Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.09.2000, Az.: 1 O 2717/00
Beigeladener; Festsetzung; gespaltene Festsetzung; Streitwert
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.09.2000
- Aktenzeichen
- 1 O 2717/00
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2000, 42007
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 04.11.1999 - AZ: 4 A 1943/99
Rechtsgrundlagen
- § 13 Abs 1 S 1 GKG
- § 65 VwGO
- § 121 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Bezieht sich die (notwendige) Beiladung nur auf einen Teil des Klageanspruchs, so ist der Streitwert gespalten festzusetzen. Für den Beigeladenen ist nur der Wert maßgeblich, den der ihn betreffende Teil des Klageanspruchs für den Kläger hat.
Gründe
Die Klägerin verlangte im Verfahren des ersten Rechtszuges, dass die Beklagte in feuerschutzrechtlicher Hinsicht sowie wegen bestimmter Abgase gegen ein Bauvorhaben der Beigeladenen einschreite; außerdem forderte sie von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 50,-- DM für jeden Tag, an dem sie die Schadstoffeinwirkungen und Geruchsbelästigungen der Abgasanlage zu dulden habe. Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 4. November 1999 abgewiesen und am gleichen Tage den Streitwert auf insgesamt 50.800,-- DM festgesetzt. Dieser setzt sich nach der Begründung folgendermaßen zusammen: 20.000,-- DM für den Anspruch auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten, 8.000,-- DM für den Klageantrag zu 3), gerichtlich anzuordnen, dass die Abgase auf bestimmte Stoffe hin untersucht werden, sowie schließlich 22.800,-- DM für 456 Tage, an denen die Klägerin die Abgase bislang habe dulden müssen.
Zur Begründung der am 10. Juli 2000 erhobenen Streitwertbeschwerde macht die Klägerin geltend, im Verhältnis zu den Beigeladenen gelte nicht der volle Wert von 50.800,-- DM, sondern dürfe lediglich der Teil des Streitgegenstandes wertmäßig erfasst werden, der sich auf die Angriffe gegen die von deren Vorhaben ausgehenden Immissionen sowie den behaupteten Verstoß gegen Brandschutzvorschriften beziehe. Die Beigeladenen treten dem mit dem Argument entgegen, nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG sei ausschließlich das Interesse der Klägerin an einem ihr positiven Verfahrensausgang maßgeblich.
Die Beschwerde ist zulässig...
Sie ist auch begründet. Richtig ist zwar, dass nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit der Streitwert vorbehaltlich der folgenden Vorschriften -- ausschließlich -- nach der Bedeutung zu bestimmen ist, welche eine positive Bescheidung des Klageantrages für den Kläger hat. Das Interesse der anderen Beteiligten, namentlich der Beigeladenen, ist daher für die Bemessung des Streitwertes grundsätzlich nicht von Belang. Das schließt allerdings eine gesonderte Streitwertfestsetzung für das Prozessrechtsverhältnis nicht aus, welches allein die Klägerseite mit den Beigeladenen verbindet. Das hat der Senat bereits mit Beschluss vom 2. August 1976 (-- I OVG B 37/79 --, NJW 1977, 917, 918; ebenso BayVGH, Beschl. v. 8.3.1985 -- Nr. 20 B 81 D. I u.a. --, BayVBl 1985, 414 f.) entschieden. Mit der Kommentierung von Hartmann (Kostengesetze, 29. Aufl. 2000, § 13 GKG Rdnr. 8) ist an dieser Auffassung festzuhalten. Bezieht sich die notwendige Beiladung nur auf einen Teil des Klageanspruchs, so ist der Streitwert gespalten festzusetzen. Im Verhältnis zu dem Beigeladenen ist nur der Wert maßgeblich, den der ihn betreffende Teil des Klageanspruchs für den Kläger hat. Das ist mit dem Sinn und Zweck des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG, jeweils das Interesse des Klägers für das in Rede stehende Prozessrechtsverhältnis ausschlaggebend sein zu lassen, ebenso zu vereinbaren wie nach dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn im Falle objektiver Klagehäufung muss die wirtschaftliche Bedeutung einer Klagestattgabe nicht gegenüber allen Beteiligten mit dem gleichen Betrag anzusetzen sein. Die Tragweite der notwendigen Beiladung beschränkt sich trotz des Wortlauts der Beiladungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 27. April und vom 31. Mai 1999 allein auf die Einforderung behaupteter Nachbarrechte. Die Bezahlung von Schadensersatz war ihnen gegenüber zu keinem Zeitpunkt in Streit. Schadensersatz wurde allein von der Beklagten gefordert. Eine Klagstattgabe hätte die Beigeladenen daher in ihren Rechten nicht verletzen können. Denn damit wäre nicht in einer der Rechtskraft nach § 121 VwGO fähigen Weise gesagt gewesen, dass sie der Klägerin Schadensersatz für die Abgase schuldeten, welche aus ihrer Feuerungsanlage entweichen. Dasselbe gilt aber auch für den Fall der Klagabweisung.
Dieses Ergebnis ist entgegen den Ausführungen von Zimmer/Schmidt (Der Streitwert im Verwaltungs- und Finanzprozess, 1991, Rdnr. 75) auch nicht unbillig. Denn nur mit den Klageanträgen zu 1) und 3) hatte die Klägerin ein Prozessrechtsverhältnis begründet, an dem die Beigeladenen notwendig zu beteiligen waren. Hätte die Klägerin insoweit obsiegt, wären die Beigeladenen (aufgrund ihrer Antragstellung, § 154 Abs. 3 VwGO) nicht in unbilliger Weise kostenmäßig bevorzugt worden. Denn ihnen wird nicht durch Festsetzung eines niedrigen Streitwertes unter Verstoß gegen Wortlaut und Sinn des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG "geholfen". Mit dem Kostenausspruch wird vielmehr lediglich ausgedrückt, in welchem Prozessrechtsverhältnis die Beigeladenen obsiegt hätten oder unterlegen wären.