Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 10.04.2003, Az.: 5 A 1652/00

Geruchsemission; Nebenbestimmung: Anfechtung; Nebenbestimmung: Umfang; Schlachtabfall: Kühlung; TA Luft: Konkretisierung; Vorsorge

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
10.04.2003
Aktenzeichen
5 A 1652/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48156
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

1

I. Die Klägerin wendet sich gegen eine Nebenbestimmung in einem ihr von der Beklagten erteilten Änderungs-Genehmigungsbescheid nach § 16 BImSchG.

2

Mit Schreiben vom 23. Juli 1998 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Genehmigung zur wesentlichen Änderung einer Truthahnschlachterei. Die wesentliche Änderung bestand u.a. in der Erhöhung der Schlachtzahlen von 6000 auf 9000 Tiere täglich. Im Genehmigungsverfahren bat die Beklagte u. a. das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg um eine Stellungnahme zur beabsichtigten Änderung.

3

Unter dem 23. März 1999 erging der Änderungs-Genehmigungsbescheid. Der Bitte des Staatlichen Gewerbeaufsichtsamtes Oldenburg entsprechend nahm die Beklagte unter II. 1.4 folgende Nebenbestimmung in den Bescheid auf:

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„Es ist unverzüglich, spätestens bis zum 30.06.1999 sicherzustellen, dass die Schlachtabfälle bei einer maximalen Raumtemperatur von 5 °C gelagert werden.

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Die Raumtemperatur ist ab dem v.g. Termin kontinuierlich zu messen und mittels geeigneten Schreibern aufzuzeichnen.

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Die Schreiberaufzeichnungen sind 18 Monate lang aufzubewahren und der Überwachungsbehörde auf Verlangen vorzulegen.“

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Zur Begründung der Nebenbestimmung führte die Beklagte im Genehmigungsbescheid aus:

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"Die Forderung der grundsätzlichen Kühlung von Schlachtabfällen ist bereits in Punkt 3.3.7.2.1 der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) vom 27.02.1986 festgeschrieben. Die TA Luft legt die allgemeinen Anforderungen an Anlagen aus Sicht des Immissionsschutzes fest. Darüber hinaus ist die Forderung der Kühlung von Schlachtabfällen in Niedersachsen durch Erlass des Umweltministeriums vom 26.02.1992 geregelt. Schließlich gebietet es auch der § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, dass in der hier angesprochenen genehmigungsbedürftigen Anlage Vorsorge getroffen wird für den Fall, dass Transportketten bzw. Weiterverarbeitungsanlagen ausfallen....

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Nach alledem sind unter Berücksichtigung der verfügten Nebenbestimmungen die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG erfüllt, so dass die Genehmigung zu erteilen war."

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Gegen diese Nebenbestimmung erhob die Klägerin Widerspruch und begründete ihn u.a. wie folgt: Für die Auflage gebe es keine Rechtsgrundlage. Sie könne weder auf die TA Luft 1986 noch auf den Erlass des Nds. Umweltministeriums gestützt werden; auch § 5 BImSchG könne als Rechtsgrundlage nicht herangezogen werden. Die TA Luft sei keine Rechtsnorm, sondern eine allgemeine Verwaltungsvorschrift nach § 48 BImSchG. Sie binde also nur die Verwaltung intern und die Gerichte seien an die TA Luft nicht gebunden. Zwar hätte die TA Luft nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Bedeutung eines „allgemeinen Sachverständigengutachtens“. Diese Regelungen seien aber dann nicht anzuwenden, wenn - wie hier - für den Einzelfall neuere und speziellere Kenntnisse vorlägen oder wenn eine bestimmte Materie in einer Rechtsnorm anders geregelt sei. Das sei hier der Fall. Die TA Luft bestimme in 3.3.7.2.1 nur, dass Schlachtnebenprodukte, bei denen eine Geruchsentwicklung zu erwarten sei, in geschlossenen Behältern oder Räumen "grundsätzlich" gekühlt zu lagern seien. Verbindlich sei diese Vorschrift also nach ihrem eigenen Verständnis nicht. Zudem müsse die Beklagte darlegen und beweisen, dass bei den Schlachtnebenprodukten in dem Betrieb der Klägerin eine Geruchsentwicklung zu erwarten sei. Zu einer derartigen Geruchsentwicklung sei es in der Vergangenheit aber nicht gekommen.

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Der Begründung des Erlasses des Umweltministeriums vom 26. Februar 1992 sei zu entnehmen, dass es im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung im Jahre 1990 zu einer Überforderung der Tierkörperbeseitigungsanstalten im Westen gekommen sei. Hierdurch könne aber die angefochtene Maßnahme im Betrieb der Klägerin nicht gefordert werden. Dies verstoße gegen den elementaren polizeirechtlichen Grundsatz, dass zunächst der "Störer" und nicht ein Dritter für die angeblich im Umfeld von Tierkörperbeseitigungsanstalten entstandenen Geruchsbelästigungen verantwortlich gemacht werden könne.

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Auch sachlich gebe es für die Auflage keinen Grund. Im Betrieb der Klägerin sei durch mehrmalige Abholung der Abfälle pro Tag absolute Frische garantiert, so dass hierdurch jedweder Überhang an Abfallprodukten, auch an Wochenenden verhindert werde. Darüber hinaus stehe die Auflage im Widerspruch zu einer Reihe von Spezialregelungen, die die Hygiene in Schlachtbetrieben regelten. So sehe die Geflügelfleischhygieneverordnung lediglich die Kühlung von Geflügelfleischerzeugnissen, die für die Weiterverarbeitung bestimmt seien, vor. Eine Anordnung des Kühlens von Schlachtabfällen sei hingegen nicht erkennbar. Die deutsche Geflügelfleischhygieneverordnung entspreche der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaft zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim Handelsverkehr mit frischem Geflügelfleisch, die nur verlange, dass Geflügelfleischabfälle in gesonderten, verschließbaren Räumen gelagert werden würden, eine Kühlung aber sei ausdrücklich nicht vorgesehen. Durch die auferlegte Bestimmung, die gegen höherrangiges europäisches Recht verstoße, werde die Klägerin im europäischen Wettbewerb maßgeblich benachteiligt.

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Die Auflage beachte zudem in nicht ausreichendem Maße den Bestandsschutz an der bestehenden Anlage. Es handele sich um eine quantitative Änderung in der Betriebsweise. Zwar seien Nebenbestimmungen in unveränderten Teilen der Anlage zulässig, wenn anders die Genehmigungsvoraussetzung für die geänderten Teile nicht sichergestellt werden könne. Die Kühlung der Abfälle sei vorliegend aber gerade keine Genehmigungsvoraussetzung für die geänderten Teile. Darüber hinaus sei die Änderungsgenehmigung kein Instrument für den Erlass nachträglicher Auflagen hinsichtlich nicht betroffener Anlagenteile. Die strengen Voraussetzungen des § 17 BImSchG dürften nicht auf dem Wege über § 16 BImSchG umgangen werden. Die Beklagte habe in diesem Zusammenhang auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet. Sie gehe rechtsirrig davon aus, der Vorschriftengeber der TA Luft habe die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte bereits bei Festlegung der immissionsbezogenen Anforderungen beachtet und insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen berücksichtigt. Damit verkenne die Beklagte aber die Rechtsnatur der TA Luft als allgemeine Verwaltungsvorschrift. Bei Umsetzung der TA Luft durch eine nachträgliche Anordnung bzw. eine einer nachträglichen Anordnung gleichzustellende Auflage müsse konkret geprüft werden, ob diese Anordnung verhältnismäßig sei.

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Schließlich könne auch § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zur Begründung der angefochtenen Auflage nicht herangezogen werden. Denn Vorsorgemaßnahmen seien dadurch gekennzeichnet, dass die „adäquaten“ Maßnahmen gegen vermutete Gefahren ergriffen werden würden, aber keinesfalls alle denkbaren. Aufwand und Ertrag für die Ziele des Vorsorgeprinzips müssten in einem angemessenen Verhältnis stehen, d.h. die Vorsorgepflicht müsse nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotential der Emission, die sie verhindern soll, proportional sein. Im Betrieb der Klägerin sei bereits Vorsorge getroffen worden, indem die Lagerung von Abfällen für einen gewissen Zeitraum in den vorhandenen Räumlichkeiten ohne die Gefahr der Keimverschleppung oder des Entstehens von Gerüchen möglich sei. Dies werde dadurch gewährleistet, dass die Abfälle gegebenenfalls in separaten Räumlichkeiten in verschließbaren Behältern untergebracht würden.

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Mit Bescheid vom 17. März 2000, zugestellt am 22. März 2000, wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Genehmigung sei nach § 12 BImSchG mit Nebenbestimmungen versehen worden, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. Zur Konkretisierung der in § 5 Abs. 1 BImSchG formulierten Pflichten sei die TA Luft erlassen worden, die auch Vorschriften zur Reinhaltung der Luft bezogen auf Schlachtbetriebe enthalte. Die TA Luft richte sich zunächst an die Verwaltung, sei jedoch als antizipiertes Gutachten auch im gerichtlichen Verfahren beachtlich, solange ihre Regelungen, Festlegungen und Vorgaben nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt seien. Neuere und speziellere Erkenntnisse über schlachtanlagenspezifische Emissionen, die die Regelungen der TA Luft als überholt erscheinen lassen könnten, existierten nicht. Der in neueren Regelwerken, z.B. der VDI 2596 „Emissionsminderung, Schlachthöfe“ des Vereins Deutscher Ingenieure manifestierte Stand der Technik zur Emissionsminderung bei Schlachtanlagen bestätige die Anforderungen der TA Luft. Festzustellen sei, dass - anders als von der Klägerin ausgeführt - bei den bei der Schlachtung anfallenden Schlachtabfällen immer Gerüche entstünden. Dies werde durch Angaben in der Fachliteratur, den einschlägigen Regelwerken und vorliegenden Emissionsmessungen belegt und sei auch bei der Anlage der Klägerin nicht anders. Die im Jahre 1995 erstellten Gutachten belegten, dass der Bereich der Schlachtabfalllagerung zu den intensiveren Geruchsquellen der Schlachtanlage gehöre. Durch die Nebenbestimmung werde gerade in den wärmeren Sommermonaten sichergestellt, dass sich das Material nicht in einer die Verwertbarkeit gefährdenden Art zersetze, die dann zudem noch zu erheblichen Geruchsemissionen führe. Die Forderung gewährleiste eine verwertbare Rohmaterialqualität für die Verwertung der Schlachtabfälle nach dem Tierkörperbeseitigungsgesetz von der Anfall- bis zur Entsorgungsstelle. Dies gelte z.B. auch für solche Fälle, bei denen der Entsorgungsweg durch Störfälle (z.B. Brand) ausfalle und eine längere Lagerung vor Ort erforderlich sei. Würde die Kühlung erst in der Verwertungsanlage erfolgen, wäre eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung gefährdet, da zum einen eine Zersetzung des Materials dessen Verwertbarkeit beeinträchtige und zum anderen auch in der Verwertungsanlage erhöhte Geruchsemissionen zu befürchten seien, wozu bereits wenige Stunden Lagerung in nicht gekühlten Räumen reichen könnten. Die Raumkühlung sei auch mit verhältnismäßigen Mitteln zu verwirklichen. Vor allem werde die Kühlung nur dann notwendig, wenn hohe Außentemperaturen dies erforderten. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es die Klägerin durch konstruktive Maßnahmen (Größe eines oder mehrerer getrennter Lagerräume) selbst entscheidend in der Hand habe, in welchem Maße Kühlleistung benötigt werde. Die seitens der Klägerin angeführten Spezialregelungen im Hinblick auf die Hygiene in Schlachtbetrieben könnten außer Betracht bleiben, da es sich hierbei um Regelungen aus dem Lebensmittelrecht handele, es vorliegend aber um die Umsetzung des Immissionsschutzrechtes ginge. Die Kühlung der Schlachtabfälle sei demnach als Stand der Technik anzusehen. Da sich die Schlachtkapazitätsänderung auf die meisten Anlagenteile auswirke, seien die Regelungen auch für die durch die Änderung berührten Teile zu berücksichtigen, für die bereits eine rechtskräftige Genehmigung bestehe. Insbesondere erhöhe sich durch die steigende Schlachtkapazität die anfallende Schlachtabfallmenge und die vorzuhaltende Schlachtabfalllagerkapazität. Dieses habe Auswirkungen auf das Emissionsverhalten aus dem Lagerbereich und die ordnungsgemäße Abfallentsorgung, so dass dieser Bereich auch einer Überprüfung habe unterzogen werden müssen.

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Die Klägerin hat am 25. April 2000 (Dienstag nach Ostern) Klage erhoben.

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Zur Begründung verweist sie zunächst auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren und führt vertiefend aus: Die Beklagte stütze die Nebenbestimmung auf Ziffer 3.3.7.2.1 der TA Luft, wonach laut Lit. b) „Schlachtnebenprodukte“, bei denen eine Geruchsentwicklung zu erwarten sei, in geschlossenen Behältern und grundsätzlich gekühlt zu lagern seien. Gleichzeitig werde ihr aber aufgegeben, „Schlachtabfälle“ bei einer maximalen Raumtemperatur von 5 °C zu lagern. Für die Lagerung von Abfällen gelte die genannte Bestimmung aber gerade nicht. Auch aus der VDI-Richtlinie 2596 ergebe sich keine andere Beurteilung. Zum einen messe das Bundesverwaltungsgericht VDI-Richtlinien nur indizielle Bedeutung bei, zum anderen bestimme Ziffer 2.2.2.5. der Richtlinie, die die Lagerung von Schlachtabfällen betreffe, lediglich Folgendes:

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„Der Raum ist gut zu entlüften, kühl zu halten (u.U. mit einer Kühlanlage), geruchsintensive Abluft ist zu reinigen. (...)“

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Die VDI-Richtlinie 2596 gebe möglicherweise den Stand der Technik wieder, sie fordere jedoch keine generelle Kühlung von gelagerten Schlachtabfällen auf 5 °C. Besondere Umstände, die eine Kühlung der Schlachtabfälle erfordern würden, lägen hier nicht vor. Die Entsorgung der Abfälle erfolge mehrmals täglich. Die Ware werde nach der Abholung sofort erhitzt und weiterverarbeitet. Die Kühlung verursache daher im Bereich der Tierkörperbeseitigung nur einen unnötigen Energieaufwand.

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Die Klägerin beantragt,

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die Ziffer II. 1.4 des Genehmigungsbescheides der Beklagten vom 23. März 1999 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheides vom 17. März 2000 aufzuheben und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie macht u.a. geltend: Die TA Luft fordere die Minderung der bei der Lagerung von Schlachtnebenprodukten, bei denen eine Geruchsbelästigung zu erwarten sei, und grundsätzlich bei Schlachtabfällen entstehenden geruchsintensiven Stoffe. Bei Schlachtnebenprodukten, also Stoffen, die einer Weiterverarbeitung zugeführt und damit verarbeitbar gehalten werden sollten, sehe die TA Luft zur Emissionsminderung generell die Kühlung vor. Bei der Lagerung von Schlachtabfällen lasse die TA Luft neben der Erfassung und Abgasreinigung auch andere Arten emissionsmindernder Maßnahmen zu. Die effektivste Minderungsmaßnahme sei, entsprechend der von der TA Luft bei den Schlachtnebenprodukten obligatorisch geforderten Maßnahme der Kühlung des „Lagerraumes“, auch die Kühlung des Lagerraumes für Schlachtabfälle. Da die Anlage der Klägerin weder über eine dem Stand der Technik nach Ziff. 3.3.7.2.1 Lit. b) geforderte Kühlung der Schlachtnebenprodukte noch über andere emissionsmindernde Maßnahmen entsprechend Lit. c) verfüge und auch in dem Antrag auf Erhöhung der Schlachtkapazität keine emissionsmindernden Maßnahmen vorgesehen gewesen seien, sei die Verfügung der streitigen Nebenbestimmung unumgänglich gewesen.

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I.Ü. sehe nunmehr die TA Luft 2002 unter Ziffer 5.4.7.2 Lit. h) für Anlagen zum Schlachten von Geflügel eine Temperatur der Schlachtabfälle und Schlachtnebenprodukte von weniger als 10 °C oder deren Lagerung in Räumen mit einer Raumtemperatur von weniger als 5 °C ausdrücklich vor. Die endgültige Aufnahme dieser bereits im Novellierungsverfahren beratenen Vorschrift in der verabschiedeten Fassung zeige, dass die angefochtene Nebenbestimmung den Stand der Technik bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses sowie der Widerspruchsentscheidung festgeschrieben und die Grundpflichten des Betreibers konkretisiert habe.

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Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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II. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtene Nebenbestimmung unter II. 1.4 im Bescheid der Beklagten vom 23. März 1999 ist rechtmäßig und verletzt daher die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft, die darauf gerichtet ist, lediglich die Nebenbestimmung II. 1.4 des Änderungs-Genehmigungsbescheides durch das Gericht kassieren zu lassen. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO („soweit“) ist im Rahmen einer Anfechtungsklage eine Teilaufhebung und damit grundsätzlich auch eine Teilanfechtung eines Verwaltungsaktes möglich. Dies gilt insbesondere für die einem begünstigenden Verwaltungsakt beigefügten Auflagen oder Auflagenvorbehalte. Wird - wie hier - geltend gemacht, eine solche Nebenbestimmung finde im Gesetz keine Grundlage, so kann dies mit der Klage auf Aufhebung der Nebenstimmung geltend gemacht werden. Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung in sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen bleiben kann. Dies ist eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens, sofern nicht eine isolierte Aufhebbarkeit offenkundig von vornherein ausscheidet, d.h. logisch ausgeschlossen ist (vgl.: BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 - 11 C 2/00 -, NVwZ 2001, 429 m.w.N.; Urteil vom 13. Februar 1997 - 7 C 47/95 -, NVwZ 1997, 998). Ein derartiger Ausnahmefall, der von vornherein die logische Trennung der Nebenbestimmung von der im Übrigen nicht angegriffenen Änderungsgenehmigung verhindert, liegt hier nicht vor.

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Die Klage ist aber unbegründet, weil die Beklagte der erteilten Änderungsgenehmigung vom 23. März 1999 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Nebenbestimmung II. 1.4 beigefügt hat. Hierdurch hat die Beklagte sichergestellt, dass die sich aus § 5 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Mai 1990 (BGBl. I S. 880), in Bezug auf den Erlasszeitpunkt des Widerspruchsbescheides am 17. März 2000 geändert durch Art. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung des BImSchG vom 19. Oktober 1998 (BGBl. I S. 3178), ergebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Hiernach durfte die Änderungsgenehmigung mit der angegriffenen Nebenbestimmung erteilt werden.

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Zu Unrecht macht die Klägerin geltend, die unter II. 1.4 getroffene Nebenbestimmung entbehre einer Rechtsgrundlage. Maßgebend für die Frage, ob der Beklagten für die beigefügte Nebenbestimmung eine Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung stand, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Behördenentscheidung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2000. Die immissionsschutzrechtliche Änderungs-Genehmigung ist nämlich kein Dauerverwaltungsakt (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1991 - 7 B 102/90 -, Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 5 m.w.N.). Als Ermächtigungsgrundlage für die Nebenbestimmung konnte die Beklagte sich auf die §§ 16, 12 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und die im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides noch geltende Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (im Folgenden: TA Luft) vom 27. Februar 1986 (GMBl. S. 95, ber. S. 202) berufen.

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Nach § 12 Abs. 1 BImSchG kann die Genehmigung u.a. mit Auflagen verbunden werden, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der in § 6 BImSchG genannten Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustellen. § 12 BImSchG betrifft zwar vom Wortlaut her lediglich die Genehmigung im Sinne des § 4 BImSchG; es ist aber anerkannt, dass die Änderungs-Genehmigung wie die Erst-Genehmigung mit Nebenbestimmungen versehen werden kann (Jarass, BImSchG-Kommentar, 5. Aufl. 2002, § 12 Rdnr. 1, § 16 Rdnr. 31). Die Änderungs-Genehmigung stellt wie die Errichtigungs-Genehmigung eine gebundene Entscheidung da, d.h. sie muss erteilt werden, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen bzw. sich Genehmigungshindernisse - wie hier - durch Nebenbestimmungen ausräumen lassen.

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Die Voraussetzungen für die Beifügung der Nebenbestimmung II. 1.4 waren im maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht gegeben.

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Für die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Änderungs-Genehmigung der Anlage war gemäß Nr. 8.1.1.1 der Verordnung über die Regelung von Zuständigkeiten im Gewerbe- und Arbeitsschutzrecht sowie in anderen Rechtsgebieten - Zust.VO GewAR 1991 - vom 19. Dezember 1990 (Nds. GVBl. S. 491), geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 19. Dezember 1997 (Nds. GVBl. S. 545), die Beklagte sachlich zuständig. Denn bei der - nunmehr bereits realisierten - Anlage handelt es sich um eine nach Nr. 7.2, Spalte 1, der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 504), geändert durch Verordnung vom 23. Februar 1999 (BGBl. I S. 189) zu beurteilende Anlage (Anlage zum Schlachten von Tieren mit einer Leistung von 50 Tonnen Lebendgewicht oder mehr je Tag).

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Die angegriffene Nebenbestimmung ist auch materiell rechtmäßig. Sowohl die angeordnete Lagerung der Schlachtabfälle bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C als auch die weiter verfügten Nebenpflichten der Messung und Aufzeichnung der Raumtemperatur und die Pflicht zur Aufbewahrung und evtl. Vorlage der Aufzeichnungen beruhen auf gesetzlicher Grundlage, von der die Beklagte in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht hat.

35

Zu Recht hat die Beklagte die Nebenbestimmung - Lagerung der Schlachtabfälle bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C - auf die §§ 16, 12, 5 BImSchG i.V.m. der TA Luft gestützt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen - wie hier - so zu errichten und zu betreiben, dass Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung. Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung darf nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG nur erteilt werden, wenn diese Vorsorgepflicht erfüllt ist. Gleiches gilt bei der Erteilung einer Änderungs-Genehmigung. Die primär gebotene, technikbezogene Vorsorge wird hier durch Auferlegung der Verpflichtung, die Schlachtabfälle (z.B. Beine, Köpfe, Därme und evtl. Knochen aus der Zerlegung) bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C zu lagern, einschließlich der verfügten Nebenverpflichtungen sichergestellt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Klägerin bleiben erfolglos.

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Die Bedenken, die die Klägerin an der Funktion der TA Luft und ihrem Regelungssystem hat(te), gehen an der Rechtswirklichkeit vorbei. Als Beurteilungsgrundlage hat die Beklagte - da es an normativen Festlegungen fehlt - im Ausgangspunkt zu Recht die TA Luft und die VDI-Richtlinie 2596 „Emissionsminderung: Schlachthöfe“ herangezogen. Aufgabe der TA Luft, die auf der Grundlage des § 48 BImSchG nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) erlassen wurde, ist es, einen gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug sicherzustellen. Zu diesem Zweck konkretisiert sie die unbestimmten Rechtsbegriffe des BImSchG durch generelle Standards, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens ein hohes Maß an wissenschaftlich-technischem Sachverstand verkörpern und zugleich auf abstrakt genereller Abwägung beruhende Wirkungen des hierzu berufenen Vorschriftengebers zum Ausdruck bringen (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2001 - 7 C 21/00 -, BVerwGE 114, 342 ff. = NVwZ 2001, 1165 m.w.N.). Die TA Luft enthält grundsätzlich verbindliche Regelungen, Festlegungen und Vorgaben für die mit Genehmigungen, nachträglichen Anordnungen und Ermittlungsanordnungen befassten Verwaltungsbehörden (vgl. Nr. 1 Satz 3 TA Luft). Dass die TA Luft mit dieser Funktion auch im gerichtlichen Verfahren beachtlich ist, solange ihre Regelungen, Festlegungen und Vorgaben nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt sind, ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (vgl. nur: BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 B 112/94 -, NVwZ 1995, 994 m.w.N. zur Beachtlichkeit von Emissionswerten). Wegen der dargestellten normkonkretisierenden Funktion der TA Luft stellt das Abrücken von den in ihr niedergelegten Standards hohe Anforderungen an die dafür erforderliche Tatsachengrundlage. Nur gesicherte Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik können die Regelungen der TA Luft obsolet werden lassen, wenn sie den ihnen zugrunde liegenden Einschätzungen, Bewertungen und Prognosen den Boden entziehen. D.h., der Erkenntnisstand bei Erlass der TA Luft und dessen seinerzeitige technische Umsetzung müssen mit dem „jetzigen“ Stand der Technik – Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides - verglichen werden, um beurteilen zu können, ob sich in diesem Sinne wesentliche Änderungen ergeben haben (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2001 - 7 C 21/00 -, NVwZ 2001, 1165 (1166)). Derartige gesicherte Erkenntnisse, die die TA Luft im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides hätten obsolet werden lassen, lagen - wie noch zu zeigen seien wird - nicht vor. Die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Nebenbestimmung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Klägerin nicht die Einhaltung eines konkreten Emissionswerts aufgegeben wurde. Welche Anordnungen die Behörde nämlich zur Erfüllung der Vorsorgepflicht des Betreibers erlässt, schreibt das Gesetz nicht im Einzelnen vor. Statt nur das Ziel in Form eines einzuhaltenden Emissionswertes vorzugeben, darf sie den Betreiber auch zur Errichtung und zum Betrieb einer zur Emissionsbegrenzung geeigneten Anlage, also - wie hier - zu einer konkreten Maßnahme verpflichten. Zur Erfüllung des Emissionsminimierungsgebots drängt sich eine maßnahmenbezogene Anordnung geradezu auf, wenn es – wie hier – Emissionswerte zur Begrenzung von Geruchsbelastungen nicht gibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. August 1996 - 7 VR 2/96 -, NVwZ 1997, 497 (498)). Auch gegen die Anwendbarkeit der VDI-Richtlinie 2596 bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Die VDI-Richtlinie hat zwar nicht schon kraft ihrer Existenz die Qualität von anerkannten Regeln der Technik und auch keine Bindungskraft für die Verwaltung oder die Gerichte. Sie stellt jedoch eine brauchbare Entscheidungshilfe für die Beurteilung luftverunreinigender Stoffe im Zusammenhang mit dem Schlachten von Tieren dar (vgl. zur Berücksichtigung der VDI-Richtlinie 3472 „Tierhaltung-Hühner“: Nds. Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 6. März 1998 - 7 L 4554 und 7 L 4622/96 -, Nds. Rpfl. 1998, 299 ff.). Im Übrigen sollen nach Nr. 3.1.1 und 3.1.10 TA Luft die Richtlinien des VDI-Handbuchs Reinhaltung der Luft zu Prozess- und Gasreinigungstechniken herangezogen werden, soweit keine oder keine vollständigen Regelungen zur Begrenzung der Emissionen in den Bestimmungen der TA Luft enthalten sind.

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Die Nebenbestimmung - gekühlte Lagerung der Schlachtabfälle - findet ihre Rechtsgrundlage konkret in § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) der TA Luft. Nr. 2.2.1.4 Abs. 1 Satz 1 TA Luft bestimmt, dass zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen die Anlagen den Anforderungen nach (Nr.) 3 entsprechen müssen. Dies gilt unter Berücksichtigung der Nr. 2.2.3.2 Satz 1 TA Luft auch bei der Entscheidung über die Erteilung einer Änderungs-Genehmigung (vgl. 2.2.1 Lit. b)). Als emissionsbegrenzende Anforderungen, die dem Stand der Technik entsprechen (Nr. 3.1 Satz 1 Zweiter Spiegelstrich), werden in Nr. 3.3.7.2.1 verschiedene Maßnahmen in Lit a) bis c) genannt. Der Klägerin ist darin zuzustimmen, dass die von der Beklagten getroffene Maßnahme nicht auf Lit. b) gestützt werden konnte. Denn hiernach sind lediglich die Schlachtnebenprodukte, also Stoffe, die einer Weiterverarbeitung zugeführt und damit verarbeitbar gehalten werden sollen wie z.B. Blut, bei denen ein Geruchsentwicklung zu erwarten ist, in geschlossenen Behältern oder Räumen und grundsätzlich gekühlt zu lagern. Für Schlachtabfälle (also z.B. für Beine, Köpfe und Därme) trifft Lit. b) keine Regelung. Aber nach Lit. c) sind die Abgase mit geruchsintensiven Stoffen aus Produktionsanlagen, Einrichtungen zur Aufarbeitung und Lagerung von Schlachtnebenprodukten oder Abfällen zu erfassen und einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen oder es sind gleichwertige Maßnahmen zur Emissionsminderung anzuwenden (Hervorhebungen durch die erkennende Kammer). Eine derartige gleichwertige Maßnahme zur Emissionsminderung hat die Beklagte getroffen, indem sie der Klägerin aufgab, sicherzustellen, dass die Schlachtabfälle bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C gelagert werden. Zur Bestimmung der Gleichwertigkeit der getroffenen Maßnahme zur Emissionsminderung durch die gekühlte Lagerung von Schlachtabfällen durfte sich die Beklagte auch der VDI-Richtlinie 2596 bedienen. VDI-Richtlinien erzeugen – wie dargelegt - aus sich heraus zwar keine rechtlichen Wirkungen. Sie können aber dadurch in das Recht transformiert werden, dass sie in eine Rechtsnorm aufgenommen werden oder - wie hier - als Entscheidungshilfe zur Bestimmung einer konkreten Emissionsminderungsmaßnahme herangezogen werden (zur Inkorporation von VDI-Richtlinien in Rechtsnormen: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2002 - 4 CN 5/01 -, NVwZ 2002, 1114 (1115) m.w.N.; zur Heranziehung als Entscheidungshilfe: OVG Münster, Urteil vom 8. Februar 1990 - 21 A 2535/88 -, NVwZ-RR 1990, 545 ff.). Nr. 2.2.2.5 der VDI-Richtlinie 2596 (Emissionsminderung: Schlachthöfe) ist zu entnehmen, dass die Luft des Raumes, in dem Schlachtabfälle (Federn, Beine, Köpfe, Därme und evtl. Knochen aus der Zerlegung) gelagert werden, eine Feuchte von 70 - 85 % hat und „sehr geruchsintensiv“ ist. Der Raum ist daher gut zu entlüften, „kühl zu halten (u.U. mit einer Kühlanlage)“, geruchsintensive Abluft ist zu reinigen. Hiernach und unter Berücksichtigung des Erlasses des Nds. Umweltministeriums vom 26. Februar 1992 und den Ausführungen in der Literatur (Niemann, Immissionsschutz bei der Verwertung von Schlachtabfällen und Schlachtnebenprodukten, Die Fleischmehl-Industrie, Mai 1992, S. 82 ff.) war die Beklagte berechtigt, die angegriffene Nebenbestimmung zu erlassen. Zwar ist Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) der TA Luft nicht explizit zu entnehmen, dass die Lagerung von Schlachtabfällen bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C eine gleichwertige Maßnahme zur Emissionsminderung im Vergleich zur Erfassung und Zuleitung von Abgasen in eine Abgasreinigungsreinrichtung ist. Allerdings kann bereits aus Lit. b) abgeleitet werden, dass die Kühlung von Produkten - hier Schlachtnebenprodukten - zu einer Reduzierung der Emission beiträgt. Bereits hiernach lag es für die Beklagte nahe, die für die Schlachtnebenprodukte, bei denen eine Geruchsentwicklung zu erwarten ist, grundsätzlich erforderliche Kühlung auch auf die Schlachtabfälle auszudehnen, zumal eine Abgasreinigungseinrichtung bei der Anlage der Klägerin nicht vorhanden und auch nicht Gegenstand des Änderungs-Genehmigungsantrages war. Die VDI-Richtlinie 2596 sieht nach Nr. 2.2.2.5 bei der Lagerung von Schlachtabfällen sogar vor, dass der Raum, in dem die Schlachtabfälle gelagert werden, kühl zu halten und geruchsintensive Abluft zu reinigen ist. Die Klägerin meint demgegenüber, dass die genannte Bestimmung keine generelle Kühlung von gelagerten Schlachtabfällen fordere. Nur „unter Umständen“ sei der Einbau einer Kühlanlage erforderlich. „Besondere Umstände“, die eine Kühlung der Schlachtabfälle erfordern würden, lägen aber nicht vor. Die Klägerin irrt, wenn sie meint, dass „besondere“ Umstände vorliegen müssten, um den Einbau einer Kühlanlage fordern zu können. Die genannte Bestimmung fordert nicht das Vorliegen b e s o n d e r e r (Hervorhebung durch die Kammer) Umstände, sondern fordert den Einbau einer Kühlanlage bereits dann, wenn die erforderliche Kühlung des Raumes ohne den Einbau einer Kühlanlage nicht erreicht werden kann. Lediglich in den Fällen, in denen aufgrund baulicher Gegebenheiten oder jahreszeitlich bedingt eine maximale Raumtemperatur von 5°C nicht überschritten wird, bedarf es nicht des Einsatzes einer Kühlanlage. Regelungsziel der VDI-Richtlinie ist nämlich, unter Berücksichtigung des Standes der Technik auf Schlachthöfen ein niedriges Emissionsniveau zu gewährleisten. Damit folgt sie dem Konzept der TA Luft, die bei Anlagen zum Schlachten von Tieren zunächst einen Mindestabstand von 350 m zur nächsten vorhandenen oder in einem Bebauungsplan festgesetzten Wohnbebauung, ansonsten bei Unterschreitung des Mindestabstandes eine Sonderbeurteilung fordert und im Übrigen weitere emissionsbegrenzende Anforderungen in Lit. a) bis c) nennt. Dieser Regelungsansatz erklärt sich daraus, dass es bisher nicht in zufriedenstellender Weise gelungen ist, Geruchsbelästigungen zu quantifizieren. Da Gerüche nicht wie sonstige Luftverunreinigungen oder Lärmeinwirkungen messbar sind, entfielen Grenz- oder Richtwerte, wie sie für das Regelungssystem der TA Luft und der TA Lärm an und für sich typisch sind.

38

Auch die Erlasse des Nds. Umweltministeriums vom 26. Februar 1992 und 7. Mai 1991 legten die verfügte Nebenbestimmung II. 1.4 bei Erlass der Änderungs-Genehmigung nahe. Im Erlass vom 7. Mai 1991 weist das Ministerium die Bezirksregierungen an, im Rahmen der notwendigen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen, eine Umsetzung der Forderungen der TA Luft zum 1. August 1991 anzustreben. U.a. wird darum gebeten, folgende Mindestanforderungen bei Schlachtanlagen gem. Nr. 7.2, Spalte 1 - wie hier - zu beachten:

39

„Lagerung der Schlachtabfälle/Schlachtnebenprodukte in gekühlten Räumen bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C“.

40

Entgegen der Behauptung der Klägerin ist dem Erlass nicht zu entnehmen, dass Anlass für diesen der mit der Wiedervereinigung einhergehende Zusammenbruch der Entsorgungsbetriebe in den neuen Bundesländern war. Denn der Erlass weist darauf hin, dass „unabhängig von der aktuellen Problematik“ die TA Luft die grundsätzliche Kühlung der Schlachtnebenprodukte fordere (S. 2 des Erlasses vom 7. Mai 1991). Auch nach den Veröffentlichungen in der Literatur durfte die Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass es sich bei der von ihr verfügten Nebenbestimmung um eine von Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) der TA Luft gedeckte Maßnahme handelt. Nach Niemann verlangt das BImSchG den Stand der Technik beim vorsorgenden Umweltschutz. Das Tierkörperbeseitigungsgesetz - TierKBG - verlange die vor Witterungseinflüssen geschützte Aufbewahrung von Schlachtabfällen gem. dem BImSchG. Stand der Technik bei der Aufbewahrung von Schlachtabfällen und Schlachtnebenprodukten sei es, diese in gekühlten Räumen, Blut sogar bei einer aktiven Kühlung bis zu maximal 10°C, aufzubewahren. Die Überlegung, dass die Kühlung der Schlachtabfälle und Schlachtprodukte in Schlachtbetrieben deshalb nicht zu verlangen sei, weil Probleme angeblich erst in den Tierkörperverwertungsanstalten auftreten würden, berücksichtigten damit nicht die Forderung des BImSchG und des TierKBG. Immissionsschutz- und Tierkörperbeseitigungsrecht verlangten die Kühlung von Schlachtnebenprodukten und Schlachtabfällen bereits im Schlachtbetrieb (Niemann, a.a.O., S. 84 m.w.N.).

41

Neuere und speziellere Kenntnisse, die die Anwendung der Nr. 3.3.7.2.1 TA Luft hätten obsolet werden lassen, bzw. eine andersartige Regelung der Lagerung von Schlachtabfällen in anderen Rechtsnormen lagen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides nicht vor.

42

Das Abrücken von den in der TA Luft niedergelegten Standards stellt hohe Anforderungen an die dafür erforderlich Tatsachengrundlage. Nur   gesicherte   Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik können die Regelungen der TA Luft obsolet werden lassen, wenn sie den ihnen zugrunde liegenden Einschätzungen, Bewertungen und Prognosen den Boden entziehen (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2001 - 7 C 21/00 -, NVwZ 2001, 1165 (1166)). Die Klägerin selbst macht nicht geltend, dass die TA Luft im maßgeblichen Zeitpunkt bzgl. der Nr. 3.3.7.2.1 obsolet geworden wäre. Die neue TA Luft vom 24. Juli 2002, die am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten ist (GMBl. 2002, S. 511 ff.) – im Folgenden TA Luft 2002 -, deren erster Entwurf zur Novellierung der TA Luft 1986 vom 8. Dezember 2000 datiert, zeigt darüber hinaus, dass die Beklagte mit der von ihr verfügten Nebenbestimmung eine dem Stand der Technik entsprechende Maßnahme getroffen hat. Die nunmehr geltende Regelung bestimmt für Anlagen zum Schlachten von Geflügel sowie zum Schlachten sonstiger Tiere von mehr als 10 Mg (entspricht t: Tonne) Lebendgewicht je Tag, dass die Temperatur der Schlachtabfälle und Schlachtprodukte weniger als 10°C betragen soll oder diese grundsätzlich in Räumen mit einer Raumtemperatur von weniger als 5°C zu lagern sind. Schlachtabfälle und Schlachtnebenprodukte sind darüber hinaus am Schlachttag zur Tierkörperbeseitigungsanlage oder zu einer anderen dafür zugelassenen Anlage zu transportieren (Nr. 5.4.7.2 Lit. h) TA Luft 2002). Auch dies zeigt, dass die Beklagte eine dem Stand der Technik entsprechende Maßnahme getroffen hat, die bereits von der Nr. 3.3.7.2.1 TA Luft 1986 gedeckt war und nunmehr in der TA Luft 2002 in Nr. 5.4.7.2 Lit. h) explizit genannt wird.

43

Eine von der Klägerin behauptete andersartige Regelung in anderen Rechtsvorschriften liegt nicht vor.

44

Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe ihr gegenüber die Nebenbestimmung erlassen, weil es im Umfeld von Tierkörperbeseitigungsanlagen zu Geruchsbelästigungen gekommen sei, dies aber nicht zum Anlass dafür genommen werden dürfe, ihr gegenüber die Nebenbestimmung zu erlassen, so kann dem nicht gefolgt werden. Ziel des TierKBG ist es, Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse so zu beseitigen, dass die Gesundheit von Mensch und Tier nicht gefährdet, Gewässer etc. nicht verunreinigt, schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des BImSchG nicht herbeigeführt und die öffentliche Sicherheit und Ordnung sonst nicht gefährdet oder gestört werden (§ 3 Abs. 1 TierKBG). Die Beseitigung im Sinne des TierKBG umfasst nach § 1 Abs. 2 u.a. auch das Abholen, Sammeln, Befördern und Lagern von Tierkörpern, Tierkörperteilen und Erzeugnissen. Das TierKBG bestimmt allerdings in § 2 Abs. 2 selbst, dass das BImSchG in der jeweils geltenden Fassung unberührt bleibt. Das TierKBG will den Rechtsschutz zu Gunsten von Rechtsgütern gewährleisten, die bei der Beseitigung von Tierkörpern etc. einer Gefährdung ausgesetzt sein könnten. Ziel des BImSchG ist demgegenüber der anlagebezogene Umweltschutz. Es handelt sich demnach um objekt- bzw. quellenbezogenen Umweltschutz (vgl. § 2 BImSchG). Zu beachten ist demnach, dass das BImSchG und das TierKBG in unterschiedlichen Bereichen wirken (sollen), sich aber - wie aus § 2 Abs. 2 TierKBG folgt - sich gegenseitig in der Anwendung nicht ausschließen. Darüber hinaus trifft die TA Luft in Nr. 3.3.7.12.1 Lit. d) eine ähnliche Regelung wie in Nr. 3.3.7.2.1 für Anlagen zum Schlachten von Tieren. Bei Anlagen zur Tierkörperbeseitigung sowie Anlagen, in denen Tierkörperteile oder Erzeugnisse tierischer Herkunft zur Beseitigung in Tierkörperbeseitigungsanlagen gesammelt oder gelagert werden, sind die Abgase mit geruchsintensiven Stoffe einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen oder es sind „gleichwertige Maßnahmen zur Emissionsminderung anzuwenden“. Die Klägerin verweist auf § 13 TierKBG, wonach die Tierkörper, Tierkörperteile und Erzeugnisse getrennt von Abfällen bis zur Abholung durch den Beseitigungspflichtigen so zu verwahren sind, dass Menschen nicht unbefugt und Tiere nicht mit ihnen in Berührung kommen können. Sie sind vor Witterungseinflüssen geschützt aufzubewahren. Abgesehen davon, dass hiermit keine abschließende Regelung getroffen wird (§ 2 Abs. 2 TierKBG), ist auch Wärme bzw. Hitze ein Witterungseinfluss, den es seitens der Schlachtbetriebe durch Kühlung zu verhindern gilt.

45

Auch der Hinweis der Klägerin auf das Geflügelfleischhygienegesetz (GFlHG) und die darauf gestützte Geflügelfleischhygieneverordnung (GFlHV) verfängt nicht. Die Klägerin verweist auf eine Bestimmung in Kapitel 3, Nr. 8 der Anlage 2 zur Geflügelfleischhygieneverordnung, in der es u.a. heißt, dass insbesondere Federn und Abfälle unverzüglich in die dafür vorgesehenen Räume, Einrichtungen oder Behältnisse zu bringen und so zu behandeln sind, dass eine Keimverschleppung vermieden wird. Auch die erkennende Kammer kann wie die Klägerin sowohl dem GFlHG als auch der GFlHV keine Bestimmung entnehmen, wonach eine Anordnung der Kühlung von Schlachtabfällen getroffen wird. Für die Betriebe, in denen Geflügel geschlachtet wird, bestimmt Kapitel 3, Nr. 1.1.3 und 1.1.4 lediglich, dass diese mindestens über einen ausreichend großen Kühlraum für die Aufnahme des geschlachteten Geflügels und einen ausreichend großen Kühlraum für die Lagerung von vorläufig beschlagnahmtem Geflügelfleisch verfügen müssen. Zu berücksichtigen ist aber, dass das GFlHG und die GFlHV lediglich hygienische Anforderungen an das Behandeln, Zubereiten und in Verkehr bringen von Geflügelfleisch stellen, aber keine Anforderungen an einen anlagebezogenen Umweltschutz. Insoweit ist das GFlHG und die GFlHV offen. § 32 GFlHG bestimmt folgerichtig, dass u.a. die Vorschriften des TierKBG sowie die aufgrund dieser Gesetze erlassene Rechtsvorschriften unberührt bleiben. Durch den (weiteren) Hinweis in § 2 Abs. 2 TierKBG, dass das BImSchG in der jeweiligen Fassung unberührt bleibt, ist ersichtlich, dass das BImSchG und die in diesem Zusammenhang erlassenen Rechtsvorschriften weitergehende Anforderungen an die jeweilige Anlage stellen können. Dies ist vorliegend - wie oben aufgezeigt - geschehen.

46

Nach den obigen Ausführungen entsprach bzw. entspricht die der Änderungs-Genehmigung beigefügte Nebenbestimmung zur Lagerung der Schlachtabfälle bei einer maximalen Raumtemperatur von 5°C der TA Luft und nunmehr auch der TA Luft 2002. Dies gilt - wie noch zu zeigen sein wird - im Hinblick auf die gesamte Anlage der Klägerin, eine Aufspaltung der Nebenstimmung hinsichtlich des Altbestandes und des geänderten Teils der Anlage ist zur Überzeugung der Kammer nicht möglich.

47

aa) Die Vorsorge nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verlangt nicht, jede mögliche Maßnahme zur Erreichung der Ziele der Vorsorge zu ergreifen. Sie enthält demnach keine unbegrenzte Minimierungspflicht. Die zu treffende Vorsorge muss dem Risikopotenzial, dem sie begegnen soll, angemessen sein, und auf einem Konzept beruhen, dass auf eine einheitliche und gleichmäßige Durchführung angelegt ist (so bereits: BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1984 - 7 C 8/82 -, BVerwGE 69, 37 ff. = NVwZ 1984, 371 ff.). Dieses Minimierungskonzept ist in der TA Luft - hier Nr. 3.3.7.2.1 - angelegt. In Lit. a) bis c) erfolgt eine Konkretisierung der in Nr. 3.1.9 TA Luft angelegten Minimierungspflicht für geruchsintensive Stoffe. Nach Abs. 1 sind bei Anlagen, die bei bestimmungsgemäßem Betrieb oder wegen betrieblich bedingter Störanfälligkeit geruchsintensive Stoffe emittieren können, Anforderungen zur Emissionsminderung zu treffen. Genannt ist u.a. die geeignete Lagerung von Einsatzstoffen, Erzeugnissen und Reststoffen. Nach Abs. 2 sind geruchsintensive Abgase in der Regel Abgasreinigungseinrichtungen zuzuführen oder es sind gleichwertige Maßnahmen zu treffen. Diese Grundregel nimmt Nr. 3.3.7.2.1 TA Luft auf und bestimmt in Lit. c) die Abgase mit geruchsintensiven Stoffen u.a. aus Abfällen zu erfassen und einer Abgasreinigungseinrichtung zuzuführen oder gleichwertige Maßnahmen zur Emissionsminderung zu ergreifen. Zu beachten ist, dass nach der zuletzt genannten Vorschrift emissionsmindernde Maßnahmen zu ergreifen sind, während Nr. 3.1.9 Abs. 2 solche Maßnahmen lediglich „in der Regel“ fordert. Unter Berücksichtigung von Nr. 3.1.1 Abs. 1 TA Luft geht allerdings die speziellere Regelung in Nr. 3.3.7.2.1 der Bestimmung Nr. 3.1.9 vor.

48

Dass der Vorschriftengeber mit den in Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) genannten Maßnahmen dem Minimierungsgebot unter dem Gesichtspunkt der generellen Verhältnismäßigkeit nachgekommen ist, unterliegt keinem Zweifel. Die Behandlung von Schlachtabfällen und Schlachtnebenprodukten hat aus Emissionsschutzgründen aufgrund der hohen Geruchsintensität sehr sorgfältig zu erfolgen. Die Klägerin meint allerdings, dass die verfügte Nebenbestimmung nicht erforderlich sei, weil sie ein zumindest gleich geeignetes Austauschmittel angeboten habe. Bereits im Widerspruch weist die Klägerin darauf hin, dass sie seit Jahren die absolute Frische durch notfalls mehrmalige Abholung pro Tag garantiere. Jedwede Überhänge von einem auf den anderen Tag würden vermieden mit der Folge, dass es weder im Umfeld ihrer Anlage noch im Bereich der Tierkörperbeseitigungsanstalt zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen gekommen sei.

49

Dem kann nicht gefolgt werden.

50

Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zielt - wie bereits dargelegt - auf einen vorbeugenden Umweltschutz. Sie betrifft als "Vorsorge" den Bereich jenseits der nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zu erstellenden konkreten Immissionsprognose. Damit trägt sie (auch) dem Umstand Rechnung, dass die geltenden Emissionsgrenzwerte Restrisiken enthalten, die einerseits durch das anzuwendende Messverfahren bedingt sind und andererseits auf den noch lückenhaften Kenntnissen über die Schädlichkeit bestimmte Emissionen, ihre Langzeitwirkung sowie mögliche synergistische Effekte beruhen. Vorsorge im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ist daher jedenfalls dann geboten, wenn hinreichende Gründe für die Annahme bestehen, dass Emissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen und damit - auch wenn sich entsprechende Ursachenzusammenhänge im Einzelnen noch nicht eindeutig feststellen lassen - ein Gefahrenverdacht besteht. Das Vorsorgegebot des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG stellt darüber hinaus eine Art Gegengewicht zum Kompromisscharakter des in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG festgestellten Sicherheitsstandards und der damit verbundenen Risikogrenzen dar. Denn § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG schützt die Allgemeinheit sowie die Nachbarschaft nur vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen. Erheblich im Sinne dieser Vorschrift ist dabei alles, was unzumutbar ist. Der Rechtsbegriff der Zumutbarkeit führt nicht zu ein für alle Mal feststehenden Konfliktlösungen. Er setzt eine Abwägung und damit eine Bewertung der widerstreitenden Interessen voraus. In diesem Sinne stellt § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmte „Duldungsgrenzen“ auf. Die von einer genehmigungsbedürftigen Anlage verursachten Emissionen müssen sich unter Berücksichtigung der Vorbelastung im Rahmen dieser Grenzen halten. Ein derartiges Konzept setzt die Zuordnung von Immissionen zu bestimmten Emittenten voraus. Es verliert dort seine Wirkung, wo eine solche Zuordnung - wie beim Ferntransport von Luftschadstoffen - nicht mehr möglich ist. Den damit verbundenen Risiken kann nur mit Maßnahmen der Vorsorge begegnet werden. Sie sollen unabhängig von den geltenden Schädlichkeitsgrenzen das an Umweltqualität durchsetzen, was im Hinblick auf ein vorhandenes Potenzial an Vermeidungstechnologie realisierbar erscheint (BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 1995 - 7 B 112/94 -, NVwZ 1995, 994 (995); Jarass, a.a.O., § 5 Rdnr. 47 m.w.N.).

51

Das bedeutet zum einen, dass es auf eine konkrete Gefahr im Umfeld der Anlage der Klägerin nicht ankommt. Darüber hinaus erweist sich zum anderen das von der Klägerin angebotene Austauschmittel der im Zweifel mehrmaligen Abfuhr der anfallenden Schlachtabfälle als nicht wenigstens gleich geeignet, um dem Minimierungsgebot der TA Luft zu genügen. Denn selbst wenn eine zwei- oder mehrmalige Abholung der Schlachtabfälle zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, wird damit eine Geruchsemissionsminderung nicht im gleichen Umfange erreicht wie durch die durch die Nebenbestimmung angefochtene Regelung. Bei der angegriffenen Nebenbestimmung ist bei ordnungsgemäßer Umsetzung gewährleistet, dass die Schlachtabfälle unmittelbar nach Vollzug der Schlachtung in einen gekühlten Raum mit einer Raumtemperatur von maximal 5°C verbracht und bis zur Abholung gelagert werden. Die Entstehung von Gerüchen wird hierdurch unmittelbar nach der Schlachtung verhindert, quasi „im Keime erstickt“ bzw. auf das nach dem Stand der Technik mögliche Mindestmaß reduziert. Bei dem von der Klägerin angebotenen bzw. praktizierten „Austauschmittel“ ist dies - die Entstehung von Gerüchen - nicht (wenigstens) in gleichem Maße wie bei der Kühlung gewährleistet. Denn zwischen den jeweiligen Abholvorgängen setzt unmittelbar die Zersetzung der Schlachtabfälle und damit die Geruchsentwicklung ein, die durch die Kühlung unmittelbar verhindert werden soll bzw. wird. Vorsorge zu treffen gegen schädliche Umwelteinwirkungen bedeutet aber - wie oben ausgeführt - bereits Maßnahmen gegen das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen zu treffen und zwar vor allem durch Maßnahmen an der Quelle, jeweils nach dem möglichen Stand der Technik und unabhängig von dem Schutzbedürfnis der Nachbarschaft. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass es auch zu Ausfällen der Transportmöglichkeiten für die Schlachtabfälle kommen kann, die es durch die getroffene Regelung abzumildern gilt.

52

Allerdings – darin ist der Klägerin zuzustimmen - ist die Emissionsminderungspflicht wie jede Vorsorge dadurch begrenzt, dass sie nach Umfang und Ausmaß dem Risikopotenzial der Immissionen, die sie verhindern soll, proportional seien muss (BVerwG, Beschluss vom 30. August 1996 - 7 VR 2/96 -, NVwZ 1997, 497 (499 m.w.N.)). Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, dass der Vorschriftengeber das Maß der geforderten Vorsorge in Bezug auf den Durchschnittsbetreiber als generell verhältnismäßig bewertet hat. Folglich kommt eine weitere, in besonderer Weise auf den individuellen wirtschaftlichen Aufwand abstellende Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall nur bei atypischen Sachverhaltslagen in Betracht (BVerwG, a.a.O.). Zu Gunsten der Klägerin unterstellt die Kammer vorliegend einen atypischen Sachverhalt, weil der Vorschriftengeber das Maß der durch den Vorsorgegrundsatz in Nr. 3.3.7.2.1 Lit. c) verlangten Emissionsminderung nicht durch einen - im Bereich der Geruchsemission allerdings gegenwärtig nicht möglichen - bestimmten Grenzwert konkretisiert und damit den Weg zu einer auf den konkreten Einzelfall abstellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung eröffnet hat. Zu berücksichtigen ist bei dieser individuellen Prüfung der Angemessenheit der betreffenden Emissionsminderungsmaßnahmen zunächst die in Nr. 4.2.11 der TA Luft zum Ausdruck gebrachte generelle Bewertung des Vorschriftengebers, wonach bei Anlagen, die die (sonstigen) emissionsbezogenen Anforderungen zur Vorsoge gegen schädliche Umwelteinwirkungen nicht erfüllen, nachträgliche Anordnungen spätestens nach Ablauf der in Nr. 4.2.4 genannten Frist (1. März 1994) abgeschlossen sein müssen. Diese Frist war bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Ausgangsverfügung am 23. März 1999 verstrichen mit der Folge, dass die Beklagte die Klägerin mit einer allerdings recht kurzen - nunmehr seit langem verstrichenen - Umsetzungsfrist auffordern durfte, die verfügte Nebenbestimmung umzusetzen.

53

Dass die Geruchsemissionen durch die verfügte Nebenbestimmung deutlich verringert werden können, steht für die erkennende Kammer unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen fest und zieht auch die Klägerin nicht in Zweifel. Dem von der Anlage ausgehenden Besorgnispotenzial steht der Aufwand gegenüber, der sich aus der von der Beklagten geforderten Maßnahme zur Minderung der Geruchsemissionen ergibt. Der Geschäftsführer der Klägerin hat den Aufwand für die Umsetzung der Nebenbestimmung in der mündlichen Verhandlung mit ca. 300.000 € beziffert. Zwar hat er ebenso darauf hingewiesen, dass das Unternehmen einen Jahresumsatz in Höhe von ca. 40 Mio. € tätige, ein Gewinn aber seit zwei Jahren nicht mehr erzielt werden könne. Der Beurteilung der Angemessenheit dieses Aufwands sind aber wegen der gebotenen Wettbewerbsneutralität immissionsschutzrechtlicher Anordnungen die Verhältnisse eines wirtschaftlich gesunden Durchschnittsbetriebes zu Grunde zu legen. In Rechnung gestellt werden müssen auch die wirtschaftlichen Vorteile, die der Klägerin dadurch erwachsen sind, dass sie es bislang - knapp vier Jahre seit Ablauf der Umsetzungsfrist am 30. Juni 1999 - unterlassen hat, ihre Anlage an den Stand der Technik anzupassen (vgl. zu den genannten Gesichtspunkten: BVerwG, Beschluss vom 30. August 1996 - 7 VR 2/96 -, NVwZ 1997, 497 (500)).

54

Die erkennende Kammer geht davon aus, dass der Klägerin durch die verfügte Nebenbestimmung keine unverhältnismäßigen Kosten aufgebürdet werden, zumal die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Kosten - hätte die Klägerin die Nebenbestimmung sogleich mit den Erweiterungsmaßnahmen vollzogen - geringer ausgefallen wären. Schließlich können die erforderlichen Emissionsminderungsmaßnahmen nicht deswegen unterbleiben, weil das jeweilige die Anlage betreibende Unternehmen in einen – hier unterstellten - Kostendruck gerät. Dieser muss ggf. durch betriebswirtschaftliche Maßnahmen oder über den Marktpreis der produzierten Güter aufgefangen werden.

55

bb) Die angefochtene Nebenbestimmung ist schließlich auch insoweit rechtlich nicht zu beanstanden, als sie anordnet, dass die gesamten anfallenden Schlachtabfälle einer Kühlung zugeführt werden müssen. Soweit die Nebenbestimmung sich auf die quantitative Erhöhung der Schlachtzahlen von 6.000 auf 9.000 Stück/Tag bezieht, bestehen nach den obigen Ausführungen keine rechtlichen Bedenken. Aber auch soweit die Nebenbestimmung die Schlachtabfälle aus der bestehenden Genehmigung vom 4. August 1996 betrifft, erweist sie sich als rechtsfehlerfrei.

56

Bei der Festlegung der Anforderungen, die - wie hier - allein der Vorsorge dienen, ist gemäß Nr. 2.2.3.2 Satz 2 der TA Luft zu prüfen, inwieweit auch bei den Anlagenteilen und Verfahrensschritten, auf die sich die Änderungen auswirken, die sich nach Nr. 3 - hier Nr. 3.3.7.2.1 - ergebenden Anforderungen in vollem Umfang zu verlangen sind. Zwar ist es nicht Sinn des für die wesentliche Änderung geltenden Genehmigungsvorbehalts, jeweils - ohne sachliches Erfordernis - den gesamten bei der erstmaligen Errichtung und Inbetriebnahme einer Anlage anfallenden Prüfungsaufwand erneut auszulösen. Es geht vielmehr darum sicherzustellen, dass die geänderte Anlage bzw. ihr geänderter Betrieb den Genehmigungsvoraussetzungen genügt. Bei einem Änderungsvorhaben bezieht sich die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen dementsprechend zunächst auf die zu ändernden Anlagenteile oder betrieblichen Verfahrensschritte. Darüber hinaus erstreckt sie sich aber auch auf diejenigen Anlagenteile und Verfahrensschritte der genehmigten Anlage, auf die sich die Änderung auswirkt (Nr. 2.2.3.2 Satz 2 TA Luft). Eine Einschränkung des Gegenstandes der behördlichen Prüfung kann sich somit im Einzelfall daraus ergeben, dass die Änderung faktisch nicht notwendig die gesamte Anlage und ihren Betrieb beeinflusst. Die rechtliche Bindungswirkung der Ausgangsgenehmigung ist für die Einschränkung des Prüfungsumfangs nicht maßgebend. Vielmehr verhält es sich umgekehrt so, dass deren Bindungswirkung entfällt, soweit die Auswirkungen der Änderung reichen. Welche Anlagenteile und Verfahrensschritte im Änderungsgenehmigungsverfahren in den Blick zu nehmen sind, lässt sich abstrakt nicht näher umschreiben, sondern richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Die zu diesem Problemkreis bisher vorliegende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts enthält den Hinweis, dass den in den Genehmigungsvoraussetzungen enthaltenen Prüfungsmaßstäben Kriterien für den jeweiligen Umfang der behördlichen Prüfung entnommen werden können. So hat etwa der 4. Senat in einem Urteil vom 11. Februar 1977 - es ging um eine genehmigungsbedürftige Anlage im Sinne des BImSchG, mithin um die Beurteilung der von Emissionen bzw. Immissionen hervorgerufenen schädlichen Umwelteinwirkungen - den Rechtssatz aufgestellt, dass in der Reichweite der qualitativen Änderung sämtliche von der Anlage ausgehenden Emissionen als unmittelbarer Prüfungsgegenstand zu würdigen sind (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - IV C 9.75 -, Buchholz 406.25 § 4 BImSchG Nr. 2 = NJW 1978, 64 ff.). Dies hat der 7. Senat insofern bestätigt, als er selbst für den Fall einer Anlagenerweiterung davon ausgegangen ist, dass auch den nicht geänderten Teil der Altanlage betreffende Nebenbestimmungen im Rahmen einer Änderungs-Genehmigung angeordnet werden dürfen, wenn die mit der Änderung verbundenen Immissionen von denen der Altanlage nicht zu trennen sind (BVerwG, Beschluss vom 29. Oktober 1984 - 7 B 150/84 -, Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 3 = NVwZ 1985, 750 (751)). Obwohl die Unterscheidung zwischen qualitativen und quantitativen Änderungen nicht unumstritten ist, hat das Schrifttum dieser Rechtsprechung im Ergebnis zugestimmt (z.B. Jarass, a.a.O., § 16 Rdnr. 31 m.w.N.; Czajka, in: Feldhaus, BImSchGR-Kommentar, 112. Ergänzungslieferung, Mai 2003, § 16 Rdnr. 89 ff.; Sellner, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht-Kommentar, Band I, Stand: Januar 2003, § 16 Rdnr. 150 ff. m.w.N.).

57

Vorliegend handelt es sich nicht nur um eine - wie die Klägerin meint - quantitative Änderung im Sinne der Erhöhung der Schlachtzahlen von 6.000 auf 9.000 Puten täglich, sondern unter Berücksichtigung der Angaben der Klägerin gegenüber der Beklagten im Änderungs-Genehmigungsverfahren ebenfalls um eine qualitative Änderung. In einem Schreiben vom 12. Januar 1999 weist die Klägerin darauf hin, dass durch die geplante Erhöhung der Schlachtleistung keine wesentlich höheren Immissionen anfallen würden. „Die neue geplante Putenschlachtanlage wird nach dem neuesten technischen Standard ausgerüstet sein.....Eine erhöhte Geruchsimmission wird nur geringfügig anfallen, weil die neue Schlachtanlage stündlich 1.100 bis 1.200 Tiere schlachtet bei weiterhin 8 Stunden täglich“. Mit Schreiben vom 18. Januar 1999 weist die Klägerin zudem darauf hin, dass die genaue Gestaltung der Untersuchungsplätze für die Geflügelfleischuntersuchung mit dem Veterinäramt des Landkreises Vechta geplant und entsprechend gestaltet werde. Im Zuge der Umbaumaßnahmen werde auch die Transporthakenreinigungsanlage nach Absprache mit dem Landkreis und unter Berücksichtigung aller Vorschriften errichtet. Zur Zeit seien bereits Kühlräume vorhanden, die für eine tägliche Kühlkapazität von 7.500 bis 8.000 Schlachtkörpern ausreichen würden. Im Zuge der genehmigten Erweiterung würden neue (zusätzliche) Kühlräume entstehen. Hiernach steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es sich bei der nunmehr bereits umgesetzten Änderungs-Genehmigung nicht nur um eine quantitative Änderung der Anlage gehandelt hat, sondern insbesondere durch den Einbau einer neuen Putenschlachtanlage mit einer Schlachtkapazität von 1.100 bis 1.200 Tieren pro Stunde, die überhaupt erst die Erhöhung der Schlachtkapazität ermöglicht, auch um eine qualitative Änderung der Anlage. Darüber hinaus sind - wie angeführt - weitere Bau- und Umbaumaßnahmen durchgeführt worden.

58

Aber selbst wenn lediglich eine quantitative Änderung der Anlage vorläge, dann war die Beklagte unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsprechung, der die Kammer folgt, berechtigt, die Nebenbestimmung im Hinblick auf die gesamten Anlage zu erlassen. Denn die mit der Änderung – Erhöhung der Schlachtzahlen um 3.000 Stück/Tag – verbundenen Geruchsemissionen bzw. –immissionen können nicht von denen aufgrund der ‚Altgenehmigung’ – 6.000 Stück/Tag - getrennt werden. Es wäre zudem ein absurdes und nicht nachvollziehbares Ergebnis, wenn man der Klägerin von Rechts wegen aufgeben könnte, die Schlachtabfälle von 3.000 Puten/Tag einer Kühlung zuzuführen, die Schlachtabfälle aufgrund der ‚Altgenehmigung’ – 6.000 Puten/Tag – aber von der Nebenbestimmung im Rahmen einer Änderungsgenehmigung ausnehmen müsste. Die Klägerin liefe zudem Gefahr alsbald mit einer nachträglichen Anordnung bzgl. des Altbestandes überzogen zu werden und könnte dieser nachträglichen Anordnung dann evtl. entgegenhalten, dass diese rechtswidrig sei, weil es angezeigt gewesen wäre, die Schlachtabfälle aufgrund der ‚Altgenehmigung’ im Rahmen der Änderungsgenehmigung einer Regelung zu unterwerfen. Aber selbst wenn eine nachträgliche Anordnung mangels wirtschaftlicher Vertretbarkeit von vornherein ausgeschlossen wäre, könnte die Beklagte die Nebenbestimmung auch bzgl. des Altbestandes erlassen, da hier die mit der Änderung verbundene Emissionen von denen der Altanlagen nicht zu trennen sind.

59

Unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung und der angeführten Kommentar-Literatur war die Beklagte demnach berechtigt, auch bezüglich der alten - bereits genehmigten - Kapazität in Höhe von 6.000 Puten täglich die angefochtene Nebenbestimmung zu erlassen. Durch den Einbau einer neuen Schlachtstraße und durch die weiteren Baumaßnahmen hat die Klägerin den Regelungsgehalt der Ausgangsgenehmigung aus dem Jahr 1996 quasi für eine allumfassende Nebenbestimmung geöffnet. Die Erhöhung der Schlachtkapazität in Höhe von 3.000 Puten pro Tag geht einher mit einer qualitativen Änderung der Anlage mit der Folge, dass die Nebenbestimmung der Lagerung von Schlachtabfällen in Räumen mit einer maximalen Raumtemperatur von 5°C sich auch auf den mit der Altgenehmigung aus dem Jahre 1996 genehmigte Schlachtzahl in Höhe von 6.000 Puten pro Tag beziehen durfte.

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Nach alledem erweist sich die angegriffene Nebenbestimmung der gekühlten Lagerung von Schlachtabfällen in Räumen mit einer maximalen Raumtemperatur von 5°C als rechtmäßig.

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Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag war nicht zu entsprechen. Zur Begründung verweist die Kammer auf die Sitzungsniederschrift.

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Schließlich sind auch die sich aus der Nebenbestimmung II. 1.4 ergebenden weiteren Verpflichtungen der Klägerin zur kontinuierlichen Messung der Raumtemperatur, der Aufzeichnung, der 18-monatigen Aufbewahrung und der Vorlage der Aufzeichnungen auf Verlangen rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit handelt es sich um Nebenpflichten bzw. Hilfspflichten, um die Einhaltung der auferlegten Nebenbestimmung (Kühlung der Schlachtabfälle) sicherzustellen (Kutscheidt, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 6 Rdnr. 40; Nr. 2.2.1.4 Abs. 1 Satz 2 TA Luft). Hiernach ist aufgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG im Einzelfall zu entscheiden, ob sonstige Maßnahmen zur Vorsorge erforderlich sind. Es ist von der Klägerin weder dargetan noch ersichtlich, dass der Beklagten insoweit Rechtsfehler unterlaufen wären.