Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 25.03.2004, Az.: 1 A 1336/01

Altenwohnheim; Bewilligungsbescheid; Mittel nach dem II. WoBauG; Pflegeheim; Widerruf

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
25.03.2004
Aktenzeichen
1 A 1336/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50545
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

nachfolgend
OVG Niedersachsen - 26.04.2007 - AZ: 8 LB 82/05

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Ein Bewilligungsbescheid nach dem II. WoBauG kann widerrufen werden, wenn der damit verfolgte Zweck nach Auszahlung des Baudarlehens entfallen ist. Die Umwandlung eines Altenwohnheimes in ein Pflegeheim stellt einen Widerrufsgrund dar.

Tenor:

Der Widerrufsbescheid der Beklagten vom 24. August 2000 und der Widerspruchsbescheid vom 12. September 2001 werden aufgehoben, soweit ein Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 5. September 1962 für die Zeit ab dem 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1996 ausgesprochen worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf eines Bewilligungsbescheides über ein öffentliches Baudarlehen.

2

Mit Bescheid vom 5. September 1962 bewilligte die N. dem Kläger ein öffentliches Baudarlehen in Höhe von 182.000,00 DM mit einem Zinssatz von 4 % für den Neubau eines Altersheimes mit 70 Wohnplätzen (63 Heimplätze und 7 Personalplätze) in O., P.. Mit der Durchführung der Beleihung und der Verwaltung des Darlehens wurde die Deutsche Hypothekenbank AG in Hannover beauftragt. In dem Bewilligungsbescheid wurde geregelt, dass die für das öffentliche Baudarlehen festgesetzten Zinsen für 35 Jahre nicht erhoben werden. Weiter wurde bestimmt, dass für die öffentliche Förderung des Bauvorhabens außer den Bedingungen und Auflagen des Bescheides das Zweite Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) in der zur Zeit der Bewilligung geltenden Fassung und seine Durchführungsverordnungen sowie die Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes Niedersachsen (WFB) in der zur Zeit der Bewilligung geltenden Fassung maßgebend und verbindlich sind (Ziffer IV. des Bescheides) und die Bewilligung der öffentlichen Mittel ganz oder teilweise aus den in Nr. 57 WFB genannten Gründen widerrufen werden kann (Ziffer VI. 2. b) des Bescheides). Am 16. Oktober 1962 schlossen der Kläger und die Deutsche Hypothekenbank AG in Hannover den entsprechenden Darlehensvertrag ab. Die Darlehenssumme kam nach Fertigstellung des Bauvorhabens im Jahre 1964 zur Auszahlung.

3

Nach den beigezogenen Verwaltungsvorgängen der Heimaufsicht des Landkreises Q. verfügte das klägerische Altersheim nach seiner Inbetriebnahme über eine Pflegestation, in der 6 bis 8 Pflegeplätze existierten, die den pflegebedürftig werdenden Altenheimbewohnern dienten. Daneben gab es 56 Altenheimplätze. Der Kläger ist Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover e. V. und unterlag deswegen nicht der früheren Erlaubnispflicht des § 6 Heimgesetz a. F. (nur Anzeigepflicht). Mit dem Inkrafttreten des Heimgesetzes vom 7. August 1974 zum 1. Januar 1975 und der Heimmindestbauverordnung vom 27. Januar 1978 zum 1. August 1978 wurden zum Schutz der Heimbewohner unter anderem erhöhte Anforderungen an die räumliche Ausgestaltung und Ausstattung von Heimen eingeführt. Um vor allem den Anforderungen der Heimmindestbauverordnung zu genügen, entschloss sich der Kläger Ende 1988 zu einer umfassenden Sanierung des Altbaues und zu einem Erweiterungsbau. Nach einem Schreiben des Klägers vom 21. November 1988 beruhte diese Entscheidung auch auf einem gravierenden Wandel der Zusammensetzung der Bewohner in gesundheitlicher Hinsicht. Danach waren bei Bezug des Heimes im Jahre 1964 54 Bewohner den Pflegestufen I und II (leichte und mittlere Pflege) und nur 8 Bewohner den Pflegestufen III und IV (schwere und schwerste Pflege) zuzuordnen. Dies hatte sich bis 1988 in der Form verändert, dass nur noch 9 Bewohner der Pflegestufe I und 16 der Pflegestufe II zugeordnet werden konnten, während 15 in der Pflegestufe III und 20 in der Pflegestufe IV eingestuft werden mussten (insgesamt 25 Bewohner in den Pflegestufen I und II und 35 Bewohner in den Pflegestufen III und IV). Um das Altersheim wirtschaftlich und den Anforderungen der Heimmindestbauverordnung genügend führen zu können, plante der Kläger einen zweigeschossigen Neubautrakt mit sechs Doppel-Pflegezimmern je Etage (insgesamt 24 Pflegeplätze) und den Umbau der vorhandenen Gebäudesubstanz in zwei Abschnitten zu 36 Plätzen, die auch der Vorpflege und Pflege dienen sollten (vgl. das klägerische Schreiben vom 21. November 1988, Bl. 383 ff. der Beiakte C).

4

Dieses Sanierungs- und Erweiterungsbauvorhaben mit einem Kostenvolumen von ca. 6,3 Mio. DM wurde umgesetzt und durch öffentliche Zuschüsse des Bundes, des Landes und des Landkreises O. sowie der Stadt O. gefördert. Die entsprechenden Bauarbeiten wurden im März 1995 abgeschlossen (insgesamt 62 Heimplätze).

5

Der Kläger hat für sein Heim einen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI - Soziale Pflegeversicherung mit den Verbänden der gesetzlichen Pflegekassen in Niedersachsen geschlossen, der zum 1. Juli 1996 in Kraft getreten ist. Danach hat sich der Kläger verpflichtet, ganzjährig 62 Plätze für vollstationäre Pflege zur Verfügung zu stellen. Nach weiteren baulichen Veränderungen ist dieser Vertrag mit Wirkung ab dem 1. Oktober 1998 und ab dem 1. Mai 2003 dahingehend geändert worden, dass in der vollstationären Pflege 68 bzw. 73 Plätze zur Verfügung gestellt werden.

6

Im Rahmen einer Überprüfung der Förderungsvoraussetzungen teilte der Kläger der Beklagten mit einem unter dem 29. Oktober 1999 unterzeichneten Vordruck mit, dass die Eigentumsverhältnisses und die derzeitige Nutzung des Objektes unverändert gegenüber dem Bewilligungsbescheid seien. Ausweislich eines Telefonvermerks der Beklagten vom 6. Juni 2000 gab die Heimleiterin an, durch die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen seien die ursprünglich 70 Wohnheimplätze auf 68 Plätze verringert worden und es würden Entgelte nach dem Pflegeversicherungsgesetz erhoben.

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Daraufhin widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 24. August 2000 den Bewilligungsbescheid vom 5. September 1962 über das öffentliche Baudarlehen in Höhe von 182.000,- DM nach Ziffer VI. 2 b) des Bescheides mit Wirkung vom Datum des Verstoßes an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, den Angaben des Klägers habe entnommen werden können, dass die ursprünglich 70 geförderten Wohnheimplätze durch Umbau- und Sanierungsarbeiten auf 68 Wohnheimplätze reduziert worden seien. Diese seien außerdem in Pflegeplätze umgewandelt worden. Nach den Bestimmungen des II. WoBauG seien Pflegeplätze nicht förderungsfähig.

8

Den hiergegen am 5. September 2000 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, die geförderten Plätze der Einrichtung würden weiterhin bestimmungsgemäß genutzt. Zwar führe ein Großteil der Einrichtungsplätze nicht mehr die formale Bezeichnung Wohnheimplatz, doch finde weiterhin Wohnen statt. Zu diesem Wohnen sei allerdings aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen und neuer politischer Vorgaben in größerem Umfang als früher die Pflege hinzugetreten. Die Einrichtungsplätze seien weiterhin dazu bestimmt und geeignet, Wohnbedürfnisse im Sinne des § 15 des II. WoBauG zu befriedigen, weil das Heim für die Bewohner Wohn- und Lebensmittelpunkt sei. Dass zu diesem Wohnen die Pflege als zusätzliches Kriterium verstärkter hinzugetreten sei, ändere nichts daran, dass in der Einrichtung gewohnt werde. Gesellschaftliche Veränderungen dahingehend, dass die Deutschen immer älter würden und in immer höherem Alter in Alten- und Pflegeheime gingen, und veränderte politische Vorgaben, insbesondere das Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes, hätten dazu geführt, dass die besondere Bezeichnung Altenwohnheimplatz zu Gunsten der Bezeichnung Pflegeplatz kaum noch Verwendung finde. Mit der Einführung des Pflegeversicherungsgesetzes im Jahre 1996 habe sich der Bedarf ergeben, die gesamten Bewohnerplätze als sogenannte Pflegeplätze anerkennen zu lassen, weil anderenfalls die Bewohner, die pflegebedürftig würden, nicht die entsprechenden Leistungen aus dem Pflegeversicherungsgesetz hätten erhalten können. Es sei lediglich zu einer Terminologieverschiebung gekommen. In der Anerkennung als Pflegeplatz sei ausschließlich ein formaler Akt zu sehen. Die Einrichtungsplätze würden weiterhin im Sinne der bewilligten Fördermittel genutzt.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. September 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, durch die vorgenommene Anmeldung bzw. den gestellten Antrag auf Anerkennung der geförderten Wohnheimplätze als Pflegeplätze sei die Wohnheimeigenschaft - unabhängig von der Nutzung gegebenenfalls auch durch die gleichen Bewohner - mit Wirkung vom 1. Januar 1996 verloren gegangen. An dieser Rechtsfolge ändere auch nichts, dass möglicherweise höhere Anforderungen der Nutzer sowie die Einführung des Pflegegesetzes zu der Entscheidung geführt hätten, die oben angegebenen Schritte zu unternehmen. Damit sei auch die Zweckbestimmung, die sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebe, nicht mehr gewahrt. Dabei komme es auch nicht darauf an, ob die Bewohner noch die gleichen seien wie zu Zeiten, als die Pflegeplätze noch Wohnplätze gewesen seien. Pflegeheime seien Heime für pflegebedürftige, vor allem bettlägerige Menschen. Bei ihnen stehe die Betreuung durch Ärzte und Pflegepersonal im Vordergrund. Sie zählten nicht zu den Wohnheimen, wenn auch häufig eine derartige Pflegestation mit einem Altenwohnheim oder Altenheim verbunden sei. Aus diesem Grunde sei der Widerruf der Fördermittel gerechtfertigt. In Ausübung pflichtgemäßen Ermessens werde der Widerspruch - auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente - als unbegründet zurückgewiesen, zumal in gleichgelagerten Fällen ebenso entschieden worden sei und insoweit eine entsprechende Verwaltungspraxis bestehe.

10

Am 10. Oktober 2001 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Tatsache, dass in dem Altenwohnheim im Laufe der Jahre die Pflege der alten Menschen ein größeres Gewicht erhalten habe und mit Einführung der Pflegeversicherungsgesetze die Anerkennung als Pflegeeinrichtung beantragt worden sei, ändere nichts am Zweck als Wohnheim und stelle keine zweckwidrige Verwendung der Fördermittel dar. Unabhängig davon seien die WFB aus dem Jahre 1959 Bestandteil des Bewilligungsbescheides geworden. Danach sei ein Widerruf des Bewilligungsbescheides nach voller oder teilweise Auszahlung des öffentlichen Baudarlehens nicht mehr möglich. Lediglich das Darlehen könne danach gekündigt werden. Der Widerruf sei auch ermessensfehlerhaft. Der Kläger habe darauf vertrauen dürfen, dass der Bewilligungsbescheid nur unter den in den WFB genannten Voraussetzungen widerrufen werden könne. Der Widerrufsentscheidung müsse selbst konkret entnommen werden können, in welchem Umfang widerrufen werde und welche konkrete Belastung sich daraus ergebe. Diese konkrete Belastung dürfe einem nachfolgenden Erstattungsverfahren nicht überlassen bleiben. Der Widerruf über die volle Darlehenssumme berücksichtige nicht, dass das Heim über mehr als drei Jahrzehnte dem reinen Wohnen gedient habe und damit der Förderzweck in einem erheblichen Umfang erreicht worden sei. Bei den Anträgen auf Fördermittel für die Investitionskosten seit 1996 seien beim damals zuständigen Landessozialamt und später beim Landkreis das von der Beklagten bewilligte Baudarlehen jeweils in vollem Umfange als gewährte öffentliche Förderung berücksichtigt worden. Dies bedeute, dass die Investitionszuschüsse ohne das von der Beklagten gewährte Darlehen in höherem Umfange bewilligt worden wären. Hätte das Landessozialamt bei der Beantragung der Mittel im Jahre 1996 die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Mittel nach dem II. WoBauG für die Förderung von Heimen im Sinne des SGB XI nicht zweckentsprechend verwendet werden könnten, so wäre das Darlehen zurückgezahlt worden und hätte der Kläger höhere Fördermittel erhalten können. Dieser Sachverhalt sei bereits Gegenstand der vorprozessualen Erörterung und damit dem Beklagten bekannt gewesen.

11

Der Kläger beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2000 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 12. September 2001 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

15

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, in Nr. 57 WFB alter Fassung habe sich die frühere Rechtsprechung zu der Frage widergespiegelt, ob und wie der Bewilligungsbescheid zu widerrufen und das Darlehen zurückzufordern sei. Nach damaliger Rechtsauffassung habe die Bewilligungsstelle öffentlich-rechtlich den Bewilligungsbescheid widerrufen und die bewilligte Zuwendung einbehalten können, solange eine Auszahlung noch nicht erfolgt gewesen sei. Nach Auszahlung des Darlehens sollte dessen Rückforderung aber lediglich auf dem ordentlichen Rechtsweg verfolgt werden. In der Folgezeit habe sich jedoch die Rechtsprechung dahingehend gewandelt, dass der Bewilligungsbehörde zugestanden worden sei, das durch Verwaltungsakt Bewilligte auch durch Verwaltungsakt zu widerrufen und gegebenenfalls sogar zurückzufordern. Diese Sichtweise liege auch den gesetzlichen Regelungen der §§ 49, 49 a des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zugrunde. Vor diesem Hintergrund und weil ein bestehender Bewilligungsbescheid einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des aufgrund des Bescheides Erlangten gewähre, sei sie berechtigt, den Bewilligungsbescheid zu widerrufen, ohne dass der Kläger durch diese Vorgehensweise in seinen eigenen Rechten verletzt würde. Entgegen der Auffassung des Klägers sei auch berücksichtigt worden, dass das geförderte Objekt mehr als drei Jahrzehnte dem reinen Wohnen gedient habe. Für diesen Zeitraum seien dem Kläger nämlich die Subventionen in Form des niedrigen Zinssatzes belassen worden. Erst ab dem Verstoß, der Umwidmung der Wohnheimplätze zu Pflegeplätzen, sei die Subvention entzogen worden. Mit der entsprechenden Umwidmung des Wohnheimes in ein Pflegeheim sei der Förderzweck verfehlt worden. Es handele sich um Wohnungsbauförderungsmittel nach dem II. WoBauG, das die Förderung von Pflegeheimen, die einen völlig anderen Charakter als Wohnheime hätten, nicht vorsehe.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Heimaufsicht des Landkreises O. verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet, soweit mit den angegriffenen Bescheiden der Widerruf des Bewilligungsbescheides vom 5. September 1962 für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1996 ausgesprochen worden ist. Für die Zeit ab dem 1. Juli 1996 sind der Widerrufsbescheid vom 24. August 2000 und der Widerspruchsbescheid vom 12. September 2001 jedoch rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs.1 S.1 VwGO).

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Rechtsgrundlage für den Widerruf des Bewilligungsbescheides der Beklagten vom 5. September 1962 ist § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG. Danach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt und hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird.

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Der Anwendbarkeit des § 49 Abs. 3 VwVfG steht zunächst nicht entgegen, dass nach den Ziffern IV und VI.2 b) des Bewilligungsbescheides die WFB aus dem Jahre 1959 (RdErl. d. Nds. SozM. v. 13. Februar 1959, Nds. MBl. 1959 / Nr.11, S. 182 ff.) für maßgebend und verbindlich erklärt worden sind und nach Nr. 57 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 WFB nach voller oder teilweise Auszahlung des öffentlichen Baudarlehens in den Fällen des Absatzes 1 nicht mehr der Bewilligungsbescheid widerrufen, sondern das Darlehen gekündigt werden kann. Diese Bestimmungen stehen einem Widerruf des Bewilligungsbescheides nicht entgegen. Denn nach deren Wortlaut ist ein Widerruf nur unter den von Nr. 57 Abs.1 a) bis i) genannten Voraussetzungen vor Beginn der Auszahlung des öffentlichen Baudarlehens bis zur Bezugsfertigkeit des Bauvorhabens ohne Zustimmung des Bauherrn ausgeschlossen. Hierunter fällt die streitgegenständliche Zweckverfehlung einer Umwandlung von Wohnheimplätzen in Pflegeplätze nach der Auszahlung des Darlehens nicht.

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Unabhängig von Nr. 57 WFB ist die Beklagte auch grundsätzlich berechtigt gewesen, den Widerruf des Bewilligungsbescheides durch Verwaltungsakt auszusprechen. Weil ein bestehender Bewilligungsbescheid einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des darauf Erlangten gewährt, ist eine Bewilligungsbehörde befugt, den bewilligenden Bescheid durch Verwaltungsakt zurückzunehmen oder zu widerrufen, um eine Rückforderung zu ermöglichen (vgl. BVerwG, Urteile vom 17. März 1977, NJW 1977, 1838 f. und vom 11. Februar 1983, NVwZ 1984, 36 f.; VG Oldenburg, Urteil vom 2. Juli 2003 - 7 A 3547/01 -; Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht, Stand: Dezember 2003, Abschnitt G. I. S.1).

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Die Beklagte hat zu Recht eine Zweckverfehlung angenommen, da mit der Umwandlung der Wohnplätze im Altenheim des Klägers in Pflegeplätze der mit dem Bewilligungsbescheid vom 5. September 1962 verfolgte Zweck entfallen ist. Mit öffentlichen Mitteln nach § 6 II.WoBauG ist vorliegend der Neubau eines Wohnheimes im Sinne des § 68 Abs. 2 II. WoBauG gefördert worden, worunter ein Pflegeheim nicht fällt (vgl. Pergande, in: Fischer/Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, Bd. 2, § 68 II. WoBauG, Anmerkung 3.1.d). Maßgebend für die Beurteilung, ob eine Zweckbestimmung im Sinne des § 68 II. WoBauG bei einem Altenwohnheim (noch) besteht oder entfallen ist, ist die konkrete Ausgestaltung des Heimes mit Blick auf die überwiegende Zahl der Bewohner. Dabei ist ein Altenwohnheim ein Heim, in dem alten Menschen volle Unterkunft in abgeschlossenen, nach Anlage, Ausstattung und Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse alter Menschen ausgerichteten Wohnungen gewährt wird und die Möglichkeit vorgesehen ist, im Bedarfsfalle zusätzliche Verpflegung, Betreuung und vorübergehende Pflege durch den Träger zu gewähren. Damit bei länger andauernder Pflegebedürftigkeit der Heimbewohner nicht verlegt werden muss, gibt es auch Altenwohnheime mit Pflegeabteilungen. Ansonsten ist nur die vorübergehende Pflege in der Wohnung möglich. Die Gemeinschaftseinrichtungen werden in enger Beziehung zu den Wohnungen angeordnet. Das Pflegeheim ist ein Heim, in der volljährige Personen, die wegen Krankheit, Gebrechlichkeit oder Behinderung pflegebedürftig sind, volle Unterkunft, Verpflegung und Betreuung sowie Pflege erhalten. Es dient der umfassenden Betreuung kranker und pflegebedürftiger Menschen. Ob ein Heim als Altenheim oder Altenpflegeheim zu bezeichnen ist, bestimmt sich nach der überwiegenden Zahl der Bewohner. Verschlechtert sich die Gesundheit vieler Bewohner eines Altersheimes und überwiegen die Pflegefälle, so ist das Heim zum Pflegeheim geworden (vgl. Kunz/Butz/Wiedemann, Heimgesetz, 9. Auflage, 2003, § 1 Rn. 5 und 6).

22

Hiernach handelte es sich bei dem Altersheim des Klägers von seiner ursprünglichen Konzeption her um ein Altenwohnheim mit angeschlossener untergeordneter Pflegestation, was der Förderung mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaues nicht entgegenstand (vgl. insoweit RdErl. d. Nds. SozM. vom 14. März 1958, Nds. MBl. 1958 / Nr.13, S. 214 ff. - Bestimmungen über die Förderung von Wohnheimen in Niedersachsen - , auf die Nr. 51 WFB verweist). Im Verlaufe der Jahre erhöhte sich jedoch die Zahl der pflegebedürftigen älteren Personen, was zu dem bereits dargelegten Handlungsbedarf des Klägers gegen Ende der 80er Jahre führte. Mit der Sanierung der vorhandenen Bausubstanz und dem Erweiterungsbau hat sich der Kläger zu einem völlig neuen Heimkonzept entschlossen, das mit dem Abschluss der gesamten Sanierungs- und Neubauarbeiten im März 1995 ins Werk gesetzt worden ist. Seit diesem Zeitpunkt gab es das ursprüngliche Altersheim des Klägers nicht mehr. Es ist in einem völlig neuen Gebäudekomplex aufgegangen und Teil eines Pflegeheimes geworden. Seine Eigenschaft als Altenwohnheim ist seit diesem Zeitpunkt verloren gegangen. Selbst bei einer isolierten Betrachtung der umgebauten alten Gebäudesubstanz sind dort im Vergleich zu den ursprünglich 70 Wohnplätzen nur noch 36 Plätze erhalten geblieben. Bei diesen 36 Plätzen handelt es sich auch nicht um reine Wohnplätze, da sie im Gesamtkonzept des Pflegeheimes stehen und als Pflegeplätze ausgelegt sind. Spätestens aber mit Abschluss des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI und der Bereitstellung von 62 Pflegeplätzen zur vollstationären Pflege für pflegebedürftige ältere Menschen ist mit Wirkung zum 1. Juli 1996 ein anerkanntes und zugelassenes Pflegeheim entstanden und die Zweckbestimmung des ursprünglichen Altenwohnheimes entfallen.

23

Die Beklagte ist damit zu einer Ermessensentscheidung über den Widerruf berechtigt gewesen. Das ihr eröffnete Ermessen hat die Beklagte jedoch insoweit fehlerhaft ausgeübt, als sie den Widerruf ab dem 1. Januar 1996 ausgesprochen hat. Die hierfür erstmals im Widerspruchsbescheid vom 12. September 2001 gegebene Begründung, durch die vom Kläger vorgenommene Anmeldung bzw. den von ihm gestellten Antrag auf Anerkennung der geförderten Wohnheimplätze als Pflegeplätze sei die Zweckbestimmung mit dem 1. Januar 1996 verloren gegangen, entbehrt einer tatsächlichen und nachvollziehbaren Grundlage. Über eine solche Anmeldung bzw. Antragstellung ist den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nichts zu entnehmen, wobei auch nicht erkennbar ist, dass einer Anmeldung bzw. Antragstellung eine zweckverfehlende Wirkung zukommen könnte. Eine wirksame Zulassung des Pflegeheimes des Klägers und damit eine Umwandlung der früheren Wohnheimplätze in anerkannte Pflegeplätze - worauf die Beklagte ihre Widerrufsentscheidung alleine stützt - ist erst mit dem Abschluss des Versorgungsvertrages nach § 72 SGB XI zum 1. Juli 1996 eingetreten (vgl. § 1 Abs. 2 des Versorgungsvertrages). Danach können die angegriffenen Bescheide auch nur für die Zeit ab dem 1. Juli 1996 Bestand haben und sind sie für die Zeitspanne vom 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 1996 aufzuheben.

24

Soweit es die Widerrufsentscheidung der Beklagten für die Zeit ab dem 1. Juli 1996 betrifft, so ist die Ermessensausübung der Beklagten, die sie im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens ergänzt bzw. nachgeholt hat, rechtlich nicht zu beanstanden (§ 114 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 2 VwVfG). Die vom Kläger vorgebrachte finanzielle Belastung infolge der Widerrufsentscheidung vermag die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung nicht zu berühren. Dass ein Widerruf eines Bewilligungsbescheides mit der nachfolgenden Rückforderung finanzielle Nachteile für den ursprünglich Berechtigten nach sich zieht, ist regelmäßige Folge dieser Vorgehensweise. Im Übrigen hat die Beklagte in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger über Jahrzehnte hinweg in den Genuss eines zinslosen bzw. zinsvergünstigten Darlehens gekommen ist.

25

Auf einen Vertrauensschutz kann sich der Kläger ebenfalls nicht berufen. Unabhängig davon, dass der Widerrufsgrund einer Umwandlung von Wohnheimplätzen in anerkannte Pflegeplätze aus den bereits dargelegten Gründen nicht unter Nr. 57 Abs. 1 i. V. m. Abs. 4 WFB fällt, konnte der Kläger nicht darauf vertrauen, das Darlehen bei nicht zweckentsprechender Verwendung behalten zu können. Denn er musste mit einer Kündigung des Darlehensvertrages nach dessen § 4 Abs. 1 f) rechnen mit der Folge, dass die Darlehenssumme zurückzuzahlen gewesen wäre (in diesem Sinne bereits VG Oldenburg, a.a.O.).

26

Auch das Vorbringen des Klägers, die Widerrufsentscheidung besage nichts über die finanziellen Folgen und die Rückforderungshöhe, ist unbeachtlich. Es ist nicht Aufgabe eines Widerrufsbescheides, den hiervon Betroffenen über die konkreten Rückzahlungsverpflichtungen bereits zu informieren. Dies ist einem Verfahren nach § 49 a VwVfG oder einem zivilrechtlichen Rückforderungsverfahren vorbehalten.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO. Da die Beklagte nur mit einem geringen Teil unterlegen ist, sind dem Kläger die Verfahrenskosten ganz aufzuerlegen.

28

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.