Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.02.2001, Az.: 11 MA 415/01
Abschiebungsanordnung; Ausweisung; Betäubungsmitteldelikt; Drogendelikt; Drogentherapie; Generalprävention; Nazli-Urteil EuGH v. 20.2.2000; schwerwiegende Gründe; Spezialprävention
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 06.02.2001
- Aktenzeichen
- 11 MA 415/01
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2001, 39433
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 22.12.2000 - AZ: 3 B 63/00
Rechtsgrundlagen
- § 47 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 47 Abs 1 Nr 2 AuslG
- § 48 Abs 1 Nr 1 AuslG
- § 48 Abs 1 S 2 AuslG
- § 3 EUNiederlAbk
- § 8 MRK
- Art 14 Abs 1 EWGAssRBes 1/80
- Art 6 EWGAssRBes 1/80
- Art 7 Abs 1 EWGAssRBes 1/80
Gründe
I. Der Antragsteller wurde am 22. September 1973 im Bundesgebiet geboren. Seine Eltern leben schon seit langem als Arbeitnehmer im Bundesgebiet. Der Antragsteller hat noch zwei Geschwister. Im März 1990 wurde ihm eine Aufenthaltsberechtigung erteilt. Etwa seit 1991 fiel der Antragsteller durch strafrechtliche Delikte (u. a. Pkw-Einbrüche) auf, die er allein oder mit anderen beging. Den vorliegenden Unterlagen (vgl. z. B. das darin enthaltene Urteil des Jugendschöffengerichts L. vom 25.6.1991 - 18 Ls 14 Js 6477/91 (50/91) -) ist zu entnehmen, dass der Antragsteller in jener Zeit erhebliche Probleme hatte, seinen häuslichen türkischen Lebensraum mit den Gepflogenheiten der deutschen Jugendlichen, mit denen er sich in seiner Freizeit aufhielt, in Einklang zu bringen. Der Antragsteller hatte in jener Zeit Kontakte zum Betreuungsobjekt des Albert-Schweitzer-Familien-Werks, mit dessen Unterstützung eine Stabilisierung seines Verhaltens erreicht werden sollte. Verurteilungen des Antragstellers zu einer auf Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe bewirkten keine Veränderung seines Verhaltens. Mitte 1992 wurde er schließlich zu einer Jugendstrafe von 15 Monaten verurteilt, die er in der Justizvollzugsanstalt H. verbüßte. Einer Stellungnahme der Jugendanstalt H. (vom 16.2.1993) ist zu entnehmen, dass dem Antragsteller von seinen Eltern keine Grenzen gesetzt worden seien, insbesondere auch nicht in finanzieller Hinsicht, so dass es sich bei ihm um eine "Verwöhnungsverwahrlosung" handele. Der Stellungnahme ist weiter zu entnehmen, dass der Antragsteller zu jenem Zeitpunkt bereits Rauschgift nahm.
1991 und auch 1993 wies die Ausländerbehörde den Antragsteller auf die Möglichkeit seiner Ausweisung und Abschiebung bei weiteren strafrechtlichen Verfehlungen hin.
Am 24. April 1997 wurde der Antragsteller u. a. wegen gemeinschaftlichen Diebstahls und unerlaubten Erwerbs von Heroin zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, da die letzten strafrechtlichen Verurteilungen bereits einige Jahre zurücklägen.
Am 8. Dezember 1997 verurteilte das Amtsgericht L. den Antragsteller wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 44 Fällen unter Einbeziehung der früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren.
Am 9. Januar 1998 erfolgt ebenfalls vom Amtsgericht L. eine Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten.
Nachdem die Antragsgegnerin den Antragsteller angehört hatte, wies sie ihn mit Verfügung vom 14. Juni 2000 aus dem Bundesgebiet aus, ordnete seine Abschiebung in die Türkei an und sprach zudem die sofortige Vollziehung der Verfügung aus. Sie stützte die Ausweisung auf spezialpräventive und generalpräventive Überlegungen.
Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Der ablehnende Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung L., in dem eine weitere strafrechtliche Verurteilung durch das Amtsgericht L. vom 21. Juni 1999 zu 10 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung mit berücksichtigt wurde, erging am 16. Oktober 2000.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt und im wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe durch die erfolgten Verurteilungen die Ist-Ausweisungstatbestände des § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 erfüllt. Infolge der ihm erteilten Aufenthaltsberechtigung genieße er allerdings nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG besonderen Ausweisungsschutz, so dass in seinem Fall lediglich eine Regel-Ausweisung erfolgen könne. Zureichende Anhaltspunkte, ausnahmsweise von dieser Regel-Ausweisung abzusehen, lägen nicht vor. Dabei hat das Verwaltungsgericht vor allem auf den generalpräventiven Gesetzeszweck abgestellt, der den Ausweisungstatbeständen gerade bei Betäubungsmittelstraftaten zugrunde liege.
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Beschwerde.
II. Der Antrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Es bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Der Antragsteller ist innerhalb von fünf Jahren zu mehreren Freiheitsstrafen von zusammen mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden (Dezember 1997 zwei Jahre; Januar 1998 neun Monate; Juni 1999 10 Monate jeweils ohne Bewährung). Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren ist zudem wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz erfolgt. Der Antragsteller hat mithin die Ist-Ausweisungstatbestände des § 47 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AuslG verwirklicht.
Die Ausweisung ist auch aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt. Dieser schwerwiegenden Gründe bedarf es, weil der Antragsteller eine Aufenthaltsberechtigung besitzt und deshalb nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG besonderen Ausweisungsschutz genießt.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG, der durch das Gesetz zur Änderung ausländer- und asylverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2584) eingefügt worden ist, stellt klar, dass auch die den besonderen Schutz nach § 48 Abs. 1 AuslG genießenden Ausländer bei Vorliegen eines Ist-Ausweisungsgrundes nach § 47 Abs. 1 AuslG in der Regel diesen Schutz verlieren und mit einer Ausweisung zu rechnen haben. Die Formulierung "in der Regel", bezieht sich auf Regelfälle, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheidet. Den Gegensatz bilden Ausnahmefälle. Diese sind durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (vgl. BVerwG v. 17.10.1995, InfAuslR 1996, 54; OVG NW, Beschl. v. 17.2.2000 - 18 B 101/2000 - juris; OVG NW, Beschl. v. 5.3.1998 - 18 B 1718/96 -; Hailbonner, AuslR, § 48 AuslG Rdnr. 19 f.).
Ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der vollen Nachprüfung durch die Gerichte (vgl. z.B. BVerwG v. 1.9.1994, InfAuslR 1995, 6 [BVerwG 15.09.1994 - BVerwG 1 B 214/93]). Diese Prüfung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
Die Abgrenzung von Regel- und Ausnahmefall knüpft an die für die gesetzliche Regel maßgeblichen Gründe an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsfolge unabhängig davon gilt, ob im Einzelfall generalpräventive oder spezialpräventive Gründe, die den Ausweisungstatbeständen des § 47 AuslG in gleicher Weise zugrunde liegen, zum Tragen kommen (vgl. Hailbronner, AuslR, § 48 AuslG Rdnr. 19 f.). Ausschlaggebend für das nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich den Vorrang einzuräumende öffentlichen Interesse an einer Ausweisung ist das besondere Gewicht der in § 47 Abs. 1 AuslG genannten Straftaten. Diese Vorschrift betrifft Fälle schwerer und besonders schwerer Kriminalität, für die grundsätzlich ein generelles generalpräventives Bedürfnis bejaht wird, über die strafrechtliche Sanktion hinaus andere Ausländer von der Begehung gleichartiger Straftaten abzuhalten (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.6. 996 - 1 C 24.94 -, InfAuslR 1997, 8, 11 [BVerwG 11.06.1996 - BVerwG 1 C 24/94]). Darüber hinaus weist die Begehung der in § 47 Abs. 1 AuslG aufgezählten Straftaten im allgemeinen auf eine erhebliche kriminelle Energie hin, aufgrund derer die erneute Begehung vergleichbarer Straftaten in Betracht zu ziehen ist. Weil zudem die Anforderungen an das Maß der Wiederholungswahrscheinlichkeit mit zunehmender Schwere der zu erwartenden Straftaten geringer werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 2.6.1983 - 1 B 80.83 -, InfAuslR 1983, 307), besteht nach schweren strafrechtlichen Verfehlungen im Regelfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für erneute erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Da § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG mithin spezial- als auch generalpräventive Überlegungen zugrunde liegen, tritt die Regelrechtsfolge nur dann nicht ein, wenn in Bezug auf beide Ausweisungszwecke ein Ausnahmefall vorliegt. Bezüglich der Spezialprävention sind somit besondere Umstände erforderlich, aufgrund derer entweder die der Ausweisung zugrunde liegende Straftat als weniger gewichtig anzusehen ist oder keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Gefahr erneuter Verfehlungen des Antragstellers gegeben sind. Bezüglich der Generalprävention sind besondere Umstände erforderlich, die ausnahmsweise dazu führen, den Gedanken der Generalprävention als nicht zutreffend anzusehen.
Mit dem Verwaltungsgericht ist im Rahmen des nationalen Rechtes davon auszugehen, dass die dem § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG zugrunde liegenden generalpräventiven Erwägungen auch für den vorliegenden Fall eingreifen, mithin keine Anhaltspunkte für die Bejahung eines Ausnahmefalles insoweit gegeben sind. Gerade bei Betäubungsmittelstraftaten besteht schon wegen der von derartigen Delikten ausgehenden Gefährdung der geschützten Rechtsgüter ein dringendes sicherheitspolitisches Bedürfnis dafür, über die strafrechtliche Sanktion hinaus durch Ausweisung andere Ausländer von derartigen Straftaten abzuhalten.
Darüber hinaus ist auch unter spezialpräventiven Gesichtspunkten keine Ausnahme von dem in § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG postulierten Regelgebot zu machen.
Die vom Antragsteller begangenen Straftaten sind weder als weniger gewichtig einzustufen, noch fehlen hinreichende Anhaltspunkte für die Gefahr erneuter Verfehlungen. Die von dem Antragsteller in den letzten fünf Jahren verwirklichten Straftatbestände (Einbruchsdiebstahl, Betäubungsmitteldelikte) haben ein erhebliches Gewicht. Es sind auch keine durchgreifenden Anzeichen dafür vorhanden, dass bei dem Antragsteller abweichend von der in § 48 Abs. 1 Satz 2 AuslG zugrunde liegenden Regelvermutung nicht von einer Wiederholungsgefahr auszugehen ist. Dem steht zum einen entgegen, dass Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz in der Regel die Gefahr einer Wiederholung in sich tragen. Vorliegend wird diese Einschätzung bestärkt durch den bisherigen Lebenslauf des Antragstellers. Dieser hat Anfang der 90er Jahre mit Einbruchsdiebstählen begonnen und ist später, nachdem er in die Drogenszene Eingang gefunden hat, zur Beschaffungskriminalität übergegangen. Seine Straftaten zeichnen sich durch eine sich ständig steigernde kriminelle Energie aus. Dass der Antragsteller (erneut) in der noch zu verbüßenden Strafhaft - das Haftende ist auf den 1. April 2001 datiert, eine derzeitige Haftentlassung zur Bewährung ist nicht zu erwarten - eine Drogentherapie beginnen möchte, steht nach ständiger Rechtsprechung des Senats der Annahme eines Regelfalles nicht entgegen. Abgesehen davon, dass der Erfolg der noch durchzuführenden Therapie völlig ungewiss ist, honoriert das Ausländergesetz solche Therapiebemühungen grundsätzlich nur im Rahmen der Ermessensausweisung des § 45 Abs. 1 nach Maßgabe des § 46 Nr. 4 AuslG. Eine Ermessensausweisung steht hier jedoch nicht in Frage (vgl. dazu auch noch weiter unten). Es kommt für die Feststellung eines atypischen Sachverhalts auch nicht darauf an, ob der Antragsteller eine Drogentherapie in der Türkei durchführen kann (st. Rspr. d. Sen., vgl. z.B. Beschl. v. 12.10.2000 - 11 M 2933/00 -).
Aufgrund des dem Antragsteller gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 AuslG zustehenden besonderen Ausweisungsschutzes ist die Ist-Ausweisung zur Regel-Ausweisung herabgestuft (§ 47 Abs. 3 Satz 1 AuslG). Insoweit liegen indes keine besonderen Umstände vor, die ausnahmsweise ein Absehen von dieser Regelrechtsfolge rechtfertigen können.
Dass der Antragsteller im Bundesgebiet geboren und hier aufgewachsen ist, begründet keinen Ausnahmefall. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht schon darauf hingewiesen, dass der Antragsteller eine hinreichend gefestigte soziale Integration in die hiesige wirtschaftliche und soziale Ordnung nicht aufweist. Er hat zwar den Hauptschulabschluss gemacht, verfügt jedoch bislang über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der mittlerweile 27-jährige Antragsteller auf ein weiteres Zusammenleben mit seinen Eltern angewiesen ist. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass schon während seines Aufenthaltes in der Justizvollzugsanstalt H. 1993 überlegt wurde, den Antragsteller zurück zu Verwandten in die Türkei zu bringen. Daraus kann geschlossen werden, dass diese ihm gegebenenfalls den Einstieg in die türkischen Lebensverhältnisse ermöglichen können.
b) Auch europarechtliche Vorschriften stehen der Ausweisung nicht entgegen.
aa) Allerdings weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass ausgehend von dem Urteil des EuGH vom 20.2.2000 (RS C 340/97 (Nazli) - InfAuslR 2000, 161) eine nur generalpräventiv begründete Ausweisung im Falle des Antragstellers wohl nicht zulässig wäre. Der EuGH hat nämlich in jenem Urteil entschieden, dass Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 der Ausweisung eines türkischen Staatsangehörigen, der ein unmittelbar durch diesen Beschluss gewährtes Recht inne habe, entgegenstehe, wenn diese Maßnahme aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung zum Zwecke der Abschreckung anderer Ausländer verfügt werde, ohne dass das persönliche Verhalten des Betroffenen konkret Anlass zu der Annahme gebe, dass er weitere schwere Straftaten begehen werde, die die öffentliche Ordnung im Aufnahme-Mitgliedsstaat stören könnten. Zwar lag diesem Urteil ein Sachverhalt zugrunde, in dem sich der betreffende Ausländer auf ein ihm nach Art. 6 ARB 1/80 zustehendes Recht berufen hatte, während dem Antragsteller, der nicht in die Arbeitswelt im Bundesgebiet eingegliedert ist, vorliegend lediglich ein Recht nach Art. 7 Abs. 1 ARB 1/80 zusteht. Das Verbot generalpräventiver Ausweisung dürfte jedoch auch hinsichtlich der durch Art. 7 ARB 1/80 begünstigten Familienangehörigen türkischer Arbeitnehmer zu beachten sein (vgl. insoweit die Anmerkung von Becker/Glupe zu dem o. a. Urt. d. EuGH - InfAuslR 2000, 165, 166).
Bereits oben wurde jedoch dargelegt, dass im Falle des Antragstellers nach wie vor von einer strafrechtlichen Wiederholungsgefahr auszugehen ist, so dass die Ausweisung (auch) aus Gründen der Spezialprävention geboten ist und insoweit mit Art. 14 ARB 1/80 in Einklang steht.
bb) Art. 3 Abs. 3 ENA steht der Ausweisung ebenfalls nicht entgegen. Danach kann bei einem über 10-jährigen Aufenthalt im Bundesgebiet - wie er hier vorliegt - eine Ausweisung zwar nur aus besonders schwerwiegenden Gründen erfolgen. Diese Gründe sind jedoch identisch mit den schwerwiegenden Gründen im Sinne des § 48 Abs. 1 AuslG (vgl. BVerwG v. 28.1.1997, InfAuslR 1997, 296 [BVerwG 28.01.1997 - BVerwG 1 C 17/94]), die hier - wie bereits oben ausgeführt - vorliegen.
cc) Ein Verstoß gegen Art. 8 EMRK liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des EGMR untersagt Art. 8 EMRK nicht schlechthin, zur Trennung von Familienangehörigen führende Ausweisungen auszusprechen. Eine derartige Ausweisung wird vielmehr gestattet, wenn sie zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen erfolgt, einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und insbesondere verhältnismäßig zu dem verfolgten legitimen Ziel ist (vgl. EGMR, Urt. v. 13.7.1995 (Nasri), InfAuslR 1996, 1, u. Urt. v. 21.10.1997 (Boujlifa), InfAuslR 1998, 1). Hiernach ist dem Antragsteller die Trennung von seinen Familienangehörigen im Bundesgebiet zuzumuten; denn bei schwerwiegenden Straftaten, insbesondere bei einem Handel mit Rauschgift, steht der Schutz der Familie grundsätzlich einer Ausweisung nicht entgegen. Besonderheiten gelten im Falle des Antragstellers nicht, wie bereits oben ausgeführt.
2. Die geltend gemachte Divergenzrüge scheitert bereits daran, dass eine Abweichung von der Rechtsprechung des EGMR nicht von § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfasst wird.
Eine Divergenz zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.9.1998 (InfAuslR 1999, S. 54 [BVerwG 29.09.1998 - BVerwG 1 C 8/96]) ist ebenfalls nicht gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht hat in jener Entscheidung eine Ausweisung als in Übereinstimmung mit Art. 8 EMRK stehend angesehen, wenn der betreffende Ausländer noch nicht irreversibel in die deutschen Lebensverhältnisse eingefügt ist und es keine Hinweise dafür gibt, dass eine Reintegration des betreffenden Ausländers in seinen Herkunftsstaat Hindernisse von erheblichem Gewicht entgegenstehen. Davon ist vorliegend aber - wie oben dargestellt - auszugehen.