Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 07.04.2003, Az.: 6 A 229/03
Aufschiebende Wirkung der Beschwerde im Wehrbeschwerderecht
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 07.04.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 229/03
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 29895
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2003:0407.6A229.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 52 Nr. 4 S. 1 VwGO
- § 15 Abs. 1 S. 2 BBesG
- § 9 Abs. 1 BGB
- § 23 Abs. 1 WBO
- § 3 Abs. 1 WBO
- § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO
- § 80 Abs. 1 VwGO
Fundstelle
- NVwZ-RR 2004, 48-49 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Entlassung (hier: örtliche Zuständigkeit)
Prozessführer
Herrn R H ,
Rechtsanwälte H. und andere, M-straße, W., - he/cs -
Prozessgegner
Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch die Bundesministerium der Verteidigung,
Hardthöhe, 53125 Bonn, - PSZ I 8-25-05-10-SU 703/02 -
Sonstige Beteiligte
Tenor:
Der Antrag des Klägers, den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Potsdam zu verweisen, wird abgelehnt.
Gründe
Gemäß § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO ist für Klagen gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine Behörde aus einem gegenwärtigen oder früheren Wehrdienstverhältnis das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen dienstlichen Wohnsitz (1. Alternative) oder in Ermangelung dessen seinen bürgerlichen Wohnsitz hat (2. Alternative). Der Kläger diente bis zu seiner fristlosen Entlassung bei einer schwimmenden Einheit (Fregatte Köln) und hatte als dienstlichen Wohnsitz die Stammdienststelle der Marine in Wilhelmshaven (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG, § 9 Abs. 1 BGB).
Der Standort Wilhelmshaven als dienstlicher Wohnsitz verliert nicht deshalb seine für die Bestimmung derörtlichen Zuständigkeit des betreffenden Verwaltungsgerichts maßgebende Bedeutung, weil im Soldatenrecht für Klagen aus dem Wehrdienstverhältnis, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, an die Stelle des Vorverfahrens das Beschwerdeverfahren tritt (§ 23 Abs. 1 WBO), die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat (§ 3 Abs. 1 WBO) und diese nur im Einzelfall durch die Beschwerdestelle angeordnet werden kann (§ 3 Abs. 2 WBO). Denn die Kammer schließt sich der in der verwaltungsgerichtlichen erstinstanzlichen Rechtsprechung vertretenen Meinung an, dass nicht anders als im Falle einer gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärten beamtenrechtlichen Versetzungsverfügung auch im soldatenrechtlichen Beschwerdeverfahren weder der gesetzliche Sofortvollzug noch der tatsächliche Vollzug einer Entlassungsverfügung oder Versetzungsverfügung zum alsbaldigen Verlust des bisherigen dienstlichen Wohnsitzes (und damit zu einer Änderung der örtlichen Gerichtszuständigkeit) führt.
Der Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO wird auch im Soldatenrecht nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens wieder hergestellt, denn die auf eine ablehnende Beschwerdeentscheidung folgende Klage hat grundsätzlich aufschiebende Wirkung, sofern nicht ausdrücklich die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet wurde. Im allgemeinen Verwaltungsrecht wie im Wehrbeschwerderecht würde sonst die gerichtliche Zuständigkeit im einstweiligen Rechtsschutz und in der Hauptsache auseinander fallen, würde man der Auffassung folgen, dass die in ihren Folgen vorläufig als unanfechtbar zu behandelnde Versetzung oder Entlassung bereits in prozessualer Hinsicht die beabsichtigte Änderung oder den beabsichtigten Verlust des dienstlichen Wohnsitzes vorwegnehmen könnte. Denn der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung gebietet es, den Beamten oder Soldaten einstweilen so zu behandeln, als sei die betreffende Verfügung noch nicht vollziehbar und auch noch nicht vollzogen. Deshalb wird in Rechtsprechung und Lehre die Ansicht vertreten, zur Bestimmung derörtlichen Zuständigkeit des betreffenden Verwaltungsgerichts sei auf dasjenige Gericht abzustellen, in dessen Bezirk der dienstliche Wohnsitz des betreffenden Antragstellers oder Klägers vor der Versetzung oder sofort vollziehbaren Entlassung gelegen war. So lässt es sich vermeiden, dass die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Verwaltungsgerichts bei einer stattgebenden Entscheidung rückwirkend entfällt, da das einer Anfechtungsklage stattgebende Urteil den angefochtenen Verwaltungsakt grundsätzlich mit Wirkung ex tunc beseitigt (vgl. Schnellenbach, Die Sachurteilsvoraussetzungen bei beamtenrechtlichen Streitigkeiten, ZBR 1992, 257, 266; BayVGH ZBR 1985, 210; VG Göttingen NVwZ-RR 1996, 678 = NdsVBl 1996, 242).
Die Kammer hat zur Klärung der örtlichen Zuständigkeit vorweg in entsprechender Anwendung von § 17 a Abs. 3 GVG über die Zuständigkeit durch Beschluss entschieden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 83 Rdnr. 5), wobei die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten ist (vgl. § 17 b Abs. 2 GVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 83 Satz 2 VwGO).
Wündrich
Dr. Burmeister