Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 24.11.1992, Az.: 9 K 1828/92
Normenkontrollantrag; Benutzungsvorschriften; Haftungsvorschriften; Abwasseranlage; Nachteil; Satzungsbestimmungen; Einhaltung der Benutzungsregeln; Höherrangiges Recht
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.11.1992
- Aktenzeichen
- 9 K 1828/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 13393
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:1124.9K1828.92.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 03.11.1993 - AZ: BVerwG 7 NB 3/93
Rechtsgrundlagen
- § 6 GemO ND
- § 8 GemO ND
- § 47 Abs. 2 VwGO
Fundstellen
- DÖV 1993, 969 (amtl. Leitsatz)
- Schriftt u Rspr 1993, 48
Amtlicher Leitsatz
1. Ein Normenkontrollantrag gegen Benutzungs- und Haftungsvorschriften für eine gemeindliche Abwasseranlage ist nur zulässig, wenn der Eintritt eines Nachteils durch die beanstandeten Vorschriften in absehbarer Zeit zu erwarten ist.
2. Satzungsbestimmungen über die Sicherstellung der Einhaltung der Benutzungsregeln und über die Haftung des Grundstückseigentümers für Schäden durch das vorschriftswidrige Benutzen der Abwasseranlage verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
Tenor:
Der Antrag, § 14 Absätze 1 und 5 bis 7 sowie § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung ... vom 16. Mai 1991 für nichtig zu erklären, wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.000,-- DM (i.W.: sechstausend Deutsche Mark) festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines an die Abwasseranlage der Antragsgegnerin angeschlossenen Grundstücks. Die Abwassersatzung der Antragsgegnerin vom 16. Mai 1991 (Abl. RB Han. 1991, S. 399 ff., 495). sieht in § 14 vor:
Absatz 1
Der Grundstückseigentümer ist verpflichtet, auf seine Kosten die Einhaltung der Benutzungsbedingungen durch Eigenkontrollen sicherzustellen. Die Vorschriften der DIN 1986 Teil 3 und Teil 30 sind zu beachten.
Absatz 5
Die Stadt bestimmt die Stellen für die Entnahme von Abwasserproben, die Anzahl der Proben, die Entnahmehäufigkeit und die zu messenden Parameter. Die Bestimmungen der Abwasserinhaltsstoffe sind nach den in Anhang II vorgeschriebenen Untersuchungsmethoden vorzunehmen.
Die Stadt kann in begründeten Ausnahmefällen Abweichungen von diesen Untersuchungsmethoden vorschreiben oder zulassen.
Absatz 6
Der Grundstückseigentümer hat nach Angaben der Stadt Probenahmestellen einzurichten und zu betreiben.
Die Stadt kann auch den Einbau von Mengenmeßeinrichtungen, automatischen Probenahmegeräten und Meßgeräten zur Ermittlung der Abwasserbeschaffenheit, z.B. des PH-Wertes, mit Aufzeichnung der Meßwerte fordern. Die Meß-, Registrier- und Probenahmeeinrichtungen sind jederzeit in funktionsfähigem Zustand zu halten.
Die erforderlichen Wartungs- und Betriebstagebücher, Diagrammstreifen und sonstigen Meßaufzeichnungen für die letzten drei Jahre sind aufzubewahren und der Stadt auf deren Verlangen vorzulegen; sind die zeitlichen Abstände der Überprüfungen länger als drei Jahre, so ist der jeweils letzte Nachweis aufzubewahren.
Der Grundstückseigentümer hat die Kosten für diese Maßnahmen zu tragen.
Absatz 7
Der Grundstückseigentümer kann sich zur Erfüllung der Eigenkontrollpflicht bei der Probenahme und Analyse der Abwasserinhaltsstoffe eines von der Stadt für geeignet gehaltenen Dritten (Sachverständigen) bedienen.
Ferner bestimmt § 24 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin:
Absatz 1
Für Schäden, die durch satzungswidrige Benutzung oder satzungswidriges Handeln entstehen, haftet der Verursacher. Dies gilt insbesondere, wenn entgegen den Bestimmungen dieser Satzung schädliches Abwasser oder sonstige Stoffe in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleitet werden.
Absatz 2
Der Grundstückseigentümer haftet außerdem für alle Schäden und Nachteile, die der Stadt durch mangelhaften Zustand, vorschriftswidriges Benutzen oder nicht sachgemäßes Bedienen der Grundstücksentwässerungsanlage entstehen.
Der Antragsteller hält die Regelung in § 14 Absätze 1, 5, 6 und 7 und in § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung für unvereinbar mit höherrangigem Recht. Er hat deshalb einen Antrag auf Normenkontrolle gestellt und zu dessen Begründung vorgetragen:
Sein Antrag sei zulässig: Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, daß seine Rechtsstellung durch eine Nichtigerklärung der angegriffenen Vorschriften verbessert werde. Die beanstandeten Bestimmungen in § 14 der Abwassersatzung seien für ihn nachteilig, weil sie sein Eigentumsrecht verletzten; denn sie verpflichteten ihn unmittelbar oder ermächtigten die Antragsgegnerin zum Erlaß der dort vorgesehenen Maßnahmen; die Antragsgegnerin könne bereits jetzt die Ausübung der Eigenkontrolle verlangen. § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung müsse als Haftungsvorschrift schon gegenwärtig gerichtlich überprüfbar sein, weil sich sonst für diejenigen, die vom persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift erfaßt seien und daher bei Eintritt der übrigen Haftungsvoraussetzungen zur Verantwortung gezogen würden, ein Schaden nicht verhindern lasse; es sei vorsichtig und vernünftig, § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung schon vor dem Eintritt eines Schadensfalls anzugreifen.
Der Antrag auf Normenkontrolle sei auch begründet. Für den Erlaß des § 14 der Abwassersatzung bestehe - auch im Niedersächsischen Wassergesetz - keine Ermächtigungsgrundlage. Die Vorschrift sei unvereinbar mit dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, indem sie alle Grundstücke unterschiedslos - also unabhängig von der Menge und dem Verschmutzungsgrad des eingeleiteten Abwassers - der Eigenkontrolle unterwerfe und damit die Einleiter von häuslichem Abwasser ebenso behandele wie die Einleiter von stark verschmutzten gewerblichen Abwässern. Ferner sei nicht hinzunehmen, daß der Verwaltung durch § 14 Abs. 5 Satz 1 Kompetenzen eingeräumt würden, die nicht mehr der Exekutive, sondern nur dem Ortsgesetzgeber zustünden; aus Gründen der Rechtssicherheit und der Gewaltenteilung hätten in der Satzung Richtlinien für die Tätigkeit der Verwaltung oder kasuistische Fallgruppen aufgeführt werden müssen. Für die verschuldens- und verursacherunabhängige Gefährdungshaftung nach § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung fehle eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage; denn das Innehaben von Anlagen und Einleiten von Abwässern weise die typische Gefährlichkeit, die von § 64 NWG und § 22 WHG vorausgesetzt werde, nicht auf; da der Grundstückseigentümer keinen Einfluß auf die Gefahrenlage habe, sei die Regelung in § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung unverhältnismäßig; sie verletze auch sein Eigentumsrecht.
Der Antragsteller beantragt,
§ 14 Abs. 1, 5, 6 und 7 und § 24 Abs. 2 der vom 16. Mai 1991 für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hält den Antrag für unzulässig, weil für den Antragsteller weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch eine Antragsbefugnis bestehe. Die in § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung vorgeschriebenen Eigenkontrollen beeinträchtigten die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nur unerheblich. Da § 14 Abs. 5 der Abwassersatzung unmittelbar keine Verpflichtungen beinhalte und ein konkretisierender Verwaltungsakt gegenüber dem Antragsteller bisher nicht ergangen und bei gleichbleibender Grundstücksnutzung auch in Zukunft nicht zu erwarten sei, werde die rechtliche Sphäre des Antragstellers insoweit nicht berührt. Die rein theoretische Möglichkeit, aus § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung in Anspruch genommen zu werden, reiche nicht aus, um beim Antragsteller den Eintritt eines Nachteils als hinreichend wahrscheinlich anzusehen.
Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Die §§ 6, 8 NGO und die §§ 149 Abs. 1, 61 NWG stellten eine ausreichende Rechtsgrundlage für die in § 14 getroffenen Regelungen dar. § 14 Abs. 1 begründe eine für den reibungslosen Betrieb der Grundstücksentwässerungsanlage und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung unerläßliche und selbstverständliche Verpflichtung. § 14 Abs. 5 räume der Verwaltung Handlungsspielräume ein, weil nicht von vornherein feststehe, für welche Grundstücke und Einleitungen besondere Kontrollmaßnahmen erforderlich würden. Da nur bei zwingenden fachlichen Gründen auf die Ermächtigung des § 14 Abs. 5 zurückgegriffen werden könne, bestehe die Gefahr einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung aller Grundstückseigentümer nicht. Auch sei es ausgeschlossen, daß eine Satzung für alle denkbaren Fälle festlege, in welchem Umfang und mit welchen Parametern Untersuchungen erforderlich seien. Die in § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung vorgesehene Gefährdungshaftung des Grundstückseigentümers bestehe teilweise schon nach gesetzlichen Vorschriften, wie § 22 Abs. 2 WHG; soweit § 24 Abs. 2 weitergehendere Schadenskonstellationen abdecke, bestehe die Ermächtigungsgrundlage in der kommunalen Rechtsetzungsbefugnis zur Ausgestaltung eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses, die auch dazu berechtigte, Haftungsfragen zwischen dem Betreiber und den Benutzern der öffentlichen Einrichtung zu regeln; die in § 24 Abs. 2 getroffene Regelung sei bei anderweitig (insbesondere beim Verursacher) nicht zu liquidierenden Schäden deshalb gerechtfertigt, weil es sachgerecht sei, nicht die Allgemeinheit, sondern den näher am Schadensfall stehenden Grundstückseigentümer zum Schadensausgleich heranzuziehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
II.
Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
1. Ob der gegen § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin gerichtete Antrag zulässig und begründet ist, hängt zunächst vom Inhalt der entsprechenden Bestimmungen ab. Die Vorschrift verpflichtet den Grundstückseigentümer, auf seine Kosten die Einhaltung der Benutzungsbedingungen durch Eigenkontrollen sicherzustellen und die Vorschriften der DIN 1986 Teil 3 und Teil 30 zu beachten. Demnach muß jeder Grundstückseigentümer in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten überprüfen, ob sich die Entwässerungsanlagen auf seinem Grundstück in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden und ob das auf seinem Grundstück anfallende Abwasser ordnungsgemäß, insbesondere entsprechend den in § 12 der Abwassersatzung niedergelegten Benutzungsbedingungen, über die Grundstücksentwässerungsanlage abgeleitet wird. Diese Verpflichtungen treffen alle Grundstückseigentümer gleichermaßen, also unabhängig davon, ob es sich um häusliches oder nichthäusliches Abwasser (§ 2 Abs. 2 der Abwassersatzung) handelt. Auf Menge und Verschmutzungsgrad des eingeleiteten Abwassers kommt es nicht an. Auch ist unerheblich, ob das Grundstück vertraglich an Dritte zur Nutzung überlassen worden ist oder vom Grundstückseigentümer selbst genutzt wird.
Bei der so verstandenen Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 1 der Abwassersatzung ist der Antrag zulässig. Es ist zwar bedenklich, ob die erforderliche Antragsbefugnis vorliegt. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, daß der Antragsteller einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat. Die bei ihm berührten Interessen müssen schutzwürdig und in mehr als nur geringfügiger Weise betroffen sein; die Schutzwürdigkeit fehlt u.a. dann, wenn man sich auf das Geforderte vernünftigerweise einstellen muß und an sich nur Selbstverständliches verlangt wird, wie z.B. bei einer Betroffenheit von Interessen, bei denen von vornherein damit zu rechnen war, daß sie in der geschehenen Weise tangiert sein würden (vgl. z.B. BVerwGE 59, 87, 103[BVerwG 09.11.1979 - 4 N 1/78]; VGH Mannheim, NVwZ 1992, 189 [VGH Baden-Württemberg 14.03.1991 - 8 S 2399/90]; OVG Münster, NJW 1982, 1171 [OVG Rheinland-Pfalz 19.01.1982 - 10 C 23/81]; Kopp, VwGO, 9. Aufl 1992, § 47 RdNr. 27). In diesem Zusammenhang taucht bei Fällen der hier vorliegenden Art - angesichts der aus dem Eigentum fließenden Verantwortlichkeiten, die jeden Grundstückseigentümer treffen (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG) - die Frage auf, ob die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 der Abwassersatzung geforderte Eigenkontrolle nicht etwas Vorgegebenes betrifft, das zudem bei dem Personenkreis, zu dem der Antragsteller zählt, zu keinen nennenswerten Nachteilen führt. Für eine Antragsbefugnis spricht indessen, daß § 14 Abs. 1 Satz 1 Eigenkontrollen auch vorschreibt, wenn das Grundstück einem Dritten zur Nutzung überlassen worden ist. Jedenfalls die in diesen Fällen durchzuführende Kontrolle, ob der Dritte die Benutzungsbedingungen einhält, betrifft nicht etwas Selbstverständliches, so daß der gegen § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung gerichtete Normenkontrollantrag insgesamt zulässig ist.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß des § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung ist das den Kommunen in den §§ 6 und 8 der Niedersächsischen Gemeindeordnung vom 22. Juni 1982 (Nds. GVBl S. 229) verliehene Recht, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln. Die Abwassersatzung muß - als Benutzungsordnung für die öffentliche Abwasseranlage - für einen wirtschaftlichen, sicheren und auch sonst den rechtlichen Anforderungen entsprechenden Betrieb der Einrichtung sorgen (vgl. Lübbe-Wolff, NVwZ 1989, 205, 207). Zu diesem Zweck bedarf es Regelungen, die - wie § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin - die Einhaltung der Benutzungsbedingungen und die Überwachung der Grundstücksentwässerungsanlagen betreffen und sicherstellen. Auf die weitere Frage, ob eine Ermächtigungsgrundlage für § 14 Abs. 1 darüber hinaus auch aus den bundes- und landesverfassungsrechtlichen Garantien der kommunalen Selbstverwaltung oder aus dem Wasserrecht folgt (vgl. hierzu allgemein Lübbe-Wolff, NVwZ 1989, 205, 207, 209), kommt es somit nicht an. Ihrem Inhalt nach begegnet die Regelung in § 14 Abs. 1 Satz 1 keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Daß die Grundstückseigentümer zu Eigenkontrollen verpflichtet werden, verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Insbesondere ist das Anknüpfen an das Grundstückseigentum sachgerecht. Es rechtfertigt sich in erster Linie aus der Einwirkungs- und Verfügungsgewalt des Eigentümers. Er ist typischerweise derjenige, der die rechtliche und tatsächliche Herrschaft über das Grundstück und die Grundstücksentwässerungsanlage - und damit über die Sache, von der mögliche Gefährdungen ausgehen - ausübt und deren Beschaffenheit sowie Benutzung bestimmen kann. Die Herrschaft über die Sache und die in Art. 14 Abs. 2 GG vorgesehene Sozialbindung verpflichten ihn, sein Eigentum in einem solchen Zustand zu halten und in einer solchen Weise zu gebrauchen, daß Dritte und deren Eigentum nicht gefährdet werden (vgl. Rasch, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl., § 5 RdNr. 12; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 318 f.; Pape, NJW 1992, 2661, 2665 [LG Berlin 26.05.1992 - 53 S 198/91]) [BGH 17.10.1991 - 4 StR 465/91]. Die Einhaltung dieser Pflichten setzt notwendigerweise voraus, daß der Eigentümer den Zustand und die Benutzung der Sache - wie in § 14 Abs. 1 Satz 1 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin vorgesehen - durch Eigenkontrollen überprüft. Letzteres hat auch dann zu gelten, wenn ein Dritter (z.B. bei Vermietung und Verpachtung) mit Willen des Eigentümers die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt; denn der Eigentümer bleibt auch in diesen Fällen für den Zustand der Sache verantwortlich (vgl. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 10. Aufl., RdNr. 209). Er hat die Möglichkeit, durch Vereinbarungen im Mietvertrag sicherzustellen, daß Kontrollen betreffend den Zustand der Grundstücksentwässerungsanlage und die Einhaltung der Benutzungsbedingungen (auch durch Dritte) durchgeführt werden können.
Für das Anknüpfen an das Grundstückseigentum sprechen auch Gründe der Verwaltungspraktikabilität. Denn der Grundstückseigentümer läßt sich regelmäßig leicht feststellen, während die Ermittlung der Mieter - vor allem in Mehrfamilienhäusern - oft auf beträchtliche Schwierigkeiten stoßen kann.
Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes oder des Verhältnismäßigkeitsprinzips läßt sich auch nicht daraus herleiten, daß § 14 Abs. 1 Satz 1 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin alle Grundstückseigentümer gleichermaßen - also unabhängig von der Beschaffenheit und Menge des eingeleiteten Abwassers - zu Eigenkontrollen verpflichtet. Denn die Pflicht zur Eigenkontrolle knüpft - wie dargelegt - nicht an die Qualität oder Quantität des eingeleiteten Abwassers, sondern an das Grundstückseigentum und den Anschluß des Grundstücks an die Abwasseranlage an, so daß es folgerichtig und sachgerecht ist, zumindest auch den Grundstückseigentümer - und nicht nur den Benutzer (vgl. § 1 Abs. 6 der Abwassersatzung) - als kontrollpflichtig anzusehen. Beschaffenheit und Menge des Abwassers sind für das Bestehen der - von § 14 Abs. 1 Satz 1 generell angeordneten - Kontrollpflicht ohne Belang. Sie gewinnen erst bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Bedeutung, nämlich bei der Frage, in welchem Umfang und mit welcher Häufigkeit und Intensität Eigenkontrollen durchzuführen sind. Erst in diesem Zusammenhang - und damit im jeweiligen Einzelfall - verlangen Gleichheitssatz und Verhältnismäßigkeitsprinzip eine hinsichtlich Art und Menge des eingeleiteten Abwassers differenzierende Betrachtungsweise.
Aus alledem ergibt sich, daß § 14 Abs. 1 Satz 1 der Abwassersatzung bei Beachtung der dargelegten Maßstäbe rechtmäßig ist.
Der Senat hat ferner keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 der Abwassersatzung. Da die DIN 1986 Teil 3 und 30 die anerkannten Regeln der Technik zugrunde legen, ist eine Bestimmung, daß sie zu beachten sind, sachgerecht und verhältnismäßig. Sofern der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung demgegenüber gerügt hat, daß einzelne Regelungen der DIN über das allgemein Anerkannte hinausgingen, ist sein diesbezügliches Vorbringen völlig unsubstantiiert, zumal jegliche Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften fehlt. Darüber hinaus würde die Angreifbarkeit vereinzelter Bestimmungen der DIN nicht die Sachgerechtigkeit und Verhältnismäßigkeit der Bezugnahme als solcher in Frage stellen, sondern lediglich die Anwendbarkeit der jeweiligen Bestimmung im Einzelfall betreffen.
2. Auch bei § 14 Absätze 5 bis 7 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin hängen Zulässigkeit und Begründetheit des Normenkontrollantrags zunächst vom Inhalt der dort getroffenen Regelungen ab.
Die Absätze 5 und 6 des § 14 ermächtigen die Verwaltung der Antragsgegnerin zu bestimmten Maßnahmen, nämlich Abwasserproben und die Errichtung von Probenahmestellen anzuordnen. Entsprechende Aufforderungen können nach dem Wortlaut der beiden Absätze gegenüber allen Grundstückseigentümern ergehen, also auch gegenüber denjenigen von deren Grundstücken aus lediglich häusliches Abwasser eingeleitet wird. Darüber hinaus werden die Voraussetzungen für einen Eingriff nicht näher dargelegt. Dies bedeutet - entgegen der Ansicht des Antragstellers - indessen nicht, daß die Antragsgegnerin nach freiem Belieben darüber entscheiden könnte, ob und in welchem Umfang sie Maßnahmen nach § 14 Absätze 5 und 6 anordnet. Vielmehr darf sie nur nach pflichtgemäßem Ermessen handeln. Bei dessen Ausübung ist die Antragsgegnerin an die Anforderungen des Rechtsstaates gebunden, insbesondere also an den Gleichheitssatz, das Verhältnismäßigkeitsprinzip und den Grundsatz, daß von jeder Ermächtigung zum Verwaltungshandeln nur im Sinne des Gesetzeszwecks Gebrauch gemacht werden darf (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, 6. Aufl. 1989, Art. 3 Rdz. 178 m.N.). Diese Maßstäbe erfordern eine am Einzelfall ausgerichtete, restriktive Handhabung des durch § 14 Absätze 5 und 6 eingeräumten Ermessens. Danach bestimmen die Vorschriften trotz ihres allgemein gehaltenen Wortlauts nicht, daß für jedes Grundstück ohne konkreten Anlaß, also quasi nach dem Belieben der Antragsgegnerin, die dort vorgesehenen Maßnahmen angeordnet werden dürfen. Eine so weitreichende Befugnis wird vom Zweck der Vorschrift - nämlich die Einhaltung der Benutzungsbedingungen und die Funktionsfähigkeit des Entwässerungssystems zu gewährleisten - nicht gedeckt. Sie wäre für die typischen Privathaushalte nicht erforderlich und mithin unverhältnismäßig, und zwar vor allem dann, wenn der Aufwand beträchtlich, ein außergewöhnlicher Verschmutzungsgrad des Abwassers nicht zu erwarten und die Durchführung von Abwasserproben daher kaum sinnvoll wäre. § 14 Absätze 5 und 6 muß daher - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitprinzip und des Gleichheitsgrundsatzes - dahin ausgelegt werden, daß die dort vorgesehenen Maßnahmen nur angeordnet werden dürfen, wenn ein konkreter Anlaß bzw. ein begründeter Verdacht für die Annahme besteht, daß die Benutzungsbedingungen nicht eingehalten werden oder eine übermäßige Beanspruchung des Kanals zu erwarten ist. Solche Fallkonstellationen, in denen die Vornahme einer Abwasserprobe als Kontrollmaßnahme gerechtfertigt erscheint, werden vor allem bei gewerblichen Einleitern oder solchen Privathaushalten vorkommen, die aufgrund ihres bisherigen Verhaltens nicht die Gewähr für die Einhaltung der Benutzungsbedingungen bieten.
§ 14 Abs. 7 der Abwassersatzung räumt dem Eigentümer die Befugnis ein, sich zur Erfüllung der Eigenkontrollpflicht eines Dritten zu bedienen. Da die Vorschrift isoliert betrachtet - für den Grundstückseigentümer ausschließlich von Vorteil ist, bedarf es keiner näheren Darlegungen, daß für den gegen § 14 Abs. 7 gerichteten Normenkontrollantrag die Antragsbefugnis fehlt. Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind nicht erfüllt, weil der Antragsteller nicht erfolgreich geltend machen kann, daß er durch § 14 Abs. 7 einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat.
Entsprechendes gilt auch insofern, als der Normenkontrollantrag gegen § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung gerichtet ist. Das Erwarten eines Nachteils im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, daß der Eintritt des Nachteils nach den konkret gegebenen Umständen bereits voraussehbar ist. Es muß also feststehen, daß der Antragsteller in absehbarer Zeit durch die beanstandete Vorschrift voraussichtlich in einem rechtlich geschützten Interesse beeinträchtigt werden wird; vom Bestand der Norm muß für den Antragsteller in naher Zukunft etwas abhängen, so daß eine vernünftig und vorsichtig handelnde Person sich schon jetzt zur Stellung eines Normenkontrollantrags entschließen darf (vgl. OVG Berlin, NJW 1977, 2283, 2284 [OVG Berlin 02.05.1977 - II B 2/77]; OVG Koblenz, NJW 1982, 1170; Kopp, aaO, § 47 RdNr. 25; Eyermann/Fröhler, VwGO, 9. Aufl. 1988, § 47 RdNr. 31).
So liegt der Fall hier indessen nicht. Bei Anwendung der zu 2. eingangs dargelegten Maßstäbe fürchtet der Antragsteller zu Unrecht, auf der Grundlage von § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung jederzeit und ohne weiteres in Anspruch genommen zu werden. Seine Inanspruchnahme scheint eher unwahrscheinlich, weil von seinem Grundstück lediglich häusliches Abwasser eingeleitet wird und keine Anhaltspunkte dafür sprechen, daß dessen Beschaffenheit nicht den Anforderungen des § 12 der Abwassersatzung entsprechen und deshalb die Entnahme von Proben angeordnet werden könnte. Die nicht näher konkretisierte und recht unwahrscheinliche Möglichkeit, daß der Antragsteller irgendwann einmal Maßnahmen nach § 14 Absätze 5 und 6 ausgesetzt sein könnte, reicht für die Annahme, daß in absehbarer Zeit ein Nachteil zu erwarten ist, nicht aus.
Der gegen § 14 Absätze 5 und 6 gerichtete Normenkontrollantrag ist im übrigen auch ersichtlich unbegründet. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der dortigen Regelungen findet sich - aus den bereits zu § 14 Abs. 1 der Abwassersatzung genannten Erwägungen - in den §§ 6 und 8 der Niedersächsischen Gemeindeordnung. Es begegnet - entgegen der Ansicht des Antragstellers - keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß sich § 14 Absätze 5 und 6 auf alle Grundstückseigentümer bezieht und eine Einschränkung des Adressatenkreises erst bei der Anwendung der Norm stattfindet. Der Normgeber wird durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, schon bei der Ausgestaltung der Norm alle Verschiedenartigkeiten des zu regelnden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen. Vielmehr steht ihm u.a. bei der Beantwortung der Frage, welche Personenkreise er noch in den Anwendungsbereich der Norm einbeziehen will, eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Diese ist erst dann überschritten, wenn er Gesetzlichkeiten, die in der Sache selbst liegen, und die allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft mißachtet (Leibholz/Rinck/Hesselberger, aaO, Art. 3 RdNr. 97). Hiervon kann hinsichtlich des § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung nicht die Rede sein. Für eine Einbeziehung aller Grundstückseigentümer in den Regelungsbereich der Vorschriften spricht vielmehr, daß jeder Grundstückseigentümer als potentieller Störer in Betracht kommt und daher gegenüber jedem Grundstückseigentümer Kontrollmaßnahmen notwendig werden können. Ob diese letztlich ergriffen werden, ist eine Frage der Konkretisierung des § 14 Absätze 5 und 6 im Einzelfall, bei der der Gleichheitssatz zu beachten und daher insbesondere zu prüfen ist, ob ein sachgerechter Grund für eine Inanspruchnahme besteht.
Entsprechende Erwägungen gelten auch im Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die weite Fassung des § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung ist nicht unverhältnismäßig, weil von allen Grundstücksentwässerungsanlagen Gefahren ausgehen können. Ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist, stellt eine Frage der Rechtsanwendung dar, die von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig ist.
Der Antragsteller macht schließlich auch zu Unrecht geltend, daß die Regelungen in § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin gegen das aus dem Rechtsstaats- und Gewaltenteilungsprinzip fließende Bestimmtheitsgebot verstießen. Dieses besagt, daß der Normgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheits- und Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegen muß und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überlassen darf (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger, aaO, Art. 20 RdNrn. 731, 1036); das staatliche Handeln muß meßbar und in gewissem Ausmaß für den Bürger voraussehbar und berechenbar sein, indem Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung hinreichend bestimmt werden (vgl. aaO). Dies besagt allerdings nicht, daß der Normgeber keine Generalklauseln oder unbestimmten Rechtsbegriffe verwenden darf; ihm ist es auch nicht untersagt, den Verwaltungsbehörden einen gewissen Ermessensspielraum einzuräumen. Vielmehr muß sich der Normgeber abstrakter und unbestimmter Formulierungen bedienen können, um es den Verwaltungsbehörden zu ermöglichen, ihren Aufgaben, den besonderen Umständen des Einzelfalls und den schnell wechselnden Situationen des wirtschaftlichen Lebens gerecht zu werden (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger, aaO, Art. 20 RdNrn. 947, 1041; Vorbem. Art. 70 bis 82, RdNr. 48).
Diese vom Antragsteller angesprochenen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Übertragung rechtsetzender Gewalt an die Exekutive, vor allem im Rahmen des Art. 80 Abs. 1 GG, entwickelt worden. Sie lassen sich auf den - hier in Rede stehenden - Bereich der autonomen Satzungsgewalt von Körperschaften des öffentlichen Rechts nur beschränkt in der Weise übertragen, daß bei autonomen Satzungen wesentlich niedrigere Anforderungen zu stellen sind (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger, aaO, Art. 80 RdNrn. 21 ff.): Satzungsregelungen sind im Blick auf das Rechtsstaatsprinzip zulässig, solange der Normgeber sich seiner Regelungsbefugnis nicht völlig entäußert und seinen Einfluß auf den Inhalt der zu treffenden Verwaltungsmaßnahmen nicht gänzlich preisgibt. Diese Grenzen sind in § 14 Absätze 5 und 6 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin ersichtlich nicht überschritten. Auch bedurfte es dort weder einer näheren Konkretisierung der Eingriffsvoraussetzungen noch der Bildung bestimmter Fallgruppen. Die allgemein gehaltene Fassung des Wortlauts rechtfertigt sich vielmehr daraus, daß von vornherein nicht hinreichend festgelegt werden kann, in welchen Fällen und auf welche Art und Weise die dort vorgesehenen Maßnahmen anzuordnen sind. Da dies von den besonderen Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Beschaffenheit der Grundstücksentwässerungsanlage und der Art der Abwassereinleitung, abhängt, lassen sich die Zielsetzungen der Abwassersatzung der Antragsgegnerin nur dadurch effektiv verwirklichen, daß die gewählten Formulierungen einen weiten Bereich möglicher Kontrollmaßnahmen abdeckten.
3. Der gegen § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin gerichtete Normenkontrollantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.
Die Vorschrift bestimmt, daß der Grundstückseigentümer "außerdem" für alle Schäden und Nachteile haftet, die der Antragsgegnerin durch mangelhaften Zustand, vorschriftswidriges Benutzen oder nicht sachgemäßes Bedienen der Grundstücksentwässerungsanlage entstehen. Die Regelung steht in engem Zusammenhang mit § 24 Abs. 1 der Abwassersatzung, wonach der Verursacher für Schäden haftet, die durch satzungswidriges Benutzen oder satzungswidriges Handeln entstehen. Da eine Verursacherhaftung somit schon durch § 24 Abs. 1 begründet wird, kann die angegriffene Regelung in § 24 Abs. 2 für den Grundstückseigentümer nur in zwei Fällen Bedeutung erlangen, nämlich zum einen bei einer Haftung wegen mangelhaften Zustands der Grundstücksentwässerungsanlage und ferner dann, wenn der Grundstückseigentümer - wie bei einer Überlassung des Grundstücks an Dritte - nicht Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist und der Dritte den Schaden durch sein Verhalten, insbesondere ein vorschriftswidriges Benutzen oder nicht sachgemäßes Bedienen, verursacht hat. Kommen mehrere Haftende in Betracht, haften sie gemäß § 24 Abs. 3 der Abwassersatzung nur dann als Gesamtschuldner, wenn sie Verursacher sind. Auch in den sonstigen Fällen ist die Antragsgegnerin bei der Auswahl wen sie auf Haftung in Anspruch nehmen will, nicht völlig frei. Vielmehr hat sie ihre Auswahl nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen, wobei sie insbesondere an den Gleichheitsgrundsatz und das Übermaßverbot gebunden ist (vgl. Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 1992, E 105). Eine Haftung des Grundstückseigentümers, der den Schaden nicht durch sein Handeln verursacht hat, wird in aller Regel nur in Betracht kommen, wenn der Schaden durch den mangelhaften Zustand der Grundstücksentwässerungsanlage oder des Grundstücks eingetreten ist. Läßt sich der Schadenseintritt hingegen auf eine vorschriftswidrige Benutzung oder Bedienung durch einen Dritten zurückführen, wird eine verursacherunabhängige Haftung des Grundstückseigentümers nur ausnahmsweise, nämlich vor allem dann eingreifen können, wenn die Ansprüche gegen den Verursacher nicht realisierbar sind und daher die Allgemeinheit den Schaden tragen müßte, falls der Grundstückseigentümer nicht in Anspruch genommen wird.
Bei einer solchen Auslegung des § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin ist der gegen die Vorschrift gerichtete Normenkontrollantrag unzulässig. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt voraus, daß der Nachteil "in absehbarer Zeit zu erwarten ist" (vgl. hierzu im einzelnen bereits oben unter 2.). Ob jemals ein Schadensereignis vom Grundstück des Antragstellers ausgeht und aus diesem Anlaß einer Haftung des Antragstellers nach § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung in Betracht kommen wird, ist zur Zeit völlig ungewiß und eher unwahrscheinlich. Dies gilt in besonderem Maße für eine Haftung wegen der Benutzung der Grundstücksentwässerungsanlage durch einen Dritten. Da der Antragsteller sein mit einem sechsstöckigen Bürogebäude bebautes Grundstück teilweise, nämlich auf drei Stockwerken, selbst nutzt und im übrigen als Bürofläche vermietet hat, liegt die übliche Form der Benutzung der Grundstücksentwässerungsanlage vor, bei der nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge nicht davon ausgegangen werden kann, daß voraussichtlich ein vom Mieter verursachter Schaden eintreten wird, für den der Antragsteller einzustehen hat.
Ergänzend weist der Senat noch darauf hin, daß der gegen § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin gerichtete Normenkontrollantrag auch unbegründet wäre.
Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß des § 24 Abs. 2 bilden die §§ 6 und 8 NKAG. Das den Gemeinden dort verliehene Recht, die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen zu regeln, umfaßt auch die Befugnis zum Erlaß von Haftungsvorschriften für den Fall, daß sich der Benutzer nicht an die geltenden Bestimmungen hält. Dabei ist die Gemeinde auch zur Einführung einer verschuldensunabhängigen Haftung befugt. Denn die in den §§ 6 und 8 NKAG enthaltene Ermächtigung ist umfassender Natur. Sie ist hinsichtlich ihrer Reichweite nicht auf die Haftungstatbestände begrenzt, die sich "aus dem allgemeinen System des Haftungsrechts" (so aber VGH Mannheim, Beschl. v. 29. 12. 1989, NVwZ 1990, 388, 389) [VGH Baden-Württemberg 29.12.1989 - 10 S 2252/89] oder aus anderen gesetzlichen Vorschriften, wie § 22 WHG, ergeben. Denn es geht hier nicht um die Schutzgüter des allgemeinen Haftungsrechts und des Wasserrechts, sondern um den Schutz einer kommunalen Einrichtung vor Schäden, der im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts ausschließlich den Gemeinden obliegt.
Die Regelungen in § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung sind materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Aus der Sozialbindung des Eigentums (vgl. Art. 14 Abs. 2 GG) und aus der umfassenden Einwirkungs- und Verfügungsgewalt des Eigentümers (vgl. z.B. § 903 Satz 1 BGB) folgt, daß der Grundstückseigentümer für Schäden, die aus dem mangelhaften Zustand des Eigentums herrühren, haftbar gemacht werden kann (zur Einstandspflicht des Eigentümers vgl. Knopp, NJW 1992, 2657, 2659 [LG Berlin 26.05.1992 - 53 S 198/91][BGH 17.10.1991 - 4 StR 465/91]; Pape, NJW 1992, 2661, 2665 [LG Berlin 26.05.1992 - 53 S 198/91][BGH 17.10.1991 - 4 StR 465/91]; Drews/Wacke/Vogel/Martens, aaO, S. 326). Fraglich kann in diesem Zusammenhang allenfalls sein, ob aus der Zustandsverantwortlichkeit völlig außergewöhnliche Risiken (wie mangelhafter Zustand aufgrund von Naturkatastrophen, Flugzeugabsturz, Kriegseinwirkung) auszugrenzen und der Allgemeinheit als deren Risiken zuzuordnen sind. Die Beantwortung dieser Fragestellung kann jedoch nicht die Wirksamkeit, sondern nur die Auslegung des § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung berühren. Etwaige Unbilligkeiten lassen sich durch eine pflichtgemäße Störerauswahl und die Beachtung der Zumutbarkeitsgrenze im Rahmen des Übermaßverbotes vermeiden (vgl. zur ähnlichen Problematik bei den sog. Trümmergrundstücken und der Altlastensanierung Götz, aaO, RdNrn. 212, 212 a; Pape, NJW 1992, 2661, 2665 f. [LG Berlin 26.05.1992 - 53 S 198/91][BGH 17.10.1991 - 4 StR 465/91]; Lisken/Denninger, aaO, E 94 ff.; Rasch, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl., § 5 RdNrn. 12 f.; Rietdorf/Heise/Böckenförde/Strehlau, Ordnungs- und Polizeirecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1972, § 18 RdNr. 4; Drews/Wacke/Vogel/Martens, aaO, S. 320 f.).
Die Haftung nach § 24 Abs. 2 der Abwassersatzung der Antragsgegnerin ist darüber hinaus - zumindest dem Grundsatz nach - auch in den Fällen gerechtfertigt, in denen ein Schadensersatzanspruch gegen den Dritten, der den Schaden verursacht hat, nicht realisiert werden kann. Aufgrund seiner umfassenden Einwirkungs- und Verfügungsgewalt über sein Grundstück konnte der Eigentümer darüber bestimmen, zu wessen Gunsten und zu welchen Bedingungen er die Eigennutzung seines Grundstücks aufgibt. Es liegt in seinem Verantwortungsbereich, unzuverlässige Benutzer von der Anlage auszuschließen und eine ordnungsgemäße Benutzung seitens des Dritten durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Dem entspricht es, daß er für die Gefahren, die von der Benutzung seines Eigentums durch Dritte ausgehen, zumindest in dem Umfang, in dem eine Inanspruchnahme des Dritten keinen Erfolg verspricht und deshalb ansonsten die Allgemeinheit einstehen müßte, haftbar gemacht werden kann. Ob dies in allen denkbaren Fällen der Nutzungsüberlassung an einen Dritten und selbst dann gilt, wenn der Dritte die Verfügungsgewalt über das Grundstück gegen den Willen des Eigentümers ausübt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Beantwortung dieser Fragen läßt die Wirksamkeit des § 24 Abs. 2 unberührt. Sie hat wiederum im Rahmen einer - Art. 14 GG und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtenden - Auslegung des § 24 Abs. 2 zu erfolgen.
Nach alledem war der Normenkontrollantrag teils als unzulässig und teils als unbegründet abzulehnen. Einer teilweisen Verfahrenseinstellung bedurfte es nicht im Blick darauf, daß der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16. Oktober 1992 erklärt hat, die Anfechtung bei § 14 auf die Absätze 1, 5, 6 und 7 zu beschränken. Ob hierin eine teilweise Antragsrücknahme oder bloß eine Präzisierung des Antrags liegt, spielt für die - auf § 154 Abs. 1 VwGO beruhende - Kostenentscheidung und die Höhe des Streitwerts keine Rolle. Der Streitwert beläuft sich in beiden Fällen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG für das gesamte Verfahren auf 6.000,-- DM.
v. Alten
Dr. Claaßen
Schröder