Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 11 LB 3974/01
Anteilfinanzierung; bereite Mittel; Betreuung; Betreuungsverein; Ermessenslenkung; Fehlbedarfsfinanzierung; Festbetragsfinanzierung; Förderantrag; Förderrichtlinie; Gemeinnützigkeit; Gesetzesbindung; Haushaltsvorbehalt; Zuwendung; Zuwendungsart; Zuwendungsumfang
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.02.2002
- Aktenzeichen
- 11 LB 3974/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43992
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG - 19.06.2001 - AZ: 11 A 3829/00
Rechtsgrundlagen
- § 4 BtBGAG ND
- § 44 HO ND
- § 23 HO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Es ist mit § 4 Nds. AGBtG nicht vereinbar, dass in den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Betreuungsvereinen v. 29.4.1992 (Nds. MBl. S. 834) i.d.F. v. 20.12.1999 (Nds. MBl. 2000, 57) die Gewährung von Landeszuwendungen je Landkreis bzw. kreisfreier Stadt auf einen bzw. zwei anerkannte Betreuungsvereine beschränkt wird.
Tatbestand:
Der Kläger ist ein nach dem Betreuungsgesetz anerkannter Betreuungsverein und begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Landeszuwendung zu seinen im Jahr 2000 entstandenen Personal- und Sachkosten.
Er wurde mit Bescheid des Landkreises H. vom 15. Oktober 1996 gemäß § 1908 f. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als Betreuungsverein anerkannt und ist wegen seiner Gemeinnützigkeit nach § 52 der Abgabenordnung von der Steuer befreit. Neben dem Kläger sind im Bereich des Landkreises H. drei weitere anerkannte Betreuungsvereine tätig. Der Kläger versah seine Aufgaben im Jahr 2000 mit zwei hauptamtlichen Mitarbeitern und 10 ehrenamtlichen Betreuern. Ihm wurden bereits für die Jahre 1997 bis 1999 von der Beklagten nach § 4 des Nds. Ausführungsgesetzes zum Betreuungsgesetz (Nds. AGBtG) öffentliche Zuwendungen des Landes Niedersachsen zu den Personal- und Sachkosten bewilligt (1997: 19.000,-- DM, 1998: 31.000,-- DM, 1999: 27.595,-- DM). Daneben erhielt der Kläger Fördermittel seitens des Landkreises H..
Am 23. September 1999 beantragte der Kläger die Gewährung einer nicht rückzahlbaren Landeszuwendung für das Jahr 2000 in Höhe von insgesamt 31.000,- DM; hiervon 24.000,-- DM für Personalausgaben und 7.000,-- DM für Sachkosten. Die Beklagte erteilte mit Schreiben vom 27. Dezember 1999 die Zustimmung zum vorläufigen Maßnahmebeginn, wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass hiermit eine Zuwendung noch nicht bewilligt sei. Es seien neue Förderrichtlinien in Kraft getreten, nach denen je Landkreis nur ein Betreuungsverein bzw. in Landkreisen mit mehr als 300.000 Einwohnern oder einer Fläche von mehr als 2.500 qkm maximal zwei Betreuungsvereine gefördert werden könnten. Eine Entscheidung, welche Betreuungsvereine eine Zuwendung erhalten, sei noch nicht getroffen. Außerdem stünden für das Haushaltsjahr 2000 Fördermittel in Höhe von nur 1 Mio. DM zur Verfügung, so dass der Förderhöchstbetrag 25.000,-- DM betrage und die Einnahmen und Ausgaben der reduzierten Fördersumme anzupassen seien. Im Hinblick darauf bat die Beklagte abschließend um Vorlage eines neuen Finanzierungsplanes. Im Februar 2000 übersandte der Kläger einen neuen Finanzierungsplan, der eine Landeszuwendung von nur noch 25.000,-- DM auswies, davon 20.000,-- DM für Personalkosten und 5.000,-- DM für Sachkosten.
Der Landkreis Hannover teilte der Beklagten auf deren Anfrage mit Schreiben vom 23. Februar 2000 mit, dass er keine Differenzierung vornehmen könne, welche zwei der im Landkreis tätigen vier Betreuungsvereine eine Landesförderung erhalten sollten. Alle vier Vereine seien für die Betreuungsarbeit unverzichtbar und demzufolge förderungsfähig. Durch die Betreuungsarbeit der Vereine bleibe die Bestellung von Berufsbetreuern entbehrlich, was insbesondere auch eine Entlastung der Landesfinanzen zur Folge habe. Er selbst werde sich wie auch in den Vorjahren bei allen vier Betreuungsvereinen mit einem kommunalen Zuschuss von je 31.000,-- DM beteiligen. Die Beklagte entschloss sich darauf hin, mit Hilfe der ihr vorliegenden Unterlagen eine eigene leistungsbezogene Auswahl zu treffen, welche zwei Betreuungsvereine im Landkreis H. eine Förderung erhalten sollten. Ausgehend von den Verwendungsnachweisen für die Jahre 1998 und 1999 erstellte sie eine Rangliste, indem sie für jeden der vier Betreuungsvereine u.a. die Anzahl seiner hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Zahl der von ihm neu geworbenen ehrenamtlichen Betreuer, die Zahl der gehaltenen Einführungs-, Fortbildungs-, und Beratungsstunden sowie die durchschnittliche Zahl der betreuten Personen gegenüberstellte, die jeweiligen Zahlen mit einer vorgegebenen Wertigkeit multiplizierte und die so gewonnenen Punktzahlen addierte. Nach der Gesamtpunktzahl dieser Berechnungen belegte der Kläger im Vergleich zu den anderen drei Betreuungsvereinen den letzten Rangplatz.
Die Beklagte lehnte darauf hin mit Bescheid vom 11. Mai 2000 den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Landeszuwendung ab und führte zur Begründung aus, auf Grund der neuen Förderrichtlinien könnten im Landkreis H. nur zwei Betreuungsvereine eine Förderung erhalten. Sie habe daher eine Auswahl unter den vier Betreuungsvereinen treffen müssen und sich hierbei insbesondere auf die Verwendungsnachweise der Jahre 1998 und 1999 gestützt. Nach der vorgenommenen Auswertung belege der Kläger nur den letzten Rangplatz, so dass er keine Förderung durch das Land erhalte.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 6. Juni 2000 Widerspruch und führte hierzu aus, die Ablehnung der Gewährung einer Landeszuwendung sei rechtswidrig, da die neu gefassten Förderrichtlinien des Nds. Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales, wonach in jedem Landkreis bzw. in jeder kreisfreien Stadt nur noch eine begrenzte Anzahl der anerkannten Betreuungsvereine eine Landeszuwendung erhalten, außerhalb des gesetzlichen Rahmens lägen. Der Landesgesetzgeber habe in § 4 Nds. AGBtG geregelt, dass die im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel den anerkannten Betreuungsvereinen auf Antrag gewährt werden, so dass einzelne anerkannte Betreuungsvereine von der Förderung nicht ausgenommen werden könnten. Hinzu komme, dass in den Förderrichtlinien nicht festgelegt sei, nach welchen Kriterien die Auslese zu erfolgen habe, welcher der bislang geförderten anerkannten Betreuungsvereine aus der Landesförderung herausfalle. Verfahrensrechtlich sei lediglich bestimmt, dass die örtliche Betreuungsbehörde eine Stellungnahme abgeben solle, welcher Betreuungsverein gefördert werden solle. Die Beklagte habe eine Entscheidung nach Aktenlage getroffen, ohne dass die Entscheidungskriterien erkennbar und die Ermessenserwägungen nachvollziehbar seien.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 11. Juli 2000, zugestellt am 18. Juli 2000, zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach § 4 Nds. AGBtG bestehe kein Anspruch auf Gewährung einer Landeszuwendung. Die Entscheidung, welcher Betreuungsverein eine Zuwendung erhalte, erfolge nach pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Im Rahmen dieser Auswahlentscheidung sei von ihr die Förderrichtlinie zu beachten gewesen. Die Förderrichtlinie leite sich aus dem Haushaltsplan und den Verwaltungsvorschriften zu § 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) ab und sei lediglich eine verwaltungsinterne Vorschrift, die keine Außenwirkung entfalte. Eine Ungleichbehandlung liege nicht vor, da bei allen Betreuungsvereinen des Landkreises Hannover der gleiche Maßstab angewandt worden sei. Die Auswahlentscheidung sei nach Aktenlage erfolgt, da der Landkreis sich nicht in der Lage gesehen habe, eine differenzierte Stellungnahme abzugeben, welcher Verein gefördert werden solle. Der angefochtene Bescheid lasse auch hinreichend erkennen, nach welchen Kriterien und nach welcher Wertigkeit der jeweiligen Kriterien die Rangfolge erstellt worden sei.
Der Kläger hat am 16. August 2000 Klage erhoben und sein bisheriges Vorbringen vertieft. Ergänzend hat er geltend gemacht, die neuen Förderrichtlinien seien erst am 20. Dezember 1999 erlassen worden, so dass er keine Möglichkeit gehabt habe, sich darauf einzustellen, dass nunmehr ein Wettbewerb unter den anerkannten Betreuungsvereinen erfolge. Im Übrigen genüge die von der Beklagten erstellte Rangfolge nicht den Erfordernissen einer leistungsbezogen Auswahl. Denn die Beklagte habe als Unterscheidungskriterium u.a. die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter und die Zahl der geführten Betreuungen einfließen lassen, obwohl diese Merkmale nur etwas über die Größe des Betreuungsvereins, nicht aber über die Qualität seiner Arbeit aussagen würden. Die hauptberufliche Betreuungsarbeit der hauptamtlichen Mitarbeiter werde durch Stundensatzvergütungen aus der Justizkasse oder dem Vermögen der betreuten Personen finanziert. § 4 Nds. AGBtG habe hingegen die Förderung der in § 1908 f. BGB aufgeführten sog. Querschnittsaufgaben, d.h. die Förderung der ehrenamtlichen Betreuung zum Ziel.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 2000 und deren Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2000 rechtswidrig sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und ergänzt. Die angefochtene Entscheidung sei nicht ermessensfehlerhaft. Die zur Erstellung der Rangliste herangezogenen Kriterien entsprächen den Merkmalen, die auch in § 1908 f. BGB genannt und bei der Anerkennung eines Betreuungsvereins zu berücksichtigen seien.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 19. Juni 2001 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: § 4 Nds. AGBtG enthalte keine Vorgabe, dass alle anerkannten Betreuungsvereine nach dem sog. "Gießkannenprinzip" zu fördern seien. Über die Förderung entscheide die zuständige Behörde nach pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel. Es sei auch mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar, nach sachlichen Gesichtspunkten Differenzierungen vorzunehmen und einzelne Betreuungsvereine von der Förderung auszuschließen, um den Zweck der Förderung an anderer Stelle nicht zu gefährden. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sei der Ermessensspielraum des handelnden Staatsorgans besonders groß und der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur dann verletzt, wenn die Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei, die Differenzierung mithin willkürlich erscheine. Dies sei hier nicht der Fall. Es sei grundsätzlich zulässig, auf eine Reduzierung der Zahl der Betreuungsvereine hinzuwirken. Kleinere Betreuungsvereine hätten nach den Förderrichtlinien die Möglichkeit, sich zu Gemeinschaften zusammenzuschließen, um gemeinsam eine Förderung zu erlangen. Von dieser Möglichkeit habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Der von der Beklagten bei der Erstellung der Rangliste angewandte Bewertungsschlüssel sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe auch die Größe der konkurrierenden Betreuungsvereine berücksichtigen dürfen, da die Zahl der geeigneten Mitarbeiter ein Kriterium des Anerkennungsverfahrens nach § 1908 f. Abs. 1 BGB sei und Rückschlüsse auf die Effektivität zur Wahrnehmung auch der sog. Querschnittsaufgaben zulasse. Dass dem Kläger und den übrigen Betreuungsvereinen die neuen Förderkriterien nicht frühzeitig bekannt gewesen seien, sei für die Auswahl ohne Belang.
Dagegen richtet sich die vom Senat gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung.
Unter Vertiefung des bisherigen Vorbringens hält der Kläger an seiner Auffassung fest, dass § 4 Nds. AGBtG von einer gleichmäßigen Verteilung der im Haushalt eingestellten Fördermittel auf alle anerkannten Betreuungsvereine ausgehe. Dies könne nicht durch Verwaltungsvorschriften abgeändert werden. Der Ausschluss einzelner Betreuungsvereine von der staatlichen Förderung sei auch aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht gerechtfertigt, denn die Fördermittel für das Jahr 2000 (1 Mio. DM) seien im Vergleich zum Haushaltsjahr 1999 (1.290.000,-- DM) nicht drastisch verringert worden oder erschöpft. Außerdem habe er seit 1997 Fördermittel des Landes erhalten und seine Tätigkeit sei nie beanstandet worden, so dass die unvermittelte Überleitung in einen leistungsbezogenen Wettbewerb zwischen den Betreuungsvereinen auch aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes rechtswidrig sei. Durchgreifende Bedenken würden sich auch gegen den von der Beklagten angewandten Bewertungsschlüssel ergeben. Die Beklagte habe bei der Erstellung der Rangliste die einzelnen Kriterien unterschiedlich gewertet, obwohl durch das Gesetz und die Förderrichtlinien eine solche Wertigkeit nicht vorgegeben sei.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Mai 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2000 zu verpflichten, dem Kläger die am 27. September 1999 beantragte Landeszuwendung für das Haushaltsjahr 2000 in Höhe von 31.000,-- DM (= 15.580,05 EUR) zu gewähren,
hilfsweise,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Mai 2000 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2000 zu verpflichten, über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Landeszuwendung für das Haushaltsjahr 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wendet ein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein durch Verwaltungsvorschriften festgelegtes Förderprogramm aus sachlichen Gründen geändert werden könne. Dies sei hier der Fall. Unter dem Blickwinkel der Verringerung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bestehe kein Anspruch auf Beibehaltung einer Subventions- oder Förderpraxis. Der Kläger habe auch jederzeit mit einer solchen haushaltsrechtlich bedingten Änderung der Förderpraxis rechnen müssen und genieße daher keinen Vertrauensschutz.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
Die im Berufungsverfahren vorgenommene Klageänderung (Umstellung von Fortsetzungsfeststellungsklage auf Verpflichtungs-, hilfsweise Bescheidungsklage) ist nach § 91 VwGO zulässig.
Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch darauf, dass gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO über seinen Förderungsantrag für das Haushaltsjahr 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden wird (1). Dagegen ist der auf Gewährung einer Zuwendung von 31.000,-- DM gerichtete Hauptantrag mangels Spruchreife abzuweisen (2).
1) Rechtsgrundlage für die staatliche Förderung der nach § 1908 f. BGB anerkannten Betreuungsvereine ist in Niedersachsen § 4 Nds. AGBtG (Nds. GVBl. 1991, 366) i.V.m. den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Betreuungsvereinen vom 29. Mai 1992 (Nds. MBl. S. 834) in der hier maßgebenden Fassung vom 20. Dezember 1999 (Nds. MBl. 2000, 57). Gemäß Nr. 3.2 der Förderrichtlinien kann in jedem Landkreis oder jeder kreisfreien Stadt nur ein Betreuungsverein gefördert werden. In Landkreisen oder kreisfreien Städten mit mehr als 300.000 Einwohnern oder einer Fläche von mehr als 2.500 qkm können bis zu zwei Betreuungsvereine gefördert werden. Eine Ausnahmeregelung, dass unabhängig hiervon auch die Betreuungsvereine gefördert werden können, denen – wie dem Kläger - bereits in den Vorjahren eine Landeszuwendung gewährt worden ist, ist in die Förderrichtlinien nicht aufgenommen worden. Die in den Förderrichtlinien enthaltene Oberbegrenzung der je Landkreis bzw. kreisfreie Stadt zu fördernden Betreuungsvereine, auf die sich auch der angefochtene Bescheid stützt, ist indes mit der gesetzlichen Vorschrift des § 4 Nds. AGBtG nicht vereinbar. Diese Vorschrift lautet:
Das Land gewährt nach Maßgabe der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel den anerkannten Betreuungsvereinen auf Antrag Zuwendungen zu den Personalkosten für hauptamtlich tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zu den erforderlichen Sachkosten, wenn die Betreuungsvereine von der Steuer befreit sind, weil sie gemeinnützige Zwecke im Sinne des § 52 der Abgabenordnung verfolgen.
§ 4 Nds. AGBtG ist nach seinem Wortlaut nicht als "Kann-Bestimmung" ausgestaltet, so dass die Förderung der anerkannten Betreuungsvereine nicht in das freie Ermessen des Landes gestellt ist. Er normiert vielmehr eine grundsätzliche Verpflichtung des Landes, den anerkannten Betreuungsvereinen, die auf Grund ihrer Gemeinnützigkeit gemäß § 52 der Abgabenordnung von der Steuer befreit sind, auf Antrag Zuwendungen zu deren Personalkosten für hauptamtliche Mitarbeiter und zu deren erforderlichen Sachkosten zu gewähren. Das Verwaltungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass den in § 4 Nds. AGBtG genannten Betreuungsvereinen ein Rechtsanspruch auf Förderung dem Grunde nach eingeräumt ist. Ein solcher anerkannter und wegen seiner Gemeinnützigkeit von der Steuer befreiter Betreuungsverein ist unstreitig auch der Kläger. Der in § 4 Nds. AGBtG gesetzlich verankerte Anspruch auf Gewährung einer Landeszuwendung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass die Förderung "nach Maßgabe der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel" erfolgt. Sind im Haushalt keine Fördermittel eingestellt oder die Fördermittel begrenzt, kann der Betreuungsverein mithin keine bzw. eine nur begrenzte Förderung beanspruchen. Auch Art und Umfang der Zuwendung (unbedingt oder bedingt; rückzahlbar oder nicht rückzahlbar; Anteil-, Festbetrags- oder Fehlbedarfsfinanzierung etc.) ist durch § 4 Nds. AGBtG nicht vorgegeben. § 4 Nds. AGBtG trifft ferner keine Aussage darüber, wie die im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Mittel auf die Betreuungsvereine zu verteilen sind. Es ist insbesondere nicht festgelegt, dass jeder Verein unabhängig von seiner Größe und der von ihm wahrgenommenen Betreuungen eine gleich hohe Förderung erhält. Diese Einzelheiten der Förderung können daher durch ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften geregelt werden, wobei derartige Förderrichtlinien auch jederzeit aus sachlichen, willkürfreien Gründen geändert werden können (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.4.1997 – 3 C 6/95 – DVBl. 1998, 142). Der haushaltsrechtliche Vorbehalt in § 4 AGBtG eröffnet hingegen nicht die Möglichkeit, in den Förderrichtlinien den gesetzlich eingeräumten Förderanspruch auf einzelne Betreuungsvereine zu beschränken. Denn nach dem Wortlaut des § 4 Nds. AGBtG sind die Zuwendungen "den", d. h. allen anerkannten Betreuungsvereinen zu gewähren, die gemeinnützige Zwecke verfolgen und deswegen von der Steuer befreit sind.
Die vom Verwaltungsgericht vorgenommen Auslegung steht auch mit Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte des Nds. AGBtG nicht im Einklang. Im Gesetzesentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 12/2332) ist in der Begründung zu § 4 AGBtG ausgeführt, dass es dem Interesse des Landes entspreche, sich an der Förderung der Betreuungsvereine im maßgeblichen Umfang zu beteiligen. Die vorgesehene Landesförderung müsse sich jedoch auf die Bereiche beschränken, für die nicht bereits im Betreuungsgesetz selbst eine Entschädigungsregelung enthalten sei, wie etwa Aufwendungsersatz und Vergütung für bestellte Vereinsbetreuer nach § 1908 e. BGB. Gegenstand einer Landesförderung in der Form von Zuwendungen zu Personal- und Sachkosten seien daher nur die Querschnittsaufgaben der Betreuungsvereine, für die nach den Bestimmungen des Betreuungsgesetzes selbst eine finanzielle Entschädigung nicht festgelegt sei. Dabei handele es sich um die Gewinnung ehrenamtlicher Betreuungspersonen und ihre Einführung, Fortbildung und Beratung. Zielvorstellung sei es, durchschnittlich in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt jeweils einen funktionsfähigen Betreuungsverein in gemeinnütziger Trägerschaft zu haben, der – neben den unmittelbaren Betreuungsaufgaben – die genannten Querschnittsaufgaben zu erfüllen in der Lage sei. Dem Gesetzgeber war mithin bewusst, dass in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt auch mehrere anerkannte Betreuungsvereine tätig sein können. Gleichwohl hat er in § 4 Nds. AGBtG die Gewährung von Zuwendungen nicht entsprechend der Zielvorstellung dahin begrenzt, dass je Landkreis oder kreisfreier Stadt nur ein Betreuungsverein staatlich gefördert werden dürfe. Für eine solche Regelung hätte sich im Übrigen aufgedrängt, in § 4 Nds. AGBtG Kriterien zu nennen, nach denen eine Auswahlentscheidung zu treffen ist, welcher Betreuungsverein eine Landeszuwendung erhält, wenn – wie hier – in einem Landkreis mehrere anerkannte Betreuungsvereine bestehen und einen Förderungsantrag stellen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist zwar vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgeschlagen worden, die Regelung des § 4 Nds. AGBtG zu streichen oder zumindest durch eine "Kann-Bestimmung" zu ersetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Förderung könne haushaltsrechtlich geregelt werden und es solle klargestellt werden, dass ein Rechtsanspruch auf Zuwendungsgewährung nicht bestehe. Dieser Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit und es blieb bei der Entwurfsfassung – "dies auch, weil ein Signal an die Kommunen und Betreuungsvereine gesetzt werden solle, dass das Land fördernd tätig werden wird" (so Bericht des Ausschusses für Sozial- und Gesundheitswesen, LT-Drs. 12/2540, S. 3).
Ein Anspruch des Klägers auf Berücksichtigung im Rahmen der staatlichen Förderung der anerkannten Betreuungsvereine besteht auch dann, wenn man davon ausgeht, dass § 4 AGBtG keine unmittelbaren Rechte der anerkannten Betreuungsvereine begründet, sondern in Verbindung mit dem Haushaltsgesetz lediglich als Legitimationsgrundlage für Ausgabenleistungen der Exekutive im Bereich der Förderung anerkannter und gemeinnütziger Betreuungsvereine dient. Denn in diesem Fall wäre § 4 Nds. AGBtG jedenfalls als gesetzliche Handlungsvorgabe für die Exekutive zu verstehen, dass bei einer Förderung alle in § 4 Nds. AGBtG genannten Betreuungsvereine zu berücksichtigen sind. Ein Ermessensspielraum ist der Exekutive insoweit nicht eingeräumt, so dass die geänderte Förderpraxis und damit der angefochtene Ablehnungsbescheid den Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt.
§§ 23, 44 LHO und die hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften bieten ebenfalls keine Rechtsgrundlage, den in § 4 Nds. AGBtG genannten Kreis der Zuwendungsempfänger – wie geschehen - von vornherein durch Erlass einzugrenzen. Zwar dürfen nach Nr. 1.2 der Verwaltungsvorschrift zu § 44 LHO Zuwendungen nur solchen Empfängern bewilligt werden, bei denen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint und die in der Lage sind, die zweckentsprechende Verwendung der Mittel bestimmungsgemäß nachzuweisen. Auf solche Erwägungen ist die Ablehnung des Förderungsantrages jedoch nicht gestützt. Dem Kläger wird in den angefochtenen Bescheiden insbesondere auch nicht vorgehalten, dass er sich mit den anderen Betreuungsvereinen und der örtlichen Betreuungsbehörde nicht abgestimmt habe, wie es Nr. 4 der Förderrichtlinien verlangt, oder dass für die von ihm geleistete Arbeit ein Bedarf nicht bestehe oder die anderen Betreuungsvereine diese Arbeit ebenso gut leisten können. Der Landkreis H. als zuständige Betreuungsbehörde hat in seiner Stellungnahme vom 23. Februar 2000 vielmehr betont, dass alle vier im Landkreis tätigen anerkannten Betreuungsvereine für die Betreuungsarbeit in ihrem Wirkungsbereich unverzichtbar und demzufolge förderungsfähig seien. Die Ablehnung ist schließlich auch nicht damit begründet, dass ohne eine Begrenzung der Förderung auf nur zwei Betreuungsvereine der Fortbestand der vorhandenen Betreuungsvereine und eine flächendeckende Vorhaltung von Betreuungsvereinen insgesamt ernsthaft gefährdet sei.
Da der Ausschluss des Klägers von der staatlichen Förderung bereits aus den vorstehenden Gründen rechtswidrig ist, kann dahin stehen, ob die angefochtenen Bescheide auch aus den sonstigen vom Kläger geltend gemachten Gesichtspunkten (willkürliche Änderung der Förderpraxis, sachfremde Auswahlkriterien und Gewichtung, Verstoß gegen das Gebot des Vertrauensschutzes etc.) rechtlichen Bedenken begegnen.
2) Allerdings kann dem Hauptantrag nicht entsprochen werden. Zureichende Anhaltspunkte, dass das Ermessen der Beklagten dahin eingeschränkt ist, dem Kläger einen Landeszuwendung in Höhe von 31.000,-- DM zu gewähren, sind nicht gegeben. Hiergegen spricht bereits, dass nach Nr. 6.2 der Förderrichtlinien der Förderhöchstbetrag im maßgeblichen Jahr 2000 je vollzeitbeschäftigter Person 25.000,-- DM beträgt. Dementsprechend hat der Kläger in dem von ihm vorgelegten abgeänderten Finanzierungsplan nur noch eine Landeszuwendung von insgesamt 25.000,-- DM statt 31.000,-- DM eingeplant. Ob aber der Kläger für die insoweit bei ihm hauptamtlich beschäftigte Mitarbeiterin die höchstmögliche Zuwendung beanspruchen kann, hängt wiederum davon ab, ob unter Berücksichtigung der Förderungsanträge der anderen Betreuungsvereine ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Ferner ist eine inhaltliche Überprüfung der vom Kläger vorgelegten Antragsunterlagen, etwa die Berechnung der Personal- und Sachkosten, seitens der Beklagten noch nicht erfolgt.
Aus alledem ergibt sich, dass eine Spruchreife im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO nicht vorliegt, sondern die Beklagte (lediglich) unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu einer erneuten Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten ist.