Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 18.08.2014, Az.: 13 LA 50/14

Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer selbst beantragten ausländischen Staatsangehörigkeit

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
18.08.2014
Aktenzeichen
13 LA 50/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 24856
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2014:0818.13LA50.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Oldenburg - 12.03.2014 - AZ: 11 A 5094/12

Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 11. Kammer - vom 12. März 2014 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen, da der Antrag auf Zulassung der Berufung aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat.

Die Zulassung der Berufung setzt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO voraus, dass einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert, dass in der Begründung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erfüllt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des eröffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (BVerfG, 2. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 12. März 2008 - 2 BvR 378/05 -; BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 -; BVerfG, 1. Kammer des 2. Senats, Beschl. v. 21. Januar 2000 - 2 BvR 2125/97 -, jeweils zit. nach [...]). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen.

1. Der zunächst geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils können nur dann bestehen, wenn gegen dessen Richtigkeit gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458; BVerwG, Beschl. v. 10. März 2004 - 7 AV 4/03 -, [...]). Ist das Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller Begründungen Zulassungsgründe dargelegt werden (Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll: VwGO, 5. Aufl., § 124a Rdnr. 82).

Nach diesen Grundsätzen lassen sich dem klägerischen Vorbringen keine Gesichtspunkte entnehmen, die ernstliche Zweifel an der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung begründen.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerin nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG festgestellt. Nach dieser Vorschrift verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag erfolgt. Das setzt eine selbstverantwortliche, unmittelbar auf den Erwerb der anderen Staatsangehörigkeit gerichtete freie Willensentscheidung voraus (vgl. Hailbronner/Renner/Maaßen, Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 25, Rdnr. 11; Marx in GK-Staatsangehörigkeitsrecht, Loseblatt, Stand Dezember 2013, § 25, Rdnr. 50; jew. m.w.N.).

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht von einem Antrag der Klägerin auf Wiedereinbürgerung in den türkischen Staatsverband ausgegangen. In ihrer anwaltlichen Stellungnahme vom 18. September 2012 gegenüber dem Beklagten hat die Klägerin ausgeführt, ihr sei nicht einmal bewusst gewesen, dass sie die türkische Staatsangehörigkeit beantragt haben solle. Denn ihr verstorbener Ehemann habe sich ausschließlich um alle Angelegenheiten gekümmert und von ihr nur Unterschriften abverlangt, die sie im Vertrauen darauf, dass ihr Ehemann sich immer richtig verhalte, geleistet habe. Sie habe im frühen kindlichen Alter ohne nennenswerte schulische Ausbildung geheiratet und sei sofort Mutter geworden. Sie habe insgesamt 9 Kinder im Alter von 11 bis 28 Jahren. Sie habe sich um den Haushalt und die Kinder gekümmert, wie dies leider bei vielen türkischen Ehen der Fall und letztendlich wohl auch Tradition sei. Weiter sei es üblich, dass gerade bei Frauen mit geringer Schulbildung die Ehemänner alles entschieden und auch regelten, ohne dass die Ehefrauen hierüber ein Mitspracherecht hätten bzw. sogar nicht einmal richtig informiert würden. Da sie mithin den Antrag auf Anordnung ihres Ehemannes und ohne eigenen Willen und eigenes Wissen und somit auch ohne Kenntnis der rechtlichen Bedeutung unterschrieben habe, liege keine Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit auf Antrag der Klägerin vor.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht diese Stellungnahme nicht in der von der Klägerin nunmehr geforderten Weise ausgelegt, dass sie einen Antrag auf Wiedereinbürgerung in den türkischen Staatsverband tatsächlich nicht unterschrieben und damit auch nicht gestellt habe. Eine solche Annahme widerspräche der ausdrücklichen Erklärung der Klägerin, ihr Ehemann habe von ihr Unterschriften gefordert, die sie dann im Vertrauen auf die Richtigkeit seines Handelns auch geleistet habe. Diese Erklärung war auch und gerade auf den Antrag auf Wiedereinbürgerung bezogen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die geforderte Neuinterpretation als nicht glaubhafter Vortragswechsel dar. Dass sich die Klägerin möglicherweise teilweise nicht über die Bedeutung der von ihr geleisteten Unterschriften im Klaren war, ändert daran nichts, da es ihr ohne weiteres möglich gewesen wäre, sich darüber Klarheit zu verschaffen. Das Fehlen des Erklärungsbewusstseins hindert die Wirksamkeit einer abgegebenen Willenserklärung in derartigen Fällen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juni 1984 - IX ZR 66/83 -, [...], Rdnrn. 18 ff.; Ellenberger in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, Einf. v. § 116, Rdnr. 17 m.w.N.).

Für einen Antrag der Klägerin spricht zudem entscheidend der Auszug aus dem türkischen Personenstandregister, demzufolge sie mit türkischem Ministerratsbeschluss vom 10. Dezember 2001 die türkische Staatsangehörigkeit wiedererworben hat. Da auch das türkische Staatsangehörigkeitsrecht für die Wiedereinbürgerung eines Volljährigen dessen Antrag voraussetzt, muss schon dieser Umstand für die Annahme einer Antragstellung grundsätzlich ausreichen. Für eine irrtümliche Einbürgerung der Klägerin oder eine Fälschung eines Einbürgerungsantrags hat das Verwaltungsgericht zu Recht keine Anhaltspunkte erkannt. Substantiierter Vortrag in diese Richtung ist auch dem Zulassungsantrag nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass die Klägerin erstmals im Zulassungsverfahren angibt, der Zeuge B. habe seinerzeit den Einbürgerungsantrag ausgefüllt und der Zeuge C. könne Aussagen zu den Umständen des Wiedererwerbs der türkischen Staatsangehörigkeit machen, insbesondere bestätigen, dass die Klägerin keinen Antrag gestellt habe. Diese nunmehr in das Wissen der Zeugen gestellten Tatsachen stehen in deutlichem Widerspruch zum übrigen Vortrag der Klägerin und wecken daher keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Wenn die Klägerin nicht einmal in der Lage sein will, sich daran zu erinnern, ob sie überhaupt einen Antrag auf Wiedereinbürgerung in den türkischen Staatsverband gestellt hat, so ist nicht erklärbar, auf welche Weise sie mehrere Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 2007 nunmehr Kenntnis zu den Einzelheiten dieses angeblich nicht gestellten Antrags und möglicher Zeugen erhalten haben will. Auch ist nicht ohne weiteres nachvollziehbar und auch nicht näher dargelegt, auf welche Weise der Zeuge C. Aussagen zu dem Umstand machen könnte, dass die Klägerin niemals einen Wiedereinbürgerungsantrag gestellt habe, war die Frage der Antragstellung doch nach dem übrigen Vortrag der Klägerin niemals Gegenstand einer Erörterung in der Familie und ihr auch selbst nicht bewusst. Zudem geht aus dem jetzigen Vortrag der Klägerin nicht hervor, zu welchem Zweck der angeblich nicht gestellte Antrag überhaupt ausgefüllt worden sein soll. Ausführungen dazu, was mit dem ausgefüllten Antrag im Anschluss geschehen ist, macht die Klägerin nicht.

Darüber hinaus war der Klägerin die Frage der Staatsangehörigkeit durchaus nicht gleichgültig. So hat sie angegeben, sich im Jahre 1998 - auch mit Blick auf die Zukunft ihrer Kinder - bewusst für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden zu haben. Damit ist es nicht zu vereinbaren, wenn die Klägerin der späteren Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit keinerlei Bedeutung beigemessen haben will. Angesichts dieser Umstände durfte das Verwaltungsgericht auch in Ansehung der insoweit bestehenden materiellen Beweislast des Beklagten ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangen, der Erwerb der türkischen Staatsbürgerschaft beruhe auf einem freiwilligen Antrag der Klägerin. Auf die nach Auffassung des Senats ebenfalls tragfähigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zum Beweis des ersten Anscheins kommt es mithin nicht mehr entscheidend an.

Danach steht fest, dass die Klägerin den Antrag auf Wiedererlangung der türkischen Staatsangehörigkeit - wenn auch auf Veranlassung ihres Ehemannes und möglicherweise ohne genaue Kenntnis seines Inhalts - selbst unterschrieben hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bei ihrer Unterschrift nicht frei gewesen sei, sie etwa durch Zwang oder Drohung zur Abgabe des Antrags genötigt worden wäre oder sie in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt war, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es demgegenüber unerheblich, ob ein Antragsteller mit Stellung des Antrags nach § 25 Abs. 1 StAG seine deutsche Staatsangehörigkeit aufgeben wollte oder nicht. Es kommt vielmehr darauf an, ob er den Willen zum Ausdruck gebracht hat, die ausländische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Bejahendenfalls tritt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen mit dem Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit - auch ohne oder gar gegen den Willen des Antragstellers - kraft Gesetzes ein, ohne dass darin ein Verstoß gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG läge. Soll demgemäß nach dem Gesetz der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit ohne Rücksicht auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines dahin gehenden Willens des in den fremden Staat antragsgemäß Eingebürgerten eintreten, so kann ein für die Verlustfolge ausreichender Antrag im Sinne des § 25 Abs. 1 StAG nicht allein deswegen verneint werden, weil der Antragsteller den Verlust nicht wünscht, insbesondere sich über diese Folge des Erwerbs der ausländischen Staatsangehörigkeit irrt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13. Oktober 2000 - 1 B 53.00 -, [...], Rdnr. 12). Es oblag mithin der Klägerin als damaliger deutscher Staatsangehöriger, sich über die Rechtsfolgen des von ihr unterschriebenen Antrags eigenständig zu informieren. Die durch ihren Vortrag offenbar gewordenen erschreckenden Defizite bei ihrer Integration in die deutschen Lebensverhältnisse entbanden sie nicht von dieser Obliegenheit.

2. Die Zulassung der Berufung kommt auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO in Betracht. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn sie mit einem Schwierigkeitsgrad verbunden ist, der signifikant über dem Durchschnitt vergleichbarer verwaltungsgerichtlicher Fälle liegt. Zwar dürfen insoweit die Darlegungserfordernisse nicht überspannt werden, weil sich ein nicht auf das jeweilige Rechtsgebiet spezialisierter Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand Erkenntnisse über das in vergleichbaren Streitverfahren übliche Maß an Komplexität nicht beschaffen kann, während sie dem angerufenen Gericht ohne weiteres zugänglich sind (BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, Beschl. v. 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, [...], Rdnr. 17). Andererseits reicht aber eine nochmalige Darstellung der Argumente nicht aus, die bereits zur Begründung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vorgebracht worden sind, eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO indes gerade nicht zur Folge haben.

Derartige Schwierigkeiten in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht weist der vorliegende Fall nicht auf.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die angeblich mangelnde Aufklärung über den automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft rügt, ist bereits im Hinblick auf den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel festgestellt worden, dass es einer solchen Aufklärung oder gar einer gesonderten Belehrung nicht bedurfte. Darauf kann verwiesen werden. Die von der Klägerin angeführten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. April 2008 - 5 C 28.07 - und vom 29. April 2010 - 5 C 5.09 - führen in diesem Zusammenhang nicht weiter, da sie, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, lediglich die Frage betreffen, in welcher Weise der deutsche Staatsangehörige, der seine Staatsangehörigkeit nach § 25 Abs. 1 StAG verlieren soll, sich seiner deutschen Staatsangehörigkeit bewusst sein muss. Dies war bei der Klägerin unstreitig der Fall.

Auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit des ARB 1/80 einschließlich der Stillhalteklausel seines Art. 13 bestehen nicht die von der Klägerin behaupteten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten. Dieser Assoziationsratsbeschluss trifft Regelungen in Bezug auf den Zugang türkischer Arbeitnehmer zum Arbeitsmarkt in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und hat in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu aufenthaltsrechtlichen Folgewirkungen geführt. Die Frage der Staatsangehörigkeit ist von diesen Regelungen nicht betroffen. Auch die seitens der Klägerin angeführten Entscheidungen und Stellungnahmen belegen keinen weitergehenden Regelungsgehalt. Für eine analoge Anwendung ist schon wegen des Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke im Staatsangehörigkeitsrecht kein Raum.

3. Der von der Klägerin weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wird nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Eine Rechtssache ist nur dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich oder obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich wäre und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, wenn eine derartige Frage konkret bezeichnet und darüber hinaus erläutert worden ist, warum die Frage im angestrebten Berufungsverfahren entscheidungserheblich und klärungsbedürftig wäre und aus welchen Gründen ihre Beantwortung über den konkreten Einzelfall hinaus dazu beitrüge, die Rechtsfortbildung zu fördern oder die Rechtseinheit zu wahren.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht einmal ansatzweise. Die Klägerin hat bereits keine Frage formuliert, deren grundsätzliche Klärung sie begehrt, sondern pauschal auf die "entscheidungserheblichen Fragen" verwiesen, die im Sinne der Rechtssicherheit der Klärung bedürften. Welche konkreten Fragen die Klägerin dabei im Auge hat, verrät die Begründung ihres Zulassungsantrags nicht.

4. Auch ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör lässt sich der Zulassungsbegründung nicht entnehmen. Weder kann das angefochtene Urteil als Überraschungsentscheidung angesehen werden, noch ist ein Beweisantrag zu Unrecht übergangen worden.

Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) erfordert, dass die Äußerungen der Beteiligten ernsthaft zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden (BVerfG, Beschl. v. 26. Januar 1983 - 1 BvR 614/80 -, BVerfGE 63, 80, 85; Beschl. v. 17. Juli 1996 - 1 BvR 55/96 -, [...]). Das Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die gerichtliche Entscheidung frei von Verfahrensmängeln ergeht, die ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und mangelnder Berücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (BVerfG, Beschl. v. 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, [...], Rdnr. 9; Beschl. v. 19. Juni 1985 - 1 BvR 933/84 -, BVerfGE 70, 215, 218). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass das Gericht seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachkommt, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände des Einzelfalles deutlich machen, dass dies wider Erwarten nicht geschehen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 -, [...], Rdnr. 11; Beschl. v. 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 -, BVerfGE 47, 182, 187f). Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren vor allem ein Recht darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts ist eine originäre richterliche Aufgabe. Allein die Behauptung, die richterlichen Tatsachenfeststellungen seien falsch oder der Richter habe einem tatsächlichen Umstand nicht die richtige Bedeutung beigemessen, vermag grundsätzlich einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht zu begründen (BVerfG, Beschl. v. 19. Juli 1967 - 2 BvR 639/66 -, BVerfGE 22, 267, 273). Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich auch keine Hinweispflicht des Richters zur beabsichtigten Beweiswürdigung und Entscheidung (BVerfG, Beschl. v. 15. Mai 1984 - 1 BvR 967/83 -, BVerfGE 67, 90, 95). Zwar setzt eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Daraus ergibt sich allerdings keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters (BVerfG, Beschl. v. 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 -, BVerfGE 84, 188, 190; Beschl. v. 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133, 144). Eine dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs zuwiderlaufende Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erörtert wurde und der zunächst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wende gibt (BVerwG, Beschl. v. 15. Mai 2008 - 2 B 77/07 -, [...], Rdnr. 20).

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist im vorliegenden Fall eine Überraschungsentscheidung zu verneinen. Die streitentscheidenden Tatsachen waren von Anfang an Gegenstand des Rechtsstreits. Aus der Bewilligung von Prozesskostenhilfe konnte die Klägerin keinen Rückschluss auf den Ausgang des Verfahrens ziehen. Wie die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26. Mai 2014 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst ausführt, soll das Prozesskostenhilfeverfahren den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Eine Vorentscheidung des Hauptsacheverfahrens folgt aus der Bewilligung von Prozesskostenhilfe mithin nicht. Auch aus § 86 Abs. 3 VwGO lässt sich eine Verpflichtung des Gerichts zur Erteilung von Hinweisen an die Klägerin, ihren Vortrag in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht zu ergänzen, im vorliegenden Fall nicht herleiten. Das Verwaltungsgericht konnte den Fall aufgrund der vorgetragenen Tatsachen entscheiden. Es oblag der Klägerin, die ihr günstig erscheinenden Tatsachen vorzutragen bzw. in der mündlichen Verhandlung entsprechende Beweisanträge zu stellen. Die Prozessordnung geht davon aus, dass die Beteiligten die ihnen zur Verfügung stehenden prozessualen Rechte in sinnvoller Weise eigenständig nutzen. Eigene Versäumnisse bei der Prozessführung können nicht durch die Rüge eines Verfahrensfehlers geheilt werden. Es war nicht Aufgabe des Gerichts, der Klage durch entsprechende Hinweise zum Erfolg zu verhelfen.

Ein Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen Übergehung eines Beweisantrages liegt ebenfalls nicht vor. Ein solcher Verfahrensfehler wird nur dann verwirklicht, wenn die Ablehnung des Beweisantrages im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 11. September 2007 - 10 C 8.07 -, [...], Rdnr. 12). Dies ist nicht bei jeder sachlich unrichtigen Behandlung eines Beweisantrages, sondern nur dann der Fall, wenn die Ablehnung aus Gründen erfolgt, aus denen der Beweisantrag schlechthin nicht hätte abgelehnt werden dürfen (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, a.a.O., § 138, Rdnr. 32, m. w. N.). Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt hat.

Auch ein Verstoß gegen die sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebende Sachaufklärungspflicht des Gerichts ist nicht erkennbar. Das Verwaltungsgericht hat von einer Vernehmung der von der Klägerin schriftsätzlich angebotenen Zeugen ausweislich der Urteilsbegründung abgesehen, weil sie nicht für die konkreten Umstände speziell bei Abfassung des an die türkischen Stellen gerichteten Einbürgerungsantrags, sondern für die allgemeinen Verhältnisse der Klägerin in ihrer Familie benannt worden seien. Diese könnten als zutreffend unterstellt werden. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Die Umstände für die die Zeugen in der Klagebegründung vom 26. November 2012 benannt worden sind, waren für die Entscheidungsfindung unerheblich. Aus diesem Grunde musste sich eine Vernehmung der Zeugen für das Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen. Erstmals in der Zulassungsbegründung vom 31. März 2014 hat die Klägerin erklärt, der Zeuge B. habe seinerzeit den Einbürgerungsantrag ausgefüllt und der Zeuge C. könne bezeugen, dass die Klägerin einen Antrag nicht gestellt habe. Diesen neuen Vortrag konnte das Verwaltungsgericht naturgemäß nicht berücksichtigen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 42.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NordÖR 2014, 11).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).