Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 11 LB 3950/01

Ausstellung; Eintragung; Erwerbsberechtigung; Gebühr; Gebührentarif; Gleichheitssatz; Waffe; Waffenbesitzkarte; Waffensammler

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
28.02.2002
Aktenzeichen
11 LB 3950/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43898
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
VG - 10.09.2001 - AZ: 7 A 136/99

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Es ist mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar, dass der Gebührentarif des Abschnitts II Nr. 11 Buchst. a ) des Gebührenverzeichnisses zur WaffKostV i.d.F. der 4. WaffKostÄndV vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 480) eine Gebühr von 25,-- DM pro nachträglich in die Waffenbesitzkarte für Waffensammler eingetragener Waffe festsetzt, während bei gleichzeitiger Eintragung von Waffen mit der Ausstellung der Waffenbesitzkarte bzw. der Eintragung einer weiteren Erwerbsberechtigung nur die waffenbesitzkarten- bezogenen Gebühren des Abschnitts II Nr. 4 (400,-- DM) bzw. Nr. 5 (150,-- DM) anfallen.

Tatbestand:

1

Der 1944 geborene Kläger ist Waffensammler. Aufgrund der ihm am 20. Oktober 1992 vom Beklagten erteilten Waffenbesitzkarte für Waffensammler Nr. 31/92 ist er berechtigt, "militärische Langwaffen und Hand- bzw. Faustfeuerwaffen von 1870 bis zur Neuzeit" zu erwerben und die tatsächliche Gewalt darüber auszuüben. Er wendet sich dagegen, dass der Beklagte ihn für das Eintragen von 80 Waffen in seine Waffenbesitzkarte und das Austragen einer Waffe aus dieser zu einer Gebühr in Höhe von insgesamt 2.025,-- DM heran gezogen hat.

2

Der Kläger erwarb die vorgenannten  80 Waffen im ersten Halbjahr 1999 und meldete sie beim Beklagten mit sieben Schreiben in der Zeit von Januar bis April 1999 an zur Eintragung in seine Waffenbesitzkarte. Ferner zeigte er mit Schreiben vom  11. Mai 1999 die Veräußerung einer eingetragenen Waffe an.

3

Die Beklage nahm die beantragten Eintragungen  und die Austragung vor und zog den Kläger deswegen mit Bescheid vom 18. Mai 1999 zu der streitigen Gebühr von insgesamt 2.025,-- DM heran; dabei legte der Beklagte für die Eintragung bzw. Austragung jeder Waffe gemäß Abschnitt II Nr. 11 Buchst. a) und b) des Gebührenverzeichnisses zur Vierten Verordnung zum Waffengesetz (WaffKostV) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 20. April 1990 (BGBl. I S. 780), zuletzt geändert durch den 4. WaffKostÄndV vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 480), eine Gebühr von 25,-- DM zugrunde.

4

Gegen die Gebührenheranziehung legte der Kläger am 19. Mai 1999 Widerspruch ein, den der Verband für Waffentechnik und -geschichte e.V. für ihn mit Schreiben vom 10. Juni 1999 wie folgt begründete: Die Regelungen der WaffKostV widersprächen insoweit den Grundsätzen des Gebührenrechts, als sie  unterschiedslos einfache Verwaltungsvorgänge – wie das Ein- und Austragen von Waffen – mit gleich hohen Gebühren berechne und damit im vorliegenden Falle eine Gebührenhöhe erreicht werde, die sogar ein Mehrfaches der Gebühr für die Ausstellung  der Waffenbesitzkarte betrage. Die Gebührenregelung verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da bei Jägern unabhängig von der Anzahl der Jagdlangwaffen nur eine Gebühr von 35,-- DM verlangt werde. Mit Bescheid vom 22. Juli 1999 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass der Aufwand für das Eintragen von beispielsweise zwei Waffen exakt doppelt so groß sei wie der für die Eintragung einer einzigen Waffe. Denn bei den Gebührentatbeständen der Nr. 11 des Verzeichnisses zur WaffKostV sei für jede einzelne Waffe zu prüfen, ob sie der Genehmigung zum Erwerb nach § 28 Abs. 2 WaffG entspreche. Die Gebühr steige daher linear mit der Anzahl der Waffen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht gegeben, da Waffensammler und Jäger nicht vergleichbar seien. Jäger würden innerhalb des Waffenrechts an mehreren Stellen günstiger gestellt, da andererseits an sie auch besondere Anforderungen gestellt würden.

5

Am 4. August 1999 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben. Er hat ergänzend zu seiner Widerspruchsbegründung geltend gemacht, die WaffKostV widerspreche mit ihren hier einschlägigen Vorschriften dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip. Eine Gebühr müsse danach in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen und dürfe nicht der Abschreckung oder Strafe dienen. Hier könne man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Nebenwirkung der Gebühr sein solle, das Sammeln von Waffen zu erschweren. Er – der Kläger – gehe außerdem davon aus, dass es sich bei der hier streitgegenständlichen Gebührenregelung um ein redaktionelles Versehen handele, da vor dem 1. April 1997 für die Eintragung einer oder mehrerer Waffen lediglich 15,-- DM verlangt worden seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Verordnungsgeber mit dem Weglassen der Worte "oder mehrerer" die Gebührensystematik habe ändern wollen.

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Der Kläger hat beantragt,

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den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 1999 aufzuheben, soweit Gebühren von mehr als 50,-- DM festgesetzt worden sind.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat darauf hingewiesen, der Verordnungsgeber habe den streitigen Gebührentatbestand bewusst dahingehend geändert, dass nunmehr entsprechend der notwendigen Prüfung für jede einzelne Waffe eine Gebühr festgesetzt werde.

11

Mit Urteil vom 10. September 2001 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Begründung der angefochtenen Bescheide bestätigt. Auf die Einzelheiten der Urteilsgründe wird verwiesen.  

12

Hiergegen richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 5. Dezember 2001 – 11 LA 3414/01 – wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung des Klägers. Dieser wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.

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Der Kläger beantragt,

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das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

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Der  Beklagte wiederholt und vertieft ebenfalls sein bisheriges Vorbringen und beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Widerspruchsbehörde, die sämtlich Gegenstand der Beratung des Senats waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind im angefochtenen Umfang, d.h. soweit der Kläger zu einer Gebühr von mehr als 50,-- DM herangezogen worden ist, rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das führt unter Änderung des angefochtenen Urteils zur Stattgabe der Anfechtungsklage.

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1. Die streitige Gebührenheranziehung des Beklagten in Höhe von insgesamt 2.025,-- DM ist freilich durch Abschnitt II Nr. 11 Buchst. a) und b) des Gebührenverzeichnisses zur WaffKostV  i. d. F. der 4. WaffKostÄndV vom 14. März 1997 (BGBl. I S. 480) gedeckt.  Denn diese Gebührentatbestände sehen nach ihrem klaren Wortlaut eine Festgebühr von  25,-- DM pro Waffe für die Eintragung von Waffen bzw. deren Überlassung vor, es sei denn, dass die Eintragung von Waffen bei der Ausstellung der Waffenbesitzkarte oder bei der Eintragung einer weiteren Erwerbsberechtigung vorgenommen wird. . Das ergibt sich eindeutig aus einem Vergleich mit dem Wortlaut der WaffKostV in der bis zum Inkrafttreten der Vierten Änderungsverordnung im April 1997 geltenden Fassung. Abschnitt II Nrn. 11 a) und b) des Gebührenverzeichnisses in früherer Fassung sahen nämlich für Eintragungen eine Festgebühr von 15,-- DM für "eine oder mehrere Waffen" vor, während in den Nrn. 11 a) und b) in nunmehriger Fassung von der "Eintragung einer Waffe" bzw. "Eintragung des Überlassens einer Waffe" die Rede ist. Das Weglassen der Worte "oder mehrere Waffen" beruht entgegen der Vermutung des Klägers auch keineswegs auf einem Redaktionsversehen des Verordnungsgebers. Allerdings wird auf diese Änderung der Systematik der Gebührentatbestände in der Amtlichen Begründung der Vierten Änderungsverordnung nicht ausdrücklich hingewiesen, die insoweit lediglich hervorhebt, mit der Anhebung der Gebühren solle der Kostenentwicklung seit der vorhergehenden Gebührenerhöhung am 1. Juni1990 Rechnung getragen werden (vgl. BR-Drucks. 742/96, S. 12, 15). Ausweislich des vom Senat beigezogenen Schreibens des Bundesministeriums des Innern an das Bayerische Staatsministerium des Innern vom 17. November 1997 und der beigezogenen Stellungnahme de Bundesministeriums des Innern gegenüber dem  Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags vom 5. November 1997 ist die Änderung jedoch auf förmliche Anträge der Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen zurückzuführen, denen die übrigen Bundesländer nicht widersprochen haben; von einem Redaktionsversehen kann daher nicht die Rede sein.

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2. Die Gebührenheranziehung kann jedoch, soweit sie angefochten worden ist, keinen Bestand haben, weil der Gebührentatbestand der Nr. 11 Buchst. a) des Abschnitts II des Gebührenverzeichnisses zur WaffKostV in der hier maßgeblichen Fassung mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist.

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a) Mit seinem eingeschränkten Anfechtungsantrag hat der Kläger eine Gebührenheranziehung in Höhe von insgesamt 50,-- DM akzeptiert. Ausweislich seiner Klagebegründung hat er damit den Heranziehungsbescheid unangefochten gelassen, soweit – entsprechend der Gebührensystematik der bis zum 1. April 1997 geltenden Fassung des WaffKostV – für die Eintragung der neuen Waffen und für die Austragung der einen Waffe Gebühren in Höhe von je 25,-- DM erhoben worden sind. Hieraus folgt, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht auf Wirksamkeit des die Austragung von Waffen betreffenden Gebührentarifs der Nr. 11 Buchst. b) des Abschnitts II des Gebührenverzeichnisses zur WaffKostV in geltender Fassung ankommt, über die offenbar in Nordrhein-Westfalen in Verwaltungsgerichtsverfahren gestritten wird.

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b) Der mithin im vorliegenden Verfahren allein zu beurteilende Gebührentatbestand der Nr. 11 Buchst. a) des Abschnitts II des Gebührenverzeichnisses zur WaffKostV in geltender Fassung unterliegt zwar nicht aus den vom Kläger vorrangig geltend gemachten Gründen durchgreifenden Bedenken; er widerspricht aber aus anderem Grund dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Hierzu ist im Einzelnen auszuführen:

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aa) Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die streitige Neuregelung mit der Ermächtigung des § 49 Abs. 2 WaffG unvereinbar wäre; dafür hat insbesondere auch der Kläger nichts Erhebliches vorgetragen.

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Soweit § 49 Abs. 2 Satz 2  1. Halbsatz WaffG vorschreibt, die Gebührensätze seien so zu bemessen, dass der mit den Amtshandlungen, Prüfungen und Untersuchungen verbundene Personal- und Sachaufwand gedeckt wird (sog. Kostendeckungsprinzip), kann unterstellt werden, dass mit diesem Gebührenmaßstab  gleichzeitig ein grundsätzliches Verbot einer Kostenüberdeckung einhergeht. Denn das Kostendeckungsprinzip in diesem Sinne ist – wie auch der Kläger nicht verkennt (Schriftsatz vom 11.10.2001 S. 4) – kein auf die Festlegung jeder einzelnen Tarifstelle bezogenes Gebot, sondern fordert nur eine angemessene Berücksichtigung des Gesamtfinanzierungsbedarfs des jeweiligen Verwaltungszweiges (vgl. dazu § 3 Satz 2 des VwKostG, das für waffenrechtliche Gebühren gemäß § 49 Abs. 1 Satz 2 WaffG Anwendung findet); insofern sind in gewissem Umfang innerhalb des Verwaltungszweiges "Waffenrecht" nach dem Kostendeckungsprinzip sogar sog. "Quersubventionierungen" unbedenklich. Maßgeblicher Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit des konkreten einzelnen Gebührentarifs ist insoweit das nachfolgend unter bb) behandelte Äquivalenzprinzip. Soweit es die Gesamtkosten des Verwaltungszweigs "Waffenrecht" anbetrifft, wird in der Amtlichen Begründung der  Vierten Änderungsverordnung herausgestellt, dass bei Beibehaltung der bisherigen Gebühren der tatsächliche Verwaltungsaufwand bei den für den Vollzug des Waffengesetzes zuständigen Behörden nur noch zu einem geringen Teil habe abgedeckt werden können (vgl. BR-Drucks. 7442/96, insbesondere S. 14 f.). Die erwähnte Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern gegenüber dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags vom 5. November 1997 (5.2 f.) weist ergänzend darauf hin, dass die Bundesländer im Rahmen der Kostennovellierung zum Teil wesentlich höhere Gebührenanhebungen gefordert hätten, denen das Bundesministerium des Innern im Benehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft jedoch nur im Rahmen des Kostendeckungsprinzips gefolgt sei. Da der Kläger hiergegen substantiierte Einwände nicht vorgebracht hat, ist in dieser Richtung eine weitere Sachaufklärung nicht vonnöten.

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Das gilt zumal mit Blick auf die Vorschrift des § 49 Abs. 2 Satz 2  2. Halbsatz WaffG, wonach bei begünstigenden Amtshandlungen bei der Gebührenbemessung neben dem Gesichtspunkt der Kostendeckung die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert oder der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner angemessen berücksichtigt werden darf. Diese Maßstabsregelung spricht eindeutig dafür, bei den hier streitigen nachträglichen Eintragungen eine Gebühr pro Waffe festzulegen. Denn es kann nicht bezweifelt werden, dass die Bedeutung und der sonstige Nutzen nachträglicher Eintragungen in Waffenbesitzkarten für Waffensammler mit der Zahl nachträglich eingetragener Waffen korreliert; sowohl der Bedeutung als auch dem Nutzen nach hat beispielsweise der Kläger mit der mit der nachträglichen Eintragung der 80 Waffen einhergehenden Besitzberechtigung ersichtlich einen vielfachen Vorteil durch die Eintragung erlangt gegenüber einem Waffensammler, der in seine Besitzkarte lediglich eine weitere Waffe nachtragen lässt.  Ob diese Überlegungen auch für den die Austragung von Waffen betreffenden Gebührentatbestand der Nr. 11 Buchst. b) des Gebührenverzeichnisses gelten, bedarf – wie zuvor dargelegt – im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Soweit Hinze (WaffG und KWKG, Kommentar, Erl. 3 zu § 49 WaffG) ausführt, eine Berücksichtigung des wirtschaftlichen Wertes komme bei Eintragungen in Waffenbesitzkarten für Sammler – weil von Sammlern wirtschaftliche Interessen nicht verfolgt würden – bei der Bemessung der Gebührenhöhe generell nicht in Betracht, übersieht er, dass nach § 49 Abs. 2 Satz 2  2. Halbsatz WaffG – wie ausgeführt -  auch die Berücksichtigung der Bedeutung und der sonstige Nutzen für den Gebührenschuldner gebührenrelevant sein darf.

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Dass schließlich der Tatbestand der Nr. 11  Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses nicht mit der Forderung des § 49 Abs. 2 Satz 3 WaffG kollidiert, wonach die Gebühr 1.000,-- DM nicht übersteigen darf, hat das Verwaltungsgericht zu Recht unter Hinweis darauf dargelegt, dass insoweit auf die Gebühr pro Eintragung je Waffe abzustellen ist, die sich aus der Eintragung mehrerer Waffen zu errechnende Gesamtgebühr somit keinen Vergleichsmaßstab darstellt.

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bb) Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Gebührentatbestand der Nr. 11 Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses  dem Äquivalenzprinzip widerspricht.

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Es ist zwar nicht zu bestreiten, dass die Neuregelung des Gebührentatbestandes gegenüber der früheren Rechtslage zu erheblichen Gebührenmehrbelastungen für die Betroffenen führen kann, die mit einer bloßen Anpassung an die allgemeine Kostenentwicklung nicht zu rechtfertigen sind. Anschauliches Beispiel ist dafür der Fall des Klägers, der nach der früheren Fassung der WaffKostV für die nachträgliche Eintragung der 80 Waffen – wie ausgeführt – nur zu einer Gebühr von 15,-- DM (statt jetzt 2.000,-- DM) hätte herangezogen werden können. Abgesehen aber davon, dass die Neuregelung legitimerweise die Bereinigung einer in der früheren Gebührenregelung angelegten Kostenunterdeckung bezweckte, hat sich nichts dafür ergeben, die Neuregelung verletze das Äquivalenzprinzip.

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Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass das Äquivalenzprinzip wegen der dem Vorschriftengeber im Abgabenrecht sachnotwendig einzuräumenden weiten Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis nicht eine Gebührenerhebung strikt nach dem Maß der jeweils verursachten Kosten verlangt (vgl. zuletzt für Benutzungsgebühren BVerwG, Urt. v. 20.12.2000, DVBl. 2001, 488, 490 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, Urt. v. 20.6.2001, DVBl. 2002, 69,70).  Ist mithin keine strikte  Leistungsproportionalität geboten, so sind gegen die Neuregelung der Nr. 11 Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses unter dem Aspekt des Äquivalenzprinzips Bedenken nicht zu erheben.

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Die im Gebührentatbestand vorgesehene Erhöhung der Gebühr auf 25,-- DM – statt bisher 15,-- DM – ist unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Kostenentwicklung nicht zu beanstanden; Gegenteiliges hat der Kläger nicht vorgebracht.

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Soweit der Kläger fordert, bei nachträglichen Eintragungen mehrerer Waffen sei jedenfalls im Hinblick auf den Arbeitsaufwand der Behörde ein degressiv gestaffelter Gebührenmaßstab geboten, übersieht er, dass der Prüfungsaufwand pro Waffe derselben ist, sich also nicht bei gleichzeitiger Eintragung mehrerer Waffen mindert. Denn die Behörde hat in Bezug auf jede einzelne Waffe zu prüfen, ob sie unter das Sammelthema fällt, für das dem Sammler eine Erwerbsberechtigung erteilt worden ist. Der damit einhergehende Prüfungsaufwand ist sicherlich unterschiedlich je nach Fassung des jeweils anerkannten Sammelthemas. Wegen der genannten Pauschalierungsbefugnis des Verordnungsgebers kann  es dem Kläger in diesem Zusammenhang aber nicht zugute kommen, dass wegen des ihm genehmigten weiten Sammelthemas die Einzelwaffenprüfung einen geringeren Behördenaufwand verursacht haben mag. Derartige Gebührendifferenzierungen sind nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls nicht zwingend geboten. Ebenso ist es – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat – gebührenrechtlich irrelevant, dass der Beklagte nicht jeden eingetragenen Erwerbs- bzw. Veräußerungsvorgang mit einem Einzelstempel versehen, sondern einen Stempel für alle Eintragungen auf einer Seite verwandt hat.

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cc) Die Gebührenregelung der Nr. 11 Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses widerspricht aber dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG mit der Folge, dass dem Heranziehungsbescheid des Beklagten im angefochtenen Umfang eine wirksame Rechtsgrundlage fehlt.

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Allerdings kann ein Gleichheitsverstoß nicht darin erblickt werden, dass Jäger für nachträgliche Eintragungen einer oder mehrerer  Waffen gemäß Abschnitt II Nr. 10 b) des Gebührenverzeichnisses zu einer Gebühr in Höhe von  (nur) 35,-- DM herangezogen werden. Dabei kann dahinstehen, ob sich diese ungleiche Regelung schon damit rechtfertigen lässt, dass der behördliche Prüfungsaufwand bei Jagdwaffen pro Waffe im Vergleich zur Prüfung bei Waffensammlern geringer ist. Denn die gebührenrechtliche Privilegierung der Jägerschaft ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls wegen der ihr in § 1 JagdG zugewiesenen öffentlichen Aufgabe der Hege und Pflege der wildlebenden Tiere nicht sachwidrig.

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Sachlich nicht gerechtfertigt ist hingegen die unterschiedliche Gebührenregelung in den Fällen der gleichzeitigen Eintragung von Waffen bei Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler bzw. bei Eintragung einer weiteren Erwerbsberechtigung und den Fällen der nachträglichen Eintragung von Waffen in eine bereits ausgestellte Waffenbesitzkarte. Die zuerst genannten beiden Fallgruppen sind durch den "soweit nicht" – Nebensatz von der Gebührenregelung der Nr. 11 Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses ausdrücklich ausgenommen; für sie gelten daher die  Gebührentatbestände der Nrn. 4 (Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler: 400,-- DM) bzw. 5 (Umschreibung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler nach Änderung des Sammelthemas: 150,-- DM), d.h. in diesen Fällen ist die gleichzeitige Eintragung einer oder mehrerer Waffen faktisch gebührenfrei. Diese unterschiedliche Regelung war zwar schon in den früheren Fassungen des Gebührenverzeichnisses der WaffKostV enthalten, sie war damals aber systemkonform. Denn für nachträgliche Eintragungen einer oder mehrerer Waffen wurde im Vergleich zur Ausstellung von Waffenbesitzkarten bzw. zur Eintragung einer weiteren  Erwerbsberechtigung eine relativ geringe Gebühr (früher zuletzt 15,-- DM) erhoben, so dass es gerechtfertigt war, die gleichzeitige Eintragung einer oder mehrerer Waffen gebührenrechtlich zu vernachlässigen. Dieser Wertung ist jedoch durch die Änderung der Gebührensystematik in Nr. 11 Buchst. a) des Gebührenverzeichnisses in geltender Fassung (Erhebung einer Gebühr von 25,-- DM pro nachträglich eingetragener Waffe) die Grundlage entzogen. Kommt es nach heutiger Verordnungslage gleichzeitig mit der Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler zu einer Eintragung – um beim Beispiel des Klägers zu bleiben – von 80 Waffen, so hätte der Antragsteller nach Abschnitt II Nr. 4 des Gebührenverzeichnisses lediglich eine Gebühr von 400,-- DM zu zahlen, während bei nachträglicher Eintragung nur der Waffen eine Gebühr von 2.000,-- DM anfällt (bei gleichzeitiger Eintragung von 80 Waffen mit der Eintragung einer Änderung des Sammelthemas würde sich die Gebühr nach Abschnitt II Nr. 5 sogar auf nur 150,-- DM belaufen). Diese eklatanten Gebührenunterschiede mögen sich in den Fällen der Erbfolge (§ 28 Abs. 4 Nr. 1 WaffG) rechtfertigen lassen, in denen es um den Antrag eines Erben geht, der bisher entweder nicht Inhaber einer Waffenbesitzkarte war oder nicht die Erwerbsberechtigung für die ererbten Waffen dem Sammelthema nach besaß. Denn mit Blick auf die dem Erblasser erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse dürfte in diesen Fällen  in Bezug auf die gleichzeitig mit der Erwerbsberechtigung einzutragenden Waffen für die Behörde kein nennenswerter zusätzlicher Prüfungsaufwand anfallen. Der Erwerb von Todes wegen ist aber – wie auch die Beteiligten auf Anfrage des Senats mitgeteilt haben  - nicht die einzige relevante Fallkonstellation, in der es zu einer Einräumung der Erwerbsberechtigung in Form der Waffenbesitzkarte und der gleichzeitigen Eintragung von Waffen kommen kann. Zwar wird in der Regel ein Interessent wegen des grundsätzlichen Erlaubniserfordernisses des § 28 Abs. 1 WaffG zunächst allein die Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler bzw. die Erweiterung seiner Erwerbsberechtigung durch Änderung des Sammelthemas und erst  in der Folge die nachträgliche Eintragung bestimmter Waffen in die Karte beantragen. Daneben sind jedoch gebührenrechtlich auch andere Fallkonstellationen mitzubedenken. Der Beklagte selbst hat in diesem Zusammenhang in seinem Schriftsatz vom 22. Januar 2002 darauf hingewiesen, dass es gleichzeitig mit der Eintragung einer Erwerbsberechtigung zur Eintragung von Waffen kommen könne, wenn dem Antragsteller durch ein konkretes Angebot bereits bekannt sei, welche Waffen er erwerben wolle, was in der Praxis allerdings kaum vorkomme. Demgegenüber hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 18. Januar 2002 plausibel hervorgehoben, es sei nicht ungewöhnlich, dass gerade Waffensammler (bzw. Sammelbewerber) eine größere Anzahl von Waffen "in einem Schwung" erwerben, etwa wenn eine Sammlung aufgelöst werde, ein Nachlass veräußert werde oder wenn Waffen versteigert würden. Die Praxisrelevanz solcher Fallgestaltungen ist insbesondere auch mit Blick auf  § 28 Abs. 4 Nr. 3 WaffG evident, wonach Erwerbsvorgänge zum Zwecke der vorübergehenden sicheren Verwahrung nicht der grundsätzlichen Erlaubnispflicht nach § 28 Abs. 1 WaffG unterliegen und deshalb zum Erwerb von Waffen auch schon vor Erteilung einer Waffenbesitzkarte befugen. Es ist somit ohne weiteres denkbar, dass ein Antragsteller zusammen mit der Beantragung der Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für Waffensammler bzw. der Änderung des Sammelthemas um die gleichzeitige Eintragung zahlreicher Waffen nachsucht. Bei solcher Sachlage ist kein sachlich gerechtfertigter Gesichtspunkt dafür erkennbar, dass er, obwohl ihm mit der Einräumung der Erwerbsberechtigung ein Mehr an Vorteil eingeräumt wird, gebührenrechtlich privilegiert wird im Vergleich zu Waffensammlern, die nachträglich eine gleiche Anzahl von Waffen zur Eintragung in ihre Waffenbesitzkarte anmelden.

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Nach alledem ist der Anfechtungsklage des Klägers mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

37

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

38

Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf das Fehlen einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Wirksamkeit der hier einschlägigen Vorschriften der WaffKostV grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.