Sozialgericht Stade
Urt. v. 05.04.2007, Az.: S 18 AS 107/07

Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II); Hilfebedürftigkeit von Kindern bei Zusammenleben mit einer erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft; Vermögen in Form eines Schenkungsrückgewährungsanspruches nach § 528 BGB

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
05.04.2007
Aktenzeichen
S 18 AS 107/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 43102
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2007:0405.S18AS107.07.0A

Fundstelle

  • BtMan 2008, 35-36

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Ein Betroffener hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, wenn er über Vermögen in Gestalt eines Schenkungsrückgewährungsanspruchs nach § 528 BGB verfügt.

  2. 2.

    Dem Anspruch des Betroffenen aus § 528 BGB steht nicht entgegen, dass er selbst bei seiner Schenkung von einer Darlehensrückzahlungspflicht ausgeht, wenn tatsächlich keine Anhaltspunkte für eine vorherige Darlehensgewährung an ihn, dafür aber solche für eine Schenkung vorliegen. Davon ist auszugehen, wenn keine schriftlichen Unterlagen hinsichtlich der behaupteten Darlehensgewährung vorliegen, widersprüchliche Zeugenaussagen vorliegen und die angeblichen Rückzahlungsansprüche in keiner Weise gesichert wurden.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

2

Die 1972 geborene Klägerin ist seit 1993 mit dem Zeugen E. verheiratet. Aus der Ehe gingen vier Kinder im Alter von zur Zeit elf, acht, fünf und drei Jahren hervor. Die Familie wohnte bis 2006 in dem Eigenheim Alte F. 12 in G ... Das Grundstück erwarben die Eheleute etwa 1992/1993. Im Sommer 2006 trennten sich die Klägerin und ihr Ehemann. Im August 2006 beantragte die Klägerin für sich und ihre vier Kinder für die Zeit ab 1. November 2006 Leistungen nach dem SGB II. Laut Anmeldebestätigung der Samtgemeinde H. zog die Klägerin mit den vier Kindern zum 24. September 2006 zu ihren Eltern nach H ... Zum 1. November 2006 zogen sie und die Kinder in das Haus Am I. 11 in G ... Seit 1. November 2006 übt sie eine Aushilfstätigkeit aus und erhält monatlich pauschal 150,- EUR. Zudem erhält sie 641,- EUR Kindergeld und 594,- EUR aufgrund des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG).

3

Am 31. August 2006 trafen die Klägerin und ihre Mutter, die Zeugin J., bei dem Notar K. in L. eine notariell beurkundete Vereinbarung. Darin wurde u.a. festgelegt, dass die Klägerin ihren Anspruch gegen den Ehemann auf Zahlung von insgesamt 50.000,- EUR, dem die gleichzeitige Übertragung ihres Miteigentumsanteils an dem gemeinsamen Grundstück und Haus an ihren Ehemann zugrunde liegt, mit Wirkung vom 31. Januar 2007 an ihre Mutter abtritt. Zugleich wurde in dieser Vereinbarung festgehalten, dass der Grund für die Abtretung die in der Vergangenheit erfolgte Erbringung von Darlehen über zumindest 50.000,- EUR durch die Mutter der Klägerin an die Klägerin sei. Zudem wurde übereinstimmend dargelegt, dass die Zahlung von insgesamt 50.000,- EUR als Anzahlung auf diese Darlehen anzusehen sei. Am 10. Oktober 2006 trafen die Klägerin und ihr Ehemann ebenfalls bei dem Notar K. in L. eine notariell beurkundete Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin ihren ideellen Miteigentumsanteil an dem gemeinsamen Grundstück zum alleinigen Eigentum auf ihren Ehemann überträgt und dass dieser der Klägerin als Gegenleistung einen Betrag iHv 50.000,- EUR zu zahlen hat. Die Zahlung dieses Betrages ist danach fällig iHv 30.000,- EUR zum 10. Dezember 2006, die restlichen 20.000,- EUR zum 30. Juni 2013. Darüber hinaus wurde u.a. festgelegt, dass zugunsten der Mutter der Klägerin eine Grundschuld in einem Wert von 20.000,- EUR einzutragen ist.

4

Mit Bescheid vom 8. November 2006 gewährte die Beklagte der Klägerin für den Monat November 2006 Leistungen nach dem SGB II iHv 706,11 EUR als Darlehen.

5

Im Übrigen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. November 2006 den Antrag der Klägerin ab mit der Begründung, Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II liege nicht vor. Das zu berücksichtigende Vermögen von insgesamt 31.682,- EUR übersteige die Grundfreibeträge von 4.350,- EUR. Die Klägerin habe den Anspruch, den sie gegen ihren Ehemann habe, an die Mutter abgetreten. Für die Zahlung an die Mutter sei jedoch ein rechtlicher Grund nicht erkennbar. Es handelte sich somit um eine Schenkung. Da durch diese Schenkung die Hilfebedürftigkeit herbeigeführt werde, sei der Tatbestand des § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfüllt. Die Klägerin habe somit in Höhe der Zahlung einen zivilrechtlichen Übertragungsanspruch gegen ihre Mutter, welcher zum Vermögen zu zählen sei.

6

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 17. November 2006 Widerspruch ein und führte aus, sie sei nicht in der Lage, die Miete für die Wohnung aufzubringen. Die Behauptung, dass sie einen Anspruch gegen ihre Eltern habe, sei falsch. Sie habe seinerzeit ein Darlehen von den Eltern iHv von 30.000,- EUR erhalten. Durch die notarielle Urkunde vom 10. Oktober 2006 sei nachgewiesen, dass der Betrag iHv 30.000,- EUR ausschließlich ihren Eltern zustehe.

7

Im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens schrieb die Beklagte im Rahmen weiterer Ermittlungen den Ehemann der Klägerin mit der Bitte um Auskunftserteilung an. Nach dem Telefonvermerk in der Verwaltungsakte vom 22. Januar 2007 erklärte der Ehemann der Klägerin und Zeuge E. in diesem Telefonat, dass für ihn die Zurverfügungstellung der Geldmittel durch die Schwiegereltern eine Schenkung dargestellt hätte. Für ihn habe es sich nicht um die Gewährung von Darlehen gehandelt.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2007 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück mit der Begründung, Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II sei nicht gegeben. Zu berücksichtigen sei ein Vermögen von insgesamt 31.685,- EUR. In diesem Betrag sei der zivilrechtliche Rückforderungsanspruch der Klägerin gegen die Mutter enthalten. Die Klägerin habe durch die Schenkung an die Mutter die Hilfebedürftigkeit herbeigeführt, so dass sie nach § 528 Abs. 1 BGB die Herausgabe des Geschenks von der Mutter verlangen könne. Dieser Anspruch gehöre nach § 12 Abs. 1 SGB II zu dem zu berücksichtigenden Vermögen. Ausgehend von einem Grundfreibetrag für die Klägerin von 5.100,- EUR und dem Freibetrag für notwendige Anschaffungen iHv 750,- EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen seien insgesamt Freibeträge von 8.850,- EUR zu berücksichtigen. Das zu berücksichtigende Vermögen übersteige den Gesamtfreibetrag damit um 22.835,- EUR.

9

Die Klägerin hat am 21. Februar 2007 Klage erhoben und trägt vor, sie sei nicht in der Lage, den Lebensunterhalt von sich und den vier Kindern einschließlich der zu zahlenden Miete zu sichern. Sie habe zu keinem Zeitpunkt einen Betrag iHv 31.682,- EUR geschenkt bekommen. Richtig sei, dass sie einen Betrag iHv 50.000,- EUR erhalten habe, und zwar ausschließlich als Darlehen, um mit diesem Geld einen Teil des ehelichen Grundbesitzes zu finanzieren. Sie habe den Gesamtbetrag iHv 50.000,- EUR an ihre Eltern zu erstatten, und zwar sofort nach Erhalt durch ihren Ehemann. Ihr bleibe kein Geld zum eigenen Verbrauch. Demzufolge bestehe ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung von Vermögen.

10

In zwei zwischenzeitlich anhängig gewordenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 8 AS 687/06 ER und S 18 AS 106/07 ER) hat sich die Beklagte im Ergebnis bereit erklärt, der Klägerin zunächst für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 sowie dann für die Monate März und April 2007 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall des Unterliegens im Hauptsacheverfahren zu zahlen.

11

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.

    den Bescheid der Beklagten vom 8. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2007 aufzuheben,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Höhe der gesetzlichen Vorschriften ab 1. November 2006 zu gewähren.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig und weist darauf hin, dass nach der Auskunft des Ehemanns der Klägerin nicht davon ausgegangen werden könne, dass es sich tatsächlich um Darlehen gehandelt habe. Dieser habe mitgeteilt, dass er keine Kenntnis von einer Darlehensvereinbarung zwischen seinen Schwiegereltern und seiner Frau bzw. ihm selbst habe.

14

Das Gericht hat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung die Zeugen E. und J. vernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme, des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Über die Klage konnte im Wege des Gerichtsbescheides entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor zu dieser Verfahrensweise gehört worden sind, § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

16

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ab 1. November 2006. Dabei ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit der Klage ihren eigenen Ansprüche sowie die ihrer vier Kinder geltend macht.

17

Die Klägerin und ihre vier Kinder, die als Personen, die mit der Klägerin als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch Leistungen nach dem SGB II erhalten können, sind nicht hilfebedürftig iSv §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3,9 Abs. 1 SGB II. Danach erhalten Personen Leistungen nach dem SGB II, die u.a. hilfebedürftig sind. Hilfebedürftig in diesem Sinne ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Die Klägerin ist bis auf weiteres in der Lage, ihren sowie den Lebensunterhalt ihrer vier Kinder aus dem zu berücksichtigenden Vermögen zu sichern. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von zunächst 30.000,- EUR gegen ihren Ehemann, den sie durch notariell beurkundete Vereinbarung an ihre Mutter abgetreten hat, ist - neben dem weiteren Vermögen iHv 1685,- EUR - in diesem Rahmen zu berücksichtigen.

18

Nach zutreffender Auffassung der Beklagten verfügt die Klägerin nämlich über Vermögen in Gestalt eines gegen ihre Mutter gerichteten Schenkungsrückgewährungsanspruchs nach § 528 BGB, mit dessen Hilfe sie zur Sicherung ihres sowie des Lebensunterhalts ihrer vier Kinder in der Lage ist. Dass der sogenannte Anspruch des verarmten Schenkers auf Rückgabe des Geschenks nach § 528 BGB sozialhilferechtlich verwertbares Vermögen darstellt, war in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum BSHG anerkannt (vgl BVerwG, Urteil vom 25. Juni 1992 - 5 C 37.88 - FEVS 43, 104; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 5. April 1995 - Bs IV 21/95). Bei der notariell beurkundeten Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Mutter vom 31. August 2006 über die Abtretung des Anspruchs gegen den Ehemann handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts im Ergebnis um eine Schenkung im Sinne des § 516 BGB. Die Klägerin hat ihrer Mutter ohne Rechtsgrund den Anspruch auf Zahlung von 50.000,- EUR gegen ihren Ehemann abgetreten. Da die Klägerin nach der schenkweisen Abtretung ihres Anspruchs an ihre Mutter außer Stande ist, ihren angemessenen Lebensunterhalt sowie den ihrer vier Kinder in vollem Umfange zu bestreiten, hat sie mangels einer der in § 529 BGB genannten Ausnahmetatbestände gemäß § 528 BGB einen Anspruch gegen ihre Mutter auf Rückgewähr des Geschenks. Der Anspruch der Klägerin nach § 528 BGB gehört grundsätzlich zu ihrem verwertbaren Vermögen iSv § 12 SGB II, auf das sie zur Selbsthilfe iSv § 3 Abs. 3 SGB II verwiesen werden kann. Auch wenn es sich um einen noch nicht realisierten schuldrechtlichen Anspruch handelt, ist er dennoch geeignet, den akuten Bedarf der Klägerin zu decken. Es ist davon auszugehen, dass seine alsbaldige Durchsetzung möglich wäre und es sich daher um bereite Mittel handelt, auf die zur Deckung des laufenden Bedarfs verwiesen werden kann. Der Anspruch der Klägerin führt dazu, dass sie von ihrer Mutter die ihrem jeweiligen Unterhaltsbedarf bzw. dem ihrer vier Kinder entsprechenden Wertteile des Geschenks zurückfordern kann.

19

Dem Anspruch der Klägerin aus § 528 BGB steht insbesondere nicht entgegen, dass es sich bei den von ihren Eltern an sie und ihre Familie erbrachten Geldzahlungen ihrer Rechtsauffassung nach jeweils um Darlehen gehandelt hat. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Eltern der Klägerin bzw. ihrer Familie Darlehen in dem behaupteten Umfang gewährt haben. Zunächst ist festzustellen, dass überhaupt keine schriftlichen Unterlagen hinsichtlich der behaupteten darlehensweisen Geldzahlungen zwischen den Eltern der Klägerin und der Klägerin bzw. ihrer Familie vorgelegt werden konnten. Auch ist nicht ersichtlich, dass Überweisungsträger vorhanden sind, aus denen sich der Zweck der Überweisung, insbesondere die darlehensweise Zahlung ergeben könnte. Es sind auch im Übrigen keine Nachweise dafür vorhanden, dass es sich bei den erbrachten Zahlungen der Eltern der Klägerin - mit Ausnahme des Geldbetrages zur Anschaffung des Pkws - um Darlehen gehandelt hat. Zunächst ist bereits unklar, wann und in welcher Höhe überhaupt Geldbeträge von den Eltern der Klägerin an die Klägerin bzw. ihre Familie erbracht worden sind. Hinsichtlich der jeweiligen Zeitpunkte konnten sich die Klägerin bzw. die Zeugen nur vage erinnern. Auch hinsichtlich der Höhe der Geldbeträge wurden von den Zeugen bzw. der Klägerin unterschiedliche Angaben gemacht. So teilte die Klägerin mit, dass für den Bau der Garage 20.000,- DM von den Eltern erbracht worden seien. Die Zeugin J. ging hingegen von der Zahlung von 25.000,- DM aus diesem Anlass aus. Hinsichtlich der erbrachten Geldbeträge für den Ausbau des Hauses oben sprach die Klägerin von einem Betrag von 15.000,- DM, während die Mutter der Klägerin einen Betrag von 15.000,- EUR geltend machte. Im Hinblick auf die erbrachte Geldsumme für die Anschaffung des Pkws gingen Klägerin und ihre Mutter von einem Betrag von 5.000,- EUR aus, während der Zeuge E. von einem Betrag von 3.000,- EUR sprach. Auch hinsichtlich der bereits erfolgten Rückzahlung hinsichtlich der für den Pkw erbrachten Zahlungen wurden unterschiedliche Angaben gemacht. Während die Klägerin und ihr Ehemann davon ausgingen, dass dieser Geldbetrag bereits vollständig zurückgezahlt worden sei, sagte die Mutter der Klägerin aus, dass auch hinsichtlich dieses Geldbetrages noch Forderungen offen seien. Insoweit konnte keiner der im Termin angehörten Personen alle geflossenen Beträge konkret benennen. Neben den aus Anlass für den Kauf des Grundstücks, für den Garagenbau, für den Ausbau oben sowie für den Pkw-Kauf geflossenen Beträgen sollten nach Angaben der Klägerin weitere kleine Zahlungen von den Eltern erbracht worden sein. Insgesamt sind weder die Höhe des Gesamtbetrages noch die Zeitpunkte der einzelnen Zahlungen konkret feststellbar.

20

Unter Berücksichtigung dieser zum Teil abweichenden und zum Teil nur vage aus der Erinnerung benannten Zahlungsflüsse ist schon gar nicht nachvollziehbar, wie der Gesamtbetrag von (zumindest) 50.000,- EUR, der insgesamt als Darlehen gezahlt worden sein soll, sich zusammensetzt.

21

Ein weiteres Indiz, das - mit Ausnahme der für den Pkw-Kauf gedachten Geldbeträge - gegen das Bestehen von Darlehensvereinbarungen spricht, ist, dass die Eltern der Klägerin die Rückzahlungsansprüche in keiner Weise gesichert haben. So wurde insbesondere weder eine Hypothek noch eine Grundschuld zugunsten der Eltern der Klägerin auf das Haus der Klägerin und ihres Ehemannes eingetragen. Nicht nachzuvollziehen ist weiterhin, dass die Eltern der Klägerin den gesamten angeblich darlehensweise erbrachten Betrag von 50.000,- EUR ausschließlich von der Tochter selbst zurückfordern. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass nach Angaben der Klägerin sie - mit Hilfe ihrer Eltern - letztlich mehr als die Hälfte des Vermögens in die Ehe eingebracht hat, wäre es naheliegend gewesen, zumindest auch einen Teil der behaupteten Darlehensforderungen gegenüber dem Schwiegersohn geltend zu machen. Die zwischen Klägerin und ihrer Mutter getroffene Vereinbarung führt im Ergebnis dazu, dass die Klägerin im Vergleich zu ihrem Ehemann erheblich benachteiligt wird und völlig mittellos aus der Ehe hervorgeht. Gleichzeitig verfügt der Ehemann der Klägerin weiterhin über seine Hälfte des gemeinsamen Vermögens in Form des Grundbesitzes. Auch die Tatsache, dass nach übereinstimmenden Angaben der Zeugen und der Klägerin für die Anschaffung des Pkws ausdrücklich von den Eltern der Klägerin ein Darlehen gewährt worden ist, spricht dagegen, dass auch die anderen größeren Zahlungen darlehensweise erbracht worden sind. Denn die für die Anschaffung des Pkws erbrachten und auch gegenüber dem Ehemann als Darlehen gekennzeichneten Zahlungen wurde in der Folge tatsächlich von der Klägerin und ihrem Ehemann zumindest weitgehend an die Eltern zurückgezahlt. In diesem Zusammenhang erscheint wenig plausibel, aus welchen Gründen die für den Pkw erbrachten Zahlungen in der Folge tatsächlich an die Eltern zurückgezahlt worden sind, die anderen Zahlungen dagegen weder teilweise zurückgezahlt noch überhaupt von den Eltern geltend gemacht wurden. Auch ist wenig nachvollziehbar, dass der Ehemann der Klägerin von den Darlehen für den Pkw Kenntnis hatte, davon, dass alle weiteren Zahlungen auch darlehnsweise erfolgt sind, dagegen nicht. Erhebliche Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Aussage des Zeugen E. beizumessen. Dieser hat glaubhaft bestätigt, dass keine Rede davon gewesen sei, dass die Zahlungen lediglich als Darlehen erbracht werden sollten. Nach Einschätzung des Gerichts ist es äußerst unwahrscheinlich und lebensfremd, dass die Mutter mit ihrer Tochter wiederholt Darlehensvereinbarungen in erheblicher Höhe trifft, ohne dass zugleich dem Schwiegersohn dies entweder durch die Schwiegermutter oder durch die Ehefrau mitgeteilt wird. Insoweit ist vor allem nicht glaubhaft, dass bereits zu Beginn der Ehe bzw. vor der Hochzeit derartige Kommunikationsdefizite zwischen Ehemann und Ehefrau bzw. zwischen Ehemann und Schwiegermutter vorgelegen haben, dass solche wichtigen finanziellen Aspekte nicht angesprochen wurden. Vielmehr spricht die Unkenntnis des Ehemanns von der behaupteten darlehensweisen Erbringung der Zahlungen dafür, dass konkrete Überlegungen, dass auch diese Geldbeträge zurückgezahlt werden sollen, erst später getroffen worden sind.

22

Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass es im familiären Umfeld durchaus nicht unüblich ist, derartige Vereinbarungen - etwa Darlehensvereinbarungen - unkompliziert zu handhaben und z.B. keine schriftliche Vereinbarung abzuschließen. Dennoch sprechen die gesamten Umstände im vorliegenden Einzelfall dagegen, dass tatsächlich Darlehensvereinbarungen hinsichtlich der betreffenden Beträge getroffen worden sind. Insbesondere die Tatsache, dass noch nicht einmal die genauen Geldbeträge festgehalten worden sind, deutet darauf hin, dass eine Rückzahlung nicht vereinbart gewesen ist. Auch die Unkenntnis des Ehemanns von der behaupteten Darlehensregelung spricht - wie dargelegt - ganz erheblich gegen die tatsächliche Vereinbarung von Darlehen.

23

Der Vortrag der Klägerin sowie die Aussagen der Zeugin J. stellen sich auch unter einem weiteren Gesichtspunkt wenig glaubhaft dar. So erscheint es prinzipiell eher unüblich, dass Eltern, die selbst ein Unternehmen führen, ihrer Tochter und dem zukünftigen Schwiegersohn zum Start in die Ehe sowie später nach der Geburt der vier Enkelkinder anstelle von Geschenken lediglich Darlehen zur Verfügung stellen. Zweifel bestehen auch deshalb, da nach den Aussagen der Zeugin im Termin offenbar ihr Sohn und damit Bruder der Klägerin den elterlichen Betrieb weiterführt und inzwischen Inhaber geworden ist. Dass die Klägerin als Tochter von den Eltern ausschließlich mit mehreren Darlehen bedacht wird, während der Bruder den Betrieb erhalten hat, erscheint schwer vorstellbar und lebensfremd.

24

Letztlich führt auch der von der Klägerin bzw. der Zeugin J. im Termin zumindest sinngemäß formulierte Einwand, die Eltern der Klägerin würden den Geldbetrag "für ihr Alter" benötigen bzw. hätten das Geld für den Zweck eingeplant, zu keinem anderen Ergebnis. Denn nach den Ausführungen der Zeugin verfügen sie und ihr Ehemann, der bereits Rentner ist, über ein Einkommen von zur Zeit mindestens 2.200,- EUR (Rentenzahlungen) sowie 700,- EUR brutto Erwerbseinkommen. Nach Vollendung des 65. Lebensjahres wird die zur Zeit 63jährige Mutter der Klägerin nach eigenen Angaben zudem eine eigene Altersrente von etwa 270,- EUR erhalten.

25

Nach alledem ist davon auszugehen, dass bei den Zuwendungen elterliche Fürsorge und Zuneigung eine entscheidende Rolle gespielt haben, möglicherweise in der Hoffnung, dass diese Zuwendung im Alter und bei eigener Bedürftigkeit ihre Entsprechung durch die Tochter und deren Familie finden möge. Die angebliche Darlehensverpflichtung der Klägerin kann daher bei der derzeitigen Sachlage grundsicherungsrechtlich nicht anerkannt werden.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.