Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.02.2002, Az.: 9 KN 3294/01

Abwasserbeseitigungssystem; Aufwand; Beitragsfähigkeit; Beitragssatz; Herstellung; Investitionskosten; Kanalbaubeitrag; Kommunalabgabe; kommunale Anlage; leitungsgebundene Anlage; öffentliche Anlage

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
26.02.2002
Aktenzeichen
9 KN 3294/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2002, 43960
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Im Kanalbaubeitragsrecht ist aller Aufwand beitragsfähig, der anlässlich der Verwirklichung des Beitragstatbestands, hier der erstmaligen Herstellung des zentralen Abwasserbeseitigungssystems, in vertretbarer Weise entsteht. Eine Überhöhung des Beitragssatzes, die deutlich unter 0,3 % der gesamten Investitionskosten ausmacht, ist rechtswidrig, führt aber nicht zur Nichtigkeit des beschlossenen Beitragssatzes.

Gründe

1

Dem Antragsteller kann nicht darin beigepflichtet werden, dass der von der Antragsgegnerin beschlossene Beitragssatz wegen unzulässiger Kostenpositionen in der Beitragskalkulation nichtig sei. Beitragsfähig ist aller Aufwand, der anlässlich der Verwirklichung des Beitragstatbestands, hier der erstmaligen Herstellung des zentralen Abwasserbeseitigungssystems für S., in vertretbarer Weise entsteht. Verwaltungskosten (z.B. Kosten für Arbeitskräfte der Gemeinde) müssen also durch die Herstellung des zentralen Abwasserbeseitigungssystems verursacht worden sein und der Herstellung eindeutig sowie ausschließlich zugeordnet werden können (wie bei ausschließlich für die Durchführung der beitragsfähigen Maßnahme eingestellten Arbeitnehmern; vgl. zur Ursächlichkeit auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2001, § 8 Rdnrn. 342 f.). Der sog. allgemeine Verwaltungsaufwand (etwa allgemeine Personalkosten oder Sachkosten z.B. für die Willensbildung der zuständigen Organe, die Ausschreibung, die Vergabe und Abrechnung der Baumaßnahme) zählt nicht zu den beitragsfähigen Kosten. Entsprechendes gilt für Rechtsanwaltskosten anlässlich von Gutachten über die Möglichkeiten einer Beitrags- und Gebührenerhebung. Denn solche Gutachten dienen lediglich der Abklärung von Refinanzierungsmaßnahmen und stehen damit nicht in einem hinreichend engen Zusammenhang mit der Verwirklichung des Beitragstatbestands, also beispielsweise der Herstellung der öffentlichen Einrichtung. Beitragsfähig ist aber der Zinsaufwand, der dadurch entsteht, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft zur Finanzierung der Herstellungsmaßnahmen ein Darlehen aufgenommen hat, sofern der Zinsaufwand sich diesen Maßnahmen nachvollziehbar zuordnen lässt (vgl. Driehaus, aaO, § 8 Rdnr. 344).

2

Nach diesen Maßstäben gilt für die Berücksichtigungsfähigkeit der vom Antragsteller gerügten Kostenpositionen folgendes: (wird ausgeführt)

3

Die Beitragskalkulation der Antragsgegnerin enthält somit insgesamt um 4.583,40 DM überhöhte Investitionskosten. Dies ist rechtswidrig, führt aber nicht zur Nichtigkeit des beschlossenen Beitragssatzes. Die Überhöhung macht deutlich unter 0,3 % der gesamten Investitionskosten aus. Derart geringfügige Überschreitungen des bei einer ordnungsgemäßen Beitragskalkulation höchstens zulässigen Beitragssatzes wirken sich auf die Rechtsstellung der Beitragspflichtigen nur unwesentlich nachteilig aus. Zugunsten des Beitragsgläubigers ist andererseits zu berücksichtigen, dass kleinere Unzulänglichkeiten bei einer Beitragskalkulation angesichts der Vielzahl der zu bewertenden Positionen häufig nur schwer zu vermeiden sind. Sie können nicht nur in einer sachlich nicht mehr vertretbaren (Teil-)Prognose, sondern auch - wie hier - in der Berücksichtigung von aus Rechtsgründen nicht ansatzfähigen Kosten liegen. Bei dieser Interessenlage legt es das gewichtige Allgemeininteresse an einer effektiven und zügigen Refinanzierung öffentlicher Ausgaben nahe, bei einer geringfügigen Überhöhung des Beitragssatzes, wie hier mit nicht einmal 0,3 %, nicht von dessen Gesamtnichtigkeit auszugehen, sondern die Überschreitung als noch rechtlich unbeachtlich anzusehen.