Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 10.03.2004, Az.: 4 B 29/04

Aufenthaltserlaubnis; Scheinehe; Straftat; Verlängerung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
10.03.2004
Aktenzeichen
4 B 29/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 50559
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Keine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei Verurteilung wegen einer Straftat nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG sowie begründetem Verdacht der "Scheinehe".

Gründe

1

I. Der am M. 1974 geborene Antragsteller zu 1) ist russischer Staatsangehöriger. Er reiste am 27. Dezember 1999 zusammen mit dem am N. 1994 geborenen Antragsteller zu 2) - seinem Sohn - mit einem von der italienischen Auslandsvertretung in Moskau am 20. Dezember 1999 erteilten und bis 20. Januar 2000 befristeten Schengen-Visum in das Bundesgebiet ein. Am 24. Februar 2000 heiratete der Antragsteller zu 1) die deutsche Staatsangehörige O. B.. Am 20. Juni 2000 erteilte die Antragsgegnerin daraufhin dem Antragsteller zu 1) und am 14. September 2000 auch dem Antragsteller zu 2) eine jeweils bis zum 19. Juni 2001 befristete Aufenthaltserlaubnis. Der Antragsteller zu 1) ist seit 22. Juni 2000 als Monteur und seit dem 1. August 2002 als Vorarbeiter bei der P. beschäftigt.

2

Nach Angabe der Ehefrau trennten sich die Eheleute am 1. September 2000. Unter dem 30. August 2001 beantragte die Ehefrau die Ehescheidung. Während der Ehezeit wurde am 8. April 2001 der Q. B. geboren. Kindesmutter ist die Ehefrau. In der vom Standesbeamten in R. am 9. Mai 2001 ausgestellten Geburtsurkunde wird der Antragsteller zu 1) als weiterer Elternteil bezeichnet. Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts R. vom 29. August 2002 wurde auf Antrag des Kindes festgestellt, dass Kindesvater der S. T. ist - 7 F 294/01 -. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht R. am 14. März 2002 hatte der Antragsteller zu 1) als Zeuge Folgendes ausgesagt:

3

„Ich bin mit der Kindesmutter verheiratet.

4

Während der gesetzlichen Empfängniszeit, mir wird gesagt, dies sei der Zeitraum vom 12. Juni 2000 bis 09. Oktober 2000, habe ich mit der Kindesmutter keinen Geschlechtsverkehr gehabt.

5

Ich habe mit der Kindesmutter überhaupt noch nie geschlechtlich verkehrt. Hinweise darauf, dass die Kindesmutter mit einem anderen Mann oder mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt hat, habe ich nicht. Meine Frau hat sich zum damaligen Zeitpunkt schon mehr in R. als in G. aufgehalten.

6

Ein genaues Trennungsdatum zwischen mir und meiner Frau ist mir heute nicht bekannt. Im Zeitpunkt, als sie schwanger war, hat meine Frau jedoch schon mehr in R. als in G. gelebt“ (Bl. 20 der Gerichtsakte des AG R.).

7

Bereits zuvor hatte das Amtsgericht R. mit einem Beschluss vom 8. Juni 2001 die elterliche Sorge für das Kind der Kindesmutter übertragen - F 133/01 -.

8

Am 18. Juni 2001 beantragten die Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.

9

Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin mit einem Bescheid vom 18. März 2002 ab und drohte den Antragstellern die Abschiebung in die Russische Föderation oder einen anderen Staat an, in den sie einreisen können oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragstellers zu 1) mit der O. B. aufgelöst sei. Ein Härtefall liege nicht vor. Ferner sei es in der Vergangenheit zu einer Sozialhilfeüberzahlung an die Eheleute gekommen und die Antragsteller hätten von Anfang an vorgehabt, auf Dauer im Bundesgebiet zu bleiben, obwohl nur ein Touristenvisum eingeholt worden sei.

10

Hiergegen erhoben die Antragsteller unter dem 3. April 2002 Widerspruch.

11

Die Ehe des Antragstellers zu 1) mit der O. B. wurde durch Urteil des Amtsgerichts R. vom 4. Juli 2002 rechtskräftig geschieden - 7 F 285/01 -.

12

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2002 suchte der Antragsteller zu 1) erstmals beim Verwaltungsgericht Göttingen um vorläufigen Rechtsschutz nach. Er wies darauf hin, dass aus der Ehe mit der O. B. das Kind Q. hervorgegangen sei, welches unterhalten werden müsse und welches er unterhalte. Wichtig sei, dass ihm der „Lebensfaden“ nicht dadurch abgeschnitten werde, dass man ihm durch eine Abschiebung nach Russland die Beziehung zu seinem Kind nehme. Das Kind brauche den Vater und aus diesem Grund sei es auch aus der Sicht des Kindes nicht pädagogisch gerechtfertigt, den Vater nach Russland abzuschieben (Bl. 2 f. der beigezogenen Gerichtsakte 4 B 4119/02).

13

Daraufhin ordnete der Einzelrichter des Verwaltungsgerichts Göttingen mit einem Beschluss vom 6. August 2002 die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller zu 1) unter dem 3. April 2002 erhobenen Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 zeitlich beschränkt bis zum Ergehen der Widerspruchsentscheidung an. Im Übrigen lehnte er den Antrag ab - 4 B 4119/92 -. Tragender Grund für die Entscheidung war, dass die Antragsgegnerin in ihre Ermessensentscheidung nicht hinreichend den Umstand eingestellt hatte, dass der Antragsteller zu 1) einen deutschen Sohn habe (S. 2 f. des Entscheidungsabdrucks). Dazu, ob es sich bei der Beziehung des Antragstellers zu 1) zu seinem Sohn um eine Beistandsgemeinschaft oder um eine reine Begegnungsgemeinschaft handele, habe die Antragsgegnerin bislang keine Ermittlungen angestellt und keine Feststellungen getroffen.

14

Mit seit 7. August 2003 rechtskräftigem Urteil vom 25. Juni 2003 verurteilte das Amtsgericht G. den Antragsteller zu 1) wegen Mitteilung unrichtiger Angaben, um sich eine Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen, zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu jeweils 25,00 € - 34 Ds 31 Js 954/03-238/03 -. In den Urteilsgründen heißt es (Entscheidungsabdruck S. 2):

15

„Der [Antragsteller zu 1)] hat sich am 12.07.2002 in G. dadurch strafbar gemacht, dass er im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Ausländergesetzes unrichtige Angaben machte, um für sich eine Duldung oder Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen, indem er in dem Verwaltungsgerichtsverfahren 4 B 4119/02 des Verwaltungsgerichts Göttingen betreffend den Antrag des [Antragstellers zu 1)] auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Ausreiseverfügung der [Antragsgegnerin] vom 18.03.2002 durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.07.2002 vortragen ließ, dass aus der Ehe mit Frau O. B. aus R. ein Kind hervorgegangen sei, welches der [Antragsteller zu 1)] unterhalten müsse, woraufhin das Verwaltungsgericht Göttingen mit Beschluss vom 06.08.2002 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des [Antragstellers zu 1)] vom 03.04.2002 gegen den Bescheid der [Antragsgegnerin] vom 18.03.2002 zeitlich beschränkt bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides anordnete, und die [Antragsgegnerin] aufgrund dieses Beschlusses des Verwaltungsgerichts Göttingen gezwungen war, den Aufenthalt des [Antragstellers zu 1)] weiter zu dulden, obwohl der [Antragsteller zu 1)] entgegen seinem falschen Vortrag nicht der Kindesvater ist, sondern mit der Entscheidung des Amtsgerichts R. vom 06.08.2002 die Vaterschaft eines anderen Mannes festgestellt wurde, und der [Antragsteller zu 1)] selbst in dem Verfahren vor dem Amtsgericht R. bekundet hatte, mit der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.“

16

Auf den Antrag der Antragsgegnerin hob der Einzelrichter des Verwaltungsgerichts Göttingen daraufhin den Beschluss vom 6. August 2002 mit einem Beschluss vom 19. November 2003 insoweit auf, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers zu 1) vom 3. April 2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 zeitlich beschränkt bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheides angeordnet worden war und lehnte den vorläufigen Rechtsschutzantrag des Antragstellers zu 1) in vollem Umfang ab - 4 B 165/03 -. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers zu 1) wies das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit einem Beschluss vom 15. Januar 2004 zurück - 13 ME 447/03 -.

17

Mit einem Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 wies die Bezirksregierung Braunschweig sodann auch den Widerspruch der Antragsteller vom 3. April 2002 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einer deutschen Staatsangehörigen nicht möglich sei und dass der Antragsteller zu 1) kein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben habe. Eine besondere Härte sei nicht ersichtlich. Seine Arbeitgeberin habe sich nicht darauf verlassen können, dass ihr der Antragsteller zu 1) als Arbeitnehmer dauerhaft zur Verfügung stehe. Der Antragsteller sei zudem zunächst als ungelernter Arbeiter eingestellt worden und habe sich dann zum Vorarbeiter „hochgearbeitet“. Es sei nicht erkennbar, warum dies nicht einem anderen arbeitslosen deutschen oder bevorrechtigten ausländischen Staatsangehörigen möglich sein sollte. An der Weiterbeschäftigung des Antragstellers zu 1) bestehe kein öffentliches Interesse. Er verdiene zudem lediglich ca. 1.000 € im Monat. Im Übrigen liege ein Ausweisungsgrund vor. Der minderjährige Antragsteller zu 2) müsse mit seinem Vater ausreisen.

18

Ersichtlich während des Widerspruchsverfahrens sind die Antragsteller in den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen verzogen.

19

Mit einem am 4. März 2004 beim Verwaltungsgericht Göttingen eingegangenen Schriftsatz haben die Antragsteller Verpflichtungsklage gegen die Antragsgegnerin erhoben, über die noch nicht entschieden ist - 4 A 28/04 -. Zugleich suchen sie im vorliegenden Verfahren gegen die Antragsgegnerin um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO und im Parallelverfahren 4 B 16/04 nach § 123 VwGO nach. Zur Begründung führt der Antragsteller zu 1) aus, dass er nicht mehr nachvollziehen könne, wie es zu seiner Aussage vor dem Amtsgericht R. gekommen sei. Er habe keine Scheinehe geführt, sondern eine ganz normale Ehe. Deshalb liege auch eine besondere Härte vor. Er sei in der Firma seiner Arbeitgeberin nicht zu ersetzen und unentbehrlich. Auf seine Stelle hätten sich lediglich ein chinesischer Koch und eine Büroangestellte beworben. Die gegen ihn verhängte Geldstrafe begründe keine Ausweisung. Im Klageverfahren hat er die Einholung einer Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer Hannover zur Frage des öffentlichen Interesses an seiner weiteren Beschäftigung bei seiner Arbeitgeberin beantragt.

20

Im Parallelverfahren 4 B 16/04 hat der Antragsteller zu 1) mit Schriftsatz vom 19. Februar 2004 zwei handschriftlich unterzeichnete Schreiben seiner Arbeitgeberin, der P., G., vom 10. Oktober 2003 und 19. Januar 2004 vorgelegt, wegen deren Inhalts auf Bl. 20 bis 23 der beigezogenen Gerichtsakte 4 B 16/04 verwiesen wird.

21

Die Antragsteller beantragen,

22

die aufschiebende Wirkung ihrer am 4. März 2004 erhobenen Klage 4 A 28/04 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 24. Februar 2004 anzuordnen.

23

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorzitierten Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin, die dem Gericht zu Einsichtnahme vorgelegen haben, Bezug genommen.

24

II. 1. Die Beiladung findet ihre Rechtsgrundlage in § 65 Abs. 2 VwGO.

25

2. Der Antrag des Antragstellers zu 2) nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.

26

Da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 in der Vergangenheit bereits Gegenstand eines Antrages des Antragstellers zu 1) nach § 80 Abs. 5 VwGO (4 B 4119/02) und eines Abänderungsantrages der Antragsgegnerin nach § 80 Abs. 7 VwGO (4 B 165/03) gewesen ist, ist der erneute Antrag des Antragstellers zu 1) nur als weiterer Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO des Inhalts,

27

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 19. November 2003 - 4 B 165/03 - und den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15. Januar 2004 - 13 ME 447/03 - aufzuheben sowie die aufschiebende Wirkung seiner am 4. März 2004 erhobenen Klage 4 A 28/04 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. März 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Braunschweig vom 24. Februar 2004 anzuordnen,

28

zulässig.

29

Beiden Anträgen muss indessen der Erfolg versagt bleiben. Weder liegen im Falle des Antragstellers zu 1) veränderte Umstände vor, die eine für ihn günstigere Entscheidung rechtfertigen, noch überwiegt das Interesse des minderjährigen Antragstellers zu 2), von der gemeinsamen Ausreisepflicht mit seinem Vater vorläufig verschont zu bleiben.

30

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die von den Antragstellern am 4. März 2004 erhobene Klage des Inhalts, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen die vormals erteilten Aufenthaltserlaubnisse zu verlängern, infolge ihres Wohnsitzwechsels in den Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zumindest unbegründet geworden ist. Zulässig wäre allenfalls noch eine gegen die Antragsgegnerin gerichtete isolierte Anfechtungsklage gegen die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse oder eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (BVerwG, Beschluss vom 21.6.1993, InfAuslR 1993, S. 322 [BVerwG 04.06.1993 - BVerwG 1 B 80.93] mwN).

31

Vorliegend sind jedoch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin den Antragstellern die von ihnen beantragte Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse entgegen §§ 13 Abs. 1, 7 AuslG rechtswidrig versagt hat. Bereits in dem vorausgegangenen Verfahren 4 B 165/03 hatte das beschließende Gericht ausgeführt, dass der Antragsteller zu 1) nicht biologischer Kindesvater des minderjährigen deutschen Staatsangehörigen Q. B. ist. Der Antragsteller zu 1) hatte auch keinen Anlass zu einer entsprechenden Annahme. Denn er hatte bereits am 14. März 2002 vor dem Amtsgericht R. - vier Monate vor der erstmaligen Antragstellung beim Verwaltungsgericht - ausgesagt, nicht der Kindesvater zu sein und mit der Kindesmutter zu keinem Zeitpunkt den Geschlechtsverkehr vollzogen zu haben. Auch im Rechtssinne kann der Antragsteller zu 1) gemäß § 1600 d BGB spätestens seit 19. August 2002 nicht mehr als Kindesvater im Sinne von § 1592 Nr. 1 BGB („Scheinvater“) vermutet werden, nachdem die Vaterschaft des S. T. gerichtlich festgestellt ist (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 5.6.2001 - 14 WF 39/01 - juris). Der Antragsteller zu 1) kann sich deshalb zur Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nicht auf Art. 6 Abs. 1 GG oder einfachgesetzlich auf §§ 23 Abs. 1 Halbsatz 2, 17 Abs. 1 AuslG berufen.

32

Sonstige Gründe, die zu einem Überwiegen seines privaten Interesses an seinem einstweiligen Verbleib im Bundesgebiet gegenüber dem öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Ausreise führen könnten, liegen nicht vor.

33

Insbesondere begründet die Ausreisepflicht des Antragstellers zu 1) entgegen seiner Auffassung für ihn keine besondere Härte im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 AuslG. Schutzwürdige Belange des Antragstellers zu 1) sind bereits deshalb nicht erkennbar, weil aufgrund seiner Aussage vor dem Amtsgericht R. am 14. März 2002 Anlass zu der Annahme besteht, dass der Antragsteller zu 1) mit der O. B. lediglich eine „Scheinehe“ geschlossen hatte, um einen auf andere Weise in Deutschland nicht zu erzielenden Aufenthalt zu erreichen. Hierfür spricht, dass die Ehe nach seiner eigenen Aussage nie vollzogen wurde und er auch einen genauen Trennungszeitpunkt nicht nennen konnte.

34

Eine besondere Härte im Sinne der Vorschrift liegt auch nicht in der vom Antragsteller zu 1) vorgetragenen Unentbehrlichkeit in dem Betrieb vor, der ihn als Arbeitnehmer beschäftigt. § 19 AuslG schützt nur Belange des Ausländers und nicht solche seiner Arbeitgeberin.

35

Eine erfolgreiche Integration in das Bundesgebiet kann der Antragsteller zu 1) bereits deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil er sich die Aufenthaltserlaubnis durch eine „Scheinehe“ erschlichen hatte und aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht G. wegen eines Verstoßes gegen § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AuslG ein Ausweisungsgrund nach § 46 Nr. 2 AuslG vorliegt. Ein entsprechender Verstoß ist nicht als geringfügig anzusehen und stellt einen Regelversagungsgrund für die nachgesuchte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG dar.

36

Auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 15. Januar 2004 - 13 ME 447/03 - zum Vortrag des Antragstellers zu 1) ausgeführt:

37

„Zu Recht wertet die [Antragsgegnerin] das jetzige Vorbringen des [Antragstellers zu 1] als bloße Schutzbehauptung. Nach den Angaben, die der [Antragsteller zu 1)] als Zeuge vor dem Amtsgericht R. am 14. März 2002 gemacht hat, ist davon auszugehen, dass er mit Frau B. zu keinem Zeitpunkt geschlechtlich verkehrt hat, die Ehe mithin nicht vollzogen worden ist. Sein jetziger Einwand, er könne sich nicht erklären, wie es zu diesen Angaben gekommen sei, ist unsubstantiiert und reicht nicht aus, die Richtigkeit seiner früheren Angaben ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Des weiteren ist der [Antragsteller zu 1)] mit Urteil vom 25. Juni 2003 durch das Amtsgericht G. wegen unrichtiger Angaben, um sich eine Duldung und Aufenthaltsgenehmigung zu verschaffen, zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden. Dieser strafgerichtlichen Verurteilung liegt ebenfalls die Angabe zugrunde, dass der [Antragsteller zu 1)] in dem Verfahren vor dem Amtsgericht R. bekundet hatte, mit der Kindesmutter während der gesetzlichen Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Gleichwohl hat er gegenüber der Ausländerbehörde durch seinen Prozessbevollmächtigten vortragen lassen, dass aus der Ehe mit Frau B. ein Kind hervorgegangen sei, welches er, der [Antragsteller zu 1)] unterhalten müsse. Nach alledem weist die [Antragsgegnerin] zutreffend darauf hin, dass der jetzige Vortrag des [Antragstellers zu 1)], zu seinen Angaben sei es nur aufgrund von Sprachproblemen gekommen, nicht nachvollziehbar ist. Denn während der abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren (Vaterschaftsanerkennung, Strafverfahren) hätte jeweils ein Dolmetscher hinzugezogen werden können, wenn der [Antragsteller zu 1)] einen solchen benötigt hätte. Im Übrigen war er jeweils durch einen deutschen Anwalt vertreten.

38

Abgesehen vom Fehlen des Vollzuges der Ehe ist das Zusammenleben des [Antragstellers zu 1)] mit Frau B. von zu vernachlässigender Dauer gewesen. Auch in diesem Zusammenhang ist das Vorbringen des [Antragstellers zu 1)] unsubstantiiert, wenn er behauptet, sich an einen genauen Trennungszeitpunkt nicht erinnern zu können. In seinem Schriftsatz vom 9. Dezember 2003 weist er im Übrigen selbst auf die lediglich kurzzeitige Lebensgemeinschaft hin. Von einer besonderen Härte im Sinne des § 19 AuslG kann mithin nicht die Rede sein.

39

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch die schriftliche Stellungnahme der Firma P., bei der der [Antragsteller zu 1)] beschäftigt ist, bei der rechtlichen Beurteilung außer Betracht gelassen. Abgesehen davon, dass § 19 AuslG nicht die Belange eines Arbeitgebers, sondern diejenigen des Ausländers schützt, ist die Urheberschaft des Schreibens weiterhin unklar; denn das Schreiben ist nicht unterzeichnet“ (Entscheidungsabdruck, S. 2 f.).

40

In diesem Zusammenhang liegt ein veränderter Umstand allenfalls insoweit vor, als der Antragsteller zu 1) mit Schriftsatz vom 19. Februar 2004 in dem Parallelverfahren 4 B 16/04 ein nunmehr handschriftlich unterzeichnetes Schreiben seines Arbeitgebers vom 10. Oktober 2003 und ein weiteres Schreiben vom 19. Januar 2004 zur Gerichtsakte gereicht hat, mit der er inhaltlich allerdings lediglich erneut seine Unentbehrlichkeit in dem Betrieb seiner Arbeitgeberin geltend macht. Zudem hat er im Klageverfahren 4 A 28/04 zur Frage des „öffentlichen Interesses“ seiner Weiterbeschäftigung bei seiner derzeitigen Arbeitgeberin einen Beweisantrag gestellt. Wirtschaftliche Interessen seiner Arbeitgeberin sind jedoch mit dem öffentlichen Interesse nicht gleichzusetzen. Vielmehr besteht ein öffentliches Interesse an der Einhaltung der Vorschriften des Ausländerrechts, das zudem vorrangig ist. denn hierbei ist zu berücksichtigen, dass weder der Antragsteller zu 1) noch seine Arbeitgeberin darauf vertrauen konnten, dass die lediglich für die Dauer von einem Jahr erteilte Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1) verlängert wird, nachdem dieser zur Überzeugung des Gerichts lediglich eine „Scheinehe“ mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossen hatte und er zudem wegen einer Straftat nach dem Ausländergesetz bestraft worden ist. Schließlich ist in keiner Weise nachvollziehbar, dass im Hinblick auf mehr als vier Millionen Arbeitslose in Deutschland die vom Antragsteller zu 1) verrichtete Arbeit nicht von einem anderen Arbeitssuchenden verrichtet werden kann. Im Hinblick auf den Verdienst des Antragstellers zu 1) in Höhe von ca. 1.000 € monatlich ist zudem offensichtlich und vom Gericht aus eigener Sachkunde zu beurteilen, dass es sich bei dem Aufgabenbereich des Antragstellers zu 1) um keine Tätigkeit handelt, die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die von keiner anderen Person erlangt werden können. Die diesbezüglichen Ermessenserwägungen der Bezirksregierung Braunschweig in dem Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2004 sind deshalb nicht zu beanstanden.

41

Da das aufenthaltsrechtliche Schicksal des neunjährigen Antragstellers zu 2) gemäß §§ 20, 17 Abs. 2 Nr. 1 AuslG an das seines Vaters gebunden ist, ist auch sein Antrag abzulehnen.

42

Die Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 AuslG.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO.

44

Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen findet ihre Rechtsgrundlage in § 162 Abs. 3 VwGO.

45

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 25 Abs. 2, 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 5 ZPO.