Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 04.11.1992, Az.: 18 L 8485/91
Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei Verstößen gegen Arbeitszeitregelungen; Dulden von Überstunden als Anordnung der Dienststelle; Nichteinhaltung der Mittagspausen und Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit; Kollektive Regelung bei Überzeitarbeit; Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei Überstunden
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 04.11.1992
- Aktenzeichen
- 18 L 8485/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 17931
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:1104.18L8485.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Braunschweig - 29.10.1991 - AZ: 12 A 26/91
Rechtsgrundlagen
Redaktioneller Leitsatz
Eine kollektive Maßnahme ist nicht schon dann anzunehmen, wenn sie eine Mehrzahl von individuell betroffenen Beschäftigten, sondern nur dann, wenn sie eine nach abstrakten Merkmalen festgelegte und abgegrenzte allgemeine "Gruppe" von Mitarbeitern betrifft.
Der 18. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen - hat
im Termin zur Anhörung am 4. November 1992
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Dembowski,
den Richter am Oberverwaltungsgericht Schwermer und
die Richterin am Verwaltungsgericht Kaiser sowie
die ehrenamtlichen Richter Dr. Gatz und Kükelhahn
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 29. Oktober 1991 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Bei der Dienststelle ... der ..., bei der der Antragsteller gebildet ist, bestehen neben der Hauptniederlassung neun weitere Niederlassungen, zu denen die Niederlassung ... -stadtmitte, ..., und Gruppe ... gehören. Die Arbeitszeit der Dienststelle ist durch eine zwischen dem Gesamtpersonalrat und dem Vorstand der Hauptdienststelle ... geschlossene Gleitzeitvereinbarung geregelt. Darin ist vorgeschrieben, daß die Arbeitspausen einzuhalten sind sowie daß die Höchstarbeitszeit pro Tag ohne Pausen zehn Stunden beträgt.
Nach entsprechender Aufforderung legte die Dienststelle dem Antragsteller 89 Gleitzeiterfassungskarten (bis auf fünf die Karten von allen Mitarbeitern) für den Monat Dezember 1990 vor. Bei deren Auswertung stellte der Antragsteller u. a. fest, daß in 51 Fällen in verschiedenen Bereichen der Dienststelle täglich mehr als zehn Stunden gearbeitet worden sei. Außerdem seien in verschiedenen Bereichen insgesamt zehnmal dienstlich veranlaßte Aktivitäten, wie zentrale Geldversorgung oder die Bestückung des Geldautomaten, in der Mittagspause erledigt worden, ohne daß durch Arbeitsanweisungen sichergestellt worden sei, daß die betroffenen Mitarbeiter ihre Mittagspausen zu anderen Zeiten hätten nehmen können.
Nachdem ein Schriftwechsel zwischen dem Antragsteller und dem Beteiligten nicht zu einer Klärung der Angelegenheit geführt hatte, hat der Antragsteller am 12. Juni 1991 das Beschlußverfahren eingeleitet, mit dem er zunächst die Feststellung der Verletzung seines Mitbestimmungsrechts für insgesamt fünf Komplexe von Verstößen gegen die Arbeitszeitregelungen begehrt hat. Zu drei Komplexen hat der Beteiligte diese Verletzung eingeräumt, so auch die Überschreitung des Gleitzeitrahmens und die teilweise Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit anläßlich einer Vorstandsveranstaltung am 3. Dezember 1990. Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren nach Erledigungserklärung mit Beschluß vom 29. Oktober 1991 insoweit eingestellt.
Der Antragsteller hat zu dem aufrechterhaltenen Begehren im wesentlichen geltend gemacht: Die festgestellten Fälle von Arbeit in der Mittagspause und von über zehn Stunden täglich verstießen gegen die Gleitzeitvereinbarung und stellten damit eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds. PersVG dar. Außerdem seien Anordnungen getroffen bzw. Zustände zugelassen worden, die sein Beteiligungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG verletzten. Ob die Nichtbeachtung der Gleitzeitordnung bzw. Einhaltung der Mittagspausen angeordnet worden sei oder auf der Eigeninitiative der Mitarbeiter beruhe, sei unerheblich, da allein ein dem Beteiligten bekannter erhöhter Arbeitsaufwand und eine hierfür zu geringe Personalausstattung zu den Verstößen geführt hätten.
Der Antragsteller hat beantragt
festzustellen, daß sein Mitbestimmungsrecht dadurch verletzt worden ist,
- 1.
daß der Beklagte angeordnet bzw. zugelassen hat, daß in den Kundenbereichen, und zwar Niederlassung ... fünfmal, Gruppe ... fünfmal, Kundenbereich Hauptniederlassung achtmal, Niederlassung Stadtmitte sechzehnmal, Niederlassung ... achtzehnmal, über eine tägliche Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden hinaus gearbeitet wurde und
- 2.
daß in dem Bereich Gruppe ..., Servicebereich, Niederlassung ... jeweils einmal, in der Niederlassung Stadtmitte siebenmal die einhalbstündige Mittagspause nicht eingehalten wurde.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat erwidert: Es sei nicht feststellbar, ob die vom Antragsteller gerügten Verstöße wegen Überschreitung der Höchstarbeitszeit bzw. Nichteinhaltung der Mittagspause arbeitgeberseitig angeordnet bzw. veranlaßt worden seien, weil der Antragsteller nicht konkret genug vorgetragen habe Zwischenzeitlich seien aber alle Mitarbeiter auf die Einhaltung der Gleitzeitordnung hingewiesen worden.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluß vom 29. Oktober 1991 zurückgewiesen, mit im wesentlichen folgender Begründung:
Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers könne nicht festgestellt werden. Der Beteiligte habe insbesondere nicht gegen die Vorschriften des § 75 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nds. PersVG verstoßen. Es sei nicht ersichtlich, daß der Beteiligte für eine Gruppe von Bediensteten - z. B. eine Organisationseinheit - eine Regelung der Arbeitszeit bzw. der Mittagspause getroffen oder Überstunden angeordnet habe. Die reine Tatsache, daß Mitarbeiter trotz ihrer Mittagspause dienstliche Aufgaben erledigten und entweder durch eine individuelle Verteilung ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit oder durch die Ableistung entsprechender zusätzlicher Überstunden an einem oder mehreren Tagen mehr als zehn Stunden arbeiteten, erfülle nicht den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nds. PersVG. Allein der Umstand, daß der Beteiligte dieses Verhalten der Mitarbeiter nicht unterbunden habe, stelle keine Regelung, erst recht keine kollektive Gruppenregelung dar. Der Beteiligte habe auch keine anderen Mitbestimmungsrechte des Antragstellers verletzt, selbst wenn er die Einhaltung der Gleitzeitregelungen nicht in dem erforderlichen Maß überwacht bzw. Verstöße gegen die Gleitzeitregelungen zugelassen haben sollte. Die Gleitzeitvereinbarung sei mit dem Gesamtpersonalrat ausgehandelt worden. Daraus ließen sich keine Rechte des Antragstellers auf Überwachung dieser Vereinbarung durch den Beteiligten herleiten. Ein Mitbestimmungsrecht ergebe sich auch nicht aus § 67 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG, wonach der Antragsteller das Recht habe, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Bediensteten geschaffenen Bestimmungen durchgeführt würden. Dazu zählten zwar auch die Schutzbestimmungen in der Gleitzeitvereinbarung. Aus dieser Vorschrift folge aber nur das Recht des Antragstellers, sich mit entsprechenden Anregungen und Hinweisen an den Beteiligten zu wenden. Die Überwachungsaufgabe vermittele keinen Rechtsanspruch darauf, daß der Dienststellenleiter die betreffenden Vorschriften gegenüber den Beschäftigten tatsächlich auch einhalte und durchführe. Es bestehe keine Möglichkeit, Meinungsverschiedenheiten über die Handhabung der genannten Bestimmungen gerichtlich nachprüfen zu lassen.
Gegen den ihm am 12. November 1991 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 10. Dezember 1991 Beschwerde eingelegt und diese am 18. Dezember 1991 begründet. Hierzu vertieft er sein bisheriges Vorbringen unter Vorlage von Listen, aus denen sich Einzelheiten der gerügten Verstöße ergeben, und trägt ergänzend vor: Der Beteiligte habe das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nds. PersVG dadurch verletzt, daß er die Mehrarbeit nicht unterbunden, sondern entgegengenommen, bezahlt und erwartet habe. Hierin liege eine Anordnung im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG. Als Dienststellenleiter habe der Beteiligte ein Weisungsrecht. Er müsse die Dienststelle organisieren, und er führe die Dienstvereinbarung durch. Wäre das Dulden von Überstunden keine "Anordnung" im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG, könnte der Dienststellenleiter das Mitbestimmungsrecht des Personalrats leicht unterlaufen. Die dargestellte Anordnung von Mehrarbeit habe auch kollektiven Charakter. Dafür sei nicht Voraussetzung, daß die Regelung für eine Gruppe von Beschäftigten getroffen worden sei. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten sei nur ein Indiz für eine kollektive Regelung. Ein kollektiver Tatbestand liege dann vor, wenn die Angelegenheit kollektiv die Interessen der Bediensteten berühre. Bei einem zusätzlichen Arbeitsanfall, der bei dem Beteiligten verschiedene Ursachen gehabt habe, wie z. B. insbesondere die langen Öffnungstage, sei zu entscheiden, ob Mehrarbeit geleistet oder ob eine Neueinstellung vorgenommen werden solle. Auch müsse die Auswahl der Bediensteten, die zu Mehrarbeit herangezogen würden, geregelt werden. Der kollektive Charakter der Regelung ergebe sich auch aus der Zahl der von der Mehrarbeit Betroffenen. In zwei Niederlassungen seien alle im fraglichen Zeitraum Beschäftigten einbezogen gewesen, soweit sie nicht erkrankt oder als Halbtagskraft (jeweils ein Mitarbeiter) aus dem Kreis der Betroffenen ausgeschieden seien. Daneben sei er als Personalrat berechtigt, die in der Abweichung von der Gleitzeitvereinbarung liegende Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds. PersVG geltend zu machen. Die Anordnungen seien vom Dienststellenleiter getroffen worden und hätten sich ausschließlich auf die Dienststelle bezogen, wodurch die Zuständigkeit des Personalrats begründet werde. Auch eine dienststellenseitige Maßnahme, die nicht unmittelbar und explizit eine Änderung der festgelegten Arbeitszeit darstelle, könne eine Regelung im Sinne des Nds. PersVG sein.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses
- 1.
festzustellen, daß sein Mitbestimmungsrecht dadurch verletzt wird, daß der Beteiligte anordnet bzw. zuläßt, daß in den Kundenbereichen über eine tägliche Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden hinaus aus folgenden Anlässen gearbeitet wird, nämlich:
langer Donnerstag,
langer Dienstag,
Füllung des Geldautomaten,
Abrechnung der Kasse;
- 2.
festzustellen, daß sein Mibestimmungsrecht dadurch verletzt wird, daß der Beteiligte anordnet bzw. zuläßt, daß von Beschäftigten die halbstündige Mittagspause aus folgenden Anlässen nicht eingehalten wird, nämlich:
Versorgung des Geldautomaten,
Leerung des Nachttresors,
Entgegennahme zentraler Geldversorgung,
angeordneter Kurierfahrten,
sowie Abrechnen der Kasse.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er tritt dem Vorbringen des Antragstellers entgegen und erwidert: Die Nichteinhaltung der Mittagspause betreffe (wenige) Einzelfälle, wie sie notwendigerweise in jedem Betrieb von Zeit zu Zeit vorkämen, wenn die Beschäftigten im Rahmen gleitender Arbeitszeit Beginn und Ende der Arbeit und eventueller Pausen selbst bestimmen könnten. Bei Durchsicht der Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit falle auf, daß ca. 60 % der gerügten Verstöße einen sog. langen Donnerstag beträfen und daß die Überschreitung der Mehrarbeitsgrenze im Bereich von 10,1 bis 10,5 Stunden in 21 Fällen sehr gering sei. Aus der Sicht der Dienststelle seien mit 61,75 Standardstellen (Stand Anfang 1990) und zusätzlich drei (zeitweilig zwei) weiteren außerplanmäßigen Mitarbeitern die notwendigen Maßnahmen ergriffen worden, um den infolge der Deutschen Einheit aufgetretenen Arbeitsmehranfall, zu bewältigen. Die permanente Nichterledigung der anfallenden Arbeit im Rahmen der täglichen Arbeitszeit sei der Dienststelle nicht ersichtlich gewesen. Der Personalrat sei nicht vorstellig geworden und habe sich nicht um Abhilfe bemüht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Das im Beschwerdeverfahren verfolgte, allgemein gehaltene Begehren auf Feststellung, daß das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers in den genannten Fällen von Überschreitung der täglichen Höchstarbeitszeit und Nichteinhaltung der Mittagspausen verletzt werde, stellt eine zulässige Modifizierung der auf entsprechende konkrete Vorgänge in der Vergangenheit bezogenen im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Anträge dar und ist nicht als Antragsänderung anzusehen (hierzu: BVerwG, Beschl, v. 10.1.1991 - BVerwG 6 P 14.88 -, PersR 1991, 137 = DVBl 1991, 707 unter Hinw. auf Beschl, v. 5.10.1989 - BVerwG 6 P 2.88 -, Buchholz 250 § 19 BPersVG Nr. 5). Hierfür besteht auch ein Rechtsschutzinteresse.
Anknüpfungspunkt ist zwar ein abgeschlossener Vorgang. Sowohl die konkrete Mehrarbeit als auch die konkrete Mittagspausenarbeit im Dezember 1990 haben sich durch Zeitablauf schon vor Einleitung des Beschlußverfahrens erledigt. Nach Abschluß des den Streit auslösenden Vorgangs ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein fortdauerndes schutzwürdiges Interesse an der gerichtlichen Klärung der personalvertretungsrechtlichen Streitfrage aber auch dann zuzubilligen, wenn sich der Vorgang erfahrungsgemäß wiederholen wird oder wenn tatsächliche Vorgänge mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, in denen sich die gleiche Rechtsfrage wiederum stellen wird (so schon: BVerwG, Beschl, v. 12.2.1986 - BVerwG 6 P 25.84 -, PersV 1986, 327; aus jüngerer Zeit: Beschl, v. 2.6.1992 - BVerwG 6 P 14.90 -, PersR 1992, 359). Unter diesem letztgenannten Aspekt ist das Rechtsschutzinteresse hier gegeben. Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob es sich bei der von den Beschäftigten aufgrund eines erhöhten Arbeitsanfalls ohne ausdrückliche Anordnung über den Gleitzeitrahmen hinaus geleisteten Mehrarbeit sowie bei der durch auferlegte Sonderaufgaben eingetretenen Verkürzung bzw. dem vollständigen Fortfall der Mittagspause um mitbestimmungspflichtige Tatbestände handelt.
Daß derartige Fälle sich wiederholen werden, ist schon nach dem Vorbringen des Beteiligten wahrscheinlich. Dieser weist darauf hin, daß Verstöße gegen die Gleitzeitregelungen in jedem Betrieb notwendigerweise von Zeit zu Zeit vorkommen, auch wenn die Beschäftigten zur Einhaltung der Gleitzeitordnung aufgefordert worden seien. Dabei ist es auch zu erwarten, daß derartige Vorfälle aus den im Antrag genannten Anlässen erfolgen werden.
Die Fachkammer hat im Ergebnis zu Recht eine Verletzung der aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nds. PersVG geltend gemachten Mitbestimmungsrechte des Antragstellers verneint.
Der auf die Mitbestimmungspflichtigkeit "der Anordnung" von Überzeitarbeit gerichtete Feststellungsantrag ist allerdings nicht schon deshalb unbegründet, weil die Anordnung von Überstunden als solche nicht der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, sondern mitbestimmungspflichtig lediglich deren Umsetzung in die Sphäre der Mitarbeiter ist (vgl. BVerwG, Beschl, v. 9.10.1991 - BVerwG 6 P 12.90 -, PersR 1992, 16, 17; Beschl, v. 8.5.1992 - BVerwG 6 P 22.91 -, PersR 1992, 357). Der Antrag entspricht dem Gesetzeswortlaut des § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG. Er ist deshalb als auf die Feststellung der durch diese Vorschrift inhaltlich eingeräumten Mitbestimmung gerichtet auszulegen.
1.
In der Sache hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß sowohl für den Mitbestimmungsfall des § 75 Abs. 1 Nr. 1 als auch für den des Nr. 2 Nds. PersVG eine kollektive Regelung vorliegen muß, an der es in bezug auf die von dem Antragsteller angeführte Überzeitarbeit fehlt.
Nach ihrem Sinngehalt beziehen sich die genannten Mitbestimmungstatbestände nur auf generelle Regelungen, die für die Beschäftigten einer Dienststelle insgesamt oder jedenfalls für eine Gruppe von Beschäftigten die tägliche Arbeitszeit festlegen. Zweck dieser Mitbestimmung als Mittel des kollektiven Schutzes ist es, die berechtigten Belange aller Mitarbeiter mit den dienstlichen Erfordernissen in Einklang zu bringen, nicht aber, das Wohl einzelner Bediensteter zu fördern (Dembowski/Ladwig/Sellmann, Das Personalvertretungsrecht in Niedersachsen, Stand 12/91, § 75 Rdnr. 13 und 24; auch Spohn/Bieler/Müller-Fritzsche, Nds.PersVG, 5. Aufl., 1992, § 75 Rdnr. 8 und 17 jeweils m.w.N.). An dieser vom Senat geteilten ständigen Rechtsprechung hält das Bundesverwaltungsgericht auch in seinen jüngsten Entscheidungen zu dieser Problematik fest (Beschl, v. 2.6.1992, a.a.O. S. 359; Beschl, v. 9.10.1991 a.a.O. S. 18; zu der inhaltlich vergleichbaren Vorschrift des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ebenso: BAG, Beschl, v. 27.11.1990 - 1 ABR 77/89 - NZA 1991, 382, 383). Eine kollektive Maßnahme ist danach nicht schon dann anzunehmen, wenn sie eine Mehrzahl von individuell betroffenen Beschäftigten, sondern nur dann, wenn sie eine nach abstrakten Merkmalen festgelegte und abgegrenzte allgemeine "Gruppe" von Mitarbeitern betrifft (BVerwG, Beschl, v. 2.6.1992, a.a.O.).
Wie die Vorfälle im Dezember 1990 zeigen, läßt sich bei der Überschreitung der täglichen Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden aus Anlaß des "langen" Donnerstags bzw. Dienstags, der Füllung des Geldautomaten oder der Kassenabrechnung keine Gruppenbezogenheit in dem genannten Sinn feststellen. Die in der vom Antragsteller vorgelegten Auflistung genannten Bankangestellten lassen sich keiner geschlossenen Gruppe zuordnen. Die auf sie zutreffenden Merkmale sind auch bei anderen Beschäftigten der Dienststelle erfüllt, die an der Überzeitarbeit nicht teilgenommen haben.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers (so auch Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand 8/92, § 75 Rdnr. 122 a) ist der weitergehenden Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (a.a.O.) nicht zu folgen, wonach ohne Rücksicht auf die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer ein kollektiver Tatbestand bereits dann vorliege, wenn sich eine Regelungsfrage stelle, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs berühre, was bereits dann der Fall sei, wenn ein zusätzlicher Arbeitsbedarf - auch nur vorübergehend - regelmäßig auftrete. Diese Grundsätze können für das Personalvertretungsrecht schon deshalb nicht herangezogen werden, weil die Auswirkungen einer solchen Situation auf das Mitbestimmungsrecht denen nach dem Betriebsverfassufngsrecht nicht vergleichbar sind. Soweit das Bundesarbeitsgericht als Anknüpfungspunkt der angenommenen gesamtbetrieblichen Auswirkung darauf hinweist, bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf sei immer die Frage zu regeln, ob und in welchem Umfang Überstunden geleistet werden sollen oder ob die Neueinstellung eines Arbeitnehmers zweckmäßiger wäre, und wann und von wem die Überstunden geleistet werden sollen, so handelt es sich um Regelungsbereiche, die dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats entzogen sind.
Obwohl § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG einschränkungslos formuliert ist, gewährt er (bei der im Hinblick auf § 104 Satz 3 BPersVG gebotenen verfassungskonformen Auslegung, vgl. zu der entsprechenden Regelung in § 86 Abs. 1 Nr. 1 Hmb. PersVG, BVerwG, Beschl, v. 8.5.1992 - BVerwG 6 P 22.91 - PersR 1992, 357; so auch: Dembowski u. a., a.a.O., Rdnr. 26) keine Mitbestimmung darüber, ob die Anordnung von Überstunden gerechtfertigt ist (Spohn u. a., a.a.O., Rdnr. 15). Dies wäre unzulässig, weil die Entscheidung allein dem Direktionsrecht der Dienststelle unterliegt und insoweit mitbestimmungsfrei ist (BVerwG, Beschl, v. 9.10.1991, a.a.O., S. 17). Dem Personalrat obliegt auch keine Mitbestimmung zu der Menge der erforderlichen Überstunden (Spohn u. a., a.a.O., Rdnr. 16) oder der Verteilung der Mehrarbeit auf die Beschäftigten (Lorenzen u. a., a.a.O., Rdnr. 115 a; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Aufl., 1991, § 75 Rdnr. 90). Das Mitbestimmungsrecht erfaßt nur die zeitliche Lage der Überstunde bzw. Mehrarbeit (BVerwG, Beschl, v. 9.10.1991, a.a.O.). Ein im personalvertretungsrechtlichen Sinn kollektiver Charakter kann danach aus einem erhöhten Arbeitsanfall und einer zu knappen Personaldecke allein nicht abgeleitet werden.
Bei dieser Sachlage kann es für die Fälle der Überschreitung der Höchstarbeitszeit dahinstehen, ob bereits das Dulden bzw. Entgegennehmen und das Bezahlen der geleisteten Mehrarbeit einer Anordnung i. S. von § 75 Abs. 1 Nr. 2 Nds. PersVG gleichsteht (so: BAG, a.a.O., S. 383 f.) oder als dienststellenseitige Arbeitszeitregelung i. S. von § 75 Abs. 1 Nr. 1 Nds.PersVG zu bewerten wäre.
2.
Bezüglich der Nichteinhaltung der Mittagspausen in den genannten Fällen ist ebensowenig ein kollektiver Charakter der Arbeitszeitregelung zu erkennen. Die für die einzelnen Fälle mitgeteilte Begründung, nämlich: Versorgung des Geldautomaten und des Nachttresors, die zentrale Geldversorgung, Kurierfahrten und das Abrechnen der Kasse weisen darauf hin, daß es sich auch insoweit um individuelle Vorfälle handelt. Hiervon sind ebenso wie bei der täglichen Arbeitszeitüberschreitung einzelne Beschäftigte an verschiedenen Tagen betroffen und nicht eine Gruppe von Mitarbeitern aus einem bestimmten Anlaß zum selben Zeitpunkt.
Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür nicht vorliegen.
Schwermer,
Kaiser,
Dr. Gatz,
Kükelhahn