Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 28.05.2015, Az.: 7 B 499/14

Akt der Gesamtwürdigung; Arithmetische Ermittlung; Gesamturteil; Niedersachsen; Rechnerische Ermittlung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
28.05.2015
Aktenzeichen
7 B 499/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45325
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Schreibt die Kommune in ihrer Beurteilungsrichtlinie die Bildung eines Gesamturteils vor und dient dieses Urteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung als primäres Entscheidungskriterium, muss sie die Rechtmäßigkeit ihres Handelns daran messen lassen.

2. Das Gesamturteil stellt einen Akt der Gesamtwürdigung dar, dem die rein arithmetische Ermittlung aus den Einzelnoten nicht gerecht wird.

Tenor:

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt die am 25.03.2014 ausgeschriebenen Dienstposten eines Oberbrandmeisters mit den Beigeladenen oder sonstigen Personen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht für erstattungsfähig erklärt werden.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 17.080,44 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1971 geborene Antragsteller ist Brandmeister (Besoldungsgruppe A 7). Er begehrt die Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs. Er konkurriert um einen Dienstposten eines Oberbrandmeisters der Besoldungsgruppe A 8.

Am 24.03.2014 schrieb die Antragsgegnerin diese Dienstposten aus. Es waren 26 Stellen zu besetzen. Anlässlich der Ausschreibung wurden für die Bewerber Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2013 bis 16.04.2014 erstellt.

Der Antragsteller wurde mit dem Gesamtwert 4,2 beurteilt, der der Gesamtnote „den Anforderungen voll und ganz entsprechend (4,0 bis 4,4)“ entspricht. Im Einzelnen wurden 4 Leistungsmerkmale benotet, wobei 6 Beurteilungsstufen zur Verfügung standen. Das Leistungsmerkmal „Arbeitsergebnis“ wurde mit der Beurteilungsstufe 4 benotet und mit dem Faktor 2 multipliziert, das Leistungsmerkmal „Wirtschaftlichkeit“ mit der Beurteilungsstufe 4 und dem Faktor 1, das Leistungsmerkmal „Kommunikation und Zusammenarbeit“ mit der Beurteilungsstufe 3 und dem Faktor 1 und das Leistungsmerkmal „Dienstleistungsverhalten“ mit der Beurteilungsstufe 4 und dem Faktor 1. Die Summe der Ergebnisse wurde durch die Summe der Faktoren dividiert und ergab den Gesamtwert 3,8. Dieser Gesamtwert wurde mit dem Gesamtwert des Vorjahres addiert. Der Gesamtwert des Vorjahres wurde  einer systematischen Leistungsbewertung für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis zum 31.12.2013 entnommen, in dem die gleichen Leistungsmerkmale bewertet wurden und in dem der Antragsteller ebenfalls mit dem Gesamtwert 3,8 beurteilt wurde. Die addierten Gesamtwerte wurden durch 2 dividiert, sodass der letztendliche Gesamtwert der Leistungsmerkmale 3,8 ergab. Weiterhin wurden 6 Fähigkeitsmerkmale bewertet, wobei ebenfalls 6 Beurteilungsstufen zur Verfügung standen. Das Fähigkeitsmerkmal „Auffassungsgabe“ wurde mit der Beurteilungsstufe 4 benotet und mit dem Faktor 1 multipliziert, das Fähigkeitsmerkmal „Zielstrebigkeit“ mit der Beurteilungsstufe 5 und mit dem Faktor 1, das Fähigkeitsmerkmal „Veränderungsbereitschaft“ mit der Beurteilungsstufe 5 und mit dem Faktor 1, das Fähigkeitsmerkmal „Selbstständigkeit“ wurde mit der Beurteilungsstufe 4 und mit dem Faktor 2, das Fähigkeitsmerkmal „Kontaktfähigkeit“ mit der Beurteilungsstufe 5 und mit dem Faktor 1 und das Leistungsmerkmal „Belastbarkeit“ mit der Beurteilungsstufe 5 und dem Faktor 2. Die Summe der Ergebnisse wurde durch die Summe der Faktoren dividiert und ergab den Gesamtwert 4,6. Aus dem Gesamtwert der Leistungsmerkmale und der Fähigkeitsmerkmale wurde dann der Mittelwert ermittelt, der 4,2 ergab. Die Art der Berechnung der Beurteilung ergab sich aus den zwingenden Vorgaben der Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin.

In einem Besetzungsvorschlag vom 20.10.2014 bildete die Antragsgegnerin eine Reihenfolge der Bewerber unter Berücksichtigung des Gesamtwertes der Anlassbeurteilung. Den Antragsteller ordnete sie auf Platz 28 ein.  Die Antragsgegnerin wählte die auf den Plätzen 1 bis 26 befindlichen Beigeladenen aus. Die auf den Plätzen 1 bis 9 befindlichen Beigeladenen wurden mit der Gesamtnote „die Anforderungen spürbar übertreffend (5,0 bis 5,4)“ und die auf den Plätzen 10 bis 26 mit der Gesamtnote „ die Anforderungen weitgehend spürbar übertreffend (4,5 bis 4,9)“  und damit mit einer besseren Gesamtnote als der Antragsteller beurteilt. Der Gesamtpersonalrat und der Personalrat der Feuerwehr stimmten zu. Die Übertragung der Dienstposten auf die ausgewählten Bewerber wurde verfügt.  Am 24.11.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass die Wahl auf andere Bewerber gefallen sei.

Der Antragsteller hat am 05.12.2014 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und Klage erhoben. Er trägt im Wesentlichen vor, dass die Auswahlentscheidung nicht auf die Anlassbeurteilungen gestützt werden könne. Das Gesamturteil der Anlassbeurteilungen werde errechnet. Das Gesamturteil sei aber ein Akt der Gesamtwürdigung und keine mathematische Wissenschaft.

Er beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, die ausgeschriebenen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 8 der Laufbahngruppe 1 der Fachrichtung Feuerwehr mit Mitbewerbern zu besetzten, bis über seine Klage rechtskräftig entschieden worden ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor, die konkrete Ausgestaltung des Beurteilungswesens unterliege ihrer Organisations- und Personalhoheit. Die dienstlichen Leistungen und Fähigkeiten würden auch nicht allein arithmetisch berechnet, denn Grundlage der Gesamtnote sei die Vergabe der Einzelnoten, die bereits die jeweiligen Werturteile des Beurteilers berücksichtigen würden. Die Leistungsmerkmale würden auch hinsichtlich ihrer Bedeutung unterschiedlich gewichtet. Weiterhin liege kein Anordnungsgrund mehr vor, denn sie sage dem Antragsteller zur Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs zu, eine zum 01.09.2014 freigewordene Stelle der Besoldungsgruppe A 9 freizuhalten und für den Fall, dass rechts- und bestandskräftig über die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle zu seinen Gunsten entschieden werde, ihn in die freigehaltene Stelle einzuweisen. Diese Stelle sei derzeit nicht besetzt und auch nicht zur Besetzung ausgeschrieben.

Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag in Bezug auf den Streitgegenstand eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers auf eine fehlerfreie Auswahlentscheidung vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Der Anordnungsgrund entfällt vorliegend nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin zugesichert hat, eine mit der Besoldungsgruppe A 9 bewertete Planstelle freizuhalten und den Antragssteller im Falle eines erfolgreichen Hauptsacheverfahrens in diese einzuweisen. Diese Planstelle ist zwar zeitlich vor Abschluss des Auswahlverfahrens freigeworden. Sie ist aber von der Antragsgegnerin nicht in das Auswahlverfahren einbezogen worden. Da diese Planstelle erst nach einem auf sie bezogenen Vergabeverfahren besetzt werden darf, besteht bei dem Antragsteller die begründete Befürchtung, dass die Besetzung von einem anderen Konkurrenten erfolgreich angegriffen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.08.2003 - 2 C 14/02 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 23.04.2012 - 1 B 2284/11 -, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 13.10.2006 - 5 ME 115/05 -, juris; OVG Saarlouis, Beschluss vom 30.03.2006 - 1 W 19/06 -, juris).

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Auswahlverfahren leidet an einem Mangel, weil die Gesamtnote der zu Grunde gelegten Anlassbeurteilungen rein arithmetisch berechnet wurde. Sie ist daher nicht aussagekräftig und damit nicht geeignet, die Auswahlentscheidung zu begründen.

Die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils in den Anlassbeurteilungen verbietet sich, denn bei der Bildung eines Gesamturteils wird unter anderem die unterschiedliche Bedeutung der Einzelwertungen wertend berücksichtigt, indem diese allgemein oder in Beziehung auf das ausgeübte Amt gewichtet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.03.2012 - 2 B 18/11 -, juris; BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 – 2 C 2/06 –, juris und Urteil vom 24.11.1994 - BVerwG 2 C 21.93 - juris; Nds. OVG, Beschluss vom 09.05.2008 - 5 ME 50/08 -, juris).

Die Antragsgegnerin kann insoweit nicht einwenden, sie sei nicht dazu verpflichtet, ein Gesamturteil zu bilden.  Zwar findet für die Beurteilungen der Kommunalbeamten gemäß § 44 Abs. 6 NLVO die Regelung des § 44 Abs. Abs. 3 Satz 1 NLVO, wonach die Beurteilung mit einem Gesamturteil abzuschließen hat, keine Anwendung. Vorliegend hat sich die Antragsgegnerin im Rahmen der ihr zustehenden Gestaltungs- und Entscheidungsmacht aber dazu entschlossen, die dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtnote abzuschließen. Sie hat eine Beurteilungsrichtlinie erlassen, die gemäß Ziffer 4.6.3 vorsieht, dass ein Gesamtwert der dienstlichen Beurteilung gebildet wird aus dem eine Note abzulesen ist. Sie bezieht sich auch im Rahmen der Auswahlentscheidung ausschließlich auf die Gesamtnote und nicht auf die einzelnen Beurteilungen der Leistungs- und Fähigkeitsmerkmale. Die Antragsgegnerin muss sich daher daran festhalten lassen, dass sie sowohl dem Beurteilungs- als auch dem Auswahlverfahren ein Gesamturteil zu Grunde gelegt hat.

Die Antragsgegnerin ist aufgrund ihrer Dienstherrneigenschaft auch nicht zur rein rechnerischen Ermittlung des Gesamturteils berechtigt. Die inhaltliche Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens und - systems obliegt der Antragsgegnerin zwar in eigener Zuständigkeit. Zu einem aufgrund des verfassungsrechtlich fundierten Leistungsprinzips gebotenen  Beurteilungssystem gehört aber, dass ein Gesamturteil aufgrund einer Wertung bzw. Abwägung gewonnen wird, denn allein die Bildung eines arithmetischen Mittels wird dem Geist des Beurteilungsrechts nicht gerecht (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 22.06.2005 - 5 LB 306/04 -, juris). Dies wäre eine schematische Anwendung, die die Gestaltungsspielräume des Beurteilungsermessens nicht erkennt oder zumindest unterschreitet und damit rechtsfehlerhaft anwendet (vgl. Bieler/Lorse, die dienstliche Beurteilung, 5. Aufl., Rn. 177). Dass das Gesamturteil einen Akt der Gesamtwürdigung der bei den Leistungs- und Fähigkeitsmerkmalen vergebenen Einzelnoten darstellt, ist daher ein zu berücksichtigender allgemeiner Bewertungsgrundsatz (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 18.03.2011 – 2 EO 471/09 –, juris). Dementsprechend wird der Dienstherr dem Wesen einer Beurteilung nur gerecht, wenn er dem Beurteiler bei der Ermittlung des Gesamturteils über eine bloße Berechnung anhand der Einzelnoten hinaus eine eigene Wertung nicht nur erlaubt, sondern ihn zu einer solchen verpflichtet (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2008 – 13 L 529/08 –, juris). Ein rein rechnerisch ermitteltes Gesamturteil ist dagegen als nicht aussagekräftig zu verwerfen (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl., B Rn. 401).

Vorliegend ist die in den Gründen zu  I. beschriebene und aufgrund der Beurteilungsrichtlinie der Antragsgegnerin vorgegebene Berechnung des Gesamtwertes und damit der Gesamtnote auch zwingend. Sie eröffnet dem Beurteiler keinerlei Spielraum. Für die notwendige Abwägung durch den Beurteiler ist die inhaltliche Bewertung der einzelnen Leistungs- und Fähigkeitsmerkmale noch nicht ausreichend. Zwar stellt bereits die Beurteilung der einzelnen Leistungs- und Fähigkeitsmerkmale einen Akt wertender Erkenntnis dar (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 18.03.2011 – 2 EO 471/09 –, juris; Sächsisches OVG, Urteil vom 14.11.2006 – 2 B 292/06 –, juris; Nds. OVG, Urteil vom 22.06.2005 - 5 LB 306/04 -, juris). Dementsprechend kann bei der Bildung eines Gesamturteils der arithmetische Mittelwert Berücksichtigung finden. Dies darf aber gerade nicht in der Weise geschehen, dass dieser Mittelwert, wie dies vorliegend der Fall ist, ohne weitere bewertende Überlegungen zwingend zu einem bestimmten Gesamturteil führt (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 22.06.2005 - 5 LB 306/04 -, juris). Die Antragsgegnerin hat insoweit auch weder dargelegt noch ist der Beurteilungsrichtlinie oder den Anlassbeurteilungen zu entnehmen, dass der Beurteiler bereits bei der Bewertung der einzelnen Leistungs- und Fähigkeitsmerkmale deren unterschiedliche Bedeutung im Hinblick auf das konkrete Aufgabengebiet und das konkrete Amt und damit etwaige diesbezügliche Besonderheiten berücksichtigt und diese dementsprechend zueinander gewichtet hat. Eine derartige Bewertung ist aufgrund der Vorgaben der Beurteilungsrichtlinie sogar ausgeschlossen. Der unterschiedlichen Bedeutung wird nämlich schon dadurch Rechnung getragen, dass gemäß Ziffer 4.1 der Beurteilungsrichtlinie die Merkmale „Arbeitsergebnis“, „Selbständigkeit“ und „Belastbarkeit“ mit der doppelten und das Merkmal „Führung“ mit der dreifachen Gewichtung in die Berechnung eingehen. Diese zwingende Gewichtung ist ebenfalls nicht geeignet, die notwendige Abwägung durch den Beurteiler zu ersetzen, denn sie gilt für alle Mitarbeiter der Antragsgegnerin und kann damit nicht hinreichend das konkrete Aufgabengebiet und das konkrete Amt und damit etwaige diesbezügliche Besonderheiten berücksichtigen, die gemäß Ziffer 4.2 der Beurteilungsrichtlinie jedoch der Beurteilung zu Grunde zu legen ist, denn dort wird ausgeführt, Maßstab für die Beurteilungen seien die Normalanforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes. Letztendlich erfolgt diese Gewichtung damit pauschal und ohne Ansehung der besonderen Umstände, die das jeweilige konkrete Amt kennzeichnen und deren weitere Gewichtung, die möglichen Unterschieden im Hinblick auf das konkrete Aufgabengebiet und das konkrete Amt Rechnung trägt, nicht vorgesehen ist (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.09.2008 – 13 L 529/08 –, juris).

Es ist vorliegend auch nicht auszuschließen, dass bei einer nicht rein arithmetischen Berechnung der Gesamtnote der Anlassbeurteilungen das Auswahlverfahren zu Gunsten des Antragstellers ausgehen könnte. Die grundsätzliche Eignung des Antragstellers ist unstreitig. Mangels Vorliegens verwertbarer Anlassbeurteilungen kann derzeit kein Leistungsvergleich erfolgen. Verwertbare Anlassbeurteilung können allein durch die zuständigen Beurteiler erstellt werden. Die Kammer kann das Ergebnis dieser Anlassbeurteilung nicht vorwegnehmen und ihre Einschätzung über die zu erwartende Gesamtnote nicht an Stelle der Beurteiler setzen.

Hinzukommt, dass die verwendeten Anlassbeurteilungen nicht plausibel sind. Gesamturteil und Einzelwertungen einer dienstlichen Beurteilung müssen aber in dem Sinne miteinander übereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelwertungen herleiten lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.03.2007 – 2 C 2/06 –, juris).  Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn die Berechnung des Gesamtwerts für die Leistungsmerkmale erfolgt gemäß Ziffer 4.6.1 der Beurteilungsrichtlinie aufgrund der Addition der Bewertung für das laufende Jahr und der systematischen Leistungsbewertung des Vorjahres. Das Ergebnis wird geteilt. Die Vorgehensweise mag für Regelbeurteilungen plausibel sein, bei denen sich die Bewertung des laufenden Jahres aufgrund des Beurteilungsstichtags zum 31.12. immer auf ein ganzes Jahr bezieht. Im Fall der vorliegenden Anlassbeurteilungen ist sie dagegen nicht plausibel, denn hier ist der Beurteilungsstichtag der 16.04.2014. Dementsprechend wird ein Zeitraum von 3,5 Monaten einem Zeitraum von 12 Monaten gleichwertig gegenübergestellt. Eine Begründung für diese Vorgehensweise ist weder dem Vortrag der Antragsgegnerin, noch den Anlassbeurteilungen oder der Beurteilungsrichtlinie zu entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Auch insoweit ist es vorliegend nicht auszuschließen, dass bei einer dieses Ungleichgeweicht berücksichtigenden neuen Erstellung der Anlassbeurteilungen das Auswahlverfahren zu Gunsten des Antragstellers ausgehen könnte. Zwar ist der Antragsteller sowohl im laufenden Jahr als auch in der systematischen Leistungsbewertung des Vorjahres jeweils mit 3,8 beurteilt. Zumindest bei dem Beigeladenen zu 10) liegt aber eine so große Differenz zwischen der Bewertung des laufenden Jahres mit 4,8 und der der systematischen Leistungsbewertung des Vorjahres mit 4,6 vor, dass nicht auszuschließen ist, dass er bei einer neuen Berechnung nur einen Gesamtwert zwischen 4,0 und 4,4 erreichen würde und damit er und der Antragsteller im Wesentlichen gleich beurteilt wären und er nicht wie bisher um eine Gesamtnote besser als der Antragsteller beurteilt wäre.

Die erkennende Kammer weist weiterhin darauf hin, dass die Bindung des Beurteilers an die systematische Leistungsbewertung zumindest dann bedenklich ist, wenn der Beurteiler diese nicht erstellt hat. Sollte ein anderer Beurteiler diese erstellt haben, könnte sie wie ein Beurteilungsbeitrag zu behandeln sein. Beurteilungsbeiträge sind aber keine vorweggenommenen Beurteilungen. Sie dienen letztendlich nur dazu, Eindrücke und Kenntnisse, die ein früherer Beurteiler in persönlicher und fachlicher Hinsicht gewonnen hat, festzuhalten oder nicht vorhandene eigene Wahrnehmungen des zuständigen Beurteilers durch die Wahrnehmungen Dritter zu ergänzen. Sie sind daher im Zuge der Fertigung der aktuellen Beurteilung unter Beachtung des nach den dann jeweils geltenden Beurteilungsrichtlinien und dem dann maßgeblichen Beurteilungsmaßstab durch den zuständigen Beurteiler auszuwerten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Da die Beigeladenen einen Antrag nicht gestellt haben, entspricht es nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 GKG, beträgt also die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltfähiger Zulagen. Es sind nicht die individuellen Bezüge mit den konkreten Dienstalters- bzw. Erfahrungsstufen heranzuziehen, sondern wie bisher ist das Endgrundgehalt des begehrten Amtes zu berücksichtigen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.11.2014 – 5 ME 157/14 –, Beschluss vom 25.08.2014 - 5 ME 116/14 -, Veröffentlichung jeweils nicht bekannt). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens. Abzustellen ist auf die Besoldungsgruppe A 8. Dementsprechend ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 17.080,44 Euro (Endgrundgehalt A 8 in Höhe von 2.827,52 Euro und allgemeine Stellenzulage in Höhe von 19,22 Euro x 6). Eine Halbierung des Streitwerts für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes findet nicht statt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, Veröffentlichung nicht bekannt). Auf den Auffangwert ist nicht abzustellen, denn vorliegend ist die Wahrnehmung der Aufgaben des Beförderungsdienstpostens mit einer konkreten Aussicht auf eine Beförderung verbunden. Nach dem Ablauf der Erprobungszeit von 3 Monaten ist nämlich eine Beförderung ohne weitere Auswahlentscheidung möglich. Die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus, weil im Hinblick auf die Besetzung jener Stellen ein im Wesentlichen einheitliches Verfahren geführt wird und die Vergabe der Stellen durch eine einheitliche Auswahlentscheidung erfolgt. Deshalb kommt eine Multiplikation mit der Anzahl der Stellen der Beigeladenen nicht in Betracht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 16.05.2013 - 5 ME 92/13 -, juris).