Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 27.06.2014, Az.: 5 OA 82/14

Ausübung des gerichtlichen Ermessens bei einem Antrag auf Heraufsetzung des Streitwerts

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
27.06.2014
Aktenzeichen
5 OA 82/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 21360
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0627.5OA82.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Niedersachsen- 23.04.2014 - AZ: 5 LA 223/13

Amtlicher Leitsatz

Der Senat sieht keinen Anlass, von seinem Ermessen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG dahingehend Gebrauch zu machen, einem Antrag auf Heraufsetzung des Streitwerts zu entsprechen, der erst gestellt wurde, nachdem das Obsiegen desjenigen Beteiligten bereits feststeht, in dessen alleinige Sphäre die Benennung der für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände fällt.

Tenor:

Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Senats vom 23. April 2014 (- 5 LA 223/13 -) wird zurückgewiesen.

Die Beschwerde ist gebührenfrei; die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die im Beschluss des Senats vom 23. April 2014 (- 5 LA 223/13 -) erfolgte Streitwertfestsetzung in Höhe von 1.500,00 EUR und begehrt eine höhere Streitwertfestsetzung.

Gegenstand des Berufungszulassungsverfahrens zum Aktenzeichen 5 LA 223/13 war die Untersagung einer Nebentätigkeit als Waffen- und Munitionshändler, die gegenüber dem Kläger als Polizeikommissaranwärter ergangen war. Die Vorinstanz hatte die Untersagungsverfügung aufgehoben; den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit dem o. g. Beschluss abgelehnt. Zur Begründung der erfolgten Streitwertfestsetzung hat der Senat ausgeführt, dass gemäß § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit Ziffer 10.6 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei einem Streit um eine Nebentätigkeit der Gesamtbetrag der Einkünfte aus dieser Nebentätigkeit, höchstens jedoch der Jahresbetrag, maßgeblich sei. Der Kläger habe zwar im Rahmen seiner Nebentätigkeitsanzeige angegeben, einen Gewinn in Höhe von etwa 200,00 EUR pro Monat zu erwarten; im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28. August 2013 habe er jedoch erklärt, im letzten Jahr nur einen Gewinn in Höhe von etwa 600,00 EUR erzielt zu haben. Unter Berücksichtigung dessen sowie des weiteren Umstandes, dass der Kläger für die waffenrechtliche Erlaubnis Kosten in Höhe von über 1.000,00 EUR entrichtet habe, folge der Senat der erstinstanzlichen Einschätzung, das von einem (durchschnittlichen) Jahresbetrag der Einkünfte des Klägers aus seiner Nebentätigkeit in Höhe von 1.500,00 EUR auszugehen sei (200 EUR x 12 = 2.400 EUR; 2.400 EUR + 600 EUR = 3.000,00 EUR; 3.000,00 EUR : 2 = 1.500,00 EUR).

Unter dem 28. April 2014 beantragte der Beschwerdeführer, den Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren "auf 2.500,00 bis 3.000,00 EUR" festzusetzen. Der Kläger habe nunmehr mitgeteilt, die Einkünfte aus seinem Waffenhandel seien in der Zeit seit Ergehen der vorinstanzlichen Entscheidung am 28. August 2013 gestiegen; der Kläger schätze seine Einkünfte auf 2.500,00 bis 3.000,00 EUR jährlich. Die zu niedrige Wertfestsetzung beruhe auch auf einem Verschulden des Senats, der vor Erlass seines Beschlusses vom 23. April 2014 zumindest kurz beim Beschwerdeführer hätte nachfragen können, ob die jährlichen Einkünfte des Klägers aus dessen Nebentätigkeit unverändert geblieben seien; zumindest aber resultiere die angegriffene Streitwertfestsetzung aus einem Versehen des Senats. Die Beklagte tritt dieser Rechtssauffassung entgegen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der angegriffene Beschluss des Senats vom 23. April 2014 ist unanfechtbar; dies betrifft auch die hierin erfolgte Streitwertfestsetzung (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Auch eine Änderung der Streitwertfestsetzung von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG) kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG dient ersichtlich dem Zweck, eine in Widerspruch zu den maßgeblichen Vorschriften erfolgte Streitwertfestsetzung mit Blick auf eine einheitliche Streitwertbestimmung zu korrigieren. Dementsprechend kann sich die Notwendigkeit einer Änderung aus einem Irrtum des Gerichts oder infolge eines neuen Umstands ergeben (Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 63 GKG Rn. 39), etwa, wenn sich bereits vor Erlass des ersten Festsetzungsbeschlusses die höchstrichterliche Rechtsprechung geändert hat (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 9.1.1979 - 6 U 139/76 -, juris [Kurztext]; Hartmann, a. a. O., Rn. 45f.).

Ein Irrtum des Gerichts oder ein neuer Umstand in diesem Sinne liegen indes nicht vor, wenn den Beteiligten die für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände bekannt sind, derjenige Beteiligte jedoch, in dessen alleiniger Sphäre die Benennung dieser Umstände liegt, sie trotz einer entsprechenden Möglichkeit nicht rechtzeitig - d. h. vor Ergehen der entsprechenden Entscheidung - mitteilt. So liegt es hier. Da der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter bereits seit der entsprechenden Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht davon Kenntnis gehabt haben, dass die Streitwertfestsetzung von den mit der Nebentätigkeit des Klägers erzielten Jahreseinkünften abhängt und nur der Kläger diese zu benennen imstande war, muss er sich daran festhalten lassen, für das Zulassungsverfahren keine geänderten - hier: höheren - Angaben gemacht zu haben. Der Senat sieht keinen Anlass, von seinem Ermessen nach § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.10.1990 - BVerwG 8 B 37.90 -, juris Rn. 2; a. A. Hartmann, a. a. O., Rn. 38 m. w. Nw.) dahingehend Gebrauch zu machen, einem Antrag auf Heraufsetzung des Streitwerts zu entsprechen, der erst gestellt wird, nachdem das Obsiegen desjenigen Beteiligten bereits feststeht, in dessen alleinige Sphäre die Benennung der für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Umstände fällt. Dies fordert schon ein entsprechender Vertrauensschutz der im Verwaltungsstreitverfahren stets beteiligten öffentlichen Hand, welche im Falle des Unterliegens für die Verfahrenskosten haftet (a. A. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.4.2010 - I-2 W 10/10 -, juris Rn. 7, das im zivilrechtlichen Streitverfahren einen entsprechenden Vertrauensschutz grundsätzlich ablehnt). Vor dem Hintergrund, dass nur der Kläger einen Überblick über die aus seiner Nebentätigkeit erzielten Einkünfte hatte, er sich während des Zulassungsverfahrens insoweit nicht geäußert hat und auch im Übrigen Anhaltspunkte für eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht ersichtlich waren, war der Senat auch nicht zu einer entsprechenden Nachfrage gehalten.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).