Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 16.02.2005, Az.: 7 ME 289/04

Bergrechtlicher Planfeststellungsbeschluss eines Rahmenbetriebsplans für Sandabbau im Küstengewässer; Drittschutz des § 55 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 Bundesberggesetz (BBergG) hinsichtlich der Rechtsgüter Leben und Gesundheit; Recht auf gerechte Abwägung; Besondere Form behördlicher Präventivkontrolle hinsichtlich des bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
16.02.2005
Aktenzeichen
7 ME 289/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 34099
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:2005:0216.7ME289.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Stade - 18.11.2004 - AZ: 6 B 1236/04

Fundstellen

  • NordÖR 2005, 480-482 (Volltext mit amtl. LS)
  • NuR 2005, 604-606 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Bergrechtlicher Planfeststellungsbeschluss eines Rahmenbetriebsplans für Sandabbau im Küstengewässer, Feld "Delphin"- Beschwerde im Verfahren des vorl. Rechtsschutzes -

In der Verwaltungsrechtssache
hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 7. Senat -
am 16. Februar 2005
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zu 1/31. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 465.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1

I.

Die Antragsteller sind niedersächsische Haupterwerbsfischer und wenden sich gegen den Sandabbau aus dem nordwestlich von Scharhörn gelegenen Bewilligungsfeld "Delphin".

2

Mit Bescheid vom 14. März 2002 gab der Antragsgegner dem Antrag der Beigeladenen, vor Abschluss des anhängigen Planfeststellungsverfahrens "Sandabbau im Feld Delphin" mit der Ausführung des Vorhabens beginnen zu können, gemäß § 57 b Abs. 1 des Bundesberggesetzes (BBergG) unter Beifügung von Nebenbestimmungen statt und ordnete die sofortige Vollziehung an. Mit weiterem Bescheid vom 14. März 2002 ließ der Antragsgegner den Hauptbetriebsplan unter Widerrufsvorbehalt befristet bis zum 31. Mai 2006 zu und ordnete insoweit mit Bescheid vom 21. Mai 2002 ebenfalls die sofortige Vollziehung an. Gegen beide Bescheide erhoben zwei schleswig-holsteinische Haupterwerbsfischer Widerspruch und suchten bei Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Zulassung des vorzeitigen Beginns nach. Dieses Begehren blieb in beiden Instanzen erfolglos (VG Stade, Beschl. v. 17.12.2002 - 6 B 1410/02 -; Senat, Beschl. v. 23.6.2003 - 7 ME 13/03 -, NVwZ-RR 2003, 642 = ZfB 2003, 271).

3

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 1. März 2004 ließ der Antragsgegner den von der Beigeladenen für die Freie und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom 10. August 2001 vorgelegten Rahmenbetriebsplan für den Sandabbau aus dem Feld "Delphin" im Küstengewässer der Nordsee zu. Der festgestellte Plan umfasst den im Antrag und in den Planunterlagen dargestellten Sandabbau sowie die während des Verfahrens am 10. Juni 2003 eingereichten Änderungsanträge im Hinblick auf die Abbaudauer, den Verwendungszweck und die Kompensationsmaßnahmen. Die Geltungsdauer des Planfeststellungsbeschlusses wurde auf den 31. März 2017 befristet. Sie kann - jedoch nur im Rahmen der zugehörigen Bewilligung des Antragsgegners vom 15. Mai 2001 - verlängert werden.

4

Gegen diesen Planfeststellungsbeschluss haben die Antragsteller am 13. April 2004 Klage erhoben (6 A 638/04).

5

Auf Antrag der Beigeladenen ordnete der Antragsgegner mit Bescheid vom 17. Mai 2004 die sofortige Vollziehung der Zulassung des Rahmenbetriebsplans in Form des Planfeststellungsbeschlusses zum 18. Mai 2004 an.

6

Den am 21. Juli 2004 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. November 2004 ab und führte im Wesentlichen aus: Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzuges genüge den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. In der Sache gehe die anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragsteller aus, denn deren Klage werde voraussichtlich keinen Erfolg haben. Die die Zulassung des Rahmenbetriebsplans regelnden Vorschriften des Bundesberggesetzes vermittelten den Antragstellern keinen Drittschutz. Dieser ergebe sich auch nicht aus anderen Vorschriften. Eine Beeinträchtigung ihres Eigentumsrechts hätten die Antragsteller im Hinblick auf ihre Gewerbebetriebe nicht glaubhaft gemacht. Es sei nicht ersichtlich, dass der Bestand der Betriebe durch die ergangene Zulassungsentscheidung ernsthaft gefährdet werde. Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller - mit Ausnahme des Antragstellers zu 5) - am 8. Dezember 2004 Beschwerde eingelegt.

7

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners Bezug genommen.

8

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

9

Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) geben keinen Anlass, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern. Der Senat vermag unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht anders zu beurteilen.

10

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht seine Prüfung auf die Frage beschränkt, ob die Antragsteller durch die Zulassung des Rahmenbetriebsplans für den Abbau von Sand aus dem Feld "Delphin" im Küstengewässer der Nordsee in ihren eigenen Rechten verletzt werden. Das ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht der Fall.

11

1.

Rechtsgrundlage der Zulassungsentscheidung in Form des Planfeststellungsbeschlusses sind die §§ 52 ff. BBergG. Die Erteilungsvoraussetzungen sind im Einzelnen in § 55 BBergG bestimmt. Entgegen der Auffassung der Antragsteller vermittelt ihnen § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BBergG Drittschutz nicht. Ob die eine behördliche Erlaubnis, Genehmigung u.Ä. tragende Norm Dritten, die durch die Entscheidung betroffen werden, Schutz gewährt und Abwehrrechte einräumt, hängt vom Inhalt der jeweiligen Norm sowie davon ab, ob der Drittbetroffene in den mit der behördlichen Entscheidung gestalteten Interessenausgleich eine eigene schutzfähige Rechtsposition einbringen kann. Drittschutz vermittelt eine Norm dann, wenn sie nach dem in ihr enthaltenen, durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde nicht nur öffentlichen Interessen, sondern - zumindest auch - Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können. Bei der Auslegung der Norm kommt mithin wesentliche Bedeutung der Frage zu, inwieweit sie auch der Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, d.h. sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises dient (st. Rspr., vgl. nur BVerwG, Urt. v. 16.3.1989 - 4 C 36.85 -, BVerwGE 81, 329 = NVwZ 1989, 1157 = DVBl. 1989, 663; Urt. v. 17.6.1993 - 3 C 3.89 -, BVerwGE 92, 313 = NJW 1994, 1604 = DVBl. 1994, 479).

12

Ob im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanzulassungsverfahrens Drittschutz in Anspruch genommen werden kann, lässt sich auch bezogen auf § 55 BBergG nicht allgemein entscheiden, sondern hängt von den Zulassungsvoraussetzungen im Einzelnen ab. So hat das Bundesverwaltungsgericht etwa entschieden, dass § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG hinsichtlich der Rechtsgüter Leben und Gesundheit Drittschutz vermittelt (Urt. v. 13.12.1991 - 7 C 25.90 -, BVerwGE 89, 246 = DVBl. 1992, 569; vgl. ferner Beschl. v. 15.7.1994 - 4 B 102.94 -, DVBl. 1994, 1152). Zu berücksichtigen ist indes, dass wegen der die bergbauliche Tätigkeit prägenden Besonderheiten (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.3.1989, a.a.O.) bei der Anerkennung von drittschützenden Vorschriften eher Zurückhaltung geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 15.7.1994, a.a.O.).

13

Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BBergG ist Voraussetzung für die Zulassung, dass die Benutzung der Schifffahrtswege und des Luftraumes, die Schifffahrt, der Fischfang und die Pflanzen- und Tierwelt nicht unangemessen beeinträchtigt werden. Gegenstand und Zweck der Vorschrift sind damit die Sicherheit und der Schutz öffentlicher Güter. Sie enthält aber keine individualisierenden Tatbestandsmerkmale in Bezug auf einen abgrenzbaren Personenkreis, von denen die Erteilung der Zulassung abhängt. Insbesondere liegt es fern, etwa "der Schifffahrt" und damit sämtlichen Schifffahrtbetreibenden insoweit eine eigene schutzfähige Rechtsposition zuzusprechen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass das Gesetz mit dem Begriff "der Fischfang" etwa sämtlichen Haupterwerbsfischern, die in den Küstengewässern Fischfang betreiben, eine wehrfähige Rechtsposition einräumen wollte. Ein abgrenzbarer Personenkreis ist damit nicht angesprochen. Das Verwaltungsgericht hat insoweit im Anschluss an den Beschluss des Senats vom 23. Juni 2003 (7 ME 13/03, a.a.O.) darauf hingewiesen, dass sich die Antragsteller auf eine fischereirechtlich gesicherte Position nicht berufen können, weil der Fisch- und Krebsfang in den Küstengewässern frei ist (§ 16 Abs. 1 Nds. FischG). Er unterfällt dem Gemeingebrauch, auf dessen Aufrechterhaltung kein Anspruch besteht und mit dem besondere Nutzungsrechte nicht verbunden sind. Die Antragsteller machen mit dem Fang in dem von ihnen offenbar bevorzugten Gebiet nur von einer von vielen ihnen gebotenen Möglichkeiten Gebrauch. Ein Vertrauen darauf, dieses Gebiet dauerhaft und uneingeschränkt nutzen zu können, ist nicht geschützt. Die Antragsteller sind auch nicht davor gefeit, gegebenenfalls längere Anfahrtswege in Kauf nehmen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1966 - III ZR 110/64 -, BGHZ 45, 150). Selbst wenn man aber § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BBergG drittschützende Wirkung beimessen wollte, so wäre eine rechtliche Betroffenheit der Antragsteller nicht ersichtlich, denn es ist nicht erkennbar, dass der Fischfang unangemessen beeinträchtigt wird (dazu des Näheren unter 4.).

14

2.

Weitergehende Ansprüche vermittelt auch das von den Antragstellern geltend gemachte Recht auf gerechte Abwägung nicht. Das im Falle des § 52 Abs. 2 a BBergG durchzuführende Planfeststellungsverfahren tritt nach § 57 a Abs. 1 Satz 1 BBergG an die Stelle des bergrechtlichen Zulassungsverfahrens nach §§ 54 und 56 Abs. 1 BBergG. Wesentliches Merkmal der Planfeststellung ist deren Konzentrationswirkung. Das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren eröffnet der Behörde jedoch keine planerische Gestaltungsfreiheit in Form eines Planungsermessens. Vielmehr handelt es sich um eine besondere Form behördlicher Präventivkontrolle (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.3.1989, a.a.O.). Die Einführung des Planfeststellungsverfahrens hat an den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Rahmenbetriebsplans nichts geändert. Das Verhältnis zwischen Unternehmer und Betroffenen und der Schutz von Belangen Dritter im Sinne des Bergrechts bestimmen sich nach den dafür geltenden Vorschriften dieses Gesetzes (§ 57 a Abs. 4 Satz 2 BBergG). Liegen danach die Voraussetzungen für die Zulassung des Betriebsplans, insbesondere nach § 55 BBergG vor, so ist die beantragte Zulassung als gebundene Erlaubnis zu erteilen. Unter diesen Umständen scheidet auch die Anwendung der Grundsätze über die Planrechtfertigung aus (vgl. Boldt/Weller, BBergG, Ergänzungsband, zu § 57 a Rn. 48 ff.; Erbguth/Schlink, UVPG, 2. Aufl., § 18 Rn. 14 ff.; VG Kassel, Urt. v. 13.9.2002 - 4 E 1110/99 (1) -, ZfB 2004, 68). Zur Bedeutung des § 48 Abs. 2 BBergG, die mit der Beschwerde nicht näher problematisiert wird, verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 23. Juni 2003 (7 ME 13/03, a.a.O.).

15

3.

Auch aus § 3 Abs. 1 des Seefischereigesetzes oder aus den auf dieser Grundlage ihnen erteilten Fangerlaubnissen können die Antragsteller zu ihren Gunsten nichts herleiten. Insoweit hat der Senat bereits in seinem vorgenannten Beschluss ausgeführt, dass diese Bestimmungen öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Seefischerei ermöglichen und mithin dem Interesse der Allgemeinheit an einer Begrenzung des Fischfangs dienen. Sie räumen indes den Küstenfischern keine privaten Aneignungsrechte ein (ebenso VG Hamburg, Urt. v. 25.3.2004 - 8 K 4795/02 -, NuR 2004, 548). Aus der von den Klägern genannten Entscheidung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.11.2004 - 1 Bf 160/03 -), die die Aufteilung von Fischfangquoten betrifft, ergibt sich nichts anderes. Darum geht es hier nicht. Davon abgesehen weisen die Antragsteller selbst darauf hin, dass der Krabbenfang nicht quotiert sei. Dieser stellt indes die ganz überwiegende Art ihrer Fänge dar, wie auch die von einem Teil der Antragsteller eingereichten "Erhebungsbögen" belegen.

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Die Antragsteller meinen eine Verletzung subjektiver Rechte im Zusammenhang mit dem Seefischereigesetz unter Berufung auf die Entscheidung des EGMR (III. Sektion) vom 6. Februar 2003 (NJW 2003, 2221) geltend machen zu können. Der Gerichtshof hat dort dargelegt, dass Art. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK (Recht auf Achtung des Eigentums) nicht für künftiges Einkommen, sondern nur für bestehendes Eigentum gilt, also solches, das erworben wurde oder auf das ein durchsetzbarer Anspruch besteht. Eine derartige Sachlage ist, wie bereits das Verwaltungsgericht in einem anderen Zusammenhang ausgeführt hat, hier nicht gegeben. Auch soweit die Konvention gesetzlich eingeräumte Privilegien schützt, wo diese zu einer berechtigten Erwartung auf Erwerb bestimmten Eigentums führen, können die Antragsteller daraus angesichts des Nichtbestehens einer solchen Position für sich nichts herleiten.

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4.

Was die Betroffenheit der Antragsteller in ihrem Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG angeht, so hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass zu dem Eigentumsrecht auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gehört. Das Grundrecht schützt aber nur vor Eingriffen in die Substanz der Sach- und Rechtsgesamtheit des Betriebs, also den Betrieb in seinem vorhandenen Bestand, nicht aber künftige Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten und in der Zukunft liegende Chancen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.4.1994 - 8 C 29.92 -, BVerwGE 95, 341, 348 f. [BVerwG 22.04.1994 - 8 C 29/92] m.w.N.). Für die Annahme einer besonderen Nutzungsbefugnis im Sinne eines gesteigerten Gemeingebrauchs oder eines Anliegergebrauchs fehlt es aus den dargelegten Gründen an einem Anhalt. Selbst wenn man aber zu Gunsten der Antragsteller ein solches besonderes Nutzungsverhältnis annehmen wollte, änderte dies nichts daran, dass die Antragsteller keinen Anspruch auf Schaffung oder Aufrechterhaltung ihnen günstiger Benutzungsverhältnisse haben. Sie müssen vielmehr Veränderungen im Meer durch Naturgewalten ebenso hinnehmen wie die erlaubte Benutzung des Meeres durch andere und auch sonst das rechtmäßige Vorgehen Dritter achten (vgl. BGH, Urt. v. 31.1.1966 - III ZR 110/64 -, BGHZ 45, 150; Senat, Beschl. v. 23.6.2003, a.a.O.).

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Eine Rechtsbeeinträchtigung der Antragsteller läge allerdings vor, wenn der Bestand ihrer Betriebe durch die zu Gunsten der Beigeladenen ergangene Zulassungsentscheidung ernsthaft in Frage gestellt oder diese schwer und unerträglich getroffen würden (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.11.1970 - 4 C 102.67 -, BVerwGE 36, 248; Urt. v. 1.12.1982 - 7 C 111.81 -, BVerwGE 66, 307 [BVerwG 01.12.1982 - 7 C 111/81]; Urt. v. 22.4.1994, a.a.O., S. 349). Für eine derartige Sachlage hat das Verwaltungsgericht indes hinreichende Anhaltspunkte nicht feststellen können. Es hat den angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zitierend im Wesentlichen ausgeführt: Die Fischerei sei insoweit beeinträchtigt, als im Bereich des Baggerschiffes während der ca. zweistündigen Baggerung nicht gefischt werden könne. Insgesamt sei die Beeinträchtigung der Fischerei aber nicht erheblich. Durch die Baggerarbeiten würden die Nahrungsgrundlagen für Krabben und Fische verschlechtert. Der Fischfang besitze in dem betroffenen Gebiet anders als der Krabbenfang nur geringe Bedeutung. Der mit der Sandgewinnung möglicherweise verbundene Rückgang der Krabbenfangmenge sei zeitlich vorübergehend und auf maximal zwei der geplanten Abbaufelder gleichzeitig beschränkt. Nach spätestens drei Jahren, auf einem großen Teil der Abbaufläche früher, dürfte sich der vorherige Besiedlungszustand wieder eingestellt haben. Auch die Verlängerung des Abbauzeitraums ändere nur wenig an der Beeinträchtigungswirkung. In den nicht beanspruchten Teilfeldern könne jederzeit auch parallel zur Sandgewinnung gefischt werden. Im Übrigen stehe der Fischerei der Meeresbereich zwischen Abbaufeld und der Grenze der Seeschifffahrtsstraße, der wegen des abfallenden Hanges als sehr ergiebig gerade für die Krabbenfischerei gelte, jederzeit uneingeschränkt zur Verfügung. Insbesondere liege eine Existenzgefährdung nicht vor, da nach den gutachtlichen Feststellungen des Sachverständigen AJ. nur 10% der erzielten Gesamtfangerträge der untersuchten Flotte im Feld "Delphin" erzielt würden, so dass angesichts der zeitlichen und örtlichen Beschränkungen des Abbaus noch nicht einmal der Schluss gezogen werden könne, dass die Sandentnahme zu Fangeinbußen im gleichen Umfang führen könnte. Vielmehr spreche einiges dafür, dass eventuelle Fangverluste zumindest teilweise an anderer Stelle ausgeglichen werden könnten.

19

Diese Feststellungen werden durch das Beschwerdevorbringen nicht erschüttert. Ein großer Teil der Antragsteller hat konkrete Angaben über Daten und Ergebnisse ihrer Betriebe sowie über etwaige Veränderungen während des zugelassenen Betriebs nicht gemacht. Soweit ein Teil der Antragsteller Erhebungsbögen "zur Feststellung von Verlusten und Zusatzkosten durch die Sandentnahme im Feld Delphin" eingereicht hat, lassen sich daraus aussagekräftige Erkenntnisse nicht entnehmen. Die Erhebungsbögen enthalten keine Angaben über die Gesamtfangerlöse und die Übrigen von den Antragstellern genutzten Fanggebiete. Daraus ist mithin nicht ersichtlich, welche Bedeutung die Fänge im Feld "Delphin" für ihre jeweiligen Betriebe insgesamt haben. Was die Angaben der Fangmengen im Feld "Delphin" im Jahresdurchschnitt der Jahre 1997 bis 2001 im Vergleich zu dem Jahresergebnis ab Beginn der Sandentnahme von März 2002 bis Februar 2003 angeht, so ergibt sich aus den Erhebungsbögen ein widersprüchliches Bild. Während die Menge der im Feld "Delphin" gefangenen Krabben nach Angaben eines Teils der Antragsteller seit Beginn der Sandentnahme zurückgegangen ist, ist bei einem anderen Teil der Antragsteller seither keine Veränderung oder sogar eine deutliche Erhöhung der Fangerträge festzustellen. Das legt die Annahme nahe, dass die Sandentnahme entweder nicht von erheblichem Einfluss auf den Krabbenfang ist oder jedenfalls die Möglichkeit besteht, etwaige Nachteile an anderer Stelle auszugleichen. Dass die Vergleichsangaben für einige Antragsteller ungünstig ausfallen, kann viele Gründe haben, erlaubt jedenfalls nicht den Schluss, dass die Minderung der Fangmenge aus dem Feld "Delphin" vornehmlich auf der Sandentnahme beruht und durch Ausweichmaßnahmen nicht vermeidbar ist. Erst recht fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass selbst im Falle unvermeidbarer Fang- und Ertragsminderungen einzelne Betriebe infolge der Sandentnahme schwer und unerträglich getroffen oder gar in ihrem Bestand in Frage gestellt werden. Deshalb bedarf auch keiner näheren Erörterung, ob der Antragsgegner zu Recht davon ausgeht, dass ein Ausgleich nachweisbarer Einbußen in einem zivilrechtlichen Verfahren in Betracht kommt.

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5.

Die Antragsteller sind auch nicht in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG betroffen. Der Sandabbau beschränkt zeitweise und bezogen auf einzelne Abbaufelder die fischereiliche Nutzung. Er kann damit allenfalls mittelbare Auswirkungen auf die Ausübung der Fischerei haben, indem er räumlich und zeitlich begrenzt den Fisch- und Krabbenfang stört. Eine berufsregelnde Tendenz kommt dem Planfeststellungsbeschluss - wie es für die Anwendbarkeit des Art. 12 Abs. 1 GG erforderlich wäre (vgl. z.B. BVerfG, Beschl. v. 19.6.1985 - 1 BvL 57/79 -, BVerfGE 70, 191, 214) [BVerfG 19.06.1985 - 1 BvL 57/79] - nicht zu.

21

6.

Schließlich können sich die Antragsteller zur Begründung einer Rechtsposition auch nicht mit Erfolg auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. September 2004 (7 B 62.04, NVwZ 2005, 84) berufen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dort entschieden, ein Berufsfischer könne geltend machen, dass eine erlaubte Gewässerbenutzung den Naturhaushalt des Gewässers und darin lebende Pflanzen und Tiere beschädigt und dadurch das Fischereirecht bzw. die Ausübung der Fischerei wegen Rückgang des Ertrags beeinträchtigt. Gegenstand des Verfahrens war die Anfechtung einer wasserrechtlichen Erlaubnis nach §§ 15, 16 des Baden-Württ. Wassergesetzes. Nach diesen Vorschriften können Einwendungen im Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren auch erhoben werden, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung die Ausübung der Fischerei beeinträchtigt. Um die tatbestandlichen Voraussetzungen eines solchen wasserrechtlichen Verfahrens geht es vorliegend nicht. Unter diesen Umständen kann auch dahinstehen, welche Bedeutung es hat, dass in § 13 NWG, der entsprechenden Vorschrift des Niedersächsischen Wassergesetzes, die Ausübung der Fischerei nicht (ausdrücklich) angesprochen wird. Im Übrigen hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Klage des Berufsfischers unbegründet ist, wenn die Nachteile der erlaubten Gewässerbenutzung für ihn nur geringfügig sind, also beispielsweise der Ertrag des Fischfangs nur geringfügig zurückgeht. Es ist indes weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass den Antragstellern infolge der hier streitigen Maßnahme mehr als solche nur begrenzten nachteiligen Wirkungen drohen.

22

Die Kosten der nach allem erfolglosen Beschwerde tragen die Antragsteller anteilig gemäß § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

23

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 465.000,-- Euro festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG sowie Nr. 11.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs in der Fassung Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525 = NVwZ 2004, 1327).

Kalz
Peschau
Bremer