Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.02.2001, Az.: 10 L 2705/99
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 20.02.2001
- Aktenzeichen
- 10 L 2705/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34562
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2001:0220.10L2705.99.0A
Fundstellen
- DVBl 2001, 1160 (amtl. Leitsatz)
- DÖV 2002, 253-255 (Volltext mit amtl. LS)
- FStNds 2002, 99-102
- NdsVBl 2001, 165-168
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 15. Kammer (Einzelrichter) - vom 21. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
I.
Der Kläger begehrt nachträglichen Rechtsschutz gegen einen negativen Bürgerentscheid.
Am 3. März 1997 beschloss der Rat der Beklagten, das Roemer- und Pelizaeus-Museum teilweise abzureißen und durch einen größeren Umbau zu erweitern. Dieser Beschluss wurde am 4. März 1997 in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung bekannt gemacht.
Dagegen wandte sich die Bürgerinitiative "Für ein bezahlbares Museum". Sie zeigte der Beklagten am 25. April 1997 die Einleitung eines Bürgerbegehrens an. Die öffentliche Ausschreibung der Bauarbeiten erfolgte am 1. Oktober 1997, damit der Um- und Erweiterungsbau rechtzeitig vor der EXPO 2000 fertiggestellt werden konnte. Am 22. Oktober 1997 wurde das Bürgerbegehren mit den erforderlichen Unterschriften bei der Beklagten eingereicht.
Am 17. November 1997 stellte der Verwaltungsausschuss der Beklagten fest, dass das Bürgerbegehren zulässig sei. Zugleich beschloss er, den Bürgerentscheid am Sonntag, dem 14. Dezember 1997, von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr durchzuführen. Dazu beschloss er die Verfahrens(Abstimmungs-)ordnung zur Durchführung der Bürgerentscheides "Für ein bezahlbares Museum". Die Abstimmungsordnung wurde am 19. November 1997 in der Lokalzeitung bekannt gemacht. Dies alles wurde der Bürgerinitiative mit Schreiben der Beklagten vom 18. November 1997 mitgeteilt.
Die Abstimmungsordnung sah außer dem Abstimmungstag (Nr. 2) und dem Gegenstand des Bürgerentscheids (Nr. 1) auch vor, dass im Falle der Verhinderung eine Woche vor dem Abstimmungstag von Montag bis Freitag vormittags und darüber hinaus am Donnerstag von 8.30 Uhr bis 18.00 Uhr abgestimmt werden konnte (Nr. 2). Es wurden 24 Stimmbezirke gebildet (Nr. 3), für die am Abstimmungstag jeweils ein Abstimmungslokal eingerichtet werden sollte (Nr. 4). Für Bewohner von Alten- und Pflegeheimen wurde auf Wunsch ein beweglicher Abstimmungsvorstand eingerichtet (Nr. 4). Die Abstimmungsberechtigten wurden vor allem durch öffentliche Bekanntmachung und rechtzeitige Plakatierung an den Litfasssäulen unterrichtet (Nr. 7). Eine Abstimmung durch Briefwahl fand nicht statt (Nr. 7). Die Abstimmungszettel sollten die für die Abstimmung zugelassene Frage und Felder mit "JA" oder "NEIN" enthalten, die durch Ankreuzen gekennzeichnet werden konnten (Nr. 8). Ergänzend verwies die Abstimmungsordnung für die Vorbereitung und Durchführung des Bürgerentscheides auf die Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalwahlengesetzes und der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung (Nr. 13).
Am 22. November 1997 erschien in der Lokalzeitung die "Abstimmungsbekanntmachung" vom 18. November 1997. Darin wurde jede Straße einem der 24 Abstimmungsbezirke zugeordnet. Diesen wiederum wurde jeweils ein Abstimmungsraum zugewiesen.
Beim Bürgerentscheid am 14. Dezember 1997 wurde dem Bürgerbegehren nicht entsprochen. Zwar lautete die Mehrheit der gültigen Stimmen auf "JA", sie betrug jedoch nicht mindestens 25 % der für das Bürgerbegehren Antragsberechtigten. Am Bürgerentscheid beteiligten sich lediglich 11,75 % der 81.738 Abstimmungsberechtigten; 6,51 % (5.323) stimmten für "ein bezahlbares Museum", 5,22 % votierten dagegen für den vom Rat beschlossenen Neubau.
Am 20. November 1997 stellte die Bürgerinitiative beim Verwaltungsgericht Hannover - Kammern Hildesheim - einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfahrensordnung für den Bürgerentscheid sowie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, den Abstimmungstermin auszusetzen, bis eine rechtmäßige Abstimmungsordnung ergangen sei. Das Verwaltungsgericht verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24. November 1997 - 3 B 1512/97.Hi - an das erkennende Gericht als Normenkontrollgericht. Mit Beschluss vom 8. Dezember 1997 - 10 M 5396/97 - (KommP N 1998, 89) lehnte der erkennende Senat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Daraufhin nahm die Bürgerinitiative ihren Normenkontrollantrag zurück (vgl. Einstellungsbeschluss des Senats vom 12.12.1997 - 10 M (richtig: K) 5461/97 -). Mit Beschluss vom 16. Dezember 1997 - 3 B 1625/97.Hi - (VwRR N 1998, 42) lehnte das Verwaltungsgericht einen Antrag des Klägers ab, der Stadt Hildesheim im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bis zur erneuten Durchführung des Bürgerentscheids zu untersagen, mit dem Abriss des Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museums zu beginnen.
Am 16. Dezember 1997 hat der Kläger Klage erhoben und vorgetragen, die Art und Weise der Durchführung des Bürgerentscheides sei rechtswidrig gewesen. Damit habe die Beklagte den Erfolg des Bürgerentscheides bewusst verhindert, indem sie dafür gesorgt habe, dass das Quorum nicht habe erreicht werden können. Die Beklagte habe bewusst einen für die Bürgerinitiative ungünstigen Termin gewählt. Die Bürgerinitiative habe der Beklagten während des Bürgerbegehrens mehrmals angeboten, den Bürgerentscheid zusammen mit der Landtagswahl am 1. März 1998 oder der zu wiederholenden Kreistagswahl durchzuführen. Das hätte den Vorteil gehabt, dass das Quorum von Befürwortern in Höhe von 25 % der für das Bürgerbegehren Antragsberechtigten hätte erreicht werden können und dass der Bürgerentscheid keine zusätzlichen Kosten verursacht hätte. Die Verfahrensordnung zur Durchführung des Bürgerentscheides sei nichtig. Sie beruhe auf einem bloßen Beschluss des Verwaltungsausschusses. Dazu sei der Verwaltungsausschuss jedoch nicht befugt. Es bedürfe vielmehr einer vom Rat beschlossenen Satzung, die auch für künftige Bürgerentscheide einen einheitlichen, fairen Rahmen setze.
Durch die Gestaltung der Verfahrensordnung habe die Beklagte zudem große Teile der Bevölkerung faktisch von der Teilnahme an der Abstimmung ausgeschlossen. Dies verstoße gegen den Verfassungsgrundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Nur wer Ort und Zeit der Abstimmung kenne, könne sein Abstimmungsrecht ausüben. Viele hätten den Abstimmungsort und -termin nicht gekannt, weil die Beklagte keine Wahlbenachrichtigungskarten versandt habe. Anstelle der bei Kommunalwahlen üblichen 131 Wahllokale habe die Beklagte für den Bürgerentscheid lediglich 24 Abstimmungslokale geöffnet. Die Wege dorthin seien zu lang gewesen. Viele hätten das für sie zuständige Abstimmungslokal nicht gefunden. Niemand habe in seinem angestammten Wahllokal abstimmen dürfen. Alle diejenigen, die nicht in der Lage gewesen seien, ihr Abstimmungslokal aufzusuchen, hätten nicht mit abstimmen können. Briefwahl sei nicht möglich gewesen. Zwar habe die Gelegenheit bestanden, in der Woche vor dem Abstimmungstermin bei der Beklagten vorzeitig abzustimmen. Die Öffnungszeiten am Vormittag seien jedoch für Berufstätige ungeeignet gewesen. Der mobile Abstimmungsvorstand, der Altenheime aufgesucht habe, habe nur aus Gegnern der Bürgerinitiative bestanden. Außerdem seien die Abstimmungszettel in unzulässigerweise gekennzeichnet gewesen. Sie hätten nicht nur den Abstimmungstext und die Felder "JA" und "NEIN" enthalten, sondern seien über den Feldern für die Kreuze noch mit einer zusätzlichen Frage versehen gewesen. Dies sei unzulässig und führe ebenfalls schon für sich allein genommen zur Rechtswidrigkeit der Abstimmung.
Ebenso wie bei einer Wahlprüfung sei jeder Stimmberechtigte bei Mängeln der Durchführung des Bürgerentscheides zur Klageerhebung befugt. Die Wahlprüfungsvorschriften der §§ 46 ff. NKWG seien sinngemäß heranzuziehen, beschränkt auf die Kontrolle der Einhaltung der wesentlichen demokratischen Grundsätze, wie sie Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG zu entnehmen seien. Durch das Homogenitätsprinzip des Art. 28 Abs. 1 GG seien auch die Länder daran gebunden. Wenn schon der Einwohnerantrag nach § 22 a Abs. 6 NGO den Unterzeichnern subjektive Rechte einräume, müsse dies erst recht für den Bürgerentscheid als Abstimmung im Sinne des Art. 20 GG gelten. Dies ergebe sich unmittelbar aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip sowie dem Gebot effektiven Rechtsschutzes. Anders als einige andere Bundesländer habe Niedersachsen eine Überprüfung des Bürgerentscheides nicht gesetzlich ausgeschlossen. Wenn sowohl den Initiatoren als auch den einzelnen Abstimmenden die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung verweigert werde, fänden Bürgerentscheide weitgehend im rechtsfreien Raum statt und würden durch kommunale Eingriffe in das Landesrecht praktisch abgeschafft.
Der Kläger hat beantragt,
- 1
festzustellen, dass der Bürgerentscheid vom 14. Dezember 1997 bezüglich des Museumsneubaus rechtswidrig ist,
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den Beschluss des Verwaltungsausschusses der Beklagten vom 17. November 1997 aufzuheben.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und erwidert, dass die Klage unzulässig sei. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er durch die von ihm beanstandete Verfahrensordnung zur Durchführung des Bürgerbegehrens in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt worden sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 21. Juli 1998 als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Hinsichtlich des Feststellungsantrages fehle es dem Kläger am besonderen Feststellungsinteresse. Hinsichtlich des Aufhebungsantrages sei der Kläger nicht klagebefugt. Der Kläger habe kein einklagbares subjektives Recht auf ordnungsgemäße Durchführung eines Bürgerentscheides. Ein Abstimmungsberechtigter könne einen Bürgerentscheid nur dann anfechten, wenn er über das Abstimmungsrecht als Beteiligungsrecht an dem Bürgerentscheid hinaus in anderen subjektiven öffentlichen Rechten betroffen sei. Daran fehle es hier. Ein objektives Beanstandungsverfahren sei bei Bürgerentscheiden nicht vorgesehen. Der Bürgerentscheid habe die Wirkung eines Ratsbeschlusses. Auch ein Ratsmitglied könne Ratsbeschlüsse nur dann gerichtlich überprüfen lassen, wenn es dadurch individuell in seinen Rechten betroffen sei.
Gegen diese Entscheidung führt der Kläger die vom Senat durch Beschluss vom 28. Juni 1999 - 10 L 3711/98 - zugelassene Berufung, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Er habe an dem Bürgerentscheid teilgenommen und mit "JA" gestimmt. Trotz Erledigung habe er ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, weil die Gefahr der Wiederholung des Abstimmungsverfahrens bei ähnlichen Bürgerentscheiden bestehe. Die Art und Weise des Abstimmungsverfahrens bei der Durchführung des Bürgerbegehrens habe sich auf seine Rechte als Abstimmungsberechtigter aus Art. 1 GG und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG ausgewirkt, weil seine Stimme nicht zum Tragen gekommen sei.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und festzustellen, dass der Bürgerentscheid vom 14. Dezember 1997 "Für ein bezahlbares Museum" rechtswidrig gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts und erwidert ergänzend: Die Klage sei unzulässig. Der Bürgerentscheid, dessen Rechtswidrigkeit der Kläger festgestellt wissen wolle, vermittele zwischen den Beteiligten kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Der Kläger habe nicht dargelegt, in welchen subjektiven Rechten er durch die gewählte Verfahrensgestaltung bei der Durchführung des Bürgerentscheides verletzt worden sei.
Inzwischen ist der mit dem Ratsbeschluss vom 3. März 1997 beschlossene Um- und Erweiterungsbau des Roemer- und Pelizaeus-Museums am 29. Februar 2000 fertiggestellt worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vom Kläger vorgelegten Band mit Zeitungsausschnitten, die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge sowie auf die Gerichtsakten verwiesen.
Gründe
II.
Die zugelassene Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Feststellungsklage ist unzulässig, jedenfalls aber auch unbegründet.
A.
Mit Beschluss vom 8. Dezember 1997 - 10 M 5396/97 - (KommP N 1998, 89) hat der erkennende Senat ausgeführt, dass im Verfahrensabschnitt der Entscheidung über den Bürgerentscheid allein die abstimmungsberechtigten Bürger unmittelbar in eigenen Rechten verletzt sein könnten, wenn und soweit sie durch die Art und Weise der Durchführung des Bürgerentscheids in ihren Abstimmungsrechten beeinträchtigt würden. Für sie dürfe grundsätzlich die nachträgliche Überprüfung des Bürgerentscheides im Wege einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO in Betracht kommen (BA S. 5). Daran hält der Senat grundsätzlich fest.
1.
Soweit der Kläger mit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO nachträglich den Bürgerentscheid vom 14. Dezember 1997 angreift und dessen Rechtswidrigkeit festgestellt wissen will, fehlt ihm jedoch die Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. hierzu Eyermann/Happ, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 43 Rdn. 4).
a)
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 8. Dezember 1997 (BA S. 5) ausgeführt, dass unmittelbar in eigenen Rechten in diesem Verfahrensabschnitt allein die abstimmungsberechtigten Bürger verletzt sein könnten, wenn und soweit sie durch die Art und Weise der Durchführung des Bürgerentscheides in ihren Abstimmungsrechten beeinträchtigt würden. Der Senat hat sich damit für einen Individualrechtsschutz anstatt einer objektiven Abstimmungsprüfungsklage analog einer Wahlprüfungsklage entschieden und hält daran fest.
b)
Er lehnt mit dem Verwaltungsgericht eine objektive Abstimmungsprüfungsklage analog der Wahlprüfungsklage ab (ebenso Thiele, NGO, 5. Aufl. 1999, § 22 b Anm. 10; Wefelmeier, KVR-NGO, Stand: Dezember 2000, § 22 b Rdn. 82; Thum, Rechtspolitische Überlegungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, BayVBl. 1998, 193, 203; a.A. Ritgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, 1. Aufl. 1997, S. 268, aber mit dem Korrektiv, dass die Möglichkeit einer Verfälschung des Abstimmungsergebnisses bestehen müsse, und - allerdings in Form der allgemeinen Feststellungsklage - wohl auch Fischer, Rechtsschutz der Bürger bei Einwohneranträgen sowie Bürgerbegehren und Bürgerentscheid, DÖV 1996, 181, 187 f.). Tragende Gesichtspunkte hierfür sind, dass eine objektive Abstimmungsprüfungsklage gesetzlich nicht vorgesehen ist, dass ein Abstimmungsverfahren im öffentlichen Interesse einzuhalten ist und es bei der Abstimmung nicht wie bei der Wahl um die Bestellung eines über mehrere Jahre amtierenden Gremiums, sondern lediglich um die Entscheidung einer Frage im Einzelfall geht.
c)
Auf der anderen Seite kann nach Auffassung des Senats Individualrechtsschutz nur analog der Feststellungsklage als kommunalverfassungsrechtlicher Streitigkeit gewährt werden, mit der ein Kläger lediglich die Beeinträchtigung eigenständiger mitgliedschaftlicher oder organschaftlicher Rechte geltend machen kann, wenn er als Teil des Organs wie zum Beispiel des Gemeinderates entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt ist (vgl. Senatsurt. v. 30.11.1993 - 10 L 5279/91 -, UA S. 12). Grund hierfür ist eine Analogie zu § 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO, wonach der - positive - Bürgerentscheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat. Wenn ein Ratsbeschluss nur unter der Voraussetzung einer persönlichen Klagebefugnis angegriffen werden kann, muss das nach Auffassung des Senats erst recht für den - negativen - Bürgerentscheid gelten, bei dem die Entscheidung der Bürger nicht einmal nach dem Gesetz (§ 22 b Abs. 10 Satz 3 i.V.m. Abs. 11 Satz 1 NGO) die Wirkung eines Ratsbeschlusses hat. Anderenfalls käme es zu einer von der Niedersächsischen Gemeindeordnung nicht gerechtfertigten Besserstellung abstimmungsberechtigter Bürger gegenüber Mitgliedern eines kommunalen Gremiums, wofür kein Grund ersichtlich ist, da der Bürgerentscheid gegenüber den Beschlüssen des gewählten Rates lediglich ein ergänzendes demokratisches Entscheidungsmittel in der Niedersächsischen Gemeindeordnung darstellt.
d)
Nach diesem Maßstab vermag der Senat eine Klagebefugnis des Klägers nicht festzustellen. Der Kläger hat abgestimmt und hat damit sein Abstimmungsrecht als abstimmungsberechtigter Bürger ausgeübt, so dass er grundsätzlich nicht schlüssig behaupten kann, in seinen eigenen Rechten verletzt worden zu sein. Vor allem ist er nicht in seinem Recht auf formale Stimmengleichheit wie bei der Wahl (vgl. hierzu BVerfGE 82, 322, 337; 41, 1, 12) beeinträchtigt worden. Seine Stimme ist gezählt worden und hat - anders als im Fall einer Stimmabgabe im Rahmen einer Verhältniswahl für eine Splitterpartei bei Bestehen einer Sperrklausel - ihren gegenüber anderen abgegebenen Stimmen völlig gleichen Erfolgswert gehabt (vgl. zum grundsätzlichen Ausschluss der Differenzierung des Zähl- und Erfolgswertes der Wählerstimmen BVerfGE 82, 322, 337). Allerdings ist aufgrund des Abstimmungsverhaltens aller abstimmungsberechtigten Bürger das gesetzliche Quorum nach § 22 b Abs. 10 Satz 3 NGO nicht erreicht worden.
Das Zustimmungsquorum nach dieser Vorschrift hat jedoch nichts mit dem Erfolgswert der Stimmen und damit dem Grundsatz der gleichen Wahl, des Ausschlusses der Differenzierung des Zähl- und Erfolgswertes (vgl. hierzu BVerfGE 82, 322, 337), zu tun, weil alle Stimmen gleich gezählt worden sind und an demselben Zustimmungsquorum gemessen wurden. Dass die Nein-Stimmen der überstimmten Bürger, zu denen der Kläger nicht gehört, bei der Abstimmung keinen Erfolg hatten, folgt bereits aus dem demokratischen Grundsatz der Mehrheitsentscheidung. Der Kläger kann daher nicht geltend machen, wie ein Angehöriger einer Splitterpartei, dessen Stimme durch eine Sperrklausel im Ergebnis keinen Erfolg hat, im Erfolgswert seiner Stimme beeinträchtigt worden zu sein.
Im Übrigen ist das Quorum nicht Gegenstand der Abstimmungsordnung und damit des dem Bürgerentscheid zugrunde liegenden Abstimmungsverfahrens, sondern gesetzlich geregelt; es wird allgemein als recht- und verfassungsmäßig angesehen (vgl. auch Art. 49 Abs. 2 NV, Art. 29 Abs. 6 Satz 1 GG; kritisch hinsichtlich der mangelnden Staffelung des Zustimmungsquorums für größere Städte, aber nicht grundsätzlich ablehnend Wefelmeier, a.a.O., Rdn. 70).
e)
Soweit der Kläger mit seinen Abstimmungsrügen letztlich geltend macht, dass zu anderer Zeit, an noch mehr Abstimmungsorten, bei der Möglichkeit der Briefwahl und bei anderen als in der Abstimmungsordnung der Beklagten vorgesehenen Abstimmungsmodalitäten die abstimmungsberechtigte Bürgerschaft das gesetzliche Quorum von 25 % der Ja-Stimmen erreicht hätte, überschreitet er, der mit "Ja" abgestimmt hat, die Möglichkeiten seines individuellen Rechtsschutzes und macht letztlich die Abstimmungsrechte anderer abstimmungsberechtigter Bürger geltend, was im Rahmen der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO unzulässig ist.
f)
Die von subjektiven Rechten losgelöste objektive Beanstandung von Abstimmungsfehlern ist nach nahezu einhelliger Kommentarliteratur (vgl. Thiele, a.a.O., Anm. 10; a.A. Ritgen, a.a.O., S. 268) vielmehr allein dem Bürgermeister (§ 65 NGO) und der Kommunalaufsichtsbehörde (§ 130 NGO) vorbehalten, die von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben.
2.
Im Übrigen fehlt es dem Kläger an dem nach § 43 Abs. 1 VwGO für die Zulässigkeit der Feststellungsklage weiter erforderlichen Feststellungsinteresse. Ein hier allein in Betracht kommendes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bestehen wie in dem für die Beurteilung der erledigten Maßnahmen maßgebenden Zeitpunkt (BVerwG, Urt. v. 11.11.1999 - 2 A 5/98 -, in: juris). Die für eine Wiederholungsgefahr notwendige - zumindest in den Grundzügen - fortbestehende unveränderte Sachlage ist hier nicht gegeben. Das Bürgerbegehren "Für ein bezahlbares Museum" ist ein konkreter, individueller Einzelfall, der sich so nicht wiederholen wird. Ob die Beklagte für ein anderes Bürgerbegehren dieselbe Abstimmungsordnung noch einmal aufstellen würde, ist ebenso ungewiss, da das Abstimmungsverfahren durchaus vom Inhalt und von der Bedeutung der mit dem Bürgerbegehren zur Abstimmung gestellten Frage abhängen kann. So könnte die Beklagte etwa die Zahl der Abstimmungslokale je nach Bedeutung des Bürgerbegehrens herauf- oder herabsetzen, Briefwahl einführen - was zulässig wäre - oder etwa den Abstimmungstag auf einen Tag der Landtags- oder Bundestagswahl legen, was durch § 22 b Abs. 8 NGO jedenfalls nicht gesetzlich ausgeschlossen wäre. Die Abstimmungsordnung der Beklagten kann damit nicht als verbindliches Muster für alle weiteren Abstimmungsordnungen bezüglich anderer Bürgerbegehren innerhalb des Gebietes der Beklagten angesehen werden. Sie ist jedenfalls nicht losgelöst von dem konkreten Bürgerbegehren "Für ein bezahlbares Museum" als fortgeltende generell-abstrakte Verfahrensordnung erlassen worden, wobei dahingestellt bleiben kann, ob diese der Rat als Satzung beschließen muss.
3.
Schließlich fehlt dem Kläger für seine Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis. Die von dem Kläger begehrte Feststellung hat keine rechtliche Gestaltungswirkung, die seine Rechtsposition verbessern könnte, und ist deshalb unnötig (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis Senatsurt. v. 19.7.1994 - 10 L 3957/93 -, UA S. 7). Insbesondere führte die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abstimmung nicht zur Ungültigkeit (Nichtigkeit) der Abstimmung (analog § 48 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Buchst. b) NKWG). Dem Kläger wäre daher mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abstimmung nicht gedient, da sie das Scheitern des Bürgerbegehrens "Für ein bezahlbares Museum" nicht ungeschehen machen könnte.
Für die Feststellung der Nichtigkeit der Abstimmung, die allein den Weg für einen erneuten Bürgerentscheid über dasselbe Bürgerbegehren eröffnen könnte, ist indes ebenso wie für die Feststellung der Rechtswidrigkeit des negativen Bürgerentscheids kein Raum mehr. Denn der Ratsbeschluss vom 3. März 1997, der durch einen positiven Bürgerentscheid gemäß § 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO hätte abgelöst werden können, ist mit Ablauf des 29. Februar 2000 durch Fertigstellung des Umbaues des Roemer- und Pelizaeus-Museums vollzogen und damit analog § 43 Abs. 2 VwVfG durch Zeitablauf erledigt und gegenstandslos geworden. Er kann durch einen erneuten - positiven - Bürgerentscheid nicht mehr im Sinne der Verhinderung des Museumsumbaues abgelöst werden. Dementsprechend hat der Senat ein berechtigtes Bedürfnis schon für ein Bürgerbegehren verneint, wenn kein Bedürfnis mehr für die Herbeiführung eines auf dieselbe Angelegenheit gerichteten Bürgerentscheides mehr besteht, soweit die mit dem Bürgerbegehren gemeinte, auf einem Beschluss des Rates beruhende Maßnahme, die es zu unterbinden oder zu verhindern gilt, bereits verwirklicht worden ist (vgl. Beschl. v. 22.10.1999 - 10 L 1946/99 -, BA S. 2 f. m.w.Nw.).
B.
Selbst bei Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO wäre sie gleichwohl unbegründet. Zum einen ist die Abstimmung nicht rechtswidrig gewesen (1.), zum anderen wären etwaige Abstimmungsfehler, die zur Rechtswidrigkeit der Abstimmung führen könnten, nicht für den Abstimmungsausgang erheblich gewesen (2.).
1.
a)
Dass der Abstimmungstermin vom 14. Dezember 1997 nicht auf den Tag der Landtagswahl am 1. März 1998 gelegt worden ist, was die hauptsächliche Rüge des Klägers am Abstimmungsverfahren der Beklagten darstellt, folgt aus dem Verhalten der Bürgerinitiative "Für ein bezahlbares Museum" und dem Gesetz. Es war daher ausgeschlossen, den Tag des Bürgerentscheides auf den der Landtagswahl zu legen, was sicherlich eine größere Abstimmungsbeteiligung als geschehen gebracht hätte. Die Bürgerinitiative hat am 22. Oktober 1997 das Bürgerbegehren mit den erforderlichen Unterschriften eingereicht, so dass nach § 22 b Abs. 7 Satz 1 NGO der Verwaltungsausschuss hierüber unverzüglich zu entscheiden hatte, was er am 17. November 1997 getan hat. Danach musste ("ist") gemäß § 22 b Abs. 7 Satz 2 NGO über die begehrte Sachentscheidung innerhalb von drei Monaten ein Bürgerentscheid herbeigeführt werden, was am 14. Dezember 1997 auch geschehen ist. Ausgehend von dem Tag der Zulassung des Bürgerbegehrens (17. November 1997) hätte der Tag der Landtagswahl am 1. März 1998 nicht mehr als Abstimmungstag gewählt werden können. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass die Bürgerinitiative ihrerseits die Einreichung des Bürgerbegehrens unzulässig verzögert hat. Denn nach § 22 b Abs. 5 Satz 3 NGO hätte das Bürgerbegehren drei Monate nach Bekanntgabe des Ratsbeschlusses am 4. März 1997, also bis zum 4. Juni 1997, eingereicht werden müssen. So hätte es zu einem noch früheren Bürgerentscheid kommen müssen, was angesichts der öffentlichen Ausschreibung der Bauarbeiten am 1. Oktober 1997 auch angezeigt gewesen wäre.
b)
Sonstige im Hinblick auf das Abstimmungsergebnis erheblich erscheinende Abstimmungsfehler sind nicht ersichtlich. Nr. 13 der Abstimmungsordnung der Beklagten verweist ergänzend wegen der Vorbereitung und Durchführung des Bürgerentscheides auf die Vorschriften des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes und der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung. Ganz allgemein wird in der Kommentarliteratur eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften sowie der des Niedersächsischen Volksabstimmungsgesetzes - NVAbstG - befürwortet (vgl. Thiele, a.a.O., Anm. 8).
Danach bedarf es insbesondere keiner Abstimmungsbenachrichtigungskarten (ebenso Thiele, a.a.O., Anm. 8). Dies folgt bereits aus der analogen Anwendung von § 29 NVAbstG. Eine Reduzierung der Abstimmungsbezirke und -lokale gegenüber der bei Kommunalwahlen einzurichtenden ist grundsätzlich unbedenklich, solange die Möglichkeit zur Stimmabgabe dadurch nicht ausgeschlossen wird (vgl. Rehn/Cronauge, NW GO, 2. Aufl., Stand: Februar 1997, § 26 Anm. VIII. 1.; Wefelmeier, a.a.O., Rdn. 79). Rechtlich ist es auch nicht geboten, die Möglichkeit einer Briefwahl vorzusehen (Thiele, a.a.O., Anm. 8; Wefelmeier, a.a.O., Rdn. 79).
2.
Ist schon auf die dem Individualrechtsschutz dienende Feststellungsklage des Klägers hin die Gesamtheit der Abstimmungsvorgänge nicht am objektiven Recht zu messen, ist gleichwohl darauf hinzuweisen, dass selbst im Fall einer Verletzung desselben ausgeschlossen werden kann, dass es ohne die behaupteten Abstimmungsfehler zu einem anderen, dem Kläger günstigeren Ergebnis, nämlich einem - positiven - Bürgerentscheid mit der Wirkung nach § 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO, gekommen wäre (zur Frage der Erheblichkeit von Abstimmungsfehlern BVerfGE Bd. 37, 84, 89, 92). Entsprechend wäre auch bei einer Abstimmungsprüfungsklage analog der - objektiven - Wahlprüfungsklage auf die Erheblichkeit des Abstimmungsfehlers abzustellen (vgl. Senatsurt. v. 16.2.1999 - 10 L 4499/97 -, UA S. 14). Danach kommt es für eine Wahlprüfungsklage auf eine konkrete, nach der Lebenserfahrung begründete Wahrscheinlichkeit an, dass Wahlfehler im Hinblick auf die Sitzverteilung zu einer Verfälschung des Wählerwillens geführt haben (vgl. Senatsurt. v. 15.12.1992 - 10 L 1667/92 -, UA S. 6; vgl. auch Ritgen, a.a.O., S. 268, der ansonsten eine Abstimmungsprüfungsklage für zulässig erachtet).
Nach diesem Maßstab sind die vom Kläger behaupteten Abstimmungsfehler weder einzeln noch zusammengenommen im Hinblick auf das Abstimmungsergebnis erheblich, weil nach prognostischer Einschätzung des Senats ausgeschlossen werden kann, dass sich ohne sie eine qualifizierte Mehrheit der abstimmungsberechtigten Bürger im Sinne des § 22 b Abs. 10 Satz 3 NGO für das Bürgerbegehren ausgesprochen hätte. Die Abstimmung hat zwar eine Mehrheit von 6,51 % Ja-Stimmen zu 5,22 % Nein-Stimmen erbracht; das gesetzliche Quorum von 25 % Ja-Stimmen wurde jedoch mit einem Ja-Stimmen-Anteil von nur rund einem Viertel davon und trotz der vom Kläger durch die vorgelegten Presseberichte dokumentierten Bedeutung der Museumsfrage innerhalb des Stadtgebietes der Beklagten weit verfehlt. Bei einer Abstimmungsbeteiligung von 11,75 % ist nicht ersichtlich, ob eine größere Abstimmungsbeteiligung wiederum zu einer Mehrheit der Ja-Stimmen geführt und zugleich das Quorum von 25 % erreicht hätte. Selbst bei einer - sicherlich auch vertretbaren - persönlichen Benachrichtigung der abstimmungsberechtigten Bürger durch Benachrichtigungskarten, der Einrichtung einiger weiterer Abstimmungslokale sowie der Zulassung der Briefwahl ist nicht wahrscheinlich, dass sich bei einer Abstimmung über dieselbe Angelegenheit eine Mehrheit und rund das Vierfache an Ja-Stimmen ergeben hätte. Die Verlegung des Abstimmungstermines auf den Tag der Landtagswahl am 1. März 1998 ist in diese Betrachtung nicht einzubeziehen, da sie bereits durch den Lauf der gesetzlichen Fristen für den Bürgerentscheid ausgeschlossen war. Nach allem ist der Grund für das Scheitern des Bürgerentscheides nicht im Abstimmungsverfahren, sondern im Abstimmungsverhalten der abstimmungsberechtigten Bürger zu sehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.