Sozialgericht Stade
Beschl. v. 12.07.2007, Az.: S 17 AS 243/07 ER

Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in gesetzlicher Höhe; Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung; Zumutbarkeit einer Absenkung von Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß; Vorliegen der Voraussetzungen für ein Bestehen von Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); Bestimmung der Angemessenheitsgrenze von Unterkunftskosten bei Mietwohnungen

Bibliographie

Gericht
SG Stade
Datum
12.07.2007
Aktenzeichen
S 17 AS 243/07 ER
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2007, 48435
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGSTADE:2007:0712.S17AS243.07ER.0A

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 9. Mai 2007 wird abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm und seiner Bedarfsgemeinschaft für die Zeit ab August 2007 Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der anerkannten tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren.

2

Der Antragsteller bewohnt mit seiner Ehefrau und zwei Söhnen, geboren im Juli 1999 und im Januar 2005, in einem in seinem Eigentum stehenden Haus mit 150 qm Wohnfläche, bezugsfertig seit Januar 2003. Die Ehefrau des Antragstellers ist erwerbstätig und erzielt ein Nettoeinkommen in Höhe von 1.703,66 EUR monatlich, woraus sich ein bereinigtes anzurechnendes Erwerbseinkommen in Höhe von 1.446,35 EUR ergibt. Für die beiden Kinder wird Kindergeld in Höhe von 308,00 EUR bezogen. Das zu berücksichtigende Gesamteinkommen beträgt damit 1.701,66 EUR.

3

Der jüngere der beiden Söhne leidet am Down-Syndrom. Bei ihm ist ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 50 und das Merkzeichen "H" anerkannt. Beim Antragsteller ist ein Grad der Behinderung (GdB) in Höhe von 40 seit Oktober 2003 anerkannt.

4

Der Antragsteller und seiner Bedarfsgemeinschaft beziehen seit Januar 2005 Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 wies die damals zuständige Agentur für Arbeit D. den Antragsteller darauf hin, dass seine monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung in anerkannter Höhe von 870,36 EUR (Schuldzinsen, Nebenkosten) unangemessen seien. Es seien maximal 580,00 EUR zuzüglich der anfallenden Heizkosten als angemessen anzusehen, wobei die Behörde aufgrund der Behinderung des jüngeren Sohnes die Werte für einen 5-Personen-Haushalt zugrunde legte. Der Antragsteller wurde aufgefordert, sich innerhalb von drei Monaten um eine kostengünstigere Unterkunft zu bemühen. Tatsächlich wurden die Kosten für Unterkunft und Heizung in der Folgezeit weiterhin in der vollen anerkannten Höhe übernommen.

5

Mit Bescheid vom 23. Januar 2007 bewilligte die Antragsgegnerin für den Zeitraum März 2007 bis einschließlich August 2007 Leistungen in Höhe von 358,32 EUR monatlich. In die Berechnung einbezogen wurden die aufgrund aktueller Nachweise neu berechneten Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 931,56 EUR, bestehend aus Schuldzinsen iHv 796,76 EUR zzgl Nebenkosten iHv 61,20 EUR und zzgl der als angemessen angesehener Heizkosten iHv 73,60 EUR.

6

Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller unter Darlegung der neuen Berechnung der Kosten der Unterkunft zur Senkung der Unterkunftskosten auf und teilte mit, dass die bisherigen Kosten nur bis zum 31. Juli 2007 übernommen würden. Danach könnten als Kosten der Unterkunft nur noch die angemessenen Kosten in Höhe von 545,00 EUR zuzüglich 95,00 EUR für Heizung, insgesamt 640,00 EUR, bei einer Wohnungsgröße von 95 qm anerkannt werden.

7

Mit Änderungsbescheid vom 5. März 2007 legte die Antragsgegnerin die Leistungen für den Zeitraum April 2007 bis einschließlich Juli 2007 auf monatlich 305,20 EUR fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 5. März 2007 hob die Antragsgegnerin den Bescheid vom 23. Januar 2007 für den Zeitraum ab 1. August 2007 auf und führte zur Begründung an, aufgrund der Berücksichtigung nur noch der angemessenen Kosten der Unterkunft ab August ergebe sich ab dann kein Leistungsanspruch mehr, da mit dem vorhandenen Einkommen die Deckung des Bedarfs gesichert sei.

8

Den auf die Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten gerichtete Widerspruch gegen die Bescheide vom 5. März 2007 wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 13. April 2007 als unbegründet zurück. Am 9. Mai 2007 hat der Antragsteller Klage beim Sozialgericht erhoben. Zugleich hat der Antragsteller auch einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gestellt.

9

Er trägt vor, die Antragsgegnerin habe die besonderen Umstände des Einzelfalles nicht ausreichend berücksichtigt. Eine Absenkung der Unterkunftskosten ab August 2007 stelle eine schwere und nicht zumutbare Last für die Familie dar. Eine Senkung der Unterkunftskosten durch eine Vermietung oder einen Verkauf des Hauses sei nicht möglich. Auch sei eine Eilentscheidung erforderlich, da im Hauptsacheverfahren eine Entscheidung nicht bis August 2007 zu erwarten sei.

10

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II für den Monat August 2007 die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft und Heizung einzubeziehen und die sich ergebenden Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

11

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

12

Sie trägt vor, eine Senkung der Unterkunftskosten auf das angemessene Maß i.S. des § 22 SGB II sei dem Antragsteller zumutbar. Der Behinderung des jüngeren Sohnes des Antragstellers sei durch die Zugrundelegung eines 5-Personen-Haushaltes bei der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze ausreichend Genüge getan. Der Antragsteller habe in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass er sich um eine Senkung der Unterkunftskosten bemüht habe. Auch ist nicht erkennbar, inwieweit sich aus der Behinderung des Sohnes und aus der Behinderung des Antragstellers Umstände ergeben, die einen Umzug unmöglich machten.

13

Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu den Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und auf die vorliegenden Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

14

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

15

Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszuges. Voraussetzung für den Erlass der hier begehrten Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist neben einer besonderen Eilbedürftigkeit der Regelung (Anordnungsgrund) das Bestehen eines Anspruchs auf die begehrte Regelung (Anordnungsanspruch). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

16

Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürftigkeit liegt mittlerweile vor, da die Einstellung der Leistungen in weniger als drei Wochen bevorsteht und eine Entscheidung in der Hauptsache bis dahin nicht zu erwarten ist.

17

Der Antragsteller konnte jedoch einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen. Die Absenkung der zu berücksichtigenden Kosten für Unterkunft und Heizung auf das angemessene Maß i.S. des § 22 Abs. 1 SGB II durch die Antragsgegnerin ab August 2007 ist nicht zu beanstanden, auch nicht hinsichtlich der Höhe. Unter Einbeziehung der angemessenen Unterkunftskosten ergibt sich ab August 2007 kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II mehr, da das vorhandene Einkommen den Bedarf übersteigt.

18

Voraussetzung für den Bezug von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II neben weiteren Voraussetzungen das Bestehen von Hilfebedürftigkeit. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach Abs. 2 Satz 1 ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Nach den Berechnungen der Antragsgegnerin steht der Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1.701,66 EUR zur Verfügung. Für eine Fehlerhaftigkeit dieser Berechnung hat das Gericht keine Anhaltspunkte. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft beläuft sich auf monatlich 1.036,00 EUR aus Regelleistung und Sozialgeld. Hinzu kommen die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Das Gesamteinkommen iHv 1.701,66 EUR deckt damit den Gesamtbedarf iHv 1.676,00 EUR.

19

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin die Höhe der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ab August 2007 auf 640,00 EUR festgelegt hat.

20

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach den Berechnungen anhand der vorliegenden Nachweise belaufen sich die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft auf Schuldzinsen in Höhe von 782,18 EUR zuzüglich allgemeiner Nebenkosten in Höhe von 92,68 EUR, insgesamt 874,86 EUR. Hinzu kommen tatsächliche Heizkosten nach Abzug von Warmwasser in Höhe von 96,00 EUR monatlich. Den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag in Höhe von 970,86 EUR hat die Antragsgegnerin in ihre Berechnungen bis einschließlich Juli 2007 einbezogen.

21

Die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sind unangemessen und können nach der hier gebotenen summarischen Prüfung aufgrund der ausdrücklichen Senkungsaufforderung und rechtzeitigen Ankündigung zu Recht ab August 2007 auf das angemessene Maß gesenkt werden.

22

Bei Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung ist auch bei selbstbewohntem Hauseigentum auf denselben Vergleichsmaßstab wie bei Mietwohnungen abzustellen (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl v 28.02.2006 - L 9 B 99/05 AS ER -;offen gelassen LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl v 22.01.2007 - L 9 AS 771/06 ER -; a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl v 08.06.2006 - L 7 AS 443/05 ER -).

23

Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum für Hauseigentümer bei der Bestimmung der Angemessenheit der Kosten im Rahmen des § 22 SGB II andere Obergrenzen gelten sollten als für Leistungsbezieher, die eine Wohnung oder ein Haus gemietet haben. Ein solcher ergibt sich jedenfalls nicht daraus, dass die Grenzen der Angemessenheit im Rahmen des Vermögensschutzes nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II anders beurteilt werden (vgl LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl v 28.02.2006 - L 9 B 99/05 AS ER -, Rn 18/19). Denn dort wird die Angemessenheit allein nach der Größe des selbstbewohnten Immobilieneigentums bestimmt und betrifft nur die Frage, ob das Immobilieneigentum als Vermögen anzurechnen ist oder nicht. Eine Aussage zu den laufenden Kosten zum Erhalt des Eigentums ist damit nicht verbunden. Der § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II stellt eine Privilegierung dar, die Haus- oder Wohnungseigentümern ermöglicht, ihr Vermögen letztlich auf Kosten der Sozialgemeinschaft nicht zur Bedarfsdeckung einsetzen zu müssen. Dieser Zweck wird nicht dadurch ausgehöhlt, dass die Immobilieneigentümer ihr Eigentum unter Umständen, z.B. aufgrund hoher Belastungen, letztlich nicht halten können (so offenbar LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl v 08.06.2006 - L 7 AS 443/05 ER -). Ein Automatismus, dass wegen des Schutzes nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II auch hohe Aufwendungen über § 22 SGB II übernommen werden müssten, ist ausdrücklich abzulehnen. Eine Gewährung höherer Leistungen an solche Leistungsbezieher, die Eigentum bewohnen, als an jene, die mieten, stellt ein Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Leistungsbezieher dar, für die keine Rechtfertigung erkennbar ist. Es kann nicht Zweck staatlicher Grundsicherung sein, Einzelnen im Rahmen der Gewährung steuerfinanzierter Leistungen den Erhalt von Privatvermögen zu sichern. Bestätigt wird dies durch einen Vergleich mit der Referenzgruppe der unteren Einkommensbezieher. Ein Bezieher eines zur Bedarfsdeckung gerade ausreichenden Einkommens, der die Belastungen seines Hauseigentums nicht mehr tragen kann, wird dieses verkaufen. Empfänger von Leistungen nach dem SGB II, die über selbstgenutztes Grundeigentum verfügen, das sie alleine nicht halten können, würden gegenüber der Referenzgruppe bessergestellt, wenn ihnen der Staat im Wege des § 22 SGB II den Erhalt ihres Eigentums sichert.

24

Die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze durch die Antragsgegnerin ist auch der Höhe nach nicht zu bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil v 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R -) ist die Frage der Angemessenheit von Unterkunftskosten in drei Schritten vorzunehmen, wobei sich die Rechtsprechung auf Mietwohnungen bezieht. Zunächst ist die Angemessenheit der Größe der Unterkunft anhand der landesrechtlich anerkannten Größen nach dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) und den von den Bundesländern erlassenen Richtlinien vorzunehmen. In einem zweiten Schritt ist sodann der Vergleichsmaßstab anhand des Wohnungsmarktes zu bilden. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Dabei ist auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, abzustellen. Als dritter Schritt ist zu ermitteln, ob der Betroffene auch tatsächlich die konkrete Möglichkeit hat, eine als abstrakt angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (BSG, a.a.O, Rn 19-22). Dabei sind die örtlichen Gegebenheiten zu ermitteln. Nur soweit Erkenntnismöglichkeiten im lokalen Bereich nicht weiterführen, kann auf die Werte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückgegriffen werden (BSG, a.a.O, Rn 23).

25

Das Haus des Antragstellers ist mit 150 qm Wohnfläche unangemessen groß im Sinne des § 22 SGB II. Unter Bezug auf die Richtlinie über die soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB, RdErl d nds Sozialministeriums v 19.10.2003, NdsMBl 2003, S 580, zuletzt geändert durch RdErl v 19.10.2006, NdsMBl 2006, S 973) gilt für einen 4-Personen-Haushalt eine Größe von bis zu 85 qm als angemessen. Die Antragsgegnerin ist zugunsten der Familie des Antragstellers und der Behinderung des jüngsten Kindes von sich aus schon von der Werten für einen 5-Personen-Haushalt ausgegangen, d.h. von 95 qm. Für die weitere Bestimmung der Angemessenheit ist daher auf eine Größe von 95 qm abzustellen.

26

Die Antragsgegnerin hat entgegen der Rechtsprechung des BSG nicht auf die konketen Verhältnisse auf dem lokalen Wohnungsmarkt abgestellt, sondern von vornherein auf die Werte der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 WoGG zurückgegriffen. Während nach teilweise in der Rechtsprechung vertretener Auffassung zumindest in Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes generell auf die Werte der Wohngeldtabelle abzustellen ist (so z.B. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl v 23.05.2007 - L 13 AS 11/06 ER -), ist nach anderer Auffassung bei Ermittlungsversäumnissen der zuständigen Sozialleistungsträger auf die tatsächlichen Kosten anteilig zur angemessenen Wohnungsgröße abzustellen (vgl LSG Hessen, Beschl v 21.03.2006 - L 9 AS 124/05 ER -).

27

Die Frage, ob auf die Werte der Wohngeldtabelle abzustellen ist oder auf die tatsächlichen Kosten, kann hier offen bleiben, da die tatsächlichen anteiligen Kosten die von der Antragsgegnerin zugrundegelegten Kosten jedenfalls nicht übersteigen. Die Antragsgegnerin ist von 545,00 EUR als angemessene Kosten der Unterkunft inklusive Nebenkosten sowie 95,00 EUR angemessener Heizkosten ausgegangen, d.h. insgesamt 640,00 EUR. Legt man die berücksichtigungsfähigen tatsächlichen Kosten zugrunde, ergeben sich angemessene Unterkunftskosten iHv 554,08 EUR zzgl tatsächlicher Heizkosten iHv 60,80 EUR, insgesamt 614,88 EUR. Ausgegangen wurde dafür von tatsächlichen Kosten für die Unterkunft von 874,86 EUR und Heizkosten von 96,00 EUR bei einer Wohnfläche von 150 qm, die dann auch 95 qm anteilig umgerechnet wurden. Im Ergebnis führt das Vorgehen der Antragsgegnerin damit zu einem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis.

28

Ein anderer Angemessenheitsrahmen ergibt sich auch nicht der Behinderung des jüngsten Kindes sowie des Antragstellers selbst. Die Antragsgegnerin hat die Behinderung des jüngsten Sohnes und des Antragstellers in ausreichender Weise berücksichtigt, in dem schon die Werte eines 5-Personenhaushalts zugrunde gelegt wurden, obwohl es sich um einen 4-Personen-Haushalt handelt. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass mit den Behinderungen tatsächlich ein erhöhter Raum- und Kostenbedarf hervorgeht. Aus den bekannten gesundheitlichen Einschränkungen, vor allem dem Down-Syndrom beim Kind, ergibt sich dies zumindest nicht. Medizinische Nachweise wurden nicht erbracht. Auch ist nicht ersichtlich geworden, inwieweit besondere Anforderungen an die Räumlichkeiten zu stellen sind, etwa eine Barrierefreiheit wegen Nutzung eines Rollstuhls.

29

Der Antragsteller hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass ein Umzug aus anderen Gründen unmöglich sein könnte. Ein Wechsel des sozialen Umfeldes ist zumutbar. Offenbar hat der Antragsteller bisher keinerlei Bemühungen unternommen, um eine Senkung der Kosten der Unterkunft zu erreichen. Dies ist unverständlich, da bereits im Februar 2005 ein erster Hinweis auf die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft ergangen war.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechende Anwendung des § 193 SGG.