Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.01.2015, Az.: 7 ME 91/14

Altersgrenze; Freistellung; Lizenz; Luftverkehr; Streitwertfestsetzung; Verbindung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.01.2015
Aktenzeichen
7 ME 91/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45201
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 30.09.2014 - AZ: 2 B 168/14

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 ist nicht als eine Übergangsbestimmung zu handhaben, die nur darauf zugeschnitten wäre, den einmaligen Übergang von dem bisherigen Rechtszustand zu der Einschränkung der Rechte von Lizenzinhabern gemäß FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zu erleichtern.

Tenor:

1. Die Verfahren 7 ME 90/14 und 7 ME 91/14 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Es führt das Verfahren 7 ME 91/14.

2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 2. Kammer - vom 24. September 2014 - 2 B 167/14 - geändert:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig, bis zu einer streitigen erstinstanzlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren oder bis zu dessen anderweitiger Beendigung verpflichtet,

a) Herrn B. (geb. …1955) bis zum Ablauf des Monats März 2015 für seine Verwendung als Pilot in der gewerblichen Küstenfliegerei der Antragstellerin innerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere von und zu Inseln, widerruflich und nach Ermessen mit Nebenbestimmungen von der Verpflichtung freizustellen, nur als Mitglied einer Besatzung mit mehreren Piloten tätig zu werden,

b) über den Antrag der Antragstellerin, ihr für die Verwendung des Piloten B. eine über den Monat März 2015 hinausreichende Freistellung zu erteilen, bis zum Ablauf des Monats März 2015 erneut zu entscheiden.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

3. Die weiter gehende Beschwerde der Antragstellerin gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 24. und 30. September 2014 - 2 B 167/14 - bzw. - 2 B 168/14 - wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 2 B 167/14 tragen die Antragstellerin zu zwei Dritteln und die Antragsgegnerin zu einem Drittel. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu vier Fünfteln und die Antragsgegnerin zu einem Fünftel.

5. Die Werte der Streitgegenstände werden für die vormals unverbundenen Verfahren 7 ME 90/14 und 7 ME 91/14 auf 15.000,-- EUR bzw. auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist die vormalige Kommanditistin einer Zweipersonengesellschaft, und zwar der C. GmbH & Co. KG (im Folgenden abgekürzt: D.), die ihrerseits mit dem Ausscheiden ihrer Komplementärin, der E. GmbH am 31. Oktober 2014, 24.00 Uhr, aufgelöst und ohne Liquidation beendet wurde (vgl. Bl. 485 f. der Gerichtsakte - GA - zu 7 ME 90/14). Die D. (und nunmehr die Antragstellerin als deren Rechtsnachfolgerin mit dem Betriebsstandort F.) war eine Regionalfluggesellschaft und bot gewerbsmäßig Flugdienste zwischen der Nordseeküste und den ostfriesischen Inseln sowie Helgoland an. Sie beschäftigte seit vielen Jahren (vgl. Bl. 436 GA zu 7 ME 90/14) unter anderem die Piloten G. (geb. …1952), B. (geb. …1955) und H. (geb. …1955).

Die Antragstellerin selbst ist ebenfalls eine Regionalfluggesellschaft und betreibt seit jeher am Standort I. gewerbsmäßig Flugdienste zwischen der Nordseeküste, den ostfriesischen Inseln sowie Helgoland. Sie beschäftigt (vgl. Bl. 257 GA zu 7 ME 91/14) unter anderem langjährig den Piloten J. (geb. …1953) sowie seit dem 1. Juni 2014 den Piloten K. (geb. …1955), der bereits in den Vorjahren in der Küstenfliegerei eingesetzt war, in den letzten Jahren jedoch ausschließlich auf einem Metroliner.

Gemäß Anhang I, (Teil-Flight-Crew-Licensing) FCL.065 Buchst. a) der Verordnung - VO - (EU) Nr. 1178/2011 darf ein Inhaber einer Pilotenlizenz, der das Alter von 60 Jahren erreicht hat, nicht als Pilot eines Luftfahrzeugs im gewerblichen Luftverkehr tätig sein, außer als Mitglied einer Besatzung mit mehreren Piloten, und unter der Voraussetzung, dass ein solcher Inhaber der einzige Pilot in der Flugbesatzung ist, der das Alter von 60 Jahren erreicht hat. Da die Bundesrepublik Deutschland von der ihr durch Art. 12 Abs. 1b der VO (EU) Nr. 1178/2011 eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machte, zu entscheiden, die Bestimmungen der Anhänge I bis IV dieser Verordnung bis zum 8. April 2013 nicht anzuwenden, entfaltete die Vorschrift FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 ungeachtet ihrer anderweitigen Gültigkeit ab dem 8. April 2012 (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 der VO [EU] Nr. 1178/2011), für das Bundesgebiet erst im April 2013 Wirksamkeit.

Auf entsprechende Anträge der D. und der Antragstellerin vom März 2013 erteilte das Luftfahrt-Bundesamt beiden Gesellschaften mit Bescheiden vom 28. März 2013 (Bl. 434 f. GA zu 7 ME 90/14 bzw. vgl. Bl. 453 GA zu 7 ME 91/14) unter Berufung auf Art. 14 Abs. 4 der VO (EG) Nr. 216/2008 bis zum 9. April 2014 Freistellungen für ihre betroffenen Piloten von den Anforderungen gemäß FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011. Diese Freistellungen wurden jedoch in dem Verfahren gemäß Art. 14 Abs. 5 der VO (EG) Nr. 216/2008 seitens der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (European Aviation Safty Agency) - EASA - im Zuge der Recommendation (Empfehlung) N°DE/02/2014 vom 28. April 2014 (Bl. 471 bis 475 GA zu 7 ME 90/14) als unter anderem zu unbestimmt und mit unzureichenden Nebenbestimmungen versehen beanstandet.

Unter dem 26. bzw. 24. März 2014 beantragten die D. (Bl. 436 f. GA zu 7 ME 90/14) und die Antragstellerin (Bl. 257 ff. GA zu 7 ME 91/14) erneut Freistellungen, und zwar für ihre oben genannten insgesamt fünf Piloten von den Anforderungen gemäß FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 „für die nächsten Jahre“.

Zur Begründung machte die D. geltend, die von ihr eingesetzten Flugzeugmuster Cessna-FR 172 und C-182 sowie Britten Norman BN-2 würden ausschließlich mit einem Piloten geflogen. Bei Wegfall ihrer drei genannten älteren Piloten könnte die Inselversorgung in ihrem Bedarfsluftverkehr nicht mehr gewährleistet werden. Sie habe sich in den vergangenen 14 Monaten im Hinblick auf die kommenden Altersbeschränkungen stark bemüht, neue Piloten für ihre spezielle Art der Fliegerei einzustellen: Im April 2011 sei Herr L. (geb. …1987) gekommen, habe aber zum Dezember 2013 wieder gekündigt, um bei einer großen Airline die Schulung auf großem Fluggerät zu beginnen. Herr M. (geb. …1985) sei seit Juni 2011 in ihrem Unternehmen und fliege alle Flugzeugtypen. Er stehe ihr aber ab dem 30. September 2014 nicht mehr zur Verfügung, da er zu einem Arbeitgeber mit größerem Fluggerät wechsle. Es sei nicht eine zu geringe Vergütung, die eine langfristige Bindung an ihr Unternehmen behindere. Die reine VFR-Fliegerei - d. h. Fliegerei nach Sichtflugregeln (visual flight rules) - reiche den oft jungen Berufspiloten nicht aus und so gingen sie eben wieder „die fliegerische Stufe nach oben“. Ältere Piloten scheuten sich Verträge nur bis zu ihrem 60. Geburtstag zu unterzeichnen. Sie suchten sich Arbeitgeber, die sie bis fast zum Rentenalter beschäftigen könnten. Frau N. (geb. …1989) sei seit dem Juli 2013 bei ihr, der D., beschäftigt. Sie werde erst im Sommer 2014 alle Berechtigungen zum Fliegen der Britten Norman in ihrem, der D., Betrieb erlangen. Einen endgültigen Wohnortwechsel an die Küste könne sie sich noch nicht vorstellen. Alle von der beantragten Freistellung betroffenen Piloten seien zusätzlich für verschiedene Aufgaben innerhalb ihres Betriebes tätig oder hätten Funktionen als Postholder (Fachbereichsleiter). Ein Ersatz für diese Arbeiten sei innerhalb eines Jahres nicht aufbaubar gewesen. Die von der begehrten Freistellung erfassten Piloten würden freiwillig mit dem Facharzt weitere zu den obligatorischen Tauglichkeitsuntersuchungen hinzutretende Untersuchungsmöglichkeiten abstimmen.

Die Antragstellerin begründete ihren Freistellungsantrag wie folgt: Die in der Inselversorgung allein zum Einsatz kommenden Flugzeugmuster Cessna C182T sowie Britten-Norman Islander (BN2B-20) würden ausschließlich mit einem Piloten geflogen. Durch den Wegfall des Herrn J. und später auch denjenigen des Herrn K. werde die Inselversorgung in ihrem Bedarfsluftverkehr nicht mehr gewährleistet werden können. Sie habe sich in den letzten 14 Monaten im Hinblick auf die kommenden Altersbeschränkungen stark bemüht, neue Piloten für die Inselversorgung einzustellen. Im April 2013 sei Herr O. (geb. …1988) zunächst als Saisonpilot 2013 mit der Option einer unbefristeten Beschäftigung eingestellt worden. Er habe jedoch zum 28. Februar 2014 gekündigt, um bei einer anderen Airline die Schulung auf einem Jet zu beginnen. Es sei nicht eine zu geringe Vergütung, die eine langfristige Bindung an ihr Unternehmen behindere. Vielmehr reiche den jungen Piloten eine reine VFR-Fliegerei oft nicht aus. Sie strebten aufgrund ihrer qualifizierten Ausbildung nach einer Tätigkeit in der „großen Fliegerei“. Die älteren Piloten scheuten sich, Verträge nur bis zu ihrem 60. Geburtstag zu unterschreiben, sondern suchten Arbeitgeber, die ihnen eine Festanstellung bis zum 65. Lebensjahr böten. Zum 1. April 2014 werde Herr P. (geb. …1964) zunächst als Saisonpilot eingestellt. Herr P. sei in den zurückliegenden Jahren bereits in der Küstenfliegerei tätig gewesen und bringe die entsprechenden Voraussetzungen (BN2-Rating) mit. Herr J. bekleide in ihrem Unternehmen die Funktionen der Fachbereichsleiter „Flugbetrieb“ sowie „Schulung Besatzungen“. Einen Nachfolger habe sie zwar in ihrem Herrn Q. gefunden. Eine Einarbeitung in das komplexe Aufgabengebiet durch Herrn J. sei jedoch innerhalb der letzten 12 Monate nicht abschließend möglich gewesen. Eine weitere zu den bereits obligatorischen Tauglichkeitsuntersuchungen hinzutretende freiwillige Untersuchung wäre sicherlich mit den von der begehrten Freistellung betroffenen Piloten vereinbar.

Mit Bescheiden vom 8. bzw. 9. April 2014 (Bl. 438 f. GA zu 7 ME 90/14 bzw. Bl. 430 f. GA zu 7 ME 91/14) lehnte das Luftfahrt-Bundesamt die Freistellungsanträge der D. und der Antragstellerin ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die erforderlichen Voraussetzungen für eine Freistellung gemäß Art. 14 Abs. 4 VO (EG) Nr. 216/2008 seien auf der EASA-Website aufgeführt. Erforderlich sei unter anderem eine Beschreibung der unvorhergesehen und dringenden betrieblichen Umstände oder der betrieblichen Umstände von beschränkter Dauer, eine Beschreibung der Maßnahmen, die zu einer vollen Umsetzung der Vorschrift FCL.065a nach „Beendigung der Flexibilitätsklausel“ führen sollten, eine Beschreibung des genauen Anwendungsbereichs bzw. des operationellen Umfangs der zur Zeit abweichenden Regelung sowie Nachweise darüber, dass das Sicherheitsniveau nicht nachhaltig beeinflusst werde, einschließlich der Mitteilung von Maßnahmen, die getroffen würden, um das in der Grundversorgung angestrebte Sicherheitsniveau zu erreichen. Die D. bzw. die Antragstellerin hätten ihre Anträge auf „Einsatzverlängerung“ damit begründet, dass es derzeit nicht möglich sei, für die betroffenen Piloten geeigneten Ersatz zu finden, die von ihnen eingesetzten Flugzeuge ausschließlich mit einem Piloten geflogen würden und die Piloten zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch zusätzliche Tätigkeiten im Unternehmen beitrügen. Dies sei jedoch keine ausreichende Begründung für die Unentbehrlichkeit von Luftfahrzeugführern im Sinne einer Aufrechterhaltung eines planbaren Flugbetriebs. Da die Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 vom 25. November 2011 datiere und der D. bzw. der Antragstellerin bereits eine Freistellung bis zum 9. April 2014 gewährt worden sei, habe ein angemessener Zeitraum bestanden, sich auf die Vorschriftenänderung einzustellen. Nachweise darüber, wie eine nachteilige Beeinflussung des Sicherheitsniveaus zu vermeiden sei, z. B. durch die Darstellung von Maßnahmen, die getroffen worden seien, um das in der Grundverordnung angestrebte Sicherheitsniveau zu erreichen, seien dem jeweiligen Antrag ebenfalls nicht zu entnehmen.

Gegen diese Entscheidungen wandten sich die D. und die Antragstellerin mit unter dem 27. (Bl. 442 ff. GA zu 7 ME  90/14) bzw. 28. Mai 2014 (Bl. 434 ff. GA zu 7 ME 91/14) begründeten Widersprüchen, durch die sie vor allem beanstandeten, dass die Behörde die Begründung der gestellten Freistellungsanträge nicht hinreichend gewürdigt habe. Die D. und die Antragstellerin stellten nochmals in aller Breite dar, welche unvorhergesehen dringenden betrieblichen Umstände oder betrieblichen Bedürfnisse von beschränkter Dauer - ihres Erachtens - die begehrten Freistellungen rechtfertigten und weshalb durch diese keine Beeinträchtigung des Sicherheitsniveaus eintrete. Um Letzteres zu belegen, bezogen sie sich unter anderem auf eine Studie des Klinikums der Universität München mit dem Titel „Age 60 - Study of age related demands of helicopter pilots in emergency care services“, deren abschließende Schlussfolgerung (Bl. 447 ff. GA zu 7 ME  91/14) sie in englischer Sprache vorlegten. Die Verfasser dieser Studie seien zu dem Ergebnis gelangt, dass es keine wissenschaftlichen Belege dafür gebe, dass Piloten, welche die einschlägige Altersgruppe im Sinne von FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 erreicht hätten, als weniger sicher einzustufen seien, als jüngere Piloten, sondern es vielmehr auf die Fähigkeit des einzelnen Piloten und dessen gesundheitlichen Zustand ankomme. Sie kämen des Weiteren zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtig bereits vorgenommenen medizinischen und kognitiven Überprüfungen sehr effektiv seien und dass diese auf das Individuum abgestellten Tests wesentlich besser geeignet seien, Risikofaktoren zu verringern, als ein absolutes Verbot des gewerblichen Fliegens für Piloten ab 60 Jahren.

Die Widersprüche wies das Luftfahrt-Bundesamt mit Widerspruchsbescheiden vom 24. Juni 2014 (Bl. 462 ff. GA zu 7 ME  90/14 bzw. Bl. 452 ff. GA zu 7 ME  91/14) im Wesentlichen aus den Gründen der Ausgangsbescheide zurück.

Daraufhin haben die D. und die Antragstellerin am 22. Juli 2014 Klage erhoben und bereits zuvor, nämlich am 18. Juli 2014, um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht hat die Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschlüssen vom 24. bzw. 30. September 2014 - 2 B 167/14 - bzw. - 2 B 168/14 - abgelehnt und das im Kern begründet wie folgt:

Die D. und die Antragstellerin hätten das Vorliegen der Voraussetzungen für die begehrten Freistellungen und damit entsprechende Anordnungsansprüche nicht dargelegt. Zwar trügen sie vor, es sei nicht möglich gewesen, auf dem Stellenmarkt geeignete, jüngere Piloten zu bekommen, die den Anforderungen der Inselfliegerei gewachsen wären. Dabei handele es sich jedoch weder um unvorhergesehene und dringende betrieblichen Umstände, noch um betriebliche Bedürfnisse von beschränkter Dauer. Denn die D. und die Antragstellerin hätten bereits zwei Jahre vor Inkrafttreten der Regelung in FCL.065a Anhang 1 (Teil-FCL) der VO (EU) Nr. 1178/2011 von der kommenden Altersgrenze gewusst und entsprechend rechtzeitig reagieren können. Dass sie etwa Stellenanzeigen in den einschlägigen Fachzeitschriften geschaltet hätten, um ihren Bedürfnissen nach neuem Flugpersonal zu begegnen, hätten sie jedoch nicht nachgewiesen. Es lägen auch keine betrieblichen Bedürfnisse von beschränkter Dauer vor. Die D. und die Antragstellerin hätten selbst vorgetragen, zu ihren derzeitigen Konditionen keine geeigneten Piloten zu finden. Da sie aber auch nach eigenen Angaben eine Anhebung der Pilotengehälter zur Gewinnung neuen Personals nicht beabsichtigten, sei nicht erkennbar, weshalb sich in absehbarer Zeit Änderungen ihrer personellen Situation ergeben sollten.

Die Antragstellerin hat inzwischen drei Piloten neu eingestellt, die ihre Arbeit zum 15. Dezember 2014, 1. Februar 2015 sowie 1. März 2015 aufgenommen haben bzw. aufnehmen werden.

Gegen die ihr am 13. Oktober 2014 zugestellten gerichtlichen Entscheidungen erster Instanz richten sich die seitens der D. bzw. der Antragstellerin am 24. Oktober 2014 eingelegten Beschwerden, die am 6. November 2014 begründet worden sind und mit den sinngemäß zusammengefassten Anträgen geführt werden,

der Senat möge unter Abänderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 24. und 30. September 2014 - 2 B 167/14 - bzw. - 2 B 168/14 - nach seinem Ermessen die Antragsgegnerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache unter Aufhebung der Bescheide vom 8. bzw. 9. April 2014 und der Widerspruchsbescheide vom 24. Juni 2014 verpflichten,

1. die Antragstellerin von der Verpflichtung nach FCL.065 a) des Anhangs 1 (Teil FCL) der VO (EU) Nr. 1178/2011, Inhaber einer Pilotenlizenz, die das Alter von 60 Jahren erreicht haben ausschließlich als Mitglied einer Besatzung mit mehreren Piloten im Luftverkehr einzusetzen, innerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland freizustellen,

oder zumindest

2. sie von dieser Verpflichtung innerhalb des Hoheitsgebietes der Bundesrepublik Deutschland unter der Auflage freizustellen, dass bei der Feststellung der flugmedizinischen Tauglichkeit das Untersuchungsprogramm für die Piloten, die das Alter von 60 Jahren erreicht haben, um ein Belastungs-EKG und ein erweitertes Blutbild erweitert wird,

oder

3. sie von dieser Verpflichtung innerhalb des Hoheitsgebietes der Bundes-republik Deutschland unter einer nach Maßgabe des Gerichts festzusetzenden Auflage freizustellen,

oder hilfsweise

4. die Anträge der R. und der Antragstellerin vom 26. bzw. 24 März 2014 unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

1. Das Rubrum ist dahin zu korrigieren, dass dort nur noch die Antragstellerin als Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsführerin genannt wird. Denn da die D. eine Zweipersonengesellschaft war, die infolge des zum 31. Oktober 2014 wirksam gewordenen Ausscheidens ihrer Komplementärin erloschen ist, hat dies zu ihrer Vollbeendigung unter Gesamtrechts- und Prozessrechtsnachfolge ihrer einzig verbliebenen Kommanditistin, nämlich der Antragstellerin, geführt (vgl. BGH, Urt. v. 15. 3. 2004 – II ZR 247/01 – BeckRS 2004, 04949; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 131 Rnrn. 7, 35, 39 und 81 sowie § 124 Rn. 44). Auf die Rechtswirkungen nachfolgender (deklaratorischer) Eintragungen im Handelsregister kommt es insofern nicht an. Unerheblich ist, dass die Antragstellerin selbst den Vorgang als Verschmelzung mit der D. „gemäß § 2 Nr. 1 UmwG“ deutet; denn der Senat vermag diese Einordnung nicht nachzuvollziehen und ihr daher nicht zu folgen (vgl. im Einzelnen die Verfügung des Berichterstatters zweiter Instanz vom 18. 11. 2014, Bl. 480 GA zu 7 ME 90/14).

2. Die Verfahren 7 ME 90/14 und 7 ME 91/14 werden in analoger Anwendung des § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Dies hat zu Folge, dass eine dem Falle des § 44 VwGO entsprechende objektive Häufung der Rechtsmittel- und Antragsbegehren der Antragstellerin eintritt (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26. 6. 2014 - 7 ME 31/14 -, juris, Langtext Rn. 29; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 44 Rn. 1).

3. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes hat mit seinen Antragsbegehren (§ 88 VwGO in analoger Anwendung) lediglich in dem aus der Beschlussformel zweiter Instanz ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen unbegründet, sodass die weiter gehende Beschwerde der Antragstellerin gegen die Beschlüsse der Vorinstanz zurückzuweisen ist.

Zu Recht beanstandet die Antragstellerin, das Luftfahrt-Bundesamt und das Verwaltungsgericht hätten den Vortrag ihrer Rechtsvorgängerin und ihrer selbst teilweise nur unzureichend gewürdigt. Auch unter Berücksichtigung der dargelegten Beschwerdegründe, die allein gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seitens des Oberverwaltungsgerichts zu prüfen sind, ergibt sich allerdings, dass es der Antragstellerin nur in beschränkten Umfang gelungen ist, den von ihr geltend gemachten Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO, § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 294 ZPO).

a) Zu beachten ist zunächst folgender rechtlicher Hintergrund:

aa) Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten im Fall unvorhergesehener und dringender betrieblicher Umstände oder betrieblicher Bedürfnisse von beschränkter Dauer Freistellungen von den grundlegenden Anforderungen der genannten Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen erteilen können. Die Vorschrift dient damit lediglich einer flexiblen Reaktion auf besondere Umstände (vgl. Erwägungsgrund 11 Satz 1 der VO [EG] Nr. 216/2008) im Einzelfall. Durch sie wird folglich den betroffenen Betreibern (im Sinne des Art. 3 Buchst. h] der VO [EG] Nr. 216/2008) von Luftfahrzeugen kein Rechtsanspruch darauf eingeräumt, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union von der Möglichkeit (im Sinne des Erwägungsgrundes 11 Satz 2 der VO [EG] Nr. 216/2008) Gebrauch macht, ein den Anforderungen in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 entsprechendes Sicherheitsniveau generell mit anderen Mitteln (z. B. allein durch häufigere und strengeren Tauglichkeitsuntersuchungen) zu erreichen als durch die von der Kommission im Verordnungswege vorgenommene Einschränkung der Rechte älterer Lizenzinhaber im gewerblichen Luftverkehr. Denn eines solche generelle Abweichung wäre nach der Gesetzessystematik nur auf der Grundlage des Art. 14 Abs. 6 Satz 1 der VO (EU) Nr. 216/2008 möglich. Diese letztgenannte Vorschrift besitzt indessen ihrerseits keinen drittschützenden Charakter zugunsten der Betreiber, sondern belässt lediglich den Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 EUV) einen zusätzlichen eigenen Regelungsspielraum (vgl. Erwägungsgrund 29 der VO [EG] Nr. 216/2008), auf dessen Wahrnehmung das Unionsrecht den Betreibern Ansprüche hier nicht einräumt. Letzteres darf nicht auf dem Wege über Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 umgangen werden. Insbesondere folgt ein Anspruch der Betreiber auf den Einsatz anderer Mittel zur Erreichung des Sicherheitsniveaus nicht aus Art. 1, Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) und c) sowie Art. 16 Buchst. a) der RL 2000/78/EG in Verbindung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (Urt. v. 13. 9. 2011 - C-447/09 -, NJW 2011, 3209 ff., hier zitiert nach juris, Langtext Rnrn. 14, 16, 63, 65, 67 und 83). Denn zum einen sind die Betreiber selbst nicht wegen ihres Alters (potentiell) diskriminiert. Zum anderen hat der Gerichtshof der Europäischen Union die FCL.065 Buchst a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zugrunde liegende Ansicht nationaler und internationalen Stellen nicht beanstandet, dass Piloten zwischen dem 60. und 65. Lebensjahr zwar noch die körperlichen Fähigkeiten hätten, ein Flugzeug zu führen, sie dies im gewerblichen Luftverkehr zwischen dem vollendeten 60. und dem vollendeten 65. Lebensjahr aber grundsätzlich nur noch als Mitglied einer Besatzung tun sollten, deren andere Piloten das 60. Lebensjahr nicht erreicht hätten. Der Gerichtshof hat vielmehr die entsprechenden Vorschriften des Verordnungsrechts der Union sogar zum Maßstab für die Frage der Rechtmäßigkeit der Regelungen der Sozialpartner genommen. Allein aus der seitens der Antragstellerin auszugsweise vorgelegten Studie der Universität München lässt sich demgegenüber keine Unrechtmäßigkeit der in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 getroffenen Bestimmung ableiten. Denn bereits infolge der Beschränkungen, die unter anderem die Datenbasis und den Untersuchungsgegenstand dieser Studie kennzeichnen und die seitens der EASA unter C) 7. der Recommendation N°DE/02/2014 (Bl. 471, [474 f.] GA zu 7 ME 90/14) überzeugend hervorgehoben werden, vermag die Studie für den vorliegenden Zusammenhang eine Unverhältnismäßigkeit der durch FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 vorgenommenen Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit älterer Piloten nicht ausreichend zu belegen.

Es ist nach alledem nicht davon auszugehen, dass es mit den Zielen des europäischen Verordnungsgebers (Erwägungsgrund 11 Sätze 1 und 3 der VO [EG] Nr. 216/2008) sowie dem Regelungsgehalt und der systematischen Stellung des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 in Einklang stünde, in dieser Norm eine Rechtsgrundlage dafür zu sehen, Lizenzinhaber, die bei der Antragstellerin beschäftigt sind, allein wegen der Besonderheiten eines Betriebes der Inselfliegerei generell bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs von den Einschränkungen ihrer Rechte durch FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zu dispensieren. Insoweit haben die erstmaligen Freistellungen von den Anforderungen der letztgenannten Vorschrift, die das Luftfahrt-Bundesamt der D. und der Antragstellerin in großzügiger Weise erteilt hatte, eine zu weitgehende Anspruchshaltung geweckt, die hier in dem Begehren nach Freistellungen diverser Piloten „für die nächsten Jahre“ ihren erkennbaren Ausdruck findet.

bb) Im Gegensatz zu dem restriktiven Eindruck, den die nunmehr angegriffenen Versagungsbescheide des Luftfahrt-Bundesamtes vermitteln, ist Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 allerdings nicht als eine Übergangsbestimmung zu handhaben, die nur darauf zugeschnitten wäre, den einmaligen Übergang von dem vorherigen Rechtszustand zu der Einschränkung der Rechte von Lizenzinhabern gemäß FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zu erleichtern. Denn aus Erwägungsgrund 11 Sätze 1 und 3 der VO (EG) Nr. 216/2008 kann gefolgert werden, dass mit Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 eine dauerhafte rechtliche Möglichkeit zu flexiblen Reaktionen auf besondere Umstände im Sinne unvorhergesehener oder begrenzter betrieblicher Notwendigkeiten geschaffen werden sollte. Der inzwischen nicht unerhebliche Zeitablauf seit dem Inkrafttreten von FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 im Bundesgebiet schließt es daher grundsätzlich nicht aus, dass sich für einen Betrieb im Zusammenhang mit der letztgenannten Regelung auch gegenwärtig oder in der Zukunft noch unvorhergesehene und dringende betrieblicher Umstände oder betrieblicher Bedürfnisse von beschränkter Dauer ergeben, die eine Freistellung von den Anforderungen der letztgenannten Norm rechtfertigen.

cc) Der Senat vermag dem Luftfahrt-Bundesamt nicht darin zu folgen, dass sich der erforderliche Umfang der Darlegungen, die einem antragstellenden Betriebsinhaber obliegen, der eine Freistellung gemäß Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 begehrt, an den Vorgaben zu orientieren habe, die auf der EASA-Website aufgeführt sind. Denn diese Vorgaben richten sich nicht an Antragsteller im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, sondern an die nationalen Behörden eines Mitgliedstaates, der gemäß Art. 14 Abs. 4 Satz 2 der VO (EG) Nr. 216/2008 der Agentur, d. h. der EASA, seine wiederholten oder mehr als zweimonatigen Freistellungen mitzuteilen hat, damit diese gemäß Art. 14 Abs. 5 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 geprüft werden können. Es ist nicht die Aufgabe von Antragstellern im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG im Rahmen ihrer Antragstellung dem Luftfahrt-Bundesamt bereits ein umfassendes Konzept für dessen eigene Freistellungsentscheidung samt deren künftiger Rechtfertigung gegenüber der EASA zu liefern. Gerade vor dem Hintergrund, dass unter C) 6. (c) der Recommendation N°DE/02/2014 (Bl. 471, [474] GA zu 7 ME 90/14) die unzureichenden Nebenbestimmungen im Zuge der erstmaligen Freistellungen der D. und der Antragstellerin beanstandet wurden, ist es folglich nicht gerechtfertigt, dass das Luftfahrt-Bundesamt der D. und der Antragstellerin in den angefochtenen Bescheiden entgegengehalten hat, sie hätten ihrerseits darlegen oder gar nachweisen müssen, durch welche Maßnahmen sich während des Zeitraums einer erneuten Freistellung Beeinträchtigungen des Sicherheitsniveaus vermeiden ließen. Denn als Fachbehörde hat sich das Luftfahrt-Bundesamt in erster Linie  s e l b s t  die für die Ausübung seines Ermessens nach § 36 Abs. 2 VwVfG erforderlichen Gedanken darüber zu machen, durch welche Nebenbestimmungen eine Beeinträchtigung des Sicherheitsniveaus während einer Freistellung vermieden werden kann, sofern ein Fall unvorhergesehener und dringender betrieblicher Umstände oder betrieblicher Bedürfnisse von beschränkter Dauer vorliegt. Einem Antragsteller im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG obliegt hiernach lediglich, das Vorliegen eines derartigen Falles darzulegen und während des Verwaltungsverfahrens konkrete Fragen zu seinen betrieblichen Verhältnissen zu beantworten, die es dem Luftfahrt-Bundesamt ermöglichen, bei der Ausgestaltung sachgerechter Nebenbestimmungen diesen Verhältnissen Rechnung zu tragen. Bestehende Unklarheiten oder Meinungsverschiedenheiten im Verhältnis zwischen der EASA und dem Luftfahrt-Bundesamt darüber, welche inhaltliche Anforderungen an solche Nebenbestimmungen zu stellen sind, ändern dagegen nichts an der alleinigen Aufgabe des Luftfahrt-Bundesamtes - nach inhaltlicher Auseinandersetzung mit der seitens der EASA geäußerten Kritik - aus eigener Rechtsüberzeugung Entscheidungen zu treffen und zu verantworten, selbst wenn diese angreifbar sein mögen und das „Risiko“ besteht, dass sie - nach einer Entscheidung der Kommission - gemäß Art. 14 Abs. 5 Sätze 2 und 3 der VO (EG) Nr. 216/2008 zu widerrufen sein könnten. Es besteht hiernach insbesondere keine Veranlassung für das Luftfahrt-Bundesamt von Freistellungsentscheidungen abzusehen, solange ihm keine alle Zweifelsfragen klärenden Empfehlungen der EASA vorliegen; denn ein Mangel an solchen Empfehlungen kann ein Zuwarten oder gar abschlägige Entscheidungen ebenso wenig rechtfertigen wie beispielsweise das Fehlen von ermessenslenkenden Richtlinien (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 25. 3. 2014 - 7 OB 7/14 -, NVwZ-RR 2014, 670 f., hier zitiert nach juris, Langtext Rn. 6).

dd) Da Freistellungsentscheidungen im Sinne des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 im betrieblichen Interesse ergehen, bestehen zwar keine Bedenken dagegen, den Betreiber eines gewerblichen Flugdienstes als Anspruchsberechtigten für eine Freistellung der bei ihm beschäftigter Piloten von der Einschränkung der Rechte der Lizenzinhaber gemäß FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zu betrachten. Da sich eine solche Freistellung erweiternd auf die Rechte der Lizenzinhaber auswirkt, für die sie begehrt wird, sind aber auch diese Lizenzinhaber von dem begünstigenden Verwaltungsakt betroffen, der ihnen folglich bekannt gegeben werden muss, um auch ihnen gegenüber Wirksamkeit zu entfalten (§§ 41 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, 43 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwVfG). Insbesondere soweit der Verwaltungsakt mit solchen Nebenbestimmungen, namentlich Auflagen (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG), versehen werden soll, die in die Rechte der Lizenzinhaber eingreifen, sollten auch die Lizenzinhaber als Beteiligte zu dem Verwaltungsverfahren hinzugezogen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG) und angehört (§ 28 Abs. 1 VwVfG) werden (vgl. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 13 Rn. 41).

ee) Die nach alledem nicht nur übergangsweise, sondern dauerhaft bestehende rechtliche Möglichkeit zu Freistellungen von FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011, die Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 bietet, darf allerdings nicht mit einer rechtlichen Möglichkeit zu „dauerhaften Freistellungen“ verwechselt werden. Denn „betrieblichen Bedürfnissen von beschränkter Dauer“ im Sinne dieser Norm wohnt eine zeitliche Begrenzung bereits begrifflich inne und das Unvorhergesehene eines dringenden betrieblichen Umstandes kann sich nicht dauerhaft aus dem ehedem Unerwarteten der Rechtsänderung ergeben, die durch FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 bewirkt wurde.

b) Für den vorliegenden Fall ergibt sich vor diesem rechtlichen Hintergrund Folgendes:

aa) Die Antragstellerin hat auch unter Berücksichtigung der in einem - englischsprachigen Auszug - vorgelegten Studie der Universität München keine durchgreifenden Zweifel an der Verhältnis- und sonstigen Rechtmäßigkeit der durch FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 getroffenen Regelung glaubhaft gemacht, auf welche sie selbst sich zum Zwecke der Durchsetzung einer generell andersartigen Erreichung des Sicherheitsniveaus (z. B. allein durch häufigere und strengeren Tauglichkeitsuntersuchungen) berufen könnte (vgl. im Einzelnen oben unter II. 3. a] aa]). Unter dem Blickwinkel des denkbaren Einsatzes grundsätzlich anderer Mittel zur Erreichung des Schutzniveaus lässt sich folglich weder aus Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 noch aus Art. 14 Abs. 6 Satz 1 VO (EU) Nr. 1178/2011 ein Anordnungsanspruch auf die haupt- und hilfsweise erstrebten Regelungsanordnungen (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) stützen.

bb) Die allgemeinen Besonderheiten der Inselfliegerei, also namentlich, dass diese in wirtschaftlicher Weise mit regelmäßig nur einem Piloten an Bord der verwendeten Flugzeuge betrieben werden kann und es schwieriger ist, Piloten dauerhaft für eine solche Beschäftigung zu gewinnen, weil jüngere Piloten auch größere Flugzeuge fliegen möchten und älteren vor dem Hintergrund von FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 seitens einer Regionalfluggesellschaft, die im Wesentlichen nur Küstenfliegerei betreibt, keine berufliche Perspektive bis zum Ruhestand geboten werden kann, sind weder unvorhersehbar - und deshalb kein unvorhergesehener (und dringender) betrieblicher Umstand - noch liegen sie nur zeitweilig vor - und sind deshalb nicht (betriebliche Bedürfnisse) von beschränkter Dauer. Sie erfüllen daher nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen der zugunsten der Antragstellerin allein in Betracht kommenden Anspruchsnorm des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008. Dasselbe gilt für den Eintritt der durch das Inkrafttreten von FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 bewirkten Rechtsänderung. Aus ihm allein kann sich heute ebenfalls kein unvorhergesehener betrieblicher Umstand mehr ergeben und, da die Rechtsänderung selbst dauerhaft ist, auch grundsätzlich kein betriebliches Bedürfnis von beschränkter Dauer. Folglich ist auch unter den soeben genannten beiden Gesichtspunkten ein Anordnungsanspruch auf die haupt- und hilfsweise erstrebten Regelungsanordnungen nicht gegeben.

cc) Es ist nicht hinreichend substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass und weshalb es zugunsten eine Weiterbeschäftigung der in Rede stehenden älterer Piloten als Fachbereichsleiter ihrer Freistellung von der Einschränkung ihrer Flugberechtigung durch FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 bedürfte sowie weshalb auch bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt entsprechende Nachfolger in diese Funktionen nicht eingearbeitet werden konnten. Auch dass die von diesen Piloten bislang erfüllten „Zusatzaufgaben“ sich nicht von anderen übernehmen ließen, sondern es ihrer Weiterbeschäftigung gerade unter der begehrten Freistellung bedürfte, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch auf die haupt- und hilfsweise erstrebten Regelungsanordnungen besteht daher nicht unter diesen Aspekten.

dd) Zu Recht beanstandet jedoch die Antragstellerin, dass sich das Luftfahrt-Bundesamt und die Vorinstanz nicht hinreichend damit auseinandergesetzt haben, ob und inwieweit sich aus Kündigungen von Nachwuchspiloten, die bisheriges Personal ersetzen sollten, welches infolge der Regelung in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 in der Inselfliegerei nicht mehr eingesetzt werden kann, unvorhergesehene und dringende betriebliche Umstände und/oder betriebliche Bedürfnisse von beschränkter Dauer ergeben.

ee) Nach den glaubhaften Angaben der Antragstellerin und ihrer Rechtsvorgängerin hatte die D., die grundsätzlich damit rechnen musste, dass sie ihre Piloten G. ab dem 10. April 2014, B. ab dem 26. Januar 2015 und H. ab dem 24. September 2015 nicht mehr in der Inselfliegerei werde einsetzen können, als Ersatz die Piloten L., M. und im Juli 2014 die Pilotin N. eingestellt, die ihrerseits erst im Sommer 2014 alle Berechtigungen zum Fliegen der Britten Norman in ihrem, der D., Betrieb erlangen werde. Die Antragstellerin hat nicht binnen der Beschwerdebegründungfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegt und glaubhaft gemacht, dass auch Frau N. inzwischen gekündigt oder alle Berechtigungen zum Fliegen der Britten Norman wider Erwarten nicht erworben habe. Zwar macht die Antragstellerin geltend, dass die betriebsinterne Ausbildungszeit für neu eingestellte Piloten zwischen 15 und 24 Monaten betrage (Bl. 398 GA zu 7 ME 90/14). Frau N. ist aber inzwischen seit mehr als 17 Monaten bei ihr tätig. Sie müsste nach der Beschreibung ihres für den Juli 2014 erwarteten Ausbildungsstandes und vor dem Hintergrund der Schilderung des betriebsinternen Ausbildungsgangs also inzwischen zumindest die in der Widerspruchsbegründung vom 27. Mai 2014 unter 2.6.2.3 (Bl. 447 GA zu 7 ME 90/14) beschriebene betriebsinterne Ausbildung abgeschlossen haben. Selbst wenn Frau N. die sogenannte Helgoland-Einweisung fehlen sollte, hat die Antragstellerin daher nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass und weshalb die Pilotin noch immer nicht als hinreichender - wenn vielleicht auch nicht optimaler - Ersatz für den rein fliegerischen Einsatz eines ihrer älteren Piloten, namentlich des Herrn G., betrachtet werden kann.

ff) Hingegen leuchtet es ein, dass es mit der Vollendung des 60. Lebensjahres durch den Piloten B. am 26. Januar 2015 zu einem personellen Engpass in dem vormaligen Betrieb der D. kommen wird. Denn die Piloten L. und M. stehen als Ersatz für den fliegerischen Einsatz dieses Flugzeugführers nicht mehr zur Verfügung. Die seitens der Antragstellerin neu eingestellten Piloten, die ihre Arbeit zum 15. Dezember 2014, 1. Februar 2015 sowie 1. März 2015 aufgenommen haben bzw. aufnehmen werden, befinden sich aber noch ganz am Anfang ihrer betriebsinternen Ausbildung bzw. haben ihre Arbeit nicht einmal angetreten.

α) Diese Situation kann als unvorhergesehener betrieblicher Umstand im Sinne des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 betrachtet werden, weil sie durch die Kündigung der Piloten L. und M. verursacht ist und die Antragstellerin durch die eidesstattliche Versicherung des Herrn S. vom 21. Juli 2014 (Bl. 428 ff. [429] GA zu 7 ME 90/14) glaubhaft gemacht hat, dass die beiden Piloten sich dergestalt geäußert hatten, dass sie in der Erwartung eingestellt wurden, sie würden langfristig bei der D. arbeiten.

β) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei der in dem vormaligen Betrieb der D. durch die unerwarteten Kündigungen eingetretenen Personalnot auch um einen dringenden betrieblichen Umstand.

Der Senat vermag sich nicht der Auffassung der Antragsgegnerin anzuschließen, dem stehe entgegen, dass es der Antragstellerin möglich sei, auf dem Arbeitsmarkt zeitnah Ersatz für ihre älteren Piloten zu finden, weil die von der Antragstellerin beschriebenen hohen Anforderungen an ihren Pilotennachwuchs, aus denen sie lange betriebsinterne Ausbildungszeiten ableite, keine gesetzliche Forderung darstellten, sondern sich nur aus ihren eigenen Handbüchern ergäben. Gesetzlich sei es für die Inselfliegerei ausreichend, eine Berufspilotenlizenz zu besitzen. Die Schwierigkeiten im Rahmen der Inselfliegerei seien zudem nicht mit denjenigen zu vergleichen, denen sich etwa Piloten von Rettungshubschraubern bei HEMS (Helicopter Emergency Medical Service) - Flügen zu stellen hätten.

Für die Frage, ob in Gestalt eines innerbetrieblichen Ausbildungserfordernisses, das eine temporäre Personalnot zur Folge hat, ein dringender betrieblicher Umstand vorliegt, ist nämlich nicht nur auf die gesetzlichen Mindestanforderungen, sondern auch auf die Perspektive eines verständigen Betriebsleiters abzustellen. Aus dieser Perspektive kann es mit Blick auf die jederzeit zu gewährleistende Flugsicherheit durchaus problematisch erscheinen, Passagiere und Flugzeuge bei jedem Wetter bereits deshalb einem neu eingestellten Piloten ohne betriebsinterne Zusatzausbildung anzuvertrauen, weil dieser Pilot die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen dafür erfüllt, das entsprechende Flugzeugmuster im gewerblichen Luftverkehr zu führen. Auch widerspricht es der Lebenserfahrung, dass eine private und auf Gewinn ausgerichtete Fluggesellschaft Zeit und Geld in eine zeitraubende und teure betriebliche Zusatzausbildung ihrer Piloten investiert, wenn sich eine solche Ausbildung nicht vor dem Hintergrund der fliegerischen Anforderungen, die der praktische Flugbetrieb stellt, grundsätzlich als sinnvoll und angemessen erwiesen hätte. Von daher überzeugt die Argumentation der Antragsgegnerin nicht, die im Grunde darauf hinausläuft, die Antragstellerin solle ggf. auf ihre betriebsinterne Zusatzausbildung ganz verzichten. Eine solche Sichtweise wird auch der Funktion des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 nicht gerecht, der ausweislich des Erwägungsgrundes 11 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 ein ausreichend flexible Reaktion auf unvorhergesehene betriebliche, also nicht nur gesetzliche, Notwendigkeiten ermöglichen soll. Dabei ist zudem in den Blick zu nehmen, dass es gerade das Hauptziel der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 ist, ein einheitliches hohes Niveau der zivilen Flugsicherheit in Europa zu erhalten (Art. 2 Abs. 1 der VO [EG] Nr. 216/2008).

Bei der Prüfung, ob ein nicht nur unvorhergesehenes, sondern auch dringendes betriebliches Bedürfnis im Sinne des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 vorliegt, ist deshalb nicht zuletzt die Frage aufzuwerfen: Dient es der Aufrechterhaltung der Flugsicherheit in dem betroffenen Betrieb mehr, dass ein erfahrener Pilot - ausnahmsweise - über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus allein ein Luftfahrzeug führt, bis ein Nachfolger die betriebsinterne Zusatzausbildung abgeschlossen hat, oder wäre das mit dieser Ausnahme verbundene Risiko höher, als der rechtlich mögliche Einsatz eines Nachwuchspiloten, der nach dem Maßstab einer verständigen Betriebsleitung noch nicht als angemessen eingewiesen erscheint? Denn damit, dass es die Antragstellerin aus eigenem Verantwortungsgefühl vorzieht, ihren Flugbetrieb einzuschränken, anstatt größere Risiken durch den Einsatz eines - ihres Erachtens - nicht genügend eingearbeiteten Nachwuchspiloten einzugehen, kann die Antragsgegnerin nicht erfolgreich argumentieren.

Der Senat ist nach alledem der Auffassung, dass es der Flugsicherheit im vorliegenden Falle dienlicher ist, wenn der Personalnot der Antragstellerin durch eine erneute Freistellung abgeholfen wird. Zumal die Antragstellerin bereits weitere Neueinstellungen vorgenommen hat, kommt dies allerdings nur in Abhängigkeit von dem Fortgang der betriebsinternen Zusatzausbildung eines konkreten Nachfolgers des erforderlichenfalls freizustellenden älteren Piloten in Betracht. Dabei ist nicht nur zu bedenken, dass bereits nach den eigenen Angaben der Antragstellerin die Dauer der regelmäßig praktizierten betriebsinternen Zusatzausbildung in Abhängigkeit von den Fähigkeiten des Nachwuchspiloten zwischen 15 und 24 Monaten beträgt, sondern auch, dass es sich nicht ausschließen lässt, dass die von der Antragstellerin im Regelfall praktizierte Dauer der Zusatzausbildung durch eine sachgerechte Straffung auch ohne entscheidenden Effektivitätsverlust nochmals verkürzt werden könnte, um tunlichst den Zeitraum der Freistellung eines älteren Piloten von den Anforderungen in FCL.065 Buchst a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 so gering wie möglich zu halten.

ϒ) Der Senat hat keine Zweifel daran, dass durch Nebenbestimmungen zu einer Freistellung des Piloten B., deren Einhaltung seitens des Luftfahrt-Bundesamtes überwacht wird, sichergestellt werden kann, dass keine Beeinträchtigung des Sicherheitsniveaus im Sinne des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 eintritt. Entsprechend den Empfehlungen der EASA unter C) 6. (c) der Recommendation N°DE/02/2014 (Bl. 471, [474] GA zu 7 ME 90/14) sollten diese Nebenbestimmungen das eventuell höhere Risiko der Verwendung eines Piloten jenseits der Vollendung des 60. Lebensjahres abmildern, indem seine Leistung sowie seine Geistesfunktionen, insbesondere das Wahrnehmungsvermögen, zusätzlich überwacht und seine Arbeitsbedingungen (z. B. Einsatz- und Ruhezeiten) so ausgestaltet werden, dass sich ein die Tauglichkeit zwar noch nicht in Frage stellendes, aber denkbares oder gar individuell bereits feststellbares partielles Nachlassen des Leistungsvermögens aller Voraussicht nach nicht auszuwirken vermag.

δ) Der Senat vermag keine Gesichtspunkte zu erkennen, die namentlich im Hinblick auf die Grenzen des der Antragsgegnerin durch Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 eingeräumten Ermessens einer zeitweiligen Freistellung des Piloten B. von den Anforderungen in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 entgegenstünden. Er bejaht deshalb insoweit den für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes erforderlichen Anordnungsanspruch.

ε) Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund, also die Dringlichkeit der Angelegenheit, ergibt sich unproblematisch aus der in Kürze eintretenden Vollendung des 60. Lebensjahres des Piloten B. und dem Fehlen bereits betriebsintern zusätzlich ausgebildeten Ersatzes.

ζ) Der Funktion des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008, eine flexible Reaktion auf unvorhergesehene dringende betriebliche Umstände und betriebliche Bedürfnisse von beschränkter Dauer zu ermöglichen, entspricht es, dass der durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene effektive Rechtsschutz hier nur im Wege einer (teilweisen) Vorwegnahme der Hauptsache gewährt werden kann. Dazu bedarf es allerdings keiner gerichtlichen Aufhebung der versagenden Behördenentscheidungen. Denn deren Vollzug ist nicht nur durch das Anfechtungselement der Versagungsgegenklage gehemmt, sondern sie werden zudem insoweit teilweise ersetzt werden, als das Luftfahrt-Bundesamt in Befolgung der einstweiligen Anordnung des Senats eine von ihnen abweichende Sachentscheidung trifft.

η) Mangels eigener fliegerischer und flugärztlicher Sachkunde vermag der Senat indessen weder die hier angezeigte Dauer einer Freistellung des Piloten B. noch den Inhalt sinnvoller Nebenbestimmungen genauer festzulegen. Dies muss daher dem Luftfahrt-Bundesamt im Rahmen der Ausübung seines fachbehördlichen Ermessens überlassen bleiben. Dies gilt umso mehr, als aufgrund des Umstandes, dass die Behörde bisher die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) verneint hat, für sie keine Veranlassung bestand, die insoweit erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und fachlichen Bewertungen vorzunehmen. Der Senat macht deshalb von dem ihm nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessen dahin Gebrauch, der Antragsgegnerin aufzugeben, die Antragstellerin bis zum Ablauf des Monats März 2015 hinsichtlich einer Freistellung des Piloten B. erneut zu bescheiden. Um jedoch bereits bis dahin eine Regelung zu treffen, die während der weiteren behördlichen Prüfung eine vorläufige unveränderte Fortsetzung der Flugtätigkeit dieses Piloten im Dienste der Antragstellerin ermöglicht, verpflichtet der Senat die Antragsgegnerin, zumindest bis Ende März 2015 eine widerrufliche befristete Freistellung dieses Piloten zu erteilen, deren (ggf. der Erteilung auch zeitlich nachfolgende) Ergänzung durch Nebenbestimmungen der Antragsgegnerin vorbehalten bleibt, die hierzu noch eine Anhörung des betroffenen Piloten B. vorzunehmen haben dürfte.

gg) Soweit die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel einer Freistellungsentscheidung zugunsten des Piloten H. begehrt, scheitert dies derzeit bereits am Fehlen eines Anordnungsgrundes. Denn dieser Pilot wird erst ab dem 24. September 2015 von den Anforderungen in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 erfasst. Weder ist es ausgeschlossen, dass bis dahin bereits eine gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen sein wird, noch dass die Antragstellerin einen dem Piloten K. vergleichbaren erfahrenen Küstenflieger gewinnt, der ohne monatelange betriebsinterne Zusatzausbildung eingesetzt werden kann, um den Piloten H. beizeiten zu ersetzen. Davon abgesehen ist auch das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zweifelhaft. Denn vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin nicht vorgetragen hat, welche betriebsinterne Ausbildungsdauer sie selbst hinsichtlich der jüngst eingestellten drei Piloten veranschlagt und dass es denkbar erscheint, dass ihre betriebsinterne Ausbildung zeitlich noch etwas gestrafft werden kann, vermag der Senat sich derzeit keine Überzeugung hinsichtlich der Frage zu bilden, für welche Dauer ab dem 24. September 2015 eine Freistellung auch dieses Piloten von den Anforderungen in FCL.065 a) Satz 1 VO (EU) Nr. 1178/2011 notwendig werden könnte.

hh) Die Beschwerde der Antragstellerin bleibt schließlich auch insoweit erfolglos, als sie eine Freistellung von den Anforderungen in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 zugunsten der Piloten J. und K. erstrebt. Es fehlt insoweit an einem Anordnungsanspruch. Da die Antragstellerin den Piloten K. nämlich erst am 1. Juni 2014, also nach der Kündigung des Piloten O. zum 28. Februar 2014, eingestellt hat, lässt sich bereits Herr K. als Ersatz für den fliegerischen Einsatz des Herrn J. betrachten. Damit kann in der Kündigung des Piloten O. kein unvorhergesehener und dringender betrieblicher Umstand mehr gesehen werden, der eine Verlängerung des bisherigen fliegerischen Einsatzes gerade des Herrn J. erforderte oder die Annahme eines betrieblicher Bedürfnisse von beschränkter Dauer hierfür rechtfertigte. Für den Piloten K. vermag dann der zum 1. April 2014 zunächst als Saisonpilot eingestellte Pilot P. als Nachfolger eingesetzt zu werden. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass Herr P. von einer Fortsetzung seiner Tätigkeit bei ihr nach dem Ende der Saison abgesehen habe. Es ist aber grundsätzlich nicht gerechtfertigt - zumal durch eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren - mit Freistellungen nach Art. 14 Abs. 4 Satz 1 der VO (EG) Nr. 216/2008 von den Anforderungen in FCL.065 Buchst. a) der VO (EU) Nr. 1178/2011 einer Fluggesellschaft über die Abmilderung einer akuten Problematik im Zusammenhang mit der Ersetzung älterer Piloten hinaus eine faktische Aufstockung ihres Personals zu ermöglichen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzungen beruhen auf den §§ 39, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 52 Abs. 2 GKG. Sie orientieren sich an den Vorschlägen unter Nrn. 1.5 Satz 2 und 26.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11) und berücksichtigen die erstrebte Vorwegnahme der Hauptsache. Da die Verbindung der Verfahren keine rückwirkende Kraft besitzt und die Gerichtsgebühren für Beschwerden (KVNR 5240) bereits mit deren Einlegung entstehen, sind diese Gebühren für die ursprünglich zwei Beschwerdeverfahren hier jeweils gesondert angefallen (vgl. OLG München, Beschl. v. 8. 4. 1999 - 11 W 1231/99 -, JurBüro 1999, 484 f.). Dem ist unter Beachtung des § 40 GKG durch eine getrennte Festsetzung von Einzelstreitwerten für die ehedem unverbundenen Sachen Rechnung zu tragen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 26. 6. 2014 - 7 ME 31/14 -, juris, Langtext Rn. 52; Schneider, Verfahrensverbindung [§ 147 ZPO] und Verfahrenstrennung [145 ZPO], MDR 1974, 7 ff. [9]).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).