Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.02.2005, Az.: 11 PA 345/04

Ausländer; Generalkonsulat; Passersatzpapier; Reiseausweis; Reisedokument; türkisches Generalkonsulat; Wehrdienst; Yezide

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
17.02.2005
Aktenzeichen
11 PA 345/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50643
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 19.11.2004 - AZ: 1 A 6032/03

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Zu den Voraussetzungen, unter denen sich ein Yezide bei dem türkischen Generalkonsulat um die Ausstellung eines Passes bemühen muss, bevor er von deutschen Behörden eine Reisedokument (früher: Fremdenpass; seit 1.1.2005: Reiseausweis für Ausländer) erhalten kann.

Gründe

1

Der 1949 geborene Kläger zu 1) und die 1948 geborene Klägerin zu 2) sind die Eltern der zwischen 1980 und 1987 geborenen Kläger zu 3) bis 6). Sie reisten Ende 1987 in das Bundesgebiet ein und begehrten unter Hinweis auf ihre yezidische Religionszugehörigkeit und türkische Staatsangehörigkeit die Anerkennung als Asylberechtigte. Das Asylverfahren wurde durch Rücknahme der Asylanträge beendet, nachdem die Kläger von der niedersächsischen Bleiberechtsregelung vom 18. Oktober 1990 Gebrauch gemacht hatten. Aufgrund dieser Bleiberechtsregelung erhielten die Kläger 1990 befristete Aufenthaltserlaubnisse, die ab 1991 in Aufenthaltsbefugnisse umgewandelt wurden. Darüber hinaus erhielten die Kläger zu 1) und 2) gemäß Ziffer 6.3 des o.a. Erlasses einen Fremdenpass (nunmehr Reisedokument), weil absehbar war, dass die grundsätzlich erforderlichen türkischen Nationalpässe nicht mehr rechtzeitig bis zum Ablauf der Geltungsdauer des Bleiberechtserlasses (Ende 1990) ausgestellt würden.

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Im Mai 1992 erhielten die Kläger zu 1) und 2) neue türkische Nationalpässe. Die damals noch minderjährigen Kläger zu 3) bis 6) sind bei ihrer Mutter, der Klägerin zu 2), eingetragen worden. Nach Ablauf der Geltungsdauer der türkischen Nationalpässe wurden den Klägern erneut Reisedokumente ausgestellt. Grundlage hierfür war der Runderlass des Niedersächsischen MI vom 30. August 1993. In diesem Erlass wurde ausgeführt, da nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom Januar 1993 davon auszugehen sei, dass Yeziden in der Türkei einer landesweiten Gruppenverfolgung unterlägen, könne generell unterstellt werden, dass eine Vorsprache beim Generalkonsulat zur Ausstellung von Reisepässen für diese Personengruppe nicht zumutbar sei. Die Aufenthaltsbefugnisse wurden in den folgenden Jahren ebenso wie die Reisedokumente jeweils verlängert. Nach Ablauf der Aufenthaltsbefugnisse/der Reisedokumente im Mai 2003 beantragten die Kläger eine weitere Verlängerung. Sie erhielten daraufhin eine Bescheinigung, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 69 Abs. 3 AuslG erlaubt sei. Bei einer Vorsprache der Kläger zu 1), 2) und 6) wurden sie darauf hingewiesen, dass sich zwischenzeitlich die Erlasslage geändert habe und sie sich nunmehr um die Ausstellung eines türkischen Passes bemühen müssten. Dieses lehnten die Kläger ab.

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Mit Bescheiden vom 16. Juni 2003 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag auf Verlängerung von Reisedokumenten formell ab. Zur Begründung verwies sie auf den Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 31. Mai 2002. Danach hätten die Kläger sich zunächst beim Generalkonsulat um die Ausstellung von türkischen Nationalpässen zu bemühen. Dass dieses erfolglos geblieben sei, sei bislang nicht nachgewiesen worden. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Reisedokumente gemäß § 15 DVAuslG lägen daher nicht vor. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden jeweils darauf hingewiesen, dass der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung (hier Aufenthaltsbefugnis) nichts entgegen stehe, sobald gültige Nationalpässe vorgelegt würden. Den dagegen jeweils eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2003 zurück.

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Daraufhin haben die Kläger Klage erhoben und gleichzeitig um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Sie haben u.a. vorgetragen, im September 2001 hätten sie sich an das türkische Generalkonsulat mit der Bitte um Ausstellung türkischer Pässe gewandt (Beiakte J, Bl. 173). Ihnen seien jedoch keine Pässe ausgestellt worden, auch habe das Generalkonsulat ihre Vorsprache nicht schriftlich bestätigen wollen. Eine erneute Vorsprache könne daher nicht von ihnen verlangt werden. Im Übrigen habe sich die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zur Gruppenverfolgung von Yeziden bislang nicht geändert. Entsprechend gehe auch der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 31. Mai 2002 weiterhin von einer Unzumutbarkeit der Passbeschaffung für denjenigen Yeziden aus der Türkei aus, die aufgrund der damaligen Erlasslage ein Reisedokument und Aufenthaltsrecht für Deutschland erhalten hätten. Allerdings enthalte der Erlass die Ausnahme, dass für diejenigen Personen, die sich zwischenzeitlich zwecks Ausstellung von Pässen selbst an das türkische Generalkonsulat gewandt hätten, die allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen gelten sollten. Hierauf könnten die Kläger zu 1) und 2) aber nach Sinn und Zweck nicht verwiesen werden. Für die Kläger zu 3) bis 6) greife diese Ausnahmeregelung des Erlasses schon deswegen nicht, weil sie selbst nie beim türkischen Generalkonsulat in der Vergangenheit vorstellig geworden seien, vielmehr hätten die Eltern in der Vergangenheit für sie gehandelt. Schließlich sei den 1985 und 1987 geborenen Klägern zu 5) und 6) eine Vorsprache auch deswegen nicht abzufordern, weil sie mittlerweile in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen seien und Yeziden speziell auch anlässlich des Wehrdienstes politisch verfolgt würden. Das Niedersächsische Innenministerium habe daher z.B. mit Runderlass vom 27. September 1992 ausdrücklich verfügt, dass bei wehrpflichtigen Yeziden vom Erfordernis der Beantragung eines Heimatpasses abzusehen und ihnen ein Reisedokument zu erteilen sei.

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Das Verwaltungsgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe mit dem angefochtenen Beschluss versagt, weil eine Verlängerung der Reisedokumente von den Klägern schon deswegen nicht begehrt werden könnte, weil sie (überhaupt) nicht (mehr) im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung seien, wie es von § 15 Abs. 1, Abs. 5 DVAuslG gefordert werde; die Kläger besäßen nämlich lediglich eine Bescheinigung nach § 69 Abs. 3 AuslG. Diese gesetzliche Erlaubnisfiktion stehe jedoch dem Besitz der nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 DVAuslG erforderlichen Aufenthaltsgenehmigung nicht gleich. Es könne daher dahinstehen, ob auch die weiteren Voraussetzungen des § 15 DVAuslG nicht erfüllt seien, mithin die Kläger nachweislich einen Pass nicht besäßen und diesen auch nicht in zumutbarer Weise durch Vorsprache beim türkischen Generalkonsulat erlangen könnten.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger. Sie machen geltend, die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich erklärt, bei Vorliegen eines gültigen Passes stehe der Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nichts entgegen. Die Aufenthaltsbefugnis habe bislang lediglich wegen der Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AuslG nicht verlängert werden können. Diese verlange für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung einen gültigen Pass. Es könne nicht angehen, dass die Klage auf Erteilung eines Passersatzpapiers (hier Reisedokuments) nunmehr unter Hinweis auf die noch nicht vorliegende Aufenthaltsbefugnis versagt werde.

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II. Die Beschwerde der Kläger gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Der Vortrag der Kläger im Beschwerdeverfahren führt zu keiner anderen Bewertung.

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a) Der Senat kann offen lassen, ob der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts und der von ihm zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung, dass das Fehlen der erforderlichen Aufenthaltsgenehmigung der Verlängerung der Reisedokumente entgegenstehe, auch für den vorliegenden Fall zu folgen ist. Da es sich um ein Verpflichtungsbegehren der Kläger handelt, ist maßgeblich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Tatsachenentscheidung. Zugrunde zu legen ist mithin nunmehr die zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des Zuwanderungsgesetzes vom 25.11.2004 (BGBl. I 2004, S. 2945). Die in Art. 1 dieser Verordnung enthaltene Aufenthaltsverordnung (AufenthV) hat die bisher geltende Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) abgelöst. § 5 Abs. 1 AufenthV bestimmt, dass einem Ausländer, der nachweislich keinen Pass oder Passersatz besitzt und ihn nicht auf zumutbare Weise erlangen kann, ein Reiseausweis für Ausländer (früher Reisedokument) ausgestellt werden kann. § 6 Nr. 1 AufenthV erfordert hierfür - insoweit übereinstimmend mit dem früheren § 15 DVAuslG -, dass der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis besitzen muss.

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§ 6 Nr. 2 AufenthV regelt aber nunmehr ausdrücklich, dass ein Reiseausweis auch dann ausgestellt werden darf,

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wenn dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis erteilt wird, sobald er als Inhaber des Reiseausweises für Ausländer die Passpflicht erfüllt.

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Aus dieser Regelung wird deutlich, dass die Ausstellung eines Reiseausweises (früher Reisedokument) auch dann möglich ist, wenn zwar eine Aufenthaltserlaubnis (die nach den Regelungen im Aufenthaltsgesetz teilweise an die Stelle der bisherigen Aufenthaltsbefugnis getreten ist) noch nicht vorliegt, diese aber nach Vorlage eines Passes erteilt wird.

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Diese Voraussetzungen liegen hier vor; denn die Beklagte hat den Klägern ausdrücklich mitgeteilt, eine Aufenthaltsgenehmigung (nach altem Recht noch Aufenthaltsbefugnis) werde erteilt, sobald ein türkischer Pass vorgelegt werde. Es ist nicht ersichtlich, dass an der Umsetzung dieser Erklärung irgendwelche Zweifel bestehen; denn auch in der Vergangenheit ist den Klägern als yezidischen Religionszugehörigen aus der Türkei stets eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden, sobald sie im Besitz von entsprechenden Pässen bzw. Passersatzpapieren waren.

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b) Dem Begehren der Kläger steht jedoch entgegen, dass es ihnen zunächst zumutbar ist, sich um die Ausstellung eines türkischen Passes unmittelbar beim türkischen Generalkonsulat zu bemühen bzw. zu belegen, dass derartige Bemühungen erfolglos geblieben sind.

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Welche Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen sind, beurteilt sich grundsätzlich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist es im Hinblick auf den mit der Ausstellung eines Reisedokuments regelmäßig verbundenen Eingriff in die Personalhoheit eines anderen Staates grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Ausländerbehörde den Ausländer zunächst auf die Möglichkeit der Ausstellung eines Nationalpasses durch seinen Heimatstaat verweist und die Erteilung eines Reisedokuments (Reiseausweises für Ausländer) erst dann in Betracht zieht, wenn diese Bemühungen nachweislich ohne Erfolg geblieben sind. Eine Unzumutbarkeit, sich zunächst um die Ausstellung eines Nationalpasses des Heimatstaates zu bemühen, kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht. Die einen Ausnahmefall begründenden Umstände sind vom Ausländer darzulegen und nachzuweisen. Dabei ist bei den Anforderungen an den Nachweis zu differenzieren. Je gewichtiger die vom Ausländer plausibel vorgebrachten Umstände sind, desto geringer sind die Anforderungen an das Vorliegen einer daraus resultierenden Unzumutbarkeit (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 11 S 2744/95 -, InfAuslR 1996, 304 [VGH Baden-Württemberg 29.02.1996 - 11 S 2744/95]).

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Nach diesen Kriterien kann die von den Klägern verlangte persönliche Vorsprache beim türkischen Generalkonsulat im Bundesgebiet nicht als unzumutbar angesehen werden.

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Allerdings waren yezidische Religionszugehörige türkischer Staatsangehörigkeit nach dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 30. August 1993 nicht verpflichtet, beim türkischen Generalkonsulat vorzusprechen, weil aufgrund der Rechtsprechung des Senats zur landesweiten Gruppenverfolgung von Yeziden allgemein von der Unzumutbarkeit einer derartigen Vorsprache ausgegangen wurde. Dieser Erlass ist mittlerweile allerdings nicht mehr gültig. Nunmehr gilt der Erlass vom 31. Mai 2002. Danach wird zwar grundsätzlich weiterhin von einer Unzumutbarkeit der Vorsprache yezidischer Religionszugehöriger aus der Türkei beim türkischen Generalkonsulat ausgegangen. Eine Ausnahme wird allerdings für den Personenkreis gemacht, der bereits in der Vergangenheit von sich aus beim türkischen Generalkonsulat vorgesprochen hat. Vorliegend haben die Kläger zu 1) und 2) im September 2001 beim türkischen Generalkonsulat vorgesprochen und um Pässe für sich und ihre Kinder nachgesucht (Beiakte J, Bl. 173). Ebenso hatten sie sich auch schon Ende 1991 an das türkische Generalkonsulat gewandt und (damals mit Erfolg) um die Ausstellung türkischer Pässe gebeten. Die im o.a. Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums geregelte Ausnahme trifft daher auf sie zu. Der Erlass vom 31. Mai 2002 engt den Begriff der Unzumutbarkeit auch nicht unverhältnismäßig ein. Es ist dem Senat nicht ersichtlich, warum die Kläger sich nicht erneut unmittelbar beim türkischen Generalkonsulat um die Ausstellung von Pässen bemühen können. Die Rechtsprechung des Senats zur politischen Verfolgung von Yeziden steht dem nicht (mehr) entgegen. Zwar hat der Senat in der Vergangenheit yezidische Glaubenszugehörige aus der Türkei landesweit als gruppenverfolgt angesehen. Ob an dieser Rechtsprechung aufgrund der zwischenzeitlich in der Türkei erfolgten politischen Veränderungen weiter festzuhalten ist, bedarf allerdings einer erneuten Klärung, nachdem einige Verwaltungsgerichte eine Gruppenverfolgung mittlerweile unter Auswertung aktueller Erkenntnisse verneint haben und der Senat deswegen auch in mehreren Fällen die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Dass in der Person der Kläger keine sonstigen individuellen Gründe vorliegen, die eine Vorsprache als unzumutbar erscheinen lassen, wird daran deutlich, dass die Kläger zu 1) und 2) nach 2001 das Generalkonsulat der Türkei aufgesucht haben.

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Soweit die Kläger zu 3) bis 6) darauf hinweisen, sie selbst seien nie persönlich beim Generalkonsulat vorstellig geworden, deswegen greife die Ausnahmeregelung des o.a. Erlasses nicht für sie, müssen sie sich das Verhalten ihrer Eltern, die 2001 auch für ihre Kinder beim Generalkonsulat vorgesprochen hatten, zurechnen lassen.

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Dass die Kläger zu 5) und 6) sich mittlerweile im wehrpflichtigen Alter befinden, steht einer Vorsprache beim türkischen Generalkonsulat aller Voraussicht nach nicht entgegen. Allerdings war mit Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 27. September 1992 (dort unter Ziffer 7) geregelt worden, dass für Yeziden im wehrpflichtigen Alter eine Vorsprache unzumutbar ist. Mit Erlass vom 14. Februar 2002 wurde klargestellt, dass „für die vom ... Erlass vom 27.9.1992 begünstigten Personen ... die Feststellung unter Ziffer 7 des Erlasses fortgilt, da davon ausgegangen werden muss, dass diejenigen, die seinerzeit unter Ausstellung eines deutschen Reisedokuments ein Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten hatten und bereits seit vielen Jahren hier leben, einen Heimatpass von den Auslandsvertretungen ihres Herkunftsstaats inzwischen erst recht nicht mehr unter zumutbaren Bedingungen erlangen können.“

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Mit Erlass vom 31. Mai 2002 ist dann jedoch - insoweit einschränkend - u.a. geregelt worden, dass für yezidische Glaubenszugehörige aus der Türkei die allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen gelten, wenn sie sich zwischenzeitlich zwecks Ausstellung von Pässen selbst an das Konsulat gewandt haben. Aus § 5 Abs. 2 Nr. AufenthV (früher § 15 Abs. 3 DVAuslG) ergibt sich nichts anderes. Danach ist eine Vorsprache ausnahmsweise dann nicht zulässig, wenn dem Ausländer aus zwingenden Gründen die Ableistung des Wehrdienstes nicht zugemutet werden kann. Derartige „zwingende Gründe“ für die Nichtableistung des Wehrdienstes sind zurzeit nicht ohne Weiteres (mehr) ersichtlich. Zwar hat der Senat - wie oben dargestellt - in der Vergangenheit Yeziden und damit auch wehrpflichtige Yeziden als gruppenverfolgt angesehen, es mittlerweile aber wieder als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehen, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. Dass den Klägern zu 5) und 6) aus individuellen Gründen eine Vorsprache nicht zumutbar ist, ist nicht ersichtlich. Dagegen spricht insbesondere, dass bei der Vorsprache beim Generalkonsulat im September 2001 neben den Klägern zu 1) und 2) auch der gemeinsame, 1978 geborene Sohn F. dabei war, obgleich auch dieser - soweit ersichtlich - seinen Wehrdienst bislang nicht abgeleistet hat.

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Soweit die Kläger auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 22. Mai 2003 - 1 A 1371/01 - verweisen, ergibt sich hieraus nichts anderes, da dieses Urteil den im vorliegenden Verfahren einschlägigen Erlass vom 31. Mai 2002 nicht zugrunde gelegt hat, sondern noch von der Gültigkeit des Runderlasses vom 27. September 1992 ausgegangen ist.

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Vor diesem Hintergrund ist es den Klägern nach bisherigem Erkenntnisstand daher zumutbar, beim türkischen Generalkonsulat vorzusprechen. Sollten sie dort einen türkischen Pass erhalten, wird die Beklagte die Aufenthaltserlaubnis (früher Aufenthaltsbefugnis) verlängern. Sollten sie keinen türkischen Pass erhalten, müssen sie ihre ergebnislose Vorsprache vor dem türkischen Generalkonsulat gegenüber der Beklagten nachvollziehbar belegen. Auch dann wird sie ihnen eine Aufenthaltserlaubnis nunmehr unter Ausstellung eines Reiseausweises (früher Reisedokuments) erteilen.