Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.02.2005, Az.: 5 ME 332/04

Anschlussbeschwerde; Auswahlgespräch; Auswahlkommission; Beiladung; dienstliche Beurteilung; Leistungsgrundsatz; Notenvorsprung

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
15.02.2005
Aktenzeichen
5 ME 332/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50601
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 11.11.2004 - AZ: 2 B 5789/04

Gründe

1

Um die im Schulverwaltungsblatt 6/2003 ausgeschriebenen Stelle einer Oberstudiendirektorin/eines Oberstudiendirektors an der Berufsbildenden Schule der Region C. - Wirtschaftsschule D. - bewarben sich der im Jahre 1953 geborene Antragsteller und die im Jahre 1950 geborene Beigeladene.

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LRSD E. erteilte in seinen dienstlichen Beurteilungen vom 23. Februar 2004 dem Antragsteller die Note „sehr gut“ und der Beigeladenen die Note „gut“. Die Auswahlkommission, an welcher der Referatsleiter 401 des Antragsgegners als Vorsitzender, der Abteilungsleiter 4 der Bezirksregierung C. und ein Vertreter der Region C. (Schulträger) beteiligt waren, führte mit dem Antragsteller und der Beigeladenen am 27. Mai 2004 ein Auswahlgespräch, an dem auch die Stellvertreterin der Frauenbeauftragten des Antragsgegners teilnahm. Für die beim Auswahlgespräch gezeigten Leistungen erhielten von 36 möglichen Punkten der Antragsteller 18 Punkte und die Beigeladene 34 Punkte. In der Gesamtkonferenz entfielen von 63 stimmberechtigten Lehrkräften 40 Stimmen auf den Antragsteller und 18 Stimmen auf die Beigeladene. Die Auswahlkommission schlug einstimmig die Beigeladene für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle vor.

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Nachdem der Schulhauptpersonalrat und der Schulträger der Maßnahme zugestimmt hatten, teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 6. September 2004 mit, er habe sich für die Beigeladene als die geeignetere Bewerberin entschieden, weil diese bei dem Auswahlgespräch 34 von maximal 36 möglichen Punkte erreicht habe, während der Antragsteller lediglich 18 Punkte erhalten habe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Antragsgegner durch Bescheid vom 14. September 2004 als unbegründet zurück und führte zur Begründung ergänzend aus, bei dem Auswahlgespräch hätten sich beim Antragsteller deutliche Abweichungen von den bisherigen dienstlichen Beurteilungen gezeigt. Schwächen seien insbesondere im Bereich Management -/Organisations-kompetenz deutlich geworden, in dem der Antragsteller gegenüber der Beigeladenen sehr deutlich abgefallen sei. In der ersten Hälfte des Auswahlgesprächs sei überdeutlich geworden, welche Schwächen der Antragsteller in den für eine Schulleitung so wichtigen Bereichen wie Leitung und Organisation habe. Insbesondere sei die für diese Bereiche notwendige Kreativität vermisst worden. Hier habe der Antragsteller lediglich sieben von 18 möglichen Punkten erhalten, was nur einer bedingten Eignung für eine Tätigkeit als Schulleiter entspreche. Demgegenüber habe die Beigeladene in diesen beiden Kompetenzbereichen die volle Punktzahl erreicht. Die Punktdifferenz sei so gravierend, dass damit für das Auswahlgespräch eine eindeutige Rangfolge habe bestimmt werden können. Gegen diese Bescheide erhob der Antragsteller am 1. Oktober 2004 Klage (Az: 2 A 5037/04).

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Am 12. Oktober 2004 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angerufen und beantragt,

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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zum Ablauf einer Frist von einem Monat nach Zustellung einer Entscheidung im Klageverfahren der Beigeladenen den Dienstposten einer Oberstudiendirektorin als Leiterin der Berufsbildenden Schulen der Region C. - Wirtschaftsschule D. - zu übertragen.

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Der Antragsgegner hat beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

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Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 11. November 2004, auf den zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, entsprochen. Zur Begründung ist ausgeführt, der Antragsteller habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Da die aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers eine Vollnote besser sei als die der Beigeladenen, habe unter dem Gesichtspunkt des Stichentscheides keine Veranlassung bestanden, zusätzliche Erkenntnismittel wie ältere dienstliche Beurteilungen, Binnendifferenzierungen oder ein Auswahlgespräch zu berücksichtigen. Bei der „sehr guten“ Beurteilung und der Tatsache, dass der Antragsteller vielfältige Leitungsaufgaben in der BBS F. wahrnehme, unter anderem seit 1993 in seiner Funktion als Koordinator und seit Januar 2003 als kommissarischer stellvertretender Schulleiter, habe der zur Begründung angeführte bessere Eindruck der Beigeladenen vor der Auswahlkommission die Auswahlentscheidung nicht bestimmen dürfen.

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Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 18. November 2004 eingelegten Beschwerde und trägt zu deren Begründung vor: Bei dem Auswahlgespräch hätten die Bewerber Fallbeispiele zur Fach-, Leitungs-, Management- und Sozialkompetenz zu lösen gehabt. Fachwissen sei nicht abgefragt worden. Zweck dieser Gespräche sei es, dass sich die Mitglieder der Auswahlkommission einen persönlicher Eindruck davon verschaffen, wie sich die Bewerber in - Führungskräften typischen - Problemsituationen verhalten. Es handele sich um situationsgebundene Ereignisse, die in dieser Form im Rahmen einer dienstlichen Beurteilung nicht bewertet würden. Bei der Besetzung einer Schulleiterstelle sei es unerlässlich festzustellen, wie sich ein Bewerber in diesen Fällen verhalte. Der von der Auswahlkommission gewonnene Eindruck erweitere insoweit die Beurteilungsgrundlage. Dass dieser Eindruck von der Auswahlkommission in Form von Punkten und in anonymisierter Form festgehalten werde, sei nicht zu beanstanden.

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Der Antragsgegner beantragt,

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den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung abzulehnen.

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Die Beigeladene hat sich am 29. Dezember 2004 der Beschwerde des Antragsgegners angeschlossen und beantragt ebenfalls,

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den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

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Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Rechtsprechung zum besonderen Gewicht aktueller dienstlicher Beurteilungen für die Auswahlentscheidung im Verhältnis zu anderen Erkenntnisquellen sei nur mit Einschränkungen auf die Auswahlentscheidungen bei Lehrkräften anwendbar. Ihre dienstliche Beurteilung vom 23. Februar 2004 sei rechtsfehlerhaft, weil die der Beurteilung zugrundeliegende Besichtigung nach einem für sie ungünstigeren Zeitplan stattgefunden habe und der Beurteiler während der von ihr geleiteten Gesamtkonferenz zeitweilig nicht anwesend gewesen sei und seinen Aufbruch und den der anderen Vertreter der Bezirksregierung vorbereitet habe.

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Der Antragsteller beantragt,

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die Beschwerden zurückzuweisen.

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Er tritt dem Vorbringen des Antragsgegners und der Beigeladenen entgegen, macht sich die Gründe des angefochtenen Beschlusses zu eigen und im Wesentlichen geltend: Der dem durchgeführten Auswahlgespräch zugrundeliegende Erlass vom 4. Juni 1998 (SVBl. S. 171) sei nicht mehr anwendbar, weil es sich lediglich um eine vorläufige Regelung handele. Auch bei dienstlichen Beurteilungen von Lehrkräften, die einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden, gebiete die um eine Notenstufe bessere Beurteilung eines Bewerbers dessen Auswahl. Das müsse insbesondere dann gelten, wenn - wie in dem hier zu beurteilenden Fall - die dienstliche Beurteilung beider Bewerber von demselben Beurteiler erstellt worden seien.

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Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und wegen des Sachverhalts im übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge (Beiakten A, B und C) sowie der Personalakten (Beiakten D bis H) Bezug genommen.

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II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.

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Die Anschlussbeschwerde der Beigeladenen ist unzulässig.

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Die von der Beigeladenen eingelegte (unselbständige) Anschlussbeschwerde ist unstatthaft und damit unzulässig. Zwar ist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 567 Abs. 3 ZPO die Anschlussbeschwerde grundsätzlich statthaft und steht auch einem Beigeladenen zu (vgl.: §§ 127 Satz 1, 63 Nr. 3 VwGO). Die Anschlussbeschwerde ist jedoch nach ihrem Wesen ein Rechtsmittel, das dem oder den Rechtsmittelgegner(n) die Möglichkeit eröffnen soll, der („Haupt“-)Beschwerde - gegebenenfalls auch ohne Einhaltung der in § 146 Abs. 4 VwGO bestimmten Fristen - mit einem Antrag entgegenzutreten, der deren Antrag die sich aus § 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO ergebende Begrenzung des Streitstoffes nimmt, den „Antrag gewissermaßen aufbricht“ (BVerwG, Urt. v. 25.05.1984 - 8 C 108/82 -, NJW 1985, 393; OVG Lüneburg, Urt. v. 18.09.1967 -1 OVG A 132/66 -, NJW 1968, 422; Beschl. v. 17.11.1992 - 5 M 5199/92 -; vgl.: Kopp/Schenke, VwGO, Verwaltungsgerichtsordnung-Kommentar, 13. Aufl. 2003, RdNr. 1 und 46 zu § 146, RdNr. 7 zu § 127). Der Hauptrechtsmittelführer und der das anschließende Rechtsmittel führende Beteiligte müssen gegenläufige Ziele verfolgen. Unzulässig ist eine Anschließung, mit der das gleiche Ziel wie mit dem Hauptrechtsmittel verfolgt wird (vgl. Baumbach/Lauterbach (Albers), ZPO-Kommentar, 62. Aufl., RdNr. 21 zu § 567, RdNr. 6 zu § 629 a).

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Mit der Anschlussbeschwerde der Beigeladenen werden dem Hauptrechtsmittel, der Beschwerde des Antragsgegners, gegenläufige Ziele nicht verfolgt. Die Anschlussbeschwerde der Beigeladenen soll vielmehr die Beschwerde des Antragsgegners unterstützen. Sie stimmt in ihrem Antrag ohne Einschränkungen mit dem Beschwerdeantrag des Antragsgegners überein. Dieses Ziel kann nicht mit einer Anschlussbeschwerde verfolgt werden.

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Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet, weil die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 lediglich zu prüfenden dargelegten Gründe die begehrte Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht rechtfertigen.

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Die von dem Verwaltungsgericht erlassene einstweilige Anordnung ist gerechtfertigt, weil der Antragsteller die nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vorausgesetzte Verletzung seines Anspruchs auf eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung glaubhaft gemacht hat.

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Die der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens vorangehende Auswahlentscheidung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der nur in eingeschränktem Maße einer Kontrolle unterliegt. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschrift) verstoßen hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.2.2003 - 2 C 16.04 -, IÖD 2003, 170; BVerwG, Urt. v. 21.8.2003 - 2 C 14.02 -, DVBl. 2004, 317; OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.08.1995 - 5 M 7720/94 -, DVBl. 1995, 1254 = NdsVBl. 1995, 252; Beschl. v. 24.8.2004 - 5 ME 290/04 -, jeweils m.w.Nachw.).

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Die Beachtung des gesetzlichen Rahmens gebietet es, bei Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 8 NBG die den Bewerbern erteilten dienstlichen Beurteilungen in erster Linie zu berücksichtigen. Hierbei kommt der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig besondere Bedeutung zu, weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich von Leistung, Befähigung und Eignung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Ergibt dies, dass einer der Bewerber um eine oder mehrere Notenstufen besser beurteilt ist, kann von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung nicht ausgegangen werden und ist grundsätzlich der mit der besseren Notenstufe beurteilte Bewerber der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung geeignetste (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.11.1993 - 2 ER 301.93 -,DVBl. 1994, 118; OVG Lüneburg, Beschl. v. 18.5.1995 - 5 M 1532/95 -, Nds.Rpfl. 1995, 168; Beschl. v. 11.08.1995 - 5 M 7720/94 -, a.a.O.; Beschl. v. 14.08.2002 - 5 ME 62/02 -; Beschl. v. 10.09.2004 - 5 ME 87/04 -; Beschl. v. 18.11.2004 - 5 ME 262/04 -).

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In den letzten dienstlichen Beurteilungen vom 23. Februar 2004 hat der Antragsteller die Gesamtnote „sehr gut“ und die Eignungsaussage „in ganz besonderem Maß für die Wahrnehmung von Führungsaufgaben an einer berufsbildenden Schule befähigt und geeignet“ erhalten, während die Beigeladene von demselben Beurteiler mit der Gesamtnote „gut“ und der Eignungsaussage „für die Übernahme der Aufgabe befähigt und geeignet“ beurteilt worden ist. Die Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen unterscheiden sich somit um eine volle Notenstufe.

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Von dem erwähnten Grundsatz, nach dem es der Leistungsgrundsatz gebietet, dass bei der Auswahl um ein Beförderungsamt in der Regel dem Bewerber mit der besseren Gesamtnote der dienstlichen Beurteilung der Vorrang einzuräumen ist, kann nur in besonderen Ausnahmefällen abgewichen werden, etwa dann, wenn die ausgeschriebene Stelle im Einzelfall besondere persönliche Voraussetzungen an den Stelleninhaber stellt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 03.07.1992 - 5 M 167/92 -). Über den Aussagegehalt einer dienstlichen Beurteilung darf sich die für die Auswahlentscheidung zuständige Stelle nur in Ausnahmefällen und nur aus schwerwiegenden sachlichen Gründen hinwegsetzen (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rdnr. 63). Die Gründe, mit denen sich der Antragsgegner ungeachtet der um eine Notenstufe besseren Beurteilung des Antragstellers für die Auswahl der Beigeladenen entschieden hat, erscheinen im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ermessensfehlerhaft.

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Nicht als Verfahrensfehler ist zu werten, dass eine Auswahlkommission an der Vorbereitung der Auswahlentscheidung mitgewirkt und die Bewerber zu einer persönlichen Vorstellung eingeladen hat (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.10.1997 - 5 M 4037/97 -, DRiZ 1998, 191; Beschl. v. 16.02.2000 - 5 M 5654/99 -). Dies ist auf der Grundlage des Erlasses des Antragsgegners vom 4. Juni 1998 (SVBl. S. 171) geschehen, der entgegen der Auffassung des Antragstellers noch anwendbar ist. Zwar trifft es zu, dass der Erlass - wie die Überschrift „Vorläufige Regelungen zum Verfahren bei der Besetzung der Stellen der Schulleiterinnen und Schulleiter“ zeigt - eine Übergangsregelung darstellt. Aus den ersten beiden Sätzen des Erlasses geht aber hervor, dass die Übergangsregelung gelten soll für das Verfahren zur Besetzung der Schulleiterstellen bis zum Erlass der neuen Vorschriften zur Beurteilung der Bewerber auf Schulleiterstellen und zum Auswahlverfahren, die überarbeitet werden sollen. Da derartige Vorschriften bis heute nicht ergangen sind und der Erlass vom 4. Juni 1998 eine andere zeitliche Grenze für seine Anwendbarkeit nicht enthält, ist davon auszugehen, dass diese „Vorläufigen Regelungen“ - entsprechend der tatsächlichen Handhabung durch den Antragsgegner - weiterhin in Kraft sind.

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Die Möglichkeit, ein Auswahlgespräch auf der Grundlage des bereits erwähnten Erlasses vom 4. Juni 1998 (SVBl. S. 171) im Rahmen eines Auswahlverfahrens zu führen, hat der Senat jedenfalls bei im Wesentlichen gleich beurteilten Bewerbern bejaht (OVG Lüneburg, Beschl. v. 16.02.2000 - 5 M 5654/99 -). Ob dies auch bei Bestehen einer Notendifferenz gerechtfertigt ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls rechtfertigt das hier durchgeführte Auswahlgespräch und die daraus abgeleitete Begründung die Auswahl der um eine Notenstufe schlechter als der Antragsteller beurteilten Beigeladenen nicht, weil sich daraus schwerwiegende sachliche Gründe in dem vorstehend beschriebenen Sinne, die die Überwindung einer Notendifferenz rechtfertigen, nicht ergeben.

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Zwar kann entgegen der von dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung eine Rechtswidrigkeit der hier umstrittenen Auswahlentscheidung wegen Verletzung der eingangs näher dargestellten Grundsätze nicht mit der Begründung angenommen werden, die Auswahlentscheidung habe das primäre Auswahlkriterium (die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers) „gänzlich mit der Feststellung ausgeblendet“, der Antragsteller habe seine sehr gute dienstliche Beurteilung im Auswahlgespräch nicht festigen können. Das Verwaltungsgericht verkennt, dass der Vorschlag der Auswahlkommission, der bei der hier umstrittenen Auswahlentscheidung Berücksichtigung gefunden hat, nicht allein auf dieser wegen des Bezugs auf die dienstliche Beurteilung etwas unglücklichen Formulierung beruht. Aus dem Auswahlvermerk vom 26. Juni 2004 und den Verwaltungsvorgängen ergibt sich ohne Zweifel, dass dem Vorschlag der Auswahlkommission neben der Auswertung des Auswahlgesprächs, die den Bewerbern erteilten dienstlichen Beurteilungen, die Personalakten und der sich aus ihnen ergebende berufliche Werdegang zugrunde lag, insbesondere ist auch die dienstliche Beurteilung des Antragstellers mit der Gesamtnote „sehr gut“ ohne jede Einschränkung der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt worden. Die bereits erwähnte Formulierung in dem Auswahlvermerk vom 26. Juni 2004, der Antragsteller habe seine sehr gute dienstliche Beurteilung im Auswahlgespräch nicht festigen können, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die ihm erteilte dienstliche Beurteilung mit Einschränkungen berücksichtigt wurde. Dieser Satz beschreibt - etwas ungeschickt - lediglich das Ergebnis des Auswahlgespräches, in dem eine nicht so gute Bewertung wie in der dienstlichen Beurteilung erzielt wurde.

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Im Ergebnis zutreffend hat das Verwaltungsgericht aber angenommen, dass das Auswahlgespräch und die daraus abgeleitete Begründung die umstrittene Auswahl nicht rechtfertigt.

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An dem Anforderungsprofil des umstrittenen Amtes sind sowohl die hier erteilten Anlassbeurteilungen vom 23. Februar 2004 als auch das am 27. Mai 2004 durchgeführte Auswahlgespräch orientiert. Die Beurteilungen und das Auswahlgespräch dienen dazu, den hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bestqualifizierten Bewerber zu bestimmen. Die im Rahmen der dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf einer Unterrichtsstunde, einer Hospitation und Beratung, einem Kolloquium zur ausgeschriebenen Stelle, der Leitung einer Gesamtkonferenz und dem Tätigkeitsbericht des Schulleiters. Die im Rahmen des Auswahlgesprächs gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf einem einstündigen Einzelgespräch; für die Ermittlung der für die Überwindung der Notendifferenz in erster Linie herangezogenen Bereiche der Leitungs-/Führungskompetenz und der Management-/Organisationskompetenz stand im Auswahlgespräch eine halbe Stunde zur Verfügung. Aus der in dieser halben Stunde festgestellten Punktdifferenz zugunsten der Beigeladenen (Antragsteller: 5 und 2 Punkte, Beigeladene: 9 und 9 Punkte) kann auch unter Berücksichtigung der übrigen in dem Auswahlgespräch gewonnenen Erkenntnisse nicht eine Ausnahmesituation hergeleitet werden, die es rechtfertigt, die mit dem Gesamturteil „gut“ und der Eignungsaussage „für die Übernahme der Aufgabe befähigt und geeignet“ beurteilte Beigeladene gegenüber dem mit dem Gesamturteil „sehr gut“ und der Eignungsaussage „in ganz besonderem Maße... befähigt und geeignet“ beurteilten Antragsteller als die hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besser qualifizierte Bewerberin auszuwählen. Aus den während des Auswahlgesprächs gewonnenen Erkenntnissen, die der Antragsgegner allein zur Begründung der besseren Qualifikation der Beigeladenen anführt, ist nicht ableitbar, dass die auf der weiteren Beurteilungsgrundlage beruhende und durch das bessere Gesamturteil sowie die bessere Eignungsaussage gekennzeichnete Qualifikation des Antragstellers geringer ist als die der Beigeladenen.

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Die von der Beigeladenen geäußerten Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der ihr erteilten dienstlichen Beurteilung vom 23. Februar 2004 sind angesichts der Unzulässigkeit der Anschlussbeschwerde und der von der Beigeladenen nicht gewahrten Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht zu berücksichtigen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 5 Sätze 2 und 1 GKG n.F..

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Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n.F.).