Landgericht Osnabrück
Urt. v. 03.12.2002, Az.: 7 S 94/02
Wirksamkeit einer Haftungsbegrenzung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) bei einer Textilreinigung; Erforderlichkeit eines Hinweises auf anderweitige Versicherungsmöglichkeiten
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 03.12.2002
- Aktenzeichen
- 7 S 94/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 30443
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOSNAB:2002:1203.7S94.02.0A
Rechtsgrundlage
- § 9 AGBG
Fundstelle
- VersR 2003, 1264-1265 (Volltext mit red. LS)
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Die Haftungsbegrenzug auf das 15-fache des Reinigungspreises (Ziffer 6 der AGB Textilreinigung, Fassung vom 18.3.1982) greift nicht ein, wenn im Ladenlokal nicht deutlich auf anderweitige Versicherungsmöglichkeiten hingewiesen wird.
- 2.
Dieselbe Haftungsbegrenzung (Ziffer 5 der Konditionenempfehlung, wohl Fassung 1997) ist unwirksam, wenn nur auf der Rückseite des Einlieferungszettels auf anderweitige Versicherungsmöglichkeiten hingewiesen wird.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt Schadensersatz, weil das beklagte Textilreinigungsunternehmen ihre Gardinen mangelhaft gereinigt habe.
Die Klägerin ließ am 14.2.2001 bei der Beklagten ihre Gardinen für 93.- DM reinigen, die gemäß Rechnung vom 19.12.1998 (Bl. 93, 86 dA) für 3.265,97 DM gekauft waren. Bei Abholung war die Klägerin mit dem Ergebnis nicht zufrieden; gemäß dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten waren die Gardinen, die kein Pflegeetikett trugen, vergraut. Daraufhin ließ die Klägerin die Gardinen von der Beklagten waschen.
Ob und welche AGB zugrundegelegen haben, ist streitig. Diejenigen AGB, die nach Behauptung der Beklagten an der Tür ausgehangen haben, haben auszugsweise - ergänzend wird auf die Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 16 dA, Bezug genommen - Wortlaut:
"6.
Soweit wir - gleich aus welchem Rechtsgrund - haften, kann nur Geldersatz verlangt werden. Wir haften in Höhe des Zeitwertes, höchstens jedoch bis zum 15-fachen unseres Preises für die Vollreinigung, das Waschen des zur Bearbeitung eingelieferten Gegenstandes, es sei denn der Auftraggeber macht von der Möglichkeit Gebrauch, unsere unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes durch Aufpreis ( Tarifwahl ) oder durch Abschluss einer Versicherung zu vereinbaren, was wir empfehlen.Das gleiche gilt für alle anderen Aufträge (z.B. Lederreinigung, Teppich und Polstermöbelreinigung, Färben). Aufpreis bzw. Versicherungsprämie richten sich nach dem angegebenen Zeitwert".
Diejenigen Lieferbedingungen, die nach Behauptung der Beklagten auf der Rückseite der Lieferzettel abgedruckt waren, haben auszugsweise - ergänzend wird auf die Anlage zum Fax vom 18.3.2002 Bl. 75 dA und die Anlage zum Verhandlungsprotokoll, Bl. 105 dA, Bezug genommen -folgenden Wortlaut:
"5.
Haftungsgrenze. Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Ansonsten ist die Haftung auf das 15-fache des Bearbeitungspreises begrenzt.Achtung: Unsere Haftung kann auf das 15-fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB). Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, z.B. durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren."
Die Klägerin hat im wesentlichen behauptet:
Die Beklagte habe unsachgemäß gearbeitet, so dass die Gardinen nicht mehr brauchbar seien. Der Zeitwert habe 2.500.- DM betragen; das Gardinenzubehör sei nicht wieder verwendbar. Einschließlich des nutzlos aufgewendeten Reinigungspreises könne sie daher 2.593.- DM verlangen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin
2,593 DM nebst 4% Zinsen seit dem 1.7.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat
Klageabweisung beantragt.
Sie hat im wesentlichen vorgetragen:
Die Klägerin habe eine Reinigung und danach ein Waschen gewünscht. Mit dem Ergebnis sei die Klägerin zufrieden gewesen. Die Beklagte habe ordnungsgemäß gehandelt. Gemäß den AGB hafte die Beklagte nur bei Verschulden und könne die Klägerin maximal das 15fache des Reinigungspreises, also 1.395.- DM, verlangen.
Nach Einholung eines Gutachtens des Hohenheiner Institutes (Bl. 28 ff dA) hat das Amtsgericht der Klage zur Höhe von (2.449,48 DM Zeitwert + 93.- DM Reinigungspreis =) 2.542,48 DM stattgegeben. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die AGB nicht vereinbart seien. Das Gutachten ergebe eine unsachgemäße Reinigung. Unerheblich sei, ob die Klägerin mit dem Ergebnis zufrieden gewesen sei. Der Zeitwert der Gardinen ergebe sich aus der Rechnung über 3.265,97 DM abzüglich 25% Abnutzung zu 2.449,48 DM.
Mit der Berufung trägt die Beklagte im wesentlichen vor:
Die AGB seien vereinbart, weil seit 1978 an der Eingangstür die AGB (vgl. Bl. 16 dA) gehangen hätten, die auch auf den Lieferscheinen (Bl. 75 dA und Protokoll Bl. 105 dA) aufgedruckt seien. Das erstinstanzliche Gericht habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin eine Reinigung gewünscht habe, die nach Angabe des Lieferanten geeignet gewesen sei. Gemäß den AGB hätten Mängel innerhalb von zwei Wochen gerügt werden müssen. Das Gutachten sei fragwürdig, weil die Gardinen mit einem Stabilisator ausgerüstet seien, so dass dieser erst nach 3-5maliger Reinigung verschwunden sei; der Stabilisator sei mangels Pflegekennzeichnung nicht erkennbar gewesen. Mangels Pflegekennzeichnung habe die Beklagte nichts prüfen können und auf die Angaben des Lieferanten vertraut, so dass mangels grober Fahrlässigkeit eine Haftung ausgeschlossen sei. Das Dekorationsmaterial sei wiederverwendbar.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
Die Klägerin erwidert im wesentlichen:
Sie habe keinen Lieferschein erhalten; die Lieferscheine würden auch keine Lieferbedingungen enthalten. Auch an der Tür hätten keine AGB ausgehangen. Die Beklagte hätte bei der Klägerin Rücksprache halten müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Das Dekorationsmaterial sei mit den Gardinen abzustimmen, so dass es nicht wiederverwendet werden könne.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat im wesentlichen keinen Erfolg:
...
bb)
Unwirksamkeit der Haftungsbegrenzung:
aaa)
Aushang, AGB 1982:
In der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, welche AGB im Geschäftslokal an der Tür ausgehangen haben sollen (obwohl der Beklagtenvertreter auf dessen telefonischer Anfrage vom Vortrag durch den Berichterstatter auf die verschiedenen Versionen der AGB hingewiesen war).
Sollten an der Tür des Geschäftslokales die AGB in ihrer ausführlichen Fassung, so wie sie die Beklagte mit der Klageerwiderung vorgelegt hat (Bl. 16 dA), ausgehangen haben, so handelte es sich um die im Bundesanzeiger (v. 30.3.1982 Nr. 61, Seite 7 f.) durch das Bundeskartellamt vom 18.3.1982 veröffentlichte Fassung der Empfehlungen des Deutschen Textilreinigungsverbandes vom 11.3.1982, die aufgrund einer verlorenen Verbandsklage ( OLG Köln ZIP 1981/1103 im Anschluss an die Entscheidung BGHZ 77/126 = NJW 1980/1953 ) geändert waren ( Micklitz VuR 1987/248 ) und folgenden Wortlaut hat:
"6.
Soweit wir - gleich aus welchem Rechtsgrund - haften, kann nur Geldersatz verlangt werden. Wir haften in Höhe des Zeitwertes, höchstens jedoch bis zum 15-fachen unseres Preises für die Vollreinigung, das Waschen des zur Bearbeitung eingelieferten Gegenstandes, es sei denn der Auftraggeber macht von der Möglichkeit Gebrauch, unsere unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes durch Aufpreis ( Tarifwahl ) oder durch Abschluß einer Versicherung zu vereinbaren, was wir empfehlen.Das gleiche gilt für alle anderen Aufträge (z.B. Lederreinigung, Teppich und Polstermöbelreinigung, Färben).
Aufpreis bzw. Versicherungsprämie richten sich nach dem angegebenen Zeitwert".
Ob diese Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Haftungsbegrenzung auf den 15fachen Reinigungspreis wirksam sind, ist streitig, wobei es auf 3 Fragen ankommt:
- 1.
Ist die Begrenzung auf den 15-fachen Reinigungswert unwirksam ?
- 2.
Falls Ziffer 1 bejaht wird: Wird die Begrenzung wirksam, wenn eine Versicherung oder Tarifwahl angeboten wird ?
- 3.
Falls Ziffer 2 bejaht wird: Ist das Deutlichkeitsgebot in den AGB und im Ladenlokal gewahrt ?
Die erste Frage ist aufgrund der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (a.a.O. NJW 1980/1953 ) zu bejahen. Denn der Zeitwert des Reinigungsgutes bleibt in einer Reihe von Fällen teilweise entschädigungslos, so dass die Haftungsbegrenzung - ohne gleichzeitige Versicherungsmöglichkeit - den Kunden unangemessen benachteiligt i.S.d. § 9 AGBG (OLG Köln NJW-RR 1998, 997 [OLG Köln 07.05.1997 - 6 U 104/96]; OLG Köln ZIP 1981/1101 = BB 1982/6538 ; LG Frankfurt VuR 1995/283; LG Berlin VuR 1987/282, 287; AG Prüm NJW-RR 1991/227; AG Nordhorn NJW-RR 1986/58; Palandt a.a.O. § AGBG Rdnr. 74; MüKo, BGB, 4.Aufl. 2001, § 9 AGBG Rdnr. 90; Soergel, BGB, § 9 AGBG Rdnr. 101; Micklitz VuR 1987/248, 251; Köck, Anm zu AG Bergisch-Gladbach und AG Obernburg, VuR 1988/233, 234; Wolf/Horn, AGBG, 4.Aufl. 1999, § 9 "Textilreinigungsgewerbe" T 126-170; a.A. Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9.Aufl. 2001, Anhang zu §§ 9-11 Rdnr. 268; a.A. auch KG VersR 1978/1170 = MDR 1979/143, gem. Mitteilung von Micklitz a.a.O. S. 252 bei FN 28 überholt durch ein angeblich in VuR 19 1987, 282 veröffentlichtes Urteil des KG; vgl. auch KG NJW-RR 19991/698).
Dementsprechend ist auch die zweite Frage grundsätzlich zu bejahen, weil Rechte des Kunden nicht unangemessen betroffen werden, wenn er im Ergebnis den Zeitwert ersetzt verlangen kann (Nachweise wie oben - jedoch insoweit a.A. LG Frankfurt a.a.O. und AG Prüm a.a.O.). Problematisch ist allerdings, ob - was die Kammer dahingestellt lassen kann - ein in AGB nicht angemessen geregelter Interessenausgleich durch individualrechtliche Zusatzvereinbarungen geheilt werden kann (ablehnend Bultmann, Anm. zu LG Berlin VuR 1987/288 und Köck a.a.O. VuR 1988/224).
Drittens muss aufgrund der Entscheidung des BGH (a.a.O. NJW 1980/1953,1955) der Kunde "deutlich" auf die anderweitigen Möglichkeiten (entweder einen teueren Tarif oder "ohne Schwierigkeiten" eine separate Versicherung zu wählen) hingewiesen werden (OLG Köln a.a.O. NJW-RR 1998/997; KG, Urt. v. 2.2.1983, VuR 1987/282; Palandt a.a.O., § 9 AGBG Rdnr. 74; Soergel a.a.O., § 9 AGBG Rdnr. 101; Micklitz a.a.O. VuR 1987/252 unter Hinweis auf KG a.a.O. VuR 1987/282). Zudem reicht ein deutlicher Hinweis in den AGB für sich allein nicht, weil die Kunden häufig die AGB nicht lesen (MüKo a.a.O. § 9 AGBG Rdnr.90; Micklitz a.a.O.). Vielmehr muss auch im Ladenlokal entweder im Preisaushang oder im Auftragsformular deutlich auf die anderweitigen Möglichkeiten hingewiesen wird (Micklitz a.a.O. ; Wolf/Horn a.a.O. § 9 Rdnr T 126-170; Köck a.a.O. VuR 1988/224 f hält einen Hinweis im Ladenlokal grundsätzlich für ungeeignet).
Die Beklagte, die sich auf die Haftungsbegrenzung beruft, trägt nicht vor, wie sich der Kunde ohne Schwierigkeiten versichern kann. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ein Preisaushang angibt, für welche Prämie sich ein Kunde versichern kann oder dass er einen teueren Tarif mit vollem Zeitwertersatz wählen kann. Auch in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte auf ausdrückliche und protokollierte Frage des Gerichts nichts dazu vorgetragen, ob per Preisaushang oder sonstwie auf die Möglichkeit einer besonderen Versicherung hingewiesen wurde. Sogar nach der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.11.02 nichts dazu erklärt. Die Kammer muss daher davon ausgehen, dass die Beklagte weder im Preisaushang noch sonstwie im Geschäftslokal auf die Möglichkeit einer zusätzlichen Versicherung oder einer anderen Tarifwahl hinwies. Selbst wenn die Beklagte dies getan hätte, so würde dies nicht genügen. Denn nach Ansicht der Kammer ist bereits der Hinweis in den Allgemeinen Lieferungsbedingungen, die auf dem Einlieferungsschein abgedruckt sind, nicht deutlich genug, so dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind:
bbb)
Einlieferungsschein, AGB 1997:
Auch die auf den Einlieferungsscheinen abgedruckten Lieferungsbedingungen (nebst Hinweis), die gemäß der bestrittenen Behauptung der Beklagten vorliegend abgedruckt und an die Klägerin ausgehändigt sein sollen, weisen nach Ansicht der Kammer nicht hinreichend deutlich auf den Haftungsausschluss und die korrespondierende Möglichkeit einer Versicherung hin:
Die auf dem Einlieferungsschein abgedruckten Lieferungsbedingungen (Anlage zum Schr. v. 18.3.02, Bl. 75 dA; Sitzungsprotokoll Bl. 105 dA) haben folgenden Wortlaut:
"5.
Haftungsgrenze. Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes. Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt.Achtung: Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB).
Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, z.B. durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren."
Diese Bedingungen dürften mit dem angeblich 1997 neu empfohlenen Klauselwerk des Deutschen Textilreinigungs-Verbandes (- der Hinweis von Ulmer/Brandner/Hensen a.a.O., Anhang zu §§ 9-11 "Chemischreiniger" Rdnr.266, BAnzeiger 1997 Nr. 51 trifft nicht zu und auch im Inhaltsverzeichnis des Jahrgangs 1997 ist kein neues Klauselwerk verzeichnet -) identisch sein, weil nach der Überschrift ausdrücklich die "Konditionenempfehlung" des Verbandes zitiert wird.
Schon der grundsätzliche Haftungsausschluss ist in der vorgenannten Bedingung nach dem Wort "Achtung" verharmlosend dargestellt, wenn es heißt, dass die Haftung ausgeschlossen sein "kann". Denn die Fälle der Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz sind selten, so dass das wirtschaftliche Schwergewicht auf dem Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit liegt und dies durch das Wort "kann" verharmlost wird. Mit Recht wird insoweit eine unklare Formulierung gerügt (Wolf/Horn a.a.O. § 9 T 126-170; AG Memmingen NJW-RR 1988, 380 [AG Memmingen 24.11.1987 - 1 C 897/87]).
Jedenfalls wird nach Ansicht der Kammer nicht deutlich genug auf die Möglichkeit einer Versicherung hingewiesen. Die Möglichkeit einer anderen Tarifwahl - falls diese bei der Beklagten überhaupt bestand - wird überhaupt nicht angesprochen, sondern durch das Wort "z.B." versteckt. Die Möglichkeit einer Versicherung wird zwar erwähnt, aber insoweit nicht durch Fettdruck hervorgehoben. Eine derartige Hervorhebung durch Fettdruck und/oder besondere textliche Gestaltung sind nach Ansicht der Kammer erforderlich. Denn der Kunde liest die Lieferbedingungen auf der Rückseite des Lieferschein oft nicht, weshalb die Rechtsprechung (s.o.) zusätzlich einen deutlichen Hinweis im Ladenlokal verlangt. Dem Erfordernis, einen "besonderen" Hinweis auf Alternativen zu erteilen, wird nicht schon dadurch Genüge getan, dass die Beklagte die den letzten Absatz bis auf die Gliederungsebene der Ziffern vorzieht und lediglich das erste Wort "Achtung" fettgedruckt. Beim flüchtigen Blick des Kunden auf das wirklich Kleingedruckte des nicht einmal handgroßen Zettels wirkt der mit "Achtung" überschriebene letzte Absatz als bloßer Teil der AGB, nicht aber als ein Warnhinweis außerhalb der AGB.
Das Mass der Deutlichkeit eines besonderen Hinweises hat sich nach Ansicht der Kammer auch daran auszurichten, dass die von der Beklagten verwendeten AGB "an sich" eindeutig unwirksam sind und nur dadurch für wirksam gehalten werden, weil ein Hinweis auf die Möglichkeit individualrechtlicher Zusatzvereinbarungen (zusätzlicher Versicherungsvertrag oder Wahltarif) erfolgt. Den ernst zu nehmenden Bedenken, dass eine nach dem AGB-Gesetz unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht durch eine Individualvereinbarung wirksam werden könne (s.o., Bultmann a.a.O. VuR 1987/288 und Köck a.a.O. VuR 1988/224), muss durch besonders deutliche Hinweise auf eine Individualvereinbarung ausserhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Rechnung getragen werden. Denn ein Kunde denkt häufig, dass die AGB ausgewogen und geprüft seien - die Beklagte überschreibt die Rückseite des Lieferscheins ausdrücklich mit "Konditionenempfehlung" - , so dass er sich häufig die AGB nicht mehr durchliest. Deshalb muss sich der besondere Hinweis auf die Möglichkeit individueller Zusatzvereinbarungen deutlich von den AGB abheben. Deshalb gehört nach Ansicht der Kammer ein solcher Hinweis grundsätzlich auf die Vorderseite des Auftragszettels und nicht auf die Rückseite. Bei dem von der Beklagten verwendeten Lieferungsschein steht auf der Vorderseite am Ende der Kunden- und Auftragsdaten unter dem - unnötigen - doppelt großen Fettdruck "Wir danken für Ihren Auftrag" lediglich ein Hinweis auf die umseitigen Geschäftsbedingungen (sowie auf die Aufbewahrungspflicht des Einlieferungsscheins). Da ein Kunde auf der Rückseite ausschließlich AGB erwartet und durch den unnötigen Dankspruch glaubt, alles Nötige sei gesagt, wird der Kunde nicht hinreichend deutlich auf die Möglichkeit und Notwendigkeit individualrechtlicher Zusatzvereinbarungen hingewiesen. Im Falle der vom KG (a.a.O. VuR 1987/282) entschiedenen Verbandsklage waren auf der Vorderseite des Auftragsformulars 6 Sätze enthalten, die sich mit der Haftungsbegrenzung auf den 15-fachen Reinigungspreis bezogen - dennoch hat das KG a.a.O. den Hinweis für nicht deutlich genug erachtet, weil beispielsweise völlig unklar bleibt, was der Kunde tun muss, wenn er einen Versicherungsabschluss wünscht.
Deshalb hält die Kammer den auf der Rückseite befindlichen kurzen und sich von den AGB kaum abhebenden Hinweis auf die Möglichkeit einer Versicherung nicht deutlich genug. Demnach ist die Haftungsbegrenzung auf das 15-fache des Reinigungspreises unwirksam. Vielmehr muss die Beklagte den vollen Zeitwert erstatten.
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