Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 10.03.2004, Az.: 3 A 3212/02
Altersteilzeit; dringende dienstliche Belange; Ermessen; Ermessensentscheidung; Vorgabe
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 10.03.2004
- Aktenzeichen
- 3 A 3212/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2004, 50554
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 80b Abs 4 BG ND
- § 80b Abs 2 BG ND
- § 80b Abs 1 BG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Haushaltsrechtliche Interessen dürfen in die Interessenabwägung bei der Ermessensentscheidung gemäß § 80 b Abs. 1 NGB (Altersteilzeit) eingestellt werden.
Für die Ermessensentscheidung über Gewährung von Altersteilzeit dürfen Vorgaben gemacht werden, solange eine Einzelfallentscheidung nicht verhindert wird.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der am 1944 geborene Kläger ist Beamter bei der Beklagten und leitet dort die Abteilung 34 (Fachdienst Standesamt).
Am 20. September 2000 beantragte er die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell zum 01. Januar 2002.
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2001 lehnte die Beklagte seinen Antrag ab und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, in der Dezernentenkonferenz habe der Oberbürgermeister am 27. Juli 2000 entschieden, dass die Organisationseinheiten, in denen Mitarbeiter die Altersteilzeit in Anspruch nähmen, die Kostenneutralität der Regelung sicherzustellen hätten. Dabei sei grundsätzlich die Einsparung der Planstelle anzustreben. Diesen Sachverhalt habe der Gleichstellungs- und Personalausschuss in seiner Sitzung am 11. September 2000 zur Kenntnis genommen. Dem in dieser Sitzung gegebenen Bericht der Verwaltung sei zu entnehmen, dass die Gewährung von Altersteilzeit nur dann ermöglicht werden könne, wenn durch die Organisationseinheiten zum einen grundsätzlich ein Stellenwegfall sichergestellt werden könne (Personalkosteneinsparung) und zum anderen die Mehrkosten der Altersteilzeit durch Stellenvakanzen im jeweiligen Fachamt bzw. Dezernat eingespart würden. Der Oberbürgermeister habe in der Sitzung der Dezernentenkonferenz vom 13. Dezember 2001 die Grundsatzentscheidung vom Juli 2000 bestätigt. Einzelfallentscheidungen seien auf dieser Grundlage zu treffen, wobei Anträge auf Altersteilzeit für Beamte nur dann bewilligt würden, wenn das 60. Lebensjahr überschritten sei. Bei Antragstellern, die – wie der Kläger - das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, könne der Antrag nur dann bewilligt werden, wenn die Stelle eingespart werde. Das Amt des Klägers habe durch eine Stellungnahme vom 27. November 2001 den genannten Grundsätzen nicht Rechnung tragen können. Danach sei eine Stelleneinsparung der Funktion des Klägers absehbar nicht möglich. Angesichts der im Einzelfall entstehenden finanziellen Mehrbelastung, aber auch im Hinblick auf die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden, könne eine Umsetzung der Altersteilzeit auch im Einzelfall im Hinblick auf die mit der Finanzsituation einhergehende eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Beklagten und daher im öffentlichen Interesse nicht sachgerecht verantwortet werden. Das Interesse des Klägers an einer Bewilligung der Altersteilzeit müsse daher im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie im ganzheitlichen öffentlichen Interesse zurückstehen. Sofern im Organisationsbereich des Klägers durch die Umsetzung der neuen Verwaltungsstruktur ab Juli 2002 absehbar werde, dass seine derzeit ausgeübte Funktion ersatzlos wegfallen könne, werde sie über einen etwaigen Neuantrag auf Altersteilzeit erneut entscheiden.
Der Kläger legte am 21. Januar 2001 gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, bei der Tatbestandvoraussetzung der dringenden dienstlichen Belange seien solche ausgeschlossen, die bereits typischerweise mit der Gewährung von Teilzeit verbunden seien. Im jeweiligen Einzelfall müsse vielmehr die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung konkret gefährdet sein. Das sei bei ihm nicht der Fall. Allgemeine hauswirtschaftliche Gründe rechtfertigten eine Ablehnung seines Antrages nicht. Andernfalls könne aufgrund der finanziellen Misere der Kommunen jeder Antrag auf Altersteilzeit aus allgemeinen haushaltswirtschaftlichen Gründen abgelehnt werden. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung sei durch den Personalabbau in den letzten Jahren durch die Politik selbst verursacht worden. Solche personalwirtschaftlichen Bedenken seien als Begründung für die Ablehnung seines Antrages nicht nachvollziehbar. Die Altersteilzeit sei gerade auch deshalb eingeführt worden, um einen sinnvollen Einstieg in den Ruhestand zu ermöglichen und gleichzeitig auch Neueinstellungen für junge Beschäftigte zu gewährleisten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04. April 2002 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend zum Ausgangsbescheid aus, die Einführung der beamtenrechtlichen Bestimmungen zur Altersteilzeit sei Folge des Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Altersteilzeitgesetz) und insbesondere des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit. Auch spätere Änderungen seien mit notwendigen Anpassungen an die Veränderungen bei den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst begründet worden. Historisch sei die Altersteilzeitregelung insgesamt nicht aus eigenständigen, hergebrachten beamtenrechtlichen bzw. besoldungsrechtlichen Prinzipien abgeleitet und entwickelt worden, sondern von der Grundkonstruktion folge sie inhaltlich ausschließlich den Regelungen, wie sie die Tarifvertragsparteien für den Bereich der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst entwickelt hätten. Die Formulierung der dringenden dienstlichen bzw. betrieblichen Belange entstamme der tarifvertraglichen Regelung in § 3 Abs. 1, Abs. 3 TV ATZ und sei vom Wesensgehalt abgeleitet worden. Schließlich habe der niedersächsische Gesetzgeber vorgegeben, weitgehende Kostenneutralität anzustreben. Die Bundesanstalt für Arbeit gewähre nur bei Ersatzeinstellungen im Tarifbereich Zuschüsse. Sie (die Beklagte) habe deshalb nach § 80 b Abs. 1 Niedersächsisches Beamtengesetz (NBG) nach pflichtgemäßen Ermessen im Einzelfall unter Abwägung der Belange des Klägers und der Beklagten zu entscheiden. Zwar sei grundsätzlich zuerst die Tatbestandsvoraussetzung der dringenden dienstlichen Belange zu prüfen, jedoch sollten nach Rückgriff auf die gesetzgeberischen Beratungen der dienstrechtlichen Altersteilzeitregelungen in Niedersachsen hierbei haushaltswirtschaftliche Gründe keine Bedeutung für die Interpretation dieses Rechtsbegriffs haben. Deshalb seien diese Aspekte bei der rechtlichen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzung vor Durchführung der Ermessensabwägung außer Acht zu lassen. Im weiteren Verlauf könne es deshalb nur noch darauf ankommen, welche Rahmenbedingungen bei der Bewilligung von Altersteilzeit für Beamte für die Ausübung des Ermessens bestünden. Gründe, die aus der Sicht des Dienstherrn gegen die Bewilligung von Altersteilzeit sprächen, müssten grundsätzlich gerade nicht das Gewicht dringender dienstlicher Belange haben, da sonst das zustehende Ermessen weitgehend leer laufen würde. Entsprechend sei die Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit, wonach haushaltswirtschaftliche Gründe als sachliche Gründe ausreichend sein könnten, um einen Antrag auf Altersteilzeit abzulehnen, ohne Weiteres auf die dienstrechtliche Altersteilzeitregelung zu übertragen. Prinzipiell bestehe ein Wertungswiderspruch zu den gesetzgeberischen Zielsetzungen der Alterszeit, jedoch bestehe die Zielsetzung für Arbeitnehmer wie auch für Beamte gleichermaßen. Die Altersteilzeit für Beamte bedeute eine erheblich größere finanzielle Belastung für die Länder und Kommunen als die entsprechende Regelung im Tarifbereich. In Fällen wie dem des Klägers habe der Dienstherr die entstehenden Mehraufwendungen für notwendige Ersatz- bzw. Neueinstellungen selbst zu tragen. Der besoldungsrechtlich zwingend zu gewährende Altersteilzuschlag nach § 6 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i. V. m. der Altersteilzeitverordnung stehe insofern in seiner Zielsetzung und Zweckbestimmung grundsätzlich nicht in einem Kontext zu dem im bundeseinheitlichen Besoldungsrecht herausgebildeten Leistungs- und Alimentationsgedanken, sondern schaffe gegenüber den bereits bisher bestehenden statusrechtlichen Teilzeitregelungen eine über die Regelung in § 6 Abs. 1 BBesG hinausgehende, überproportionale und damit eine ausschließlich aus sozial- und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten zu rechtfertigende zusätzliche finanzielle Anreizfunktion. Erstmals sei mit dem Altersteilzeitzuschlag ein nettobezogener Bezügezuschlag eingeführt worden, dessen Höhe und Berechnung grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Tarifvertrag festgelegt worden und damit weitgehend an die Berechnung von Entgeltersatzleistungen im Arbeitnehmerbereich angelehnt sei. Auch in seiner steuerrechtlichen Ausprägung werde der Altersteilzeitzuschlag durch die Einbeziehung in den Progressionsvorbehalt wie eine Sozialleistung behandelt. Er sei deshalb keine Besoldungsleistung in ihrem eigentlichen Wesenskern, sondern vielmehr ein schlichtes Ergebnis einer zusätzlichen, über die Kernalimentation hinausgehenden Fürsorgeleistung des Dienstherrn in Geld. Sofern der Landesgesetzgeber die Altersteilzeit als Personalsteuerungsinstrument betont habe, um das Programm zum Abbau von Stellen zu fördern, bestehe bei ihr kein Personalüberhang im Beamtenbereich, denn sie habe ihre Bedarfsanpassung bereits seit mehreren Jahren umgesetzt und weitgehend abgeschlossen. Das Gleichbehandlungsgebot habe nicht zur Folge, dass die Vereinbarungen des für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifvertrages sowie Vereinbarungen des Bündnisses für Arbeit unverändert auf alle Beamten übertragen werden müssten. Schließlich müsse es den Kommunen möglich sein, die gegenüber dem Tarifbereich fehlende Erstattung des Zuschlags durch die Bundesanstalt für Arbeit zumindest teilweise aufzufangen. Wegen Art. 28 Grundgesetz müsse den Gemeinden ein ausreichender Spielraum an eigenständiger Aufgabenentfaltung und zur eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung verbleiben. Deshalb habe der Gesetzgeber einen weiten Ermessenspielraum eingeräumt. Die Ermessensentscheidung dürfe durchaus auch (und sogar ausschließlich) auf generellen Gesichtspunkten beruhen. Der Oberbürgermeister habe die Inanspruchnahme der Altersteilzeitregelung für die Beschäftigten der Beklagten nicht generell ausgeschlossen, sondern für die Bewilligung die Vollendung des 60. Lebensjahres vorgesehen. Diese Vorgabe entspreche dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und sei nicht willkürlich. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, welche besonderen individuellen Gesichtspunkte bei dem Kläger überhaupt hätten berücksichtigt werden können. Es sei lediglich zu vermuten, dass der Kläger ausschließlich die Altersteilzeit eingehen wolle, um die Gelegenheit eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand wahrnehmen zu können. Es bestünden deutliche Indizien dafür, dass mit der Einführung der Altersteilzeit die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten nicht um ein weiteres Element des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand hätten erweitert werden sollen. Da eine Bewilligung des Antrags des Klägers in der konkreten praktischen Auswirkung dazu führen würde, dass die gesetzgeberische Zielsetzung der Neuanstellung lebensjunger Menschen mangels finanzieller Möglichkeiten einerseits nicht verwirklicht werden könne, andererseits die weitere gesetzgeberische Zielsetzung, die vorzeitige Zur-Ruhe-Setzung zu erschweren, mit dem Instrumentarium der Altersteilzeit tatsächlich ad absurdum geführt würde und sich damit auf eine nicht beabsichtigte und darüber hinaus nicht legitimierte Vorruhestandsregelung reduziere, würde im Ergebnis auch die nachhaltige Konsolidierung der Versorgungslasten der nächsten Generation aufgebürdet, weshalb der Antrag abzulehnen sei. Der sich aus Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz und § 62 NBG ergebende Grundsatz des Einsatzes der vollen Arbeitskraft eines Beamten gelte trotz Einführung der Altersteilzeit unverändert fort. Der Kläger dürfe im Verhältnis zu seinem Dienstherrn nicht ohne Weiteres auf eine für ihn günstige Teilzeitregelung vertrauen. Vielmehr sei er im gegenseitigen Treueverhältnis möglicherweise auch dazu verpflichtet, seinem Dienstherrn gerade dann beizustehen, wenn offensichtlich und unabweisbar Haushaltsnot herrsche.
Der Kläger hat am 03. Mai 2002 Klage erhoben. Zur Begründung ergänzt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Die Beklagte gestehe zu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeit erfüllt seien. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei nicht auf das Beamtenverhältnis zu übertragen. Es sei dem Gesetzgeber unbenommen, für das Beamtenverhältnis das Ermessen der Verwaltung enger auszugestalten. In der (früheren) Regelung des § 80 b Abs. 4 NBG sei die Möglichkeit vorgesehen, die Inanspruchnahme von Altersteilzeit so zu steuern, dass einzelne Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen ausgenommen würden. Der Verweis auf den obligatorischen Altersteilzeitzuschlag könne nicht zur Ablehnung seines Antrages führen. Es müsse berücksichtigt werden, dass durch die Einstellung jüngerer Mitarbeiter Geld gespart werde, da diese aufgrund ihres niedrigeren Lebensalters geringere Entgelt- bzw. Besoldungsansprüche hätten. Es sei überhaupt fraglich, ob eine finanzielle Mehrbelastung eintrete. Möglicherweise führe die abnehmende Zahl jüngerer Bürger zu immer weniger Eheschließungen und Geburten, so dass auch bei einer zu erwartenden Steigerung von Todesfällen bei Beginn seiner Freistellungsphase am 16. Juni 2005 aller Voraussicht nach weniger Aufgaben im Standesamt zu erledigen seien. Aufgrund einer erfolgenden personellen Anpassung seien dann niedrigere Personalkosten zu erwarten. In einem Beschluss vom Februar 2002 habe das VG Oldenburg auch die Auffassung vertreten, dass die finanziellen Auswirkungen der Altersteilzeit im Rahmen der Ermessenentscheidungen nicht zu berücksichtigen seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2001 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 4. April 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Altersteilzeit ab dem 1. Januar 2002 gemäß seinem Antrag vom 18. September 2000 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtenen Bescheide. Im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung über einen Antrag auf Altersteilzeit sei zwar die Zielsetzung des Gesetzgebers bei der (zeitlich begrenzten) Einführung der Altersteilzeit zu berücksichtigen; sie müsse für sie aber auch unter sachlicher Berücksichtigung ihrer Belange (Personal-, Finanz-, Organisationshoheit) in der konkreten Anwendbarkeit umsetzbar sein.
Die Kammer hat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 19. Februar 2004 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Bewilligung von Altersteilzeit ab dem 01. Januar 2002 ist ebenso unbegründet wie das in diesem Antrag enthaltene Begehren auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 18. Dezember 2001 i. d. F. ihres Widerspruchsbescheides vom 04. April 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens des Klägers ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Gemäß § 80 b Nds. Beamtengesetz (i. d. F. des Gesetzes vom 31.10.2003, Nds. GVBl. S. 372, NBG n. F.) kann Beamten mit Dienstbezügen auf Antrag eine altersabhängige Teilzeitbeschäftigung (Altersteilzeit) bewilligt werden, wenn die Altersteilzeit vor dem 01. Januar 2010 beginnt (Abs. 1 S. 1 Nr. 2), dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen (Abs. 1 S. 1 Nr. 4) und bei einer Bewilligung vom 01. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2003 das 56. Lebensjahr vollendet ist (Abs. 1 S. 2). Da der Kläger die Bewilligung von Altersteilzeit begehrt, die vor dem 01. Januar 2004 beginnt, darf sie – nach den gesetzlichen Vorgaben - auch bewilligt werden, wenn sie nicht zum Abbau eines Personalübergangs beiträgt (vgl. § 80 b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 6 NBG n. F.). Diese Gesetzesfassung, die seit dem 08. November 2003 gilt (vgl. den Art. 8 des am 07.11.2003 verkündeten Gesetzes vom 31.10.2003), enthält nicht mehr die bis zu diesem Zeitpunkt geltende Bestimmung des § 80 b Abs. 4 NBG a. F., wonach der höhere Dienstvorgesetzte einzelne Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen von der Altersteilzeit dann ausnehmen konnte, solange es im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich war. Eine solche Ausnahmebestimmung hat es bei der Beklagten wohl nur für Dezernenten und Feuerwehrbeamte gegeben. In diesem Zusammenhang ist der Begriff „Beamtengruppen“ nicht statusrechtlich, sondern funktionell zu verstehen; demzufolge fallen darunter z. B. Beamte des Polizeivollzugsdienstes, der Steuerverwaltung oder des Gewerbeaufsichtsdienstes unabhängig davon, welches Amt im statusrechtlichen Sinne sie bekleiden (vgl. Kümmel, Beamtenrecht, § 80 b NBG, Stand: November 2003, Rn. 27 - 80 b/17). Unabhängig davon, ob eine solche Beschränkung gegenwärtig überhaupt noch anzuwenden wäre, ist eine i. S. v. § 80 b Abs. 4 NBG a.F. getroffene Beschränkung, die den Kläger betreffen könnte, nicht erfolgt. Soweit der Oberbürgermeister der Beklagten im Rahmen der Dezernentenkonferenz die Vorgabe gemacht hat, dass bei Antragstellern, die - wie der Kläger - das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, der Antrag nur dann bewilligt werden könne, wenn die Stelle eingespart werde und ersatzlos wegfallen könne, hat er weder einzelne Verwaltungsbereiche oder Beamtengruppen im soeben dargelegten Sinne von der Altersteilzeit ausgenommen, sondern eine Vorgabe für die Ermessensausübung bei der Prüfung der Anträge im Einzelfall gemacht.
Das Gericht kann offen lassen, ob - wie die Beklagte noch im Ausgangsbescheid zumindest ergänzend mit angeführt hat - dringende dienstliche Belange der Bewilligung der beantragten Altersteilzeit für den Kläger entgegenstehen, denn selbst wenn man zugunsten des Klägers annimmt, dass solche Belange nicht entgegenstehen, begegnet die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Einzelfallabwägung im Rahmen der Regelung des § 80 b NBG n. F. keinen rechtlichen Bedenken.
Auch dann, wenn dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen, besteht nämlich grundsätzlich kein Anspruch des Beamten auf Bewilligung von Altersteilzeit. Er hat allerdings einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung seines Antrags (vgl. Kümmel, aaO., Rn. 20). Vorliegend ist zum einen weder eine Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Klägers ersichtlich, die dann möglich wäre, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind und auch keine sonstigen personen- oder dienststellenbezogenen Gründe ersichtlich sind, die der Bewilligung der Altersteilzeit entgegen stehen könnten (vgl. Kümmel, aaO.); dies folgt zugleich aus dem Umstand, dass - zum anderen - die Beklagte den Antrag des Klägers ermessenfehlerfrei abgelehnt hat.
Das Ermessen ist am Zweck der gesetzlichen Ermächtigung auszurichten. Die Ermessenerwägungen dürfen keinen Wertungswiderspruch zu den vom Gesetzgeber verfolgten Gesetzeszielen beinhalten. Da mit der Kann-Vorschrift unterschiedliche Interessen angesprochen werden, muss die Verwaltung die im Falle der Bewilligung oder Ablehnung von Altersteilzeit berührten Interessen gegeneinander abwägen. Die Regelung in § 80 b Abs. 1 NBG bezweckt einerseits, Altersteilzeitbegehren im allgemeinen öffentlichen Interesse an einer „vorzeitigen“ Neueinstellung bzw. an der Einsparung von Personalkosten zu fördern. Andererseits macht die Regelung in § 80 b Abs. 1 S. 1 Nr. 4 NBG n.F. deutlich, dass entgegenstehende bereichsspezifische Belange als Abwägungsmaterial in die Ermessensentscheidung einzubeziehen sind. Dies gilt auch dann, wenn sie nicht das Gewicht dringender dienstlicher Belange haben, weil ein Antrag auf Altersteilzeit bereits wegen fehlender Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen aus Rechtsgründen abgelehnt werden müsste, wenn der Bewilligung dringende dienstliche Belange entgegenstehen. Da die Ermessenspraxis zudem am allgemeinen Gleichheitsgrundsatz auszurichten ist, bestehen keine Bedenken, Grundsätze der Ermessensausübung durch Richtlinien vorzugeben (vgl. VG Bremen, Urteil vom 29.06.2000 - 6 K 400/00 -, NVwZ-RR 2002, 61-63). Einen solchen Grundsatz hat der Oberbürgermeister der Beklagten vorliegend in rechtlich nicht zu beanstandender Weise vorgegeben. Die mit dieser Vorgabe bezweckte Ermessensbindung für Entscheidungen betreffend Antragsteller, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nimmt im Rahmen des der Beklagten zustehenden weiten Organisationsermessens lediglich die nunmehr in § 80 b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 NBG n. F. formulierte Voraussetzung für einen Teil der Betroffenen vorweg. Lediglich soweit Antragstellern aufgrund der insoweit zuvor gesetzlich nicht aufgestellten Anforderung gleichsam ein „Vertrauensschutz“ zukommt, sieht § 80 b Abs. 6 NBG n. F. eine Abweichung von der vorgenannten Vorschrift vor. Einen solchen „Vertrauensschutz“ kann der Kläger vorliegend nicht für sich beanspruchen, denn auf seinen Antrag vom 18. September 2000 hat ihn die Beklagte unter dem 18. Dezember 2001 bereits dahingehend beschieden, dass die Organisationseinheiten die Kostenneutralität der Regelung sicher zu stellen hätten, wobei grundsätzlich die Einsparung der Planstelle anzustreben sei.
In die Ermessenserwägung einzustellen sind demnach die durch die Altersteilzeit-Gewährung im Einzelfall berührten dienstlichen Belange, wobei dies nicht nur solche von besonderem Gewicht (i.S.v. dringend) sein müssen. Denn durch die Einräumung eines weiten Ermessens wollte, wie oben bereits ausgeführt, der Gesetzgeber auch den personalwirtschaftlichen Erfordernissen der jeweiligen Verwaltungen im Einzelfall entsprechen. Dieses Ermessen geht allerdings nicht so weit, dass einzelne Verwaltungen befugt wären festzulegen, dass sämtliche Anträge auf Gewährung von Altersteilzeit generell und ausnahmslos abzulehnen seien. Dies würde auf eine Verkennung bzw. Missachtung der gesetzlichen Regelung hinauslaufen und den Anforderungen an die eigenverantwortliche Ermessensentscheidung, die selbst beim Vorliegen ermessenslenkender Richtlinien zu beachten sind (vgl. dazu nur: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 114 Rn 10a), nicht gerecht werden. Auf eine generelle Ausnahme einzelner Verwaltungsbereiche von der Altersteilzeitregelung, wie sie an sich möglich gewesen wäre, hat der Landesgesetzgeber verzichtet. Die einzelnen Verwaltungsbereiche dürfen also gerade nicht die gesetzliche Regelung generell außer Kraft setzen, sondern sie sind in dem durch das Gesetz gesteckten Rahmen so lange frei, organisatorische und personalwirtschaftliche Belange einzubringen, wie sie die grundsätzlich bestehende Verpflichtung zur Prüfung ihrer Möglichkeiten im Hinblick auf die Verwirklichung des Gesetzeszwecks nicht von vornherein und generell negieren. Die oben erwähnten (engeren) dienstlichen Belange sind also in erster Linie mit dem allgemeineren öffentlichen Interesse, das dem o.a. Gesetzeszweck entspricht, abzuwägen (vgl. VG Weimar, Urteil vom 18.02.2003 4 K 650/02.We -, Juris, S. 6).
Diese Voraussetzungen erfüllt die angefochtene Entscheidung. Insbesondere steht der Einbeziehung finanzieller bzw. haushaltswirtschaftlicher Aspekte in die Ermessensabwägung kein rechtliches Hindernis entgegen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Regelungsziel des Gesetzes nicht die Schaffung von Ansprüchen einzelner Beamter auf Altersteilzeit, sondern die vorstehend genannten öffentlichen Interessen sind. Dazu gehören ohne Zweifel auch die fiskalischen Belange einer Kommune insbesondere in Bezug auf zusätzliche Personalkosten. Gleichwohl kann der Kläger zumindest die zutreffende Einstellung der abzuwägenden Belange, welche Grundlage für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung sind, fordern, zumal wenn die Verwirklichung der Gesetzesziele jedenfalls als Reflex dem Interesse des Beamten an der Gewährung der beantragten Teilzeitbeschäftigung zu Gute kommt (vgl. VG Weimar, aaO.). Jedenfalls der Widerspruchsbescheid der Beklagten enthält eine noch ausreichende Auseinandersetzung mit den vom Kläger vorgetragenen und für die Beklagte ersichtlichen persönlichen Belangen. Dabei kommt die Beklagte, die ihre Ausführungen im gerichtlichen Verfahren individuell auf den Kläger bezogen noch ergänzt hat, ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass sich der Kläger nicht darauf berufen kann, mit dem Angebot zur Inanspruchnahme von Altersteilzeit sollten die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten um ein weiteres Element des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand erweitert werden. Vielmehr sollte durch die Einräumung eines weiten Ermessens auch den personalwirtschaftlichen Anforderungen der jeweiligen Verwaltung im Einzelfall entsprochen werden. Wie dargelegt überschreitet die Beklagte diese Grenzen nicht. Vielmehr führt die Beklagte ausführlich und nachvollziehbar aus, dass ihr finanziell die Hände gebunden sind und von der Erreichung des Gesetzeszwecks (Neueinstellung lebensjunger Beamter) bei der Gewährung von Altersteilzeit für den Kläger gegenwärtig keine Rede sein kann. Zu Recht sieht die Beklagte von rein spekulativen Erwägungen und Mutmaßungen auf unsicherer Tatsachengrundlage über den konkreten Arbeitsanfall am Arbeitsplatz des Klägers (etwa zum Zeitpunkt der für den Kläger bei antragsgemäßer Entscheidung Mitte Juni 2005 beginnenden Freistellungsphase) ab. Angesichts der vielfältigen, nicht nur personalwirtschaftlichen Unwägbarkeiten der - gerade auch vor dem Hintergrund der von der Beklagten beschriebenen und vom Kläger nicht substantiiert bestrittenen – bisherigen Einsparanstrengungen und des nur zu vermutenden Arbeitsanfalls im Standesamt (vielleicht weniger Eheschließungen, aber wohl mehr, weniger arbeitsaufwändige Sterbefälle) lassen sich auch im Rahmen einer Abwägungsentscheidung individuellere Erwägungen zur künftigen Situation vor dem Hintergrund der erforderlichen (insbes. finanziellen) Planungssicherheit der Beklagten in empirisch und rechtlich vertretbarer Weise nicht sachgerecht anstellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.