete dingliche Vorkaufsrecht erscheint nur als geringfügige Belastung des Grundstückseigentums. Hinzukommt allerdings ein auffälliges Missverhältnis zwischen hohem Kaufpreis (Flurstück 91: 130.000,00 Euro, 90/3: 120.000,00 Euro) und äußerst geringem Pachtzins
(91: 390,00 Euro jährlich; 90/3: 316,00 Euro). Gerade durch die bis zum 30. September 2020 unveränderliche geringe Pachtzinshöhe scheint dem früheren Eigentümer der wirtschaftliche Wert des Eigentums auf mittlere Sicht belassen zu sein. Erheblich größere Bedeutung in diesem Zusammenhang könnte der jeweils in Abschnitt V. enthaltenen Nachentschädigungsklausel zukommen, die auch den wirtschaftlichen Wertzuwachs der Grundstücke in mittlerer Perspektive bei dem früheren Eigentümer und jetzigen Pächter belässt. Ähnliche Klauseln (allerdings in der Gesamtschau mit anderen die dingliche Eigentumsposition "entwertenden" Verpflichtungen und Beschränkungen) wurden durch das BVerwG in den älteren "Sperrgrundstücksfällen" als Beleg für eine formale Hülle "Eigentum" und daher als ausschließliche Verhinderungsregelungen gedeutet (vgl. Urt. v. 27. Oktober 2000, a.a.O., S. 138 f.). Die Frage, ob die Kautelen der Verträge im vorliegenden Fall ebenfalls diese Schwelle überschreiten, muss der Senat jedoch nicht abschließend beantworten.

3. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass die von der Klägerin und ihrem verstorbenen Ehemann Anfang 2005 erworbene Rechtsstellung als Volleigentum ohne erhebliche schuldrechtliche, dinglich gesicherte Beschränkungen der Nutz- und Verwertbarkeit zu qualifizieren ist, läge in Anwendung der Maßstäbe des BVerwG in dem Grundstückserwerb ein Rechtsmissbrauch (venire contra factum proprium als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung) vor. Denn nach umfassender Würdigung aller Umstände ist der Senat im vorliegenden Einzelfall zu der Überzeugung gelangt, dass (subjektiv) die Motivation der Klägerin und ihres Ehemannes, "Sperrgrundstücke" zu erwerben, um das vom Beigeladenen geplante Kiesabbauvorhaben - und zwar sowohl im ursprünglichen größeren als auch im aktuellen verkleinerten Umfang - im Wege der Interessentenklage im Gewand einer Verletztenklage zu verhindern, alleinig ausschlaggebend für den Erwerb gewesen ist. Folgende äußere Hilfstatsachen (Indizien) belegen das Vorhandensein dieser inneren Tatsache:

a) Zum einen hat der verstorbene Ehemann der Klägerin, der bis zu seinem Tode weiterer Kläger gewesen ist, eine ausdrückliche dahin gehende Erklärung abgegeben. Am 31. Mai 2005 hat er sich im Rahmen einer Vorsprache bei der Beklagten unter Vorlage von Grundbuchauszügen als neuer Eigentümer zu erkennen gegeben und erklärt, dass er "als neuer Nachbar" das geplante Bodenabbauvorhaben (= die Nassauskiesung) nach Möglichkeit verhindern möchte und dass er sich in seinen Rechten massiv beeinträchtigt fühle (vgl. Vermerk v. 1. Juni 2005, Bl. 766 der Beiakte D). Die Umstände dieses Auftritts, insbesondere die Vorlage von Grundbuchauszügen nicht nur für sein Flurstück 90/3, sondern auch für das der Klägerin gehörende Flurstück 91, deuten daraufhin, dass diese Erklärung auch mit Bezug auf die Klägerin und deren Grundstück abgegeben wurde; in diesem umfassenden Sinne hat auch die Beklagte diese Erklärung des Ehemannes verstanden (vgl. Bl. 764 der Beiakte D). Dementsprechend hat sie in behördlichen Vermerken vom 14. und 28. Juni 2006 (Bl. 1106, 1125 der Beiakte E und Bl. 901 der GA Bd. V) sowie vom 29. Januar 2007 (Bl. 1500 der Beiakte G) zusammengefasst niedergelegt, diese Grundstücke seien ausdrücklich als "Sperrgrundstück" erworben worden.

b) Weitere objektive Indizien ergeben in der Gesamtschau die Überzeugung des Senats, dass die erklärtermaßen beabsichtigte Verhinderung des Vorhabens das einzige Ziel der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes war, das sie verfolgten, als sie Eigentum an diesen Grundstücken erwarben.

aa) Diese gründen sich zunächst auf die Lage und den Zuschnitt der Grundstücke und ihre - der Klägerin und deren Ehemann bekannte - strategische Bedeutung für das Planungsvorhaben. Schon hieraus ist zu schließen, dass es der Klägerin und ihrem Ehemann nur um die formale Eigentümerposition ging, um sich Nachbarklagerechte zu verschaffen, die sie als bloße Anwohner auf dem weiter entfernt gelegenen Grundstück J. straße 4 in Braunschweig-I. nicht gehabt hätten.

Die jeweils nur 38 m breiten (Bl. 786 der Beiakte D) und mit rund 7.898 m2 bzw. 9.735 m2 verhältnismäßig kleinen, derzeit landwirtschaftlich genutzten Flurstücke 90/3 und 91 der Flur ... der Gemarkung K. sind in einem Bereich gelegen, der nach dem Planfeststellungsantrag des Beigeladenen vom 14. Januar 2005 den 2. Bauabschnitt des ursprünglichen (größeren) Plangebiets zum Kiesabbau bilden sollte. Mit dem Erwerb dieser - gemessen an den ursprünglichen Planungen - zentralen Grundstücke ist dieser 2. Bauabschnitt infolge der fehlenden Absicht der Klägerin und ihres Ehemanns, dem Beigeladenen Verfügungsrechte hieran einzuräumen, objektiv-tatsächlich verhindert und ist eine Beschränkung des Planfeststellungsantrags auf den 1. Bauabschnitt faktisch erzwungen worden, nachdem die Beklagte das Bestehen eines Sachbescheidungsinteresses des Beigeladenen bezogen auf den 2. Bauabschnitt verneint hatte (vgl. Schreiben der Beklagten an den Beigeladenen vom 12. Mai 2005, Bl. 759 f. der Beiakte D). Von diesen Auswirkungen hatten die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund der Einsichtnahme in die vom 1. Februar bis zum 1. März 2005 ausgelegten Planungsunterlagen sichere Kenntnis. Ihr von dieser Kenntnis getragenes Verhalten, während des laufenden Planfeststellungsverfahrens gerade diese "Schlüsselgrundstücke" zu erwerben, die - wie sie voraussahen - nach Umplanung des Beigeladenen direkt an ein verkleinertes Abbaugebiet (den 1. Bauabschnitt des ursprünglichen Plangebiets) angrenzen würden, lässt nur den Schluss zu, dass sie einen entsprechenden Verhinderungswillen gebildet hatten, der sich auf das gesamte Vorhaben im ursprünglichen Umfang, jedenfalls aber auch (argumentum a maiore ad minus) auf den nach Umplanung verbliebenen 1. Bauabschnitt bezog. Nicht erkennbar ist, welches von dem Verfahren unabhängige Interesse gerade an den ursprünglich mitten im Planungsgebiet gelegenen Grundstücken sie gehabt haben könnten. Das von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Befragen des Senats geltend gemachte Interesse ihres Ehemannes an landwirtschaftlichen Grundstücken, das von einer "Verbundenheit zur Scholle" geprägt gewesen sei, und ihr eigenes Interesse an der Ausübung des Pferdesports überzeugt den Senat vor allem in Ansehung der sonstigen Umstände des vorliegenden Falles nicht. Der Plausibilität dieser nach dem Eindruck des Senats vorgeschobenen Argumente steht insbesondere entgegen, dass die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren noch geltend gemacht hatte, die erworbenen Grundstücke sollten für den Kartoffelanbau genutzt werden.

bb) Die Zeitpunkte des Kaufs und Erwerbs, die Kautelen der darauf bezogenen Verträge sowie die Reihenfolge der Ereignisse stützen dieses Ergebnis deutlich.

(1) Die notariellen Grundstückskaufverträge vom 4. März 2005 mit Auflassung und Eintragungsbewilligung sind während des Planfeststellungsverfahrens - und zwar in offener Einwendungsfrist nach § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG - geschlossen worden. Sie sind damit offensichtlich als ein von Verhinderungsabsicht getragener Versuch zu deuten, in Kenntnis des Vorhabens noch rechtzeitig vor Fristablauf und damit vor dem Eintritt materieller Präklusion (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG) eine zuvor nicht gegebene Position zu erlangen, die die Erhebung aussichtsreicher Einwendungen (als Nachbarn im baurechtlichen Sinne statt als bloße Anwohner im Einwirkungsbereich - Nachbarn im immissionsschutzrechtlichen Sinne -) überhaupt erst ermöglicht. Keinesfalls kann das Kaufgeschehen als zufällig bezeichnet werden. Vielmehr stand es ersichtlich im Zusammenhang mit den parallel dazu als Anwohner (J. straße 4 in Braunschweig-I.) unter dem 14. März 2005 erhobenen Einwendungen, die der Klägerin und ihrem Ehemann aber mangels hinreichender Nähe zum geplanten Abbaugebiet und damit mangels unmittelbarer Betroffenheit wenig aussichtsreich erscheinen mussten.

Die Eintragung als neue Eigentümer in das Grundbuch erfolgte zwar jeweils erst am 10. Mai 2005; zu diesem Zeitpunkt war die genannte Einwendungsfrist bereits abgelaufen. Allerdings durften die Klägerin und ihr Ehemann mit Erwerb der Grundstücke wegen der hier gegebenen besonderen Konstellation sicher davon ausgehen, dass zumindest der 2. Bauabschnitt unrealisierbar geworden war und dass deshalb, wenn keine Planaufgabe, so doch jedenfalls eine Planänderung erfolgen würde, in deren Zuge ihre neue Nachbarstellung nunmehr berücksichtigungsfähig sein würde. Denn sie selbst hatten diese Planänderung durch ihr Verhalten erzwungen.

(2) Ein Beleg für eine ausschließliche Verhinderungsmotivation ist ferner der Umstand, dass die Klägerin und ihr Ehemann die Grundstücke erwarben, obwohl der Veräußerer L. zuvor bereits in Verhandlungen mit dem Beigeladenen gestanden hatte, der sie zur Realisierung des zunächst vorgesehenen 2. Bauabschnittes zwingend benötigte. Dieser hatte sich zunächst zuversichtlich gezeigt, Herrn L. mittels eines großzügigen Angebots zur Veräußerung an ihn bewegen zu können. Dies folgt schon aus den Äußerungen des Beigeladenen gegenüber der Beklagten vom 17. Dezember 2004 (Bl. 335 der Beiakte C). Dass die Klägerin und ihr Ehemann als "Gegner von D.", die von diesen vorausgegangenen Verhandlungen Kenntnis hatten (vgl. telefonische Mitteilung des Herrn L. an die Beklagte vom 15. Februar 2005, Bl. 513 der Beiakte C), jedoch danach ein offenbar attraktiveres Gebot als der Beigeladene abgegeben und Herrn L. sonstige bessere Vertragskonditionen (etwa: dass die Grundstücke nicht zur Abgrabung, sondern zur Verpachtung unter Weiterführung der landwirtschaftlichen Nutzung veräußert werden) in Aussicht gestellt haben müssen, steht außer Zweifel.

Der Erwerb zu diesem Zeitpunkt und zu für die Klägerin und ihren Ehemann sehr unwirtschaftlichen Konditionen (überhöhter Kaufpreis - Flurstück 91: 13,35 Euro je m2 = 4,18 x Bodenrichtwert; Flurstück 90/3: 15,19 Euro je m2 = 4,75 x Bodenrichtwert; durchschnittlicher Kaufpreis: 14,18 Euro je m2 = 4,43 x Bodenrichtwert -; bei niedrigen Pachtzinsen von nur 316,00 bzw. 390,00 Euro jährlich; Nachentschädigungsklausel; dingliches Vorkaufsrecht) findet nur die Erklärung, dass damit das Grundstückseigentum "um jeden Preis" beschafft werden sollte. Unter Umständen strebten sie an, neben der sicheren Verhinderung des 2. Bauabschnitts den Beigeladenen zur Rücknahme seines Planfeststellungsantrags insgesamt zu bewegen. Zumindest rechneten sie mit einer Beschränkung auf den 1. Bauabschnitt durch eine Planänderung, die gemäß § 73 Abs. 8 VwVfG eine neue Einwendungsfrist beginnen lassen würde, in der sie dann - wie geschehen - als Nachbarn des Vorhabengrundstücks Einwendungen erheben würden, mit denen (angeblich) die ungestörte landwirtschaftliche Nutzbarkeit der Grundstücke gesichert werden solle.

Diese Abläufe widerlegen die von der Klägerseite suggerierte Zufälligkeit des Erwerbs. Diese konkludente Behauptung steht in engem Zusammenhang mit dem (ebenfalls nicht überzeugenden) Vorbringen, die Klägerin und ihr Ehemann hätten die Grundstücke nur als Wertanlage erworben. Vernünftig und nachvollziehbar erscheint ein solcher Erwerb in der konkreten Situation schon vom zeitlichen Ablauf her nicht, wenn - wie hier - ein Nachbargrundstück "sehenden Auges" in Kenntnis der absehbaren Möglichkeit einer Beeinträchtigung des zu erwerbenden Eigentums zu Eigentum erworben wird. Wer sich solchermaßen bewusst "in Gefahr begibt", muss sich nach § 242 BGB (Verbot widersprüchlichen Verhaltens) in die Grenzen zulässiger Rechtsausübung verweisen lassen.

cc) Die Nutzungsverhältnisse an den betroffenen Grundstücken sprechen ebenfalls für eine ausschließliche Verhinderungsmotivation der Klägerin und ihres Ehemanns. Dass sie ein sonstiges eigenes Interesse - nämlich an der Ausübung der Eigentümerbefugnisse - (gehabt) hätten, ist nicht erkennbar.

(1) Ein eigenes unmittelbares Nutzungsinteresse im Sinne einer Ausbeutung der Gebrauchsfähigkeit scheidet aus. Sie selbst nutzten die Grundstücke nicht landwirtschaftlich oder zu einem alternativen Zweck; dasselbe gilt seit dem Tod des Ehemannes für die verbliebene Klägerin. Vielmehr führte und führt der frühere Eigentümer und jetzige Pächter Herr L. seine Bewirtschaftung auf diesen Flächen unverändert fort. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits dem Umstand, dass nach Erwerb keine Nutzungsänderung an dem erworbenen Grundeigentum eingetreten ist, starke Indizwirkung für ein fehlendes Interesse an der Ausübung der Eigentümerbefugnisse beigemessen (vgl. Urt. v. 27. Oktober 2000, a.a.O., S. 138, und v. 9. Juli 2008, a.a.O., Rdnr. 42). Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Bestätigend kommt jedoch im vorliegenden Fall hinzu, dass eine Absicht der Klägerin und ihres Ehemannes, diese Grundstücke im tatsächlichen Sinne jemals selbst zu nutzen, zu keinem Zeitpunkt ersichtlich geworden ist. Deshalb ist ein unmittelbarer Zusammenhang der in der Sache erhobenen Einwendungen, die angeblich der Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Grundstücke dienen (Standsicherheit der Böschung; einzuhaltender Abstand zum Gewässer beim Pflanzenschutzmitteleinsatz; Grundwasserbeeinträchtigungen), zu den bisherigen Klägern nicht erkennbar.

(2) Nach alledem kann allenfalls - wie von der Klägerin und ihrem Ehemann ausdrücklich geltend gemacht (vgl. Schriftsatz im Klageverfahren vom 19. August 2009, Bl. 349 der GA Bd. II) - ein mittelbares Nutzungsinteresse im Sinne eines Wertanlageinteresses zur Ausschöpfung der Rentabilität in Rede stehen. Grundsätzlich haben sie als Eigentümer und Verpächter ein rechtlich geschütztes Interesse an der fortdauernden landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Grundstücke mit dem Ziel, eine ungeminderte Pacht von dem Pächter Herrn L. zu erhalten. Ein von der Beklagten im Klageverfahren vermisstes konkretes Pachtminderungsbegehren des Pächters gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann erscheint insoweit nicht erforderlich; vielmehr reicht die abstrakte Gefahr der Erzielung von Mindereinnahmen infolge einer Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzbarkeit durch das Kiesabbauvorhaben aus. Indessen gelangt der Senat unter Berücksichtigung sonstiger Umstände zu dem Schluss, dass entgegen der klägerischen Verlautbarung ein Wertanlageinteresse nicht gegeben war und daher eine prägende Erwerbsmotivation nicht dargestellt haben kann. Die anderslautende Erklärung der Klägerin und ihres Ehemanns im Klageverfahren ist mit den sonstigen objektiven Umständen, die ihr Handeln geprägt haben, nicht zu vereinbaren und daher unbeachtlich (protestatio facto contraria non valet).

(a) Der Senat teilt zunächst nicht die auf Seite 9 des angefochtenen Urteils der Sache nach geäußerte Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass bezogen auf die in Rede stehenden Flurstücke 90/3 und 91 andere Intentionen als eine Verhinderungszielrichtung deshalb nicht ausgeschlossen werden könnten, weil der Klägerin und ihrem Ehemann weitere an Landwirte verpachtete Grundstücke gehörten bzw. gehört haben und sie Anteile an Realverbänden hielten. Ob diese von dem klägerischen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 10. Juli 2009 (Bl. 232 der GA Bd. II) vorgetragenen Anteils- und Eigentumsverhältnisse an anderen Grundstücken zutreffen und ob insoweit der jeweilige Erwerb mit einer Wertanlagemotivation erfolgt ist, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn dies alles zu bejahen wäre, ließe sich daraus - anders als das Verwaltungsgericht meint - für die streitgegenständlichen Grundstücke und die dabei vorherrschende Erwerbsmotivation nichts herleiten.

(b) Der Erwerb letzterer Grundstücke stellt sich auch bei großzügiger Betrachtung als wirtschaftlich unvernünftig dar und vermag daher eine Wertanlagemotivation nicht nur nicht zu belegen, sondern schließt eine solche sogar aus.

(aa) Die wirtschaftliche Unvernunft folgt zum einen bereits isoliert aus dem Verhältnis des vereinbarten und gezahlten Kaufpreises (durchschnittlich 14,18 Euro je m2), der jeweils aus den vorgelegten notariellen Grundstückskaufverträgen vom 4. März 2005 hervorgeht, zu dem damaligen Bodenrichtwert von 3,20 Euro je m2. Bei Letzterem handelt es sich um den jährlich aktualisierten durchschnittlichen Quadratmeterpreis für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke in dem betreffenden Gebiet, wie er von den bei den Regionaldirektionen des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen (LGLN) gebildeten "Gutachterausschüssen für Grundstückswerte" ermittelt wird (vgl. die hierzu im Internet unter http://www.gll.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=10621&article_id=50552&_psmand=34 abrufbaren Informationen). Wer wie die Klägerin und ihr Ehemann im laufenden Planfeststellungsverfahren in Kenntnis des Planungsvorhabens im ursprünglichen Plangebiet belegene Grundstücke erwirbt, die voraussichtlich (nach Planänderung) an das verbleibende verringerte Plangebiet unmittelbar angrenzen werden, und hierfür gleichwohl einen 4,43 mal höheren Kaufpreis zahlt, als der aktuelle Bodenrichtwert hergibt, dokumentiert ein einem Wertanlageinteresse diametral entgegengesetztes starkes andersartiges Interesse, dieses Grundstück unbedingt haben zu wollen und einen anderen - hier den Beigeladenen als Vorhabenträger des ursprünglichen 2. Bauabschnitts - davon auszuschließen (vgl. zur derartigen Aussagekraft des Verhältnisses von Kaufpreis und Bodenrichtwert auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 19. November 2003, a.a.O., Rdnr. 71). Dies kann angesichts der Unvernunft des Erwerbsvorgangs nur ein auf die Verhinderung des fremden Vorhabens durch Erhebung auf Nachbareigentum gestützter Einwendungen gerichtetes (außerwirtschaftliches) Interesse gewesen sein. Auf diese Zusammenhänge hat zu Recht bereits die Beklagte im Schriftsatz vom 11. Dezember 2009 (Bl. 415 der GA Bd. II) hingewiesen.

(bb) Nach Ansicht des Senats wird das Bestehen dieses andersartigen als eines wirtschaftlichen Interesses bestätigt durch die bereits erwähnte und gewürdigte Abfolge der Ereignisse. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich die enorme Steigerung des Kaufpreises daraus erklärt, dass Herr L. zuvor in Verhandlungen mit dem Beigeladenen gestanden hatte, die mit dem Ziel eines Erwerbs der Grundstücke durch den Beigeladenen selbst zum Zwecke der Verschaffung von Verfügungsrechten an diesen Grundstücken und damit der Realisierbarkeit des 2. Bauabschnitts geführt worden waren und in denen schon der Beigeladene Herrn L. ein großzügiges Angebot in Aussicht gestellt haben wird. Auf der Hand liegt es, dass die Klägerin und ihr Ehemann ein etwaiges Angebot des Beigeladenen überbieten wollten - sei es in Gestalt eines noch höheren Kaufpreises, sei es in Form günstigerer Vertragskonditionen wie etwa die Einräumung des Vorkaufs- und Nachentschädigungsrechts oder das Eingehen eines günstigen Pachtverhältnisses, mit dem sogar eine Fortführung der bisherigen landwirtschaftlichen Nutzung durch Herrn L. ermöglicht wurde. Alle diese Vorteile wären für den Veräußerer L. mit einem Erwerb der Grundstücke durch den Beigeladenen allein zum Zwecke des Kiesabbaus nicht verbunden gewesen.

(cc) Das gefundene Ergebnis wird bestätigt durch das Verhältnis des (nach alledem überhöhten) Kaufpreises zu der moderaten Pachtzinshöhe (316,00 bzw. 390,00 Euro pro Jahr) und durch die vereinbarte Nachentschädigungsklausel. Wollten die Klägerin und ihr Ehemann tatsächlich, wie geltend gemacht, diese Grundstücke als Wertanlageobjekte erwerben, hätten sie nach dem anzulegenden Maßstab eines wirtschaftlich vernünftig handelnden Eigentumserwerbers - zumal wegen der geplanten Abbautätigkeit zumindest auf dem Nachbargrundstück - sich nur auf einen geringeren Kaufpreis einlassen dürfen, sich in der hier relevanten mittleren Perspektive (Pachtverhältnis für 15 Jahre) einen höheren Pachtzins ausbedingen müssen, zumindest aber der Statuierung einer Ablieferungspflicht für sämtliche in 15 Jahren ab Kaufdatum eintretende Wertsteigerungen gegenüber dem früheren Eigentümer L. nicht zustimmen dürfen. Durch alle diese Regelungen wird nämlich in der Gesamtschau für nahezu alle Eventualitäten gesichert, dass der wirtschaftliche Wert(zuwachs) dem früheren Eigentümer und nicht der Klägerin und ihrem Ehemann zusteht.

dd) Schließlich dokumentiert das sonstige Verhalten der Klägerin und insbesondere ihres Ehemanns eine ausschließliche Verhinderungsmotivation dieser beiden Erwerber. Der Eigentumserwerb an den Flurstücken 90/3 und 91 im Jahre 2005 steht bei einer Gesamtwürdigung aller dem Senat bekannten Umstände sowohl hinsichtlich des vorangegangenen als auch des nachfolgenden Verhaltens in einer Traditionslinie der Ablehnung des Kiesabbaus und des Beigeladenen als jetzigen Vorhabenträgers und früheren Betreibers des Mörtelwerks am alten Standort E.. Naheliegend erscheint, dass der jahrzehntelange Betrieb eines Kiesabbaus dort - am Ufer des südlichen I. sees, das dem Wohngebiet der Klägerin und ihres Ehemanns gegenüberliegt - den Ausgangspunkt für diese Unstimmigkeiten gebildet hat. Die Klägerin und ihr Ehemann haben - soweit ersichtlich - nahezu jegliche rechtsförmliche und jede formlose Möglichkeit ergriffen, um einen weiteren Kiesabbau in der Nähe ihres Wohngebiets zu verhindern. Bereits die 66. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahre 2002, die erstmals auf eine Darstellung einer Fläche zur Bodenschatzgewinnung hinauslief, haben sie (erfolglos) mit umfangreichen Einwendungen zu unterbinden versucht (Bl. 915 ff. der GA Bd. V). Frequenz und Umfang ihrer auf Seiten 8 f. dieses Urteils zusammengefassten zahlreichen Stellungnahmen, Strafanzeigen, Beschwerden, Wortbeiträge auf Bürgersprechstunden, Schreiben direkt an den Oberbürgermeister der Beklagten sowie sogar an den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der im Jahre 2006 im Begriff war, die Beklagte als "Stadt der Wissenschaft" mit einem Preis zu ehren, untermauern über die gegen die Baugenehmigung für den vorläufigen Betriebshof im geplanten Abbaugebiet geführten Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren hinaus, dass die Klägerin und ihr Ehemann ein offenbar nicht relativierbares, unbändiges Interesse an dem Ausschluss des Vorhabens des Beigeladenen gebildet und verfolgt haben und dabei auch äußerst aufwändige und sie finanziell fordernde Schritte nicht scheuen bzw. gescheut haben.

Vor dem Hintergrund dieser erdrückenden Indizien muss der Senat nicht der vom Beigeladenen im Klageverfahren aufgestellten Behauptung nachgehen, der Ehemann der Klägerin habe Anfang 2006 noch das weitere "strategisch" gelegene Flurstück 101/4 (wohl richtig: 102/4) erworben, um die nach den ursprünglichen Planungen des Beigeladenen vorgesehene Verbreiterung der H. straße zu verhindern, die zunächst für die Schaffung einer Linksabbiegerspur, die die verkehrlich reibungslose Zufahrt zum Betriebshof auf dem Flurstück 88/8 ermöglichen sollte, essentiell erforderlich erschienen sei.

III. Mangels Zulässigkeit der Klage kommt es auf deren Begründetheit nicht mehr an. Der Senat muss daher auf die inhaltlichen Einwendungen der Klägerin gegen den Planfeststellungsbeschluss der Beklagten nicht eingehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, weil dieser einen Zurückweisungsantrag gestellt und sich somit gemäß § 154 Abs. 3 VwGO einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für das Verfahren im zweiten Rechtszug wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2.5 des Streitwertkatalogs 2013).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ballhausen
Dr. Plog
Dr. Schütz