Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 25.08.2014, Az.: 5 ME 116/14
Endrundgehalt als maßgeblicher Bezugspunkt einer Streitwertberechnung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.08.2014
- Aktenzeichen
- 5 ME 116/14
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 24052
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2014:0825.5ME116.14.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Oldenburg - 19.06.2014 - AZ: 6 B 1827/14
Rechtsgrundlage
- § 52 Abs. 5 GKG
Fundstellen
- JurBüro 2015, 29-30
- NVwZ-RR 2014, 941-942
Amtlicher Leitsatz
Maßgebender Bezugspunkt einer nach § 52 Abs. 5 GKG in den seit dem 1. August 2013 geltenden Fassungen vorzunehmenden Streitwertberechnung ist wie bisher das Endgrundgehalt (vgl. ebenso OVG Rh. Pf., Beschluss vom 23.12.2013 2 B 11209/13 , [...]; a. A. OVG NRW, Beschluss vom 11.7.2014 6 B 1381/13 , [...]).
Tenor:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 6. Kammer - vom 19. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 7.728,27 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 25. Dezember 19 geborene Antragsteller war acht Jahre lang vom 1. April 20 bis 31. März 20 Soldat auf Zeit.
Mit Strafbefehl vom 11. Mai 20 verurteilte ihn das Amtsgericht C. (Az. ) wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je
10,-- EUR.
Am 31. Oktober 20 bewarb sich der Antragsteller um Wiedereinstellung als Soldat auf Zeit. Im Bewerbungsbogen verneinte er die Frage, ob er in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt oder mit einer anderen Maßnahme (z.B. Strafbefehl) belegt worden sei.
Am 20. Februar 20 gab der Antragsteller die Verpflichtungserklärung ab, 16 Jahre Wehrdienst zu leisten. Mit Mitteilung vom 12. September 20 setzte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Dienstzeit auf 8 Jahre und sechs Monate ab dem 18. Oktober 20 fest. Hierauf rechnete es die Zeit, die er bis zur Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit geleistet habe, an, nämlich acht Jahre (1. April 20 bis 31. März 20 ) und die Zeit vom 1. bis zum 17. Oktober 20 . Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Dienstzeit des Antragstellers demnach mit Ablauf des 31. März 20 ende.
Der Antragsteller trat am 1. Oktober 20 als gedienter Freiwilliger für die Laufbahn der Unteroffiziere des allgemeinen Fachdienstes in die Bundeswehr ein. Die Ernennung zum Soldaten auf Zeit erfolgte ohne Prüfung von Eintragungen im Bundeszentralregister.
Im Januar 20 erlangte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr nach Einholung einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister Kenntnis von dem rechtskräftigen Strafbefehl.
Mit Verfügung vom 28. Februar 20 entließ das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antragsteller mit Ablauf des Tages der Aushändigung dieser Verfügung aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit, weil er seine Einstellung durch arglistige Täuschung herbeigeführt habe. Die Verfügung wurde dem Antragsteller am 10. März 20 ausgehändigt.
Der Antragsteller legte am 11. März 20 Beschwerde ein.
Mit Beschwerdebescheid vom 23. April 20 wies das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die Beschwerde zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der Entlassungsverfügung vom 28. Februar 20 an.
Der Antragsteller hat hiergegen am 27. Mai 2014 Klage erhoben und gleichzeitig beantragt,
"die Aufhebung der Vollziehung des Beschwerdebescheides vom 23. April 20 gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO anzuordnen".
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung vom 28. Februar 20 im Beschwerdebescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 23. April 20 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Begründung des Sofortvollzugs sei unzulänglich, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass das Dienstverhältnis des Antragstellers als Soldat auf Zeit mit dem 31. März 20 , also schon vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung, geendet habe.
II.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen eine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist der Antrag des Antragstellers nicht unzulässig. Soweit das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller sinngemäß die Aufhebung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung vom 28. Februar 20 im Beschwerdebescheid vom 23. April 20 begehrt, entspricht dies dem erkennbaren Willen des Antragstellers in dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. auch § 88 VwGO).
Die Antragsgegnerin wendet ohne Erfolg ein, "Zielsetzung eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Entlassungsbescheides" liege darin, für die Zeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zunächst im Dienst zu verbleiben und alimentiert zu werden, und dieses Ziel könne nicht mehr erreicht werden, weil das Dienstverhältnis des Antragstellers regulär mit dem 31. März 20 geendet habe. Das Verwaltungsgericht hat geprüft, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Entlassungsbescheides in dem Beschwerdebescheid vom 23. April 20 , deren Aufhebung der Antragsteller im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes begehrt, rechtmäßig gewesen ist, und ist zu der Einschätzung gelangt, der Antragsteller sei wegen Ablaufs der festgesetzten Dienstzeit unabhängig von der Entlassung seit dem 1. April 20 aus dem Dienstverhältnis auf Zeit ausgeschieden, so dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Beschwerdebescheid vom 23. April 20 nicht damit begründet werden könne, es sei mit dem Verteidigungsauftrag der Bundeswehr nicht vereinbar, ihn im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zu belassen. Diese Einschätzung hat die Antragsgegnerin mit ihrem Vortrag, in dem sie ebenfalls davon ausgeht, dass das Dienstverhältnis vor Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits regulär beendet war, nicht in Frage zu stellen vermocht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller wegen Ablaufs der festgesetzten Dienstzeit unabhängig von der Entlassung seit dem 1. April 20 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausgeschieden ist, da der Antragsteller keinen - erfolgreichen - Antrag auf Weiterverpflichtung gestellt hat. Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SG endet das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit kraft Gesetzes mit Ablauf der Zeit, für die er in das Dienstverhältnis berufen ist. Die Dienstzeit des Antragstellers war mit Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 12. September 20 auf 8 Jahre und 6 Monate und das Ende der Dienstzeit auf den 31. März 20 festgesetzt worden. Dem steht nicht entgegen, dass in der Eröffnung der Einplanungsentscheidung des Karrierecenters der Bundeswehr vom 20. Februar 20 die Verpflichtungszeit von 16 Jahren angegeben ist. Dies entspricht der vom Antragsteller abgegebenen Erklärung, durch die er sich auf die erklärte Verpflichtungszeit von 16 Jahren gebunden hatte. Eine Festsetzung der Dienstzeit ist in dieser Einplanungsentscheidung aber ebenso wenig erfolgt wie in dem Schreiben des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 12. September 20 , in dem dem Antragsteller mitgeteilt worden ist, dass er die nächsthöhere Stufe am 1. März 20 erreichen würde. Wie die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 4. August 20 ausgeführt hat, stellt die stufenweise Festsetzung der Dienstzeit eines Soldaten auf Zeit mit einer Bewährungszeit von sechs Monaten die regelmäßige Vorgehensweise dar.
Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung im Einzelnen vorträgt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung sei aufgrund der darin vorgenommenen Interessenabwägung mit Blick auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hinreichend begründet, vermag sie wiederum nicht die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zu entkräften, wonach die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht mit dieser Interessenabwägung begründet werden könne, weil der Antragsteller wegen Ablaufs der festgesetzten Dienstzeit bereits seit dem 1. April 20 aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit ausgeschieden sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 5 Satz 1 Nr. 2 GKG in der vom 1. Januar 2014 bis zum 15. Juli 2014 geltenden Fassung. Nach § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG ist Streitwert in Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist. Hierbei sind nach Auffassung des Senats nicht die individuellen Bezüge eines Antragstellers mit seinen konkreten Dienstalters- bzw. Erfahrungsstufen heranzuziehen, sondern wie bisher das Endgrundgehalt des begehrten Amtes (so auch OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23.12.2013 - 2 B 11209/13 -, [...] Rn. 15; a. A. OVG NRW, Beschluss vom 11.7.2014 - 6 B 1381/13 -, [...] Rnrn. 18 ff.). Zwar nennt § 52 Abs. 5 GKG in der hier maßgeblichen Fassung - anders als § 52 Abs. 5 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung - nicht mehr ausdrücklich das Endgrundgehalt, sondern maßgebend ist nunmehr für die Berechnung das laufende Kalenderjahr (§ 52 Abs. 5 Satz 2 GKG in der hier maßgeblichen Fassung; siehe auch Gesetzesbegründung BT-Drucksache 17/11471, S. 246). Im Hinblick auf das Gesetzesziel, den Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren zu verbessern (siehe hierzu im Einzelnen OVG Rh.-Pf., Beschluss vom 23.12.2013, a.a.O., Rnrn. 20 ff.; vgl. auch BT-Drucksache 17/11471, S. 245), und aus Praktikabilitätsgründen hält der Senat jedoch an der Zugrundelegung des jeweiligen Endgrundgehaltes fest (s. a. Nds. OVG, Beschluss vom 6.3.2014 - 5 OA 37/14 -; Beschluss vom 27.2.2014 - 5 OA 20/14 -; Beschluss vom 19.9.2013 - 5 ME 195/13 -). Der Senat legt bei der Streitwertberechnung deshalb anders als das Verwaltungsgericht nicht die für das Kalenderjahr 20 zu zahlenden Bezüge, sondern das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 6 BBesO zugrunde. Etwas anderes gilt im vorliegenden Fall auch nicht deshalb, weil ein Soldatenverhältnis auf Zeit im Streit ist. Diesem Umstand wird dadurch Rechnung getragen, dass gemäß § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG in der hier maßgeblichen Fassung bei Streitigkeiten über die Beendigung eines Dienst- oder Amtsverhältnisses, die nicht ein solches Verhältnis auf Lebenszeit betreffen, der Streitwert bereits um die Hälfte reduziert wird. Der Streitwert ist hier nochmals um die Hälfte zu reduzieren, weil es sich um ein Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes handelt. Nach alledem war die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts gemäß § 63 Abs. 3 GKG zu ändern und der Streitwert für beide Rechtszüge auf 7.728,27 EUR (<Endgrundgehalt A 6 BBesO 2.576,09 EUR x 6> : 2) festzusetzen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).